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Dresdner Journal : 12.12.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-12-12
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189912120
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18991212
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18991212
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-12
- Tag 1899-12-12
-
Monat
1899-12
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 12.12.1899
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Worn Weihnachloniarkte. * Ein gut«» Buch iit «ine unerschöpfliche Quell« reinen Vergnügen« in stille« Slunvrn Wer bei seine« Büchereinkäusen den Rat eine« erfahrenen und gewisien» hasten Verkäufer« sucht, dem kann u a auch C W«i»k«» Buchhandlung (Gg Schmidt), Amaliensttaß« 9, empfohlen werden. Vom unzerreißbaren Bilderbuch bi« zu den kost, barsten Prachtwerken findet man bei dieser Firma die reichhaltigste Auswahl. 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Hier am Platze hält u. a. die renommierte Handlung von Carl Tiede mann in ihren Verkauf«lokalen Nr. 10 der Marienstraße, Nr 18 der Amalienstraße und in der Heinrichstraße (Neu- stabt, Stadt Görlitz) eine große Auswahl von Farben kästen und Farben für Wasser- und Porzellanmalerei, sowie die hierzu gehörigen Kolorierbücher und Bilderbogen zu sehr billigen Preisen auf Lager Auch Pinsel, Tusch- näpschen, Paletten, sowie Bunt- und Pastellstifte, Zeichen- kreide und dergleichen Kohle und endlich echt importierte chinesische Tusche findet der Käufer in den al« solid be kannten Tiedemannschen Geschäften. Nachrichten aus den Lau-esteileu. Leipzig. Frau verw Kuntschmann au» Wein böhla setzte die Stadt Leipzig zur Erbin ihre» Nach lasses mit der Bestimmung ein, von den Erträgen de» Kapital« zur Weihnachtszeit zwei arme Familien der Stab» Leipzig zu unterstützen. — In zwei Plenarsitzungen beschäftigte sich der Rat mit der Neuregulierung bez. Aufbesserung der Gehalte der städtischen Beamten. Außer den unteren Beamten hatten sich auch die juristischen Beamten der städtischen Verwaltung an den Rat um Aufbesserung ihrer Gehaltsverhältnisse gewendet. — Hier hat sich in letzter Zeit ein Verband der vereinigten Rauchwarenzurichterei- und -Färbereibesitzer Deutschland« gebildet, dem die Genossenschastsrechte verliehen wurden. Leipzig. Der Rat genehmigte in seinen letzten Plenar sitzungen in der Hauptsache die von einer Deputation ausgearbeitete Vorlage über die Neuregulierung der Ge hälter der juristischen und anderen Beamten des Rate« und Polizeiamte« der Stadt Leipzig. Danach sind zum Teil die Anfangsgehälter erhöht, zum Teil die RückungSzeiten verkürzt und zum Teil die Anzahl der AlterSzulagen vermehrt worden; ferner wurde eine größere Annäherung der Zahlen der in den einzelnen Gehalts- klassen befindlichen Stellen aneinander herbeigeführt. Chemnitz Kürzlich fand hier eine Versammlung der Bürgermeister der mittleren und kleinen Städte, sowie der Gemeindevorstände statt behuf« Besprechung des Gesetzentwurfs über die Pensionsberechtigung der berufsmäßigen Gemeindebeamten in den mittleren und Keinen Städten, sowie in den Landgemeinden. Freiberg. Die Vorarbeiten zur Anlage eines Elek trizitätswerkes und einer elektrischen Bahn in hiesiger Stabt sind jetzt so weit gediehen, daß der Stadtrat bei den Stadtverordneten eine Vorlage eingebracht hat. Annaberg. Am Sonnabend wurde auf dem Fried- Hofe der benachbarten Stadt Geyer das von der Ver einigung sächsischer Spinnereibesitzer unter Unterstützung der König!. StaatSregierung au! dem Grabe Evan Evan«', de« Begründer« der Baumwollspinnerei-Industrie i« Sachsen, errichtet« Denkmal enthüllt Al« Vertreter der Königl Staat«regirrung hielt Amt«hckuptmann Heink- Annaberg eine Ansprache, in der er der Leistungen Evan»' gedachte Nach ihm sprach Hr geh Hosrat Prof. Berndt au« Chemnitz im Namen der Technischen Staat«lehr- lehranstalten und der Direktor der Chemnitzer Aktien- Baumwollspinnerei, Hr. Starke, im Namen der Ver einigung der sächsischen Spinnereibesitzer Er legte schließlich einen schönen Kranz am Grabe nieder Weitere Ansprachen hielten Hr Pfarrer Nicolai-Geyer al« Vertreter de« Kirchenvorstande« von Geyer, Hr Bürgermeