Suche löschen...
Dresdner Journal : 14.01.1902
- Erscheinungsdatum
- 1902-01-14
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-190201145
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-19020114
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-19020114
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-01
- Tag 1902-01-14
-
Monat
1902-01
-
Jahr
1902
- Titel
- Dresdner Journal : 14.01.1902
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
1902 W10. Dienstag, den 14. Januar nachmittags. IN I)r. Bodel. »78 (Behördl Bekanntmachungen erscheinen auch im Anzeigenteile) Nichtamtlicher Leit Auerbach 374 Unterrichts, v. Leydrwitz. Kaffern und besondere Verwaltung de» Witwater»- rand." Hierzu erklärt jedoch die Korrespondenz „Nederland", von zuständiger Stelle auf Burenseite zu der Mitteilung ermächtigt worden zu sein, daß diese neuen Nachrichten über Friedensverhandlungen und Friedensbedingungen ebenfalls aus der Luft ge griffen seien. Die Zahl der noch im Felde stehenden Buren und aufständischen Kapholländer beträgt nach einer dem „Standard" aus Pretoria zugegangenen Draht meldung noch etwa 13000 Mann. Die Anwerbung der 10000 für Südafrika in England gesuchten VolunteerS scheint wegen des geringen für sie be stimmten SoldeS auf Schwierigkeiten zu stoßen und zwar besonders deshalb, weil die Verschiedenheit in der Besoldung der südafrikanischen Truppen schon an vielen Stellen Mißstimmung erregt hat. Die kolonialen Freiwilligen erhalten 7 Schilling 6 Pence, die Aeomanry 5 Schilling und die zur Arbeit heran gezogenen Kaffern 3 Schilling den Tag, während die VolunteerS-Infanteristen angeblich eineu Schilling bekommen. Und hierbei kostet rin Br-ot 2 Schilling, eine Kartoffel 3 Pence, da» Pfund Butter 3 Schilling. In London erklären die VolunteerS bereits, daß sie unter diesen Umstände» dem Rufe nicht folgen könnten, und in Devonshire drängen sie sich zwar zu der mit 5 Schilling täglich bezahlten Aeomanrh, wollen sich aber für die Infanterie nicht anwerben lassen. Würde infolge dieser Sachlage die englische Regierung den Infanterie-VolunteerS eine höhere Löhnung zahlen als den aktiven Infanteristen, so könnte dies zu bedenklichen Unzufriedenheiten führen, anderseits sind jedoch die Kriegskosten ja bereit- so bedeutend, daß eine allgemeine Erhöhung der Löhn ung der Infanteristen auch nicht angrzeigt erscheint weitdieselben nicht auf Grund 8 3, Abs. 1 Prüfungsordnung von Einreichung besonderer Meldung befreit sind, hierdurch aufgefordert, spätestens bis zum 22. Januar 1902 der Fassung vom 10. April 1892 genügt. Dresden, am 4. Januar 1902. Ministerium des Innern, Abtheilung für Ackerbau, Gewerbe und Handel. der An- sich Bekanntmachung, die Abhaltung der Kandidaten-Prüfungen an den Lehrerseminaren des Landes, an den Lehrerinnen - Seminaren zu Dresden und Leipzig, sowie der Wahlfähigkeits-Prüf ung am Lehrerinnen-Scminar zu Calluberg Ostern 1902 betr. Die SchulamtS-Kandidaten-Prüfungen an sämtlichen evangelischen Seminaren des Landes und an den Lehrerinnen-Seminaren zu Dresden und Leipzig, sowie die Prüfung von Lehrerinnen, welche nicht auf einem Seminar vorgebildet worden sind, finden in Gemäßheit des § 4 ter Prüfungsordnung vom 1. November 1877 in den letzten Wochen vor Beendigung des Schuljahre» statt. Es werden daher diejenigen, welche zu diesen Prüfungen zugelaffen zu werden wünschen, so- 10. Oktober 1892, vorbehaltlich der Höhe de» Krankengeldes, den Anforderungen des 8 75 des Krankenversicherungsgesetzes vom 15. Juni 1883 ' Malta vermittelt — mit der Türkei besitzt. Die mili tärische Besatzung (17 Bataillone, 10 ESkadronS und 6 Batterien, ungerechnet die einheimischen Miliz- Formationen, auf die jedoch kein voller Verlaß ist) sei viel zu sehr verteilt und gegen größere Unter nehmungen nicht zahlreich genug. Daß man sich auf die dortigen Miliz-Formationen nicht vollkommen verlassen kann, wird in türkischen Kreisen fast all gemein angenommen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß nunmehr die in den letzten Jahren wiederholt von allen Generalgouverneuren und Militär Kom mandanten gemachten Vorschläge zur Verstärkung der Verteidigungsfähigkeit von Tripolis, wenn nicht ganz, fo doch teilweise zur Ausführung gelangen. Der Großvezirr Küischück Said Pascha widmet der gesamten Frage, die den Gegenstand wiederholter Beratungen im Ministerrat und im Mdiz gebildet hat, ein reges Jntcresse. Er scheint Tripolis in jeder Beziehung kräftigen zu wollen und beschäftigt sich auf» eifrigste mit den Finanzen, dem Steuerwesen, der Verwaltung, sowie auch mit dem Militärwesen der mehrgenannten Provinz. bei dem unterzeichneten Ministerium unter Beifüg ung der in 8 3 der Prüfungsordnung vorgeschriebe nen Zeugnisse rc. anzumelden, event. auch die nach 8 3, Abs. 4 der Prüfungsordnung vorgeschriebenen Angaben zu machen. Die Wahlfähigkeits-Prüfung am Lehrer- innen-Seminar zu Callnberg findet nach Ostern 1902 zunächst für frühere Zöglinge dieser Anstalt statt. Kandidatinnen, welche sich dieser Prüfung unter werfen wollen, haben spätestens bis zum ,3. Februar 1992 ihre Gesuche um Zulassung bei dem Bezirksschul inspektor ihres Wohnortes unter Beifügung der in 8 16 der mehrerwähnten PrüfungS-Ordnung vor geschriebenen Zeugnisse einzureichen, worauf sodmn von den Bezirksschulinspektoren die Anmeldungen an die Kanzlei des unterzeichneten Ministeriums di» spätesten» zum 13. Februar 1902 einzureichen sind. Dresden, am 9. Januar 1902. Ministerium des Kultus uud öffentlichen Tagesgeschichte. Dresden, 14. Januar. Se. Majestät der König unternahmen heute in Begleitung de» Flügel adjutanten vom Dienst einen JagdauSflug nach dem Helfenberger Revier. Zur heutigen Königlichen Mittagstafel ist der Königl. Preußische außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister in Hamburg, Königl. Säch sischer Kammerherr Legationsrat v. Tschirschky und Bögendorff mit Einladung ausgezeichnet worden. Auf Pappritzer Revier hielt heute Se. Königl. Hoheit Ler Prinz Georg eine Königliche Jagd ab, an der neben dcü Herren vom Dienst einige mit Einladungen beehrte Kavaliere teilnahmen. Die Schützen versammelten sich vormittags ^9 Uhr auf der Pillnitzer Straße am Aufgange zur Wachwitz höhe und nahmen mittags das Jagdfrühstück im Gasthofe zu Pappritz ein. Die Jagd endete nach mittags ^5 Uhr. Dresden, 14. Januar. Se. Königl. Hoheit der Prinz und Ihre Kaiserl. und Königl. Hoheit die Frau Prinzessin Friedrich August besuchten gestern abend die von Sr. Excellenz dem komman dierenden General, General d. Inf. Frhrn. v. Hausen veranstaltete Ballfestlichkeit. Dresden, 14. Januar. Der Präsident der Ersten Ständekammer, Se. Excellenz Wirkl. Geh. Rat vr. ^'ur. Graf v. Könneritz auf Losfa hatte zu gestern Abend Einladungen zu einem parla mentarischen Bierabend im großen Saale de» Evangelischen VereinshauscS auf der Zinzendorf- straße ergehen lassen. An demselben, der durch die Anwesenheit Ihrer Königl. Hoheiten der Prinzen Georg, Friedrich August und Johann Georg Erue«n«»ge», Versetzungen rc. im öffeutl. Dienste. I» Geschäftsbereiche «es Ministerium« be» Kult«« u. öffentlichen Unterricht». Zu besetzen: eine ständ. Lemerfteve in JahnSdors b Stollberg i. E«g (nicht ZahnSdorf, wie in Nr S gedruckt). Koll: die oberste Schul- behSrde. 1200 M Grundgehalt u. 110 M. f. Ueberstunden, außerdem 1öv M Wohnungtgeld. Bewerbung-gesuche untrr Beifügung sämtl. Zeugnisse u. der erfordert Beilagen, V. Hilfslehrern auch de« Militärdirnsinachweises, sind bi- i Febr. beim Brzirk-schulinspeltor Schulrat Richter, Chemnitz, rinzu- reichen; — zu Ostern 1. ene neugcgr ständ. Lehrerstelle in Bernedors b. Chemnitz Koll: die oberste Schulbehörde. 1S00 M Ansangegehalt einschl WohnungSgeld, der sich durch regulativmaßige Zulagen bi» aus 3000 M. einschl WohnungS- geld erhöht, welcher Höchstgehalt m. d. 81. Dienftjahre er reicht wird; 2 die neugegr. s ständ. Lehrerstelle in Kändler b. Limbach Koll: die oberste Schulbehörde. 1200 M An fangsgehalt u 250 M. WohnungSgeld. BewerbungSgesuche um beide Stellen unter Beifügung sämtl Zeugnisse u. der erfordert Beilagen, von Hilfslehrern auch deS Militärdienst- nachweise», sind bi- 3 Fedr. beim BrzirkSschulinspektor Schul rat Richter, Chemnitz, einzureichen; — die ständ. Lehrerstelle a. d kath. Schule in HubertuSdurg Koll: da- Apostol. Bikariat in Dresden Außer fr. Wohnung m Gartengcnuß 1200 M. v. Schul- u »02 M v Organistendienste. Be werbung-gesuche mit sämtl. Zeugnissen bi- 25 Jan an da- Apostol Bikariat. Dar Ministerium des Innern hat der Kranken kasse des HandwerkervereinS zu Neugers dorf, eingeschriebene Hilfskasse, bescheinigt, daß sie auch nach Annahme deS III. Nachtrags vom 12. No vember 1901 zu ihrem revidirten Statute vom ÄmMchcr Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Ober-Postsekretär Weidauer in Leipzig- Plagwitz das Ritterkreuz 2. Klasse de» AlbrechlS- orden» zu verleihen. Der Krieg i» Südafrika. Die Buren haben wieder zwei ihrer Führer ver loren. Wie wir schon in einem Teile der gestrigen Auslage unsere» Blattes mitteilten, ist einer Meldung de» „Ncuterschen Bureaus" aus Aliwal North zu folge der kürzlich von dem General Methuen ge fangen genommene Burenführer Liebenberg, der des Mordes an dem Leutnant Neumeyer angeklagt worden war, nunmehr hingerichtet worden. Und wie eine heute vorliegende Depesche Lord Kitcheners aus Johannesburg besagt, fing Oberst Wing einen Brief von Piet Viljoen auf, aus dem hervorgeht, daß der Burenführer I. D. Oppermann, dem mehrere Kom mandos unterstellt gewesen sind, in einem angeblich bedeutenden Gefechte mit dem Obersten Plumer bei Onvervacht gefallen ist Nicht uninteressant ist die Erscheinung, daß aus der Gefangennahme von Buren die englischen Kolonien bereits Vorteile zu ziehen suchen. Die „Liverpool Post" berichtet, daß deshalb, weil die Anwesenheit von etwa 3000 gefangenen Buren mit dem bewachenden Militär auf Bermudas Geld in diese Kolonie bringt, auch andere Inseln darum nachgesucht haben, Burengefangene zu erhalten. Da man die gewöhnlichen Gefangenen so bald als mög lich nach Südafrika zurückzufchicken pflegt, werden die westindischen Inseln denn auch voraussichtlich wenigstens einige Führer der Buren ei halten, die nach Kitcheners Proklamation velbannt werden sollen, weil sie es unterließen, sich zu ergeben Wie „Reuters Bureau" bekanntlich schon vor einigen Tagen meldete, ist ferner beschlossen worden, ein Buren-Gefangenenlager auf der Insel Antigua (Kleine Antillen) zu errichten, und ein Offizier ist dahin ab gegangen, um den Platz dafür auszuwählen. Zu den gestern von uns erwähnten Gerüchten, die wir jedoch nicht unterließen kritisch zu beleuchten, — über die Bereitwilligkeit der Buren, auf Friedens verhandlungen auch ohne die Forderung der Auf rechterhaltung ihrer völligen Unabhängigkeit sich ein- zulassen — wird dem „Standard" aus Brüssel berichtet, daß die Mehrzahl der Burenführer unter folgenden Bedingungen in Friedensverhandlungen einzutreten bereit sei: „Internationale Autonomie der Burenstaaten unter Suprematie der englischen Regierung. Amnestie für die Afrikander und Rebellen. Wiederaufbau der verbrannten Farmen unter Bei hilfe d. r engli^chr» Regierung. Entwaffnung der Die Pforte »d die sranzöfisch-italieKische» Abmachungen. Daß die französisch-italienischen Abmachungen bezüglich TripolitanienS in Konstantinopel peinlich berühren würden, ließ sich erwarten. ES wäre auch mehr als auffallend, wenn die Pforte sich nicht zu irgend einem theoretischen Widerspruch aufraffle; denn niemand hört gern, wie andere Leute schon bei seinen Lebzeiten sich über die Teilung seines Nach lasses beraten. Wie nun der „Pol. Korr." au» Konstantinopel geschrieben wird, bildete da- fran zösisch-italienische Einvernehmen für Palast und Pforte keine Ueberrafchung, da man über dasselbe früher unterrichtet worden war. Die öffentliche Er örterung der Angelegenheit scheine den bezeichneten Kreisen hauptsächlich deshalb unangenehm zu sein, weil sich die Pforte dadurch zu einer Kundgebung gegen die zwischen Paris und Rom getroffenen Vereinbarungen, die man lieber vermieden hätte, gezwungen sehe, während man sich andernfalls auf mündliche Vorstellungen der Botschafter bei den zwei Kabinetten beschränkt hätte. Ob es zu einem formellen türkischen Widerspruch kommt, ist jedoch noch keineswegs sicher. Unter Vorbehalt wird die fin manchen Kreisen verbreitete Ansicht verzeichnet, man sei in Aildiz derzeit deshalb über die Tragweite des französisch-italienischen Abkommens weniger besorgt, da man von dritter Seite hierüber beruhigende Auf klärungen erhalten habe. In anderen türkischen Kreisen, die einen umfassenden politischen Horizont besitzen, kann man dagegen die Wahrnehmung machen, daß sie über die Lage von Tripolitanien sehr beunruhigt sind. Es wird auf die vollständig vernachlässigte Verteidigungsfähigkeit dieser vom Mittelpunkte deS Reiche» weit entfernten Provinz hingewiesen, was eine Folge des traurigen Zustandes der türkischen Flotte sei, so daß im geeigneten Augen blicke ein erfolgreicher Handstreich auf die Hafen- plätze unfchwer durchführbar wäre. Sehr ungünstig ist es auch, daß die Provinz keine eigene telegraphische Verbindung — diese wird durch das Kabel über Kunst und Wissenschaft. Verein mit der anmutigen Beweglichkeit de» Plauder tone« und dem gutherzigen Optimismus der handelnden Gestalten Behagen und Teilnahme des Publikum». Da e» die geistige Lust der dreißiger Jahre ist, die wir hier atmen, so spielte man da» Stück auch in der Tracht jener Zeit und gab ihm dadurch einen malerischen Reiz, der namentlich in den ersten Akten seine volle Schuldigkeit that Was in modernen Kostümstücken auf künstlichen Umwegen erreicht werden muß, unsrer nervös unzufrieden und düster gewordenen Zeit da» harmlosere und zuver sichtlichere Leben vergangener Tage einmal wieder vor die Seele zu zaubern, ergab sich hier ganz zwanglos Freilich setzt eine so wirksame Wiederbelebung de» Lust spiel» nicht nur ein gute« Verständnis der Regie, wie sie Hr Erdmann in seiner Anordnung bewährt hat, sondern vor allem auch ein gewiffcr Feingefühl der Darsteller für die Lebenslust dc« Stücke« vorau». Ganz vorzüglich trat die« Feingefühl in den Erscheinungen und Leistungen der Frau Basts, die die Katharina von Rosen überau« gewinnend und fesselnd