Kraftgebärde, so daß ein ungemein farbiges Bild entsteht. Die Krönung des Ganzen ist aber zweifellos die Schlußfuge. Mit ihrem Einsatz beginnt auch eine andere Welt. In den Variationen vorher die schillernde Vielfalt des Impressionis mus — in der Fuge ganz klar und eindeutig der Wunsch und Wille nach einer Kunst, die nicht zerfließt, sondern kraftvoll gebändigt ist. Die Fuge ist eine Doppelfuge, wozu Regen* das Material zu beiden Themen dem Mozart-Thema entnimmt. Großartig und überwältigend ist der Schluß, wo Reger, ein Kontra- punktiker größten Formats, das Mozart-Thema noch einmal ganz auf klingen läßt und dazu beide Fugenthemen in das Klanggewebe einflicht. Diese Stelle allein würde genügen, Reger unsterblich zu machen. Peter Tschaikowskij (1840-1893) Tsehaikowskijs 6. Symphonie, seine letzte, nennt er seihst die „Pathetische“. Er ist echter Romantiker in diesem Werk, in welchem er mit großem Pathos, also mit einem gewissen Überschwang, seine ihn schmerzlich bewegenden Gefühle zum Ausdruck bringt. Die Symphonie ist Darstellung seines Innenlebens, sie ist ein Bekenntnis seiner glühenden Seele, das aber vom damaligen Adels- und Bürger publikum in Petersburg zur Uraufführung ziemlich gleichgültig und uninteressiert aufgenommen wurde (1893). Es war das Publikum, an das sich Tschaikowskij im zaristischen Rußland allein wenden konnte, denn der Arbeiter und der Bauer waren in der damaligen gesellschaftlichen Situation von diesen künstlerischen Ereignissen ausgeschlossen. Das Neuartige an diesem Werke ist die Anordnung der Sätze, indem nämlich Tschaikowskij es wagt, das Adagio, den langsamen Satz, von seinem üblichen Standort als zweiten oder dritten Satz wegzunehmen und ans Ende zu setzen. Die dadurch entstandene Problematik war jenem genuß süchtigen Publikum des Jahrhundertendes schon zuviel. Tschaikowskij hält sich in Hinsicht auf die Form der einzelnen Sätze ziemlich streng an das klassische Schema. Die Musik ist im letzten Sinne pessimistisch, woran auch die Ausbrüche von Trotz und Drohung nichts ändern. Erschütternd ist der Schluß, ein Lamento, ein Klagegesang eines Vereinsamten. Das Werk ist eigentlich eine Anklage gegen die damalige gesellschaftliche Situation. Man vergißt leider sehr leicht diesen Ausgangspunkt, man sieht in ihm, allerdings mit Recht, ein Gipfelwerk der russischen Romantik, losgelöst vom gesellschaftlichen Hintergrund.