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Dresdner Journal : 09.12.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-12-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189912097
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18991209
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18991209
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-12
- Tag 1899-12-09
-
Monat
1899-12
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 09.12.1899
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Ftk A)re«oen vterteljShrlichr 2 Mark kV Pf , bei den Kaiser- vch b<u>>chen Postansta'.te» vterteljährüch S Mark; außer halb de» Deutfcheu Reiches Post- und Stempcljufchlag. Linjelne Nummern: 10 Pf. Srschetne«: Tliglich mit Ausnahme der Kann- und Feiertage abends. Sernspr.-AnschlußiNr 1S»L. Dresdner ÄMMl. Für »en Raum einer ae;pal- tenen Zeile kleiner Schrift SV Pf. Unter „Eingesandt" die Zeile bi> Pf. Bei Tabellen- und Zifsernfatz enlfprechender Aujschtag. Hernnsgeker: -Snigliche Expedition des Dresdner Journal« Dresden, Zwingerstr. Sv. Ftrufpr.«nfchlub:Rr.tr»L. ^A286. Sonnabend, den 9. Dezember abends. 18SS. Amtlicher Teil. Sr. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Kanzleirath Kluge bei dem Statistischen Bureau de« Ministerium- des Innern das Ritter kreuz 2. Klasse des AlbrechtSordens zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Bahnhofsinspektor 1. Klasse Eichler in Dresden dos von Sr. Durch laucht dem Fürsten zu Schaumburg-Lippe ihm ver liehene Ehrenkreuz 4. Klasse des Schaumburg Lippe- schen HauSordens onnehme und trage. Se. Majestät der König haben der Inhaberin einer Bäckerei Marie verwitwete Schumann geb. Frost in Dresden das Prädikat „Königl. Hoflieferantin" Aller- gnädigst zu verleihen geruht. Gestelltem Anträge zufolge ist bestimmt worden, daß für die Ortschaft „Niederhäßlich" im Bezirke der Amtshauptmannschaft Dresden-Altstadt künftig die Schreibweise NiederhäSlich und für die Ortschaft „Oberhäßlich" im Bezirke der Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde künftig die Schreibweise Oberhäslich angewendet werde. Dresden, den 4. Dezember 1899. Ministerium des Innern. v. Metzsch. Schuster. Vie Ersatzwahl im XI. Landeskulturraths- WahlbeM und die SesteUung eines Wahl- Kommissars für dieselbe betreffend. Infolge Ableben- des seitherigen Vertreters drS I I.-LandeskulturrathS-Wahlbezirks hat das Ministerium deS Innern beschlossen, die in Gemäßheit § 5 letzter Absatz deS Gesetze-, die Reorganisation des LandeS- kulturrathS betreffend, vom 9. April 1872 und der Au-führungS-Verordnung vom 15. April 1872 bez. deS Gesetzes wegen Abänderung einiger Bestimmungen des ersterwähnten Gesetzes vom 15. Juli 1876 er forderlich werdende Ersatzwahl in der Zeit vom 15. bis 31. Januar 1900 vornehmen zu lassen, und mit der Leitung derselben den Rittergutsbesitzer Frhrn. v. Könneritz auf Erdmannsdorf beauftragt. Dresden, den 6. Dezember 1899. Ministerium des Innern. v. Metzsch. Gläsel. Sruetmuugeu, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. I» »eschifttberetche »r« Mtntftertum« se» «altus «ud öffentlichen Unterricht». Zu besetzen: 1) die zweite ständige Lehrerfielle in Mittelfrohna. Kollator: die oberste Echulbchörde. DaS Einkommen beträgt bei freier Wohnung im neuen Schulhause nebst Gartengenuß 1200 M. Gehalt und 200 M. im Boraur gewährte erste AlterSzulage; 2) die zweite ständige Lebrerstelle in Niederdorf bei Stollberg. Kollator: die oberste Schulbehörde. Das Einkommen beträgt bei freier Wohnung im Schulhausc nebst Gartengenutz 1200 M. Gebalt, so M. persönliche Zulage und das gesetzliche Honorar für Er teilung des Turnunterrichts im Sommerhalbjahre. Bewerb ungen um diese beiden Stellen sind unter Beifügung sämtlicher Zeugnisse bis zum 28. Dezember bei dem Königl. BezirkSschul- inspettor Schulrat Richter in Chemnitz einzurcichen. nichtamtlicher Teil. Die auswärtige Politik der Woche. Die bereits vor acht Tagen an dieser Stelle erwähnte Rede des britischen Kolonialministers Chamberlain in Leicester, worin dieser temperamentvolle Staats mann die in den Beziehungen Deutschlands, Englands und der Vereinigten Staaten von Amerika zu ein ander unverkennbar eingetretene Besserung mit dem schwerwiegenden Ausdruck „Bündnis" bezeichnen zu können glaubte, hat die politischen Erörterungen während der ganzen Woche beherrscht. Hrn. Cham berlain ist von allen beteiligten Seiten, von der deutschen, von der amerikanischen und fast am schärf sten von der englischen Presse entgegengehalten worden, daß es mindestens ein rednerischer Mißgriff, vielleicht ein diplomatischer oder sogar ein politischer Fehler war, ein so gewichtiges Schlagwort auf gewisse neue Verhältnisse anzuwenden, die^ wenn man ihnen über haupt eine ernsthafte Zukunft versprechen kann, sich jedenfalls noch in den allerersten Anfängen befinden. Was unsere Auffassung betrifft, so haben wir in diesen Uebersichten die Frage der deutsch-englischen Beziehun gen genugsam behandelt, um zu der keineswegs ohne Vorbehalte annehmbaren, aber auch keineswegs als bedeutungslos abzulehnenden Kundgebung deS zur Zeit einflußreichsten britischen Staatsmannes ohne Schwierig keit Stellung nehmen zu können. Wir haben wieder holt betont, daß die Aufgaben unserer auswärtigen Politik mit der Aufrechterhaltung des Dreibundes und der Pflege möglichst guter Beziehungen zu Rußland nicht erschöpft sein können. Es giebt eine ganze Reihe von Punkten, wo wir Deutschen Interessen zu schützen oder neu zu entwickeln haben, ohne daß wir dafür unsere festländischen Bündnisse in Anspruch zu nehmen vermögen. Es handelt sich hier auch namentlich um solche Interessen, die durch ein Zusammengehen mit Rußland nicht gedeckt werden können, weil Rußland diese Tinge al- außerhalb seines Wirkungskreises liegend betrachtet. Für dieses ganze Gebiet, das in erster Linie koloniale Fragen umfaßt, bleiben wir wie seit dem Beginn unserer Kolonialpolitik, so auch fernerhin auf den Weg friedlicher Verständigung mit unseren britischen Vettern angewiesen. Wenn Chamberlain in seiner viel-, berufenen Rede hat auSsprechrn wollen, daß solche Fragen in näherer oder fernerer Zukunft auf die Tagesordnung der Diplomatie gesetzt werden könnten, so läßt sich die- schwerlich von Grund aus bestreiten. Die beste Würdigung für die Ausführun gen des englischen Staatssekretärs für die Kolonien werden wir gewinnen, wenn wir sie als Zeugnis da für auffassen, daß die in weitesten Kreisen der britischen Nation bis vor kurzem vielfach geleugnete Empfindung für den Wert guter Beziehungen Englands zu Deutsch land unter dem harten Drucke der Thatsachen und Ereignisse lebhaft erwacht ist. Das Deutsche Reich ist stark genug, um nach zwei Seiten, nach der englischen wie nach der russischen hin, den Wert seines politi schen Wohlverhaltens fühlbar werden zu lassen. Wir danken weder auf dem Meere vor der britischen Flotte, noch auf dem Festlande vor den Heeren des Zwei bundes ab; wir sind in der Lage, ohne Herausforde rung den „Willen zur Macht" in- und außerhalb Europas zu beihätigen. Unsere Bündnisfähigkeit ist nicht vermindert, unsere Bündnisdedürstigkeit nicht vermehrt. Germania hat auf ihrer Tanzkarte noch manche Tour zu vergeben; aber ehe sie mit einem un geschickten Partner walzt, der nach den ersten Schiitten sie und sich selbst zu Fall bringen könnte, spielt sie lieber den Zuschauer und läßt andere Paare sich en gagieren. Mit weniger gemischten Empfindungen und mit bereitwilligerer Zustimmung als die vorläufig etwas transzendentalen Gedanken Chamberlain- konnte man die überaus herzlichen Worte begrüßen, die der Präsi dent der Vereinigten Staaten Mc Kinley in seiner Botschaft an den amerikanischen Kongreß den Bezieh ungen der großen Republik zu unserem Vaterlande widmete. Diese durch ihren warmen Ton angenehm auffallende Erklärung hat bewiesen, daß da- politische Verhältnis der beiden Länder zu einander von jeder Trübung befreit ist. Wenn wir uns erinnern, daß vor noch nicht langer Zeit recht viel Unerfreuliches über den Atlantischen Ocean zu uns drang, so werden wir der Geschicklichkeit des Grafen von Bülow, die nach den Intentionen des Kaisers diesen Umschwung Herbeigeführt hat, unsere Anerkennung nicht ver sagen. Wir knüpfen daran die Hoffnung, daß auch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten zwischen Deutsch land und den Vereinigten Staaten durch einsichtiges Entgegenkommen der amerikanischen Politiker gegenüber berechtigten deutschen Wünschen um so eher einen be friedigenden Ausgleich finden werden, als ja Präsident Mc Kinlcy durch den Hinweis auf die steigenden Ziffern der amerikanischen Einfuhr nach Deutschland das Interesse der Union an günstigen zollpolilischen Beziehungen Amerikas zu Deutschland selbst an erkannt hat. Eine in mancher Hinsicht wirkungsvolle Ergänzung zu den von Staatsmännern maritimer Mächte aus- gegangenen Kundgebungen bildete die bedeutsame Rede, worin der österreichisch-ungarische Minister des Aus wärtigen, Graf Goluchowski, vor den Delegationen die Grundzüge der Politik des uns verbündeten Kaiser- staates an der Donau entwickelte. Vom deutschen Standpunkte auS haben wir besonders mit rückhaltloser Befriedigung der überzeugenden Darlegungen zu gedenken, in denen sich Graf Goluchowski fest und treu zum Dreibunde bekannte. Für einen österreichischen Staatsmann gehört in den Togen, wo in brüderlicher Eintracht Franzosen, Panslawisten und Tschechen die Grundlagen dieses Bündnisses zu unterwühlen suchen, bald schon ein moralischer Mut dazu, um vor einer Versammlung, die nicht frei ist von deutschfeindlichen Elementen, daS Bündnis der Donaumonarchie mit unserm Valerlande nicht nur zu verteidigen, sondern sogar als den Eckstein der österreichisch-ungarischen Huslandspolitik zu preisen. Graf Goluchowski hat mit diesen Ausführungen das von den maßgebenden deutschen Kreiien ihm entgegengebrachte Vertrauen vollauf gerechtfertigt. Mit ungeteilter Befriedigung konnte die deutsche Politik auch denjenigen Teil der Erklärungen des Grafen Goluchowski zur Kenntnis nehmen, der sich auf das russisch-österreichische Ein vernehmen in den Balkan-Fragen bezog. Wir wollen gern glauben, daß so manche kleinere Störung im südöstlichen Europa, die leicht der Keim für schlimmere Dinge hätte werden können, durch jenes auch für unsere Friedensinteressen nur erwünschte Zusammenhalten der Kabinette von St. Petersburg und Wien glücklich beseitigt worden ist. In der russischen Presse wurde während dieser Woche die Konzessionserteilung in der Angelegenheit der Bagdad-Bahn an deutsche Unternehmer lebhaft erörtert. Dabei war die erfreuliche Thatsache festzu stellen, daß die Zeitungen des Zarenreiches in über wiegender Mehrheit sich durch die Aussicht, daß deutsche Kuliurpioniere in Klein-Asien und Meso potamien ersännen werden, durchaus nicht beunruhigt fühlen. Vielmehr wurde häufig der Gedanke ausgesprochen, Deutschlands Mitwirken in jenen Gegenden würde für Rußland als Gegengewicht gegen andere Einflüsse nur vorteilhaft sein. Wenn übrigens von gewisser Seite versucht würde, bei der Pforte durch die Behauptung Besorgnisse zu erwecken, als ob D-utichtand in Kleinasien LandeSerwerbungs- und sonstige politische Zwecke erstrebte, so kann solchen Ausstreuungen gegenüber sehr bestimmt betont werden, daß sie in keiner Weise begründet sind und daß Ab sichten der angcdeuteten Art den maßgebenden deutschen Stellen völlig fern liegen. Dazu kommt, daß zum Kolonisieren deutsche Ansiedler gehören würden und daß zur Zeit in Deutschland keinerlei Neigung zur Auswanderung nach den genannten Gegenden vor handen ist. Vom ostasiatischeu Schauplatze ist die Mit teilung zu verzeichnen, daß die privaten Bestrebungen japanischer Staatsangehörigen in Korea von amt licher Stelle ihres Heimatlandes eine Unterstützung er fahren, welche die japanische Regierung, unbeschadet des mit Rußland über die Aufrechterhaltung des status quo getroffenen Abkommens, gewähren zu können glaubt. — In Peking scheint die Thätigkeit der europäischen Diplomatie zur Zeit nicht vor dringende Aufgaben gestellt zu sein. Was über eine angeblich von deutscher Seite beabsichtigte amtliche Kundgebung, betreffend eine handelspolitische Aktion in Gemeinschaft mit England und Amerika, gemeldet wurde, ist augenscheinlich in der leicht zu durch kreuzenden Absicht erfunden worden, Rußland gegen uns mißtrauisch zu machen. Dem gleichen Zwecke sollte wohl auch die Aus streuung dienen, daß Deutschland in Südafrika einen Bruch mit früheren Erklärungen vollzogen hätte. Wir begnügen uns, nochmals festzustellen, daß die deutsche Regierung, solange der Krieg in Südafrika (über den auch der Nachrichtendienst in dieser Woche keine entscheidende Meldung gebracht hat) sortdauert, keine andere Erklärung zu den dortigen Verhältnissen ab zugeben hat, al« die eine, daß wir gegen Briten und Buren eine gleich ehrliche Neutralität angenommen haben und sie durchzuführen nach wie vor entschlossen bleiben. Durch Ereianisse im Innern der Staaten ist die allgemeine Aufmerksamkeit im Laufe der Woche in weniger erheblichem Maße als durch die Vorgänge auf der großen Weltbühne beansprucht worden. In Oesterreich galt das Interesse vorwiegend den Be mühungen, zwischen Deutschen und Tschechen die Ver ständigung herbeizusührcn. Diese Bemühungen sind in dessen vorläufig als gescheitert anzusehen. In dem parlamentarischen Ausschüsse, der die Versöhnung an bahnen sollte, erhoben die Tschechen von neuem ihre in dcr Führung des Tschechischen als Amtssprache gipfelnden Forderungen, die die Deutschen als un annehmbar bezeichnen mußten, wollten sie fick nicht mit gebundenen Händen den Tschechen ausliefern. Man soll indessen in einem solchen Tone der Mäßigung mit einander verkehrt haben, daß immer noch die — auch in Regierungskreisen gehegte — Hoffnung ge blieben ist, die Verständigungsversuche würden nach Neujahr mit besserem Gelingen erneuert werden können. Die Stellung des Beamten - Ministeriums Clary soll durch das Mißlingen des Versöhnungs- werkeS nicht berührt worden sein. Gleichzeitig haben die Tschechen im Plenum des Abgeordnetenhauses und in dem Budgetausschusse, wo das Budgetprovisorium zur Beratung stand, ihre Obstruktion fortgesetzt. Der über den vielumstrittenen Paraaraphcn 14 beratende Ausschuß beschloß dessen Abschaffung. Die französische Kammer ist dem Minister präsidenten Waldeck-Rousseau abermals gefällig ge wesen, indem sie bei einer sehr lebhaften Debatte über den Kultusetal einen Antrag auf Trennung von Staat und Kirche, sowie auf Abschaffung deS ganzen Kultusbudgeis verwarf und einige von dem Ausschüsse gestrichene Kredite zu Gunsten der Bischöfe und Vikare wiederherstellte. — In Paris war der Kon greß der französischen Sozialisten zusammen, um eine Reihe von Spektakel Debatten auszuführen, die Lunss und Wissenschaft. emporfüytte". Dem Quarren solgte Spohr» 0-moN- Quintett für Pianoforte, Flöte, Klarinette, Horn und Fagott, besten klangschöne Wiedergabe den Herren H Lange, Peschel, Krellwitz, Tränkner und Schmeidler zu danken war. Auch diese Komposition blickt un» mit melodisch freundlichen, aber gealterten Zügen an, namentlich er scheinen die mancherlei Verzierungen und Figuren unserm Geschmacks etwas verblaßt. Warum man ihr aber trotz dem mit Interests folgt? Weil man sich an den präch- tigen, der Eigenart der verschiedenen Instrumente ab gelauschten Klangeffekten erfreuen konnte und weil da« Werk, besonders in dem gediegenen Durchführungssatze de« ersten Allegro», allenthalben den eigenartigen Aus druck einer feinen, vielseitig weltmännischen Bildung trägt Daß die Wiedergabe de« Quintett» übrigens an den Klavierspieler keine geringen Anforderungen stellt, zeigten die Staccato-Terzenpastagen im Trio des Menuett«. Zum Schluffe de» Konzertes wurde erstmalig da« v-moll- Streichsextett op. 70 von P. Tschaikowsky gespielt, das durch seine mehr homophone als polyphone Aus drucksweise dem Charakter der Serenade zuneigt. Am meisten tritt diese Eigenart au» dem von Pizzicato« Accorden guitarrenartig begleiteten reizvollen Zwiegespräch zwischen erster Violine und erstem Violoncell im Atlauio cantabile hervor Die feinfühlige, graziöse Tonfprache de» Werkes zeigt ein überau» geschickt hantierende» Talent, da« seine Anregungen au« russischer Nationalwusik, seine Bildung au« deutscher Schule Holle. Im letzten Satze (Allegro vivace) erprobt der Komponist seine Gewandtheit, ein wenig bedeutende» Thema durch Abwechselung der Instrumente, pikante Begleitungtfiguren und kontra- punktische Verwendung (Fugato) vielfach zu bereichern und wirksam zu steigern Die Vorführung de« Sextetts durch die Herren Lewinger, Warwa«, Rokohl, Wilhelm, Grützmacher und Böckmann war ein Meisterstück an fein- künstlerischer Abtönung und technischer Abrundung und erweckte den lebhaftesten Beifall der Hörer U. S. H Konzert. Der erste, außerordentlich zahlreich besuchte AusfühlungSabend de» Tonkünstlervereins im Saale de» Gewerbehauses war durch den Besuch Sr. Majestät de» König», Sr. Königl. Hoheit de« Prinzen Georg, Ihrer Kaiser! und Königl. Hoheit der Frau Prinzessin Knedrich August und Ihrer Königl. Hohert der Prinzessin Mathilde ausgezeichnet. Die EingangS-Nummer de» Programm« galt dem Andenken de» vor 100 Jahren im Oktober verstorbenen österreichischen Komponisten Karl DitterS v. Dittersdorf, dessen komische Oper „Doktor und Apotheker" hin und wieder noch in den Spielplänen deutscher Bühnen erscheint. Seine übrigen Kompositionen, Singspiele, zahlreiche Symphonien (darunter zwölf Metamor phosen nach Ooidschen Dichtungen), Kammermusikwerke, Tänze, Märsche und sonstige Klavier- und Orchester stücke, sind saft gänzlich der Vergessenheit anheimgefallen und siegen verstaubt in den Musikbibliotheken. Erst neuer dings haben die Verleger Eulenburg und Gebrüder Reinecke in Leipzig die wertvollsten seiner Kompositionen herauSgesucht, den Freunden alter Musik bequem zugänglich gemacht und den Tonstücken einen Kommentar durch G Thouret mit auf den Weg gegeben Daß es der DitterSdorfschrn Musik nicht an Mejodie und Wohlklang, an Fluß und mancherlei Feinheiten fehlt, zeigte da« gestern von den Herren Drechsler, Schramm, Wilhelm und Grützmacher vortrefflich gespielte Ls-clur-Streich- Quartett Mangel an Tiefe verweist e« jedoch auf daS Gebiet angenehmer, gefälliger Unterhaltungsmusik. Den Zeitgenoffen galt Dittersdorf ein halbe« Menschenalter hindurch al« der deutsche Grätry, d. h. al« der Klassiker der deutschen komischen Volk«oper. „Aber hinter und schon neben ihm stand der Größere, nämlich Mozart, der d irj genial« musikalische Charakteristik die komische Oper erst auf di« Höh« wahrer und unvergänglicher Kunst Volkstümliche Ausstellung für Haus und Herd. I. Erst wenige Jahre sind vergangen, seit die moderne Bewegung, die vor etwa einem Jahrzehnt die bildende Kunst ergriff, sich auch auf die angewandte Kunst über tragen hat, und schon hat sie eine Bedeutung erlangt, die weit über die Hoffnungen derer hinausgeht, die ihr zuerst die Wege zu ebnen versuchten. Zu statten kam der modernen Bewegung im Kunstgewerbe allerdings ein wichtiger Faktor: daö Bedürfnis nach einer Freiwerdung von den Zuständen, die seit der Mitte unsere« Jahr hundert« auf allen Gebieten der dekorativen Kunst herrschten. Die dekorativen Künstler dieser Zeit holten sich ihre Anregungen beim Architekten; sie ahmten die historischen Stilarten nach, die deutschen und italienischen Renaissanceformen, die wunderlichen Schnörkel des Barocks und Rokoko«, die Seltsamkeiten der Empirezeit. Da man sich bei diesen Nachbildungen nur dcr durch Formen« und Ornamentenreichtum au»gezeichneten Prunkstücke al« Muster bediente, so entstanden dort, wo man nicht ge nügende Sorgfalt auf Material und Ausführung ver wenden konnte, bei den für den Mittelstand bestimmten Erzeugnissen, schreiende Versündigungen gegen den Schön« heit«sinn. Man war zwar stilgemäß eingerichtet, die Möbel zeigten prunkvolle Formen und Verzierungen, aber das meiste war nicht echt und natürlich, sondern für seine Zwecke künstlich zurechtgestutzt. Die moderne Dekorations kunst hat mit den Ungeheuerlichkeiten dieser Zeit schnell und, wie es scheint, gründlich aufgeräumt, sie hat unv gelehrt, einen gesundcn ZweckwäßigkeitSstil dem Formcn- und Ornamentenüberfluß vorzuziehen, sie ist von den überladenen Architekturlormen zu festen und geraden, schlichten und klaren Linien zurückgekcmmen Wie da« neue Streben immer breitere Gebi«te erobert, wie e« Sieg auf allen Gebieten verzeichnen kann, bi» in alle Räume dringt, da« zeigt die gegenrrärtige Aufstellung für Haus und Herd, die die Nutzbarmachung der modernen kunstgewerblichen Ideen für das Haus und Heim de« mittleren und kleineren Manne« darstellen will Es gab bisher kaum etwa« Geschmackloseres und Unbehaglichere« als die Wohnung eines Minder bemittelten. Die Möbel zeigten die Formen der neu- deutschen Renaissance, waren überladen mit Ornamenten und Verzierungen, aber aus jeder Leiste schrie uns falsche Großmannssucht an, das Ausdringliche und Prahlerische im nüchternen Gewände des Alltags — hier wurde eS Ereignis. Die Befreiung von diesem falschen Prunk in den Möbelformen, die Beachtung de« ZwcckmäßigkeitS- prinzipes in ihnen ging zuerst von England au«, von dem selben England, dessen Moden auf anderen Gebieten, z B. auf dem der Bekleidung, vor noch nicht allzularger Zeit al« wenig geschmackvoll galten. Wie in dieser Beziehung schnell ein Wandel zu entgegengesetzter Anschauung ein getreten ist, so auch auf dem Gebiete der Innendekoration. Wir hätten allerdings gar nicht nötig gehabt, un« von England in Bezug aus die Ausschmückung unserer Jnncn- räume Beispiele zu holen, in dem Hausgirät vergangener Zeiten unseres Volke« waren uns überreichlich Anregungen gegeben, wie wir die Wohnräume zweckmäßig und doch nach gewißen künstlerischen Grundsätzen einrichten können. E« versteht sich von selbst, daß mit dem Preisaus schreiben, dem die hiesige Ausstellung für Hau« und Herd ihr Dasein verdankt, nur bezweckt war, für den Prei« von 750 M die Einrichtung mit Möbeln für eine einfach bür gerliche Wohnung herzustellen, für 400 M die für eine Arbeiterwohnung, für 300 M die für ein einfache« Wohn zimmer und für 200 M. die für ein einfache« Schlaf zimmer Keineswegs ist der von verschiedenen Seiten aus« gesprochene Vorwurf berechtigt, daß das Preisausschrei ben in seiner zur Ausführung gebrachten Gestalt nicht vollkommen seinen Zwecken entspreche, denn e« ist wohl al« selbstverständlich anmsehen, daß in die vorstehenden Preise nicht auch die Ausgaben für die außer den Möbeln er-
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