spielte, wie in denen der Herren Stahl (Baron Ringelstern) und Gebühr (Badekommissar Sittig) zu Tage. Doch auch Frl GaSny (Cicilie Zabern), Frl Guinand (Rätin Zabern), die Herren Müller (Rat Zabern), Gunz (Unruh, Lohnlakai) und Eggerth (Präsident von Stein) waren zu loben, daß sie in Haltung und Ton innerhalb de« Nahmen« verharrten, den Bauernfeld um die ein fachen Linien und die bescheidenen Farben feine« Bilde« gelegt hat. So kam vaö Ganze durchaus erfreulich heraus, und wenn einen und den andern Zuschauer da« Gefühl beschleichen mochte, daß gar viele«, wa« zur Zeit der Entstehung de« Stücke» für „romantisch" galt, in zwischen „bürgerlich", recht sehr bürgerlich geworden ist, so bewährte sich doch, daß die ursprüngliche Echtheit und Ehrlichkeit einer poetischen Arbeit allemal auch «ine gewisse ErneuerungLkrast in sich trägt und dem Ge- nicht gewachsen sind Man braucht Friedrich HeddelS grimmigem Wort: „Den Komödiendichter auf die Hauptstadtsitten einengen ist so viel al» den Maler auf die Modekostüme beschränken" noch nicht einmal unbe dingt zuzustimmen, aber man wird sich nicht darüber täuschen können, daß Bauernfelds Erfindungen und Ge- staltenzeichnungen gar zu ost allzu sehr mit der Leicht lebigkeit, der Leichtherzigkeit, der oberflächlichen Raison- nierlust und der vergnüglichen spielenden Ironisierung alle« Pathos, die spezifisch wienerisch sind oder vielmehr waren, eng zusammenhingen, um nicht rascher zu ver- alten, als für ihre wirklichen Vorzüge wünschenswert ist. Diese Vorzüge, die wahrlich nicht bloß in einem feineren geistig belebten Dialog bestehen, hätten bei etwas mehr Neigung für starke und wirksame Gegensätze, bei etwa« mehr geistiger Freiheit und überlegenem Humor mehr al« ein« der Bauernfeldschen Stücke unserer Bühne er- halten können. Wie der Wiener Schriftsteller geartet war, würde er auf die bloße Gewißheit, daß sein Name und seine Thätigkeit in der Geschichte der deutschen Litteratur bleibend verzeichnet stehen, herzlich wenig Ge wicht gelegt haben Mehr schon darauf, daß er den bedeutendsten Vorläufern eine« echten GesellschastS- schauspiel«, wenn wir je ein solche« erhalten, ent schieden hinzugerechnet werden muß Die tröstlichste Aus sicht wäre ihm unzweifelhaft gewesen, daß einig« von feinen Erfindungen und Gestalten den Prozeß der Der- blassung, der namentlich für die heiteren Werke unfehl bar cintritt, soweit überdauern würden, daß sie auch mit ihren matter gewordenen Farben noch ein« erfreuende Anziehung? und Wirkungskraft ausübten Daß diese Kraft nicht völlig verflüchtigt ist, erwies die Vorführung von „Bürgerlich und romantisch" im Königl Schauspielhause Die liebenswürdige Grund- stimmung und der frische Ansatz zur Rundung lebendiger Gestalten, die diese« Lustspiel auszeichnen, weckten im Wiener Evuard v Bauernfeld, der gerade heute vor 100 Jahren (13 Januar 1802) da« Licht der Welt erblickte, lange Jahrzehnte hindurch mit Recht eine höhere Geltung als die der handwerklichen Bühnenlikferonten be- hauptet, weil ja unzweifelhaft in der Folge feiner Lust spiele nicht nur da« theatralisch Herkömmliche an Ausbau und Rollen, sondern ein Stück wirkliche« Leben, ein Wider schein der geistig-gesellschaftlichen Entwickelung der Zeit vor handen war. Bei guter Gelegenheit nach Stücken wie „Bürgerlich und Romantisch", „Großjährig", „Krisen", „Der kategorische Imperativ", „Aus der Gesellschaft" und „Moderne Jugend" erhob sich die begeisterte Zu stimmung der Wiener Kritik selbst zum Vergleich Bauernfelds mit Molisre In der That war es ja gewiß, daß der Oesterreicher in einem ähnlichen Ver hältnis zur Kaiserstadt stand, wie Molisre zu Pari«, war e» unbestreitbar, daß Bauernfeld« Thätigkeit in eine Zeit fiel, wo sich neue Ideale im ernsten und heiteren Kampf mit alten Ueberlieferungen befanden, war e« leicht ersichtlich, daß Bauernfeld, wie Molisre und Hol berg, seine nächste Umgebung schildernd, karikierend oder verallgemeinernd in seinen Lustspielen verwendete und verwertete Blieb zunächst die Frage, wie hoch die Bedeutung des Wiener Leben« in dem Zeitraum von Bauernfelds Thätigkeit zu veranschlagen war, wie weit die Anschau ungen und Wandlungen der Wiener Gesellschaft die all gemein deutschen spiegelten, so gesellte sich alsbald die andere, schwerwiegende Frage hinzu, mit wieviel Einst, Schärfe, GkmütStiefe und genialem Humor sich der Wiener Lustspieldichter di« Vorgänge und Gestalten seiner Zeit zu eigen gemacht habe Indem diese Fragen nur aufgeworfen werden, eraiebt sich, daß auch die besten der Bauernfeldschen Lustspiele bei der Parallele mit MolitzreS großen Charakterkomödien zu kurz kommen und selbst dem Vergleich mit Freytag« „Journalisten" Königl. Schauspielhaus. — Am 13. d Mt«: Zur Feier von Evuard v Bauernfeld» hundertstem Ge burtstag. „Bürgerlich und romantisch", Lustspiel in vier Akten von E v Bauernfeld (Neu ein- studiert) So unbestreitbar die Bedeutung der echten Komödie für alle« geistige und gesellschaftliche Leben ist, so un- ersiegbar sich auch bei un» Deutschen da« Bedürfnis nach der komischen Spiegelung der Welt im Lustspiel immer wieder geltend macht, so liegt offenbar etwas in unserer Entwickelung, unserem gesellschaftlichen Wesen, da« der freien unverkümmerten Entfaltung der deutschen Lustspieldichtung hinderlich ist. Verglichen mit der un geheuren Zahl der seit nahezu 150 Jahren, seit dem Erscheinen von Lessing« „Minna von Barnhelm", auf der deutschen Bühne dargestellten Lustspiele, Schwänke und Possen, ist die Zahl der komischen Werke von blei bendem Werte und dauernder Wirkung erlchrrckend klein, sie lassen sich an den zehn Fingern unserer Hände ab- zählen, und man braucht, streng genommen, noch nicht einmal alle zehn Finger dazu Fast regelmäßig suchen unsere Lustspirlverfasser sich eine handwerksmäßige Bühnen technik und Bühnenpraxi« anzueignen, die sich mit der mehr od«r minder lebendigen Handlung, der Situations komik begnügt und auf die Erfassung und Ausgestaltung komischer Charaktere verzichtet. Und doch sind e« über die augenblicklich stärkere Wirkung der Erfindung und Handlung hinau« die auigereiften und lebensvollen Ge stalten, die komische wie tragische Schöpfungen bleibend auf den Brettern erhalten Unter den Lustspieldichtcrn de» Halbjahrhundert« zwischen 1830 und 1880 hat der Ve»»««pret»: Beim Bezüge durch di« cheschästoff,»« tuuertzaN I« «iuzelue Nummern 10 Pf ZourmI Herausgegeben von der Königl. Expedition de- Dresdner Journals, Dresden, Zwingerstraße 20. — Fernspr.-Anschluß Nr. 1295. Erscheine»» Werktag» uachm 5 Uhr Wird Zurücksenduna der für die Schristlc-tuug bestimmte», aber von dieser nicht ein- »esorderten Beiträge bean- sprucht, so ift da» Postgeld beizufügen. «»kt«dt«»n,»»e«ttr««r Dir Zeile kleiner Schritt de« 7 mal gespalteuta Antündi. gunas-Seite oder deren Rau» 2V Psi Bei Tabellen- und Ziffernsatz 8 Psi Aufschlag für die Zeile Unterm Re- daktionSstrich (Eingesandt) die Lextzeilr mittier Schrift oder deren Raum 50 Pf. Gebühren»Ermäßigung bet öfterer Wiederholung. Annahme der Anzeigen bi» mittag» 12 Uhr für die nach mittag» erscheinende Nummer
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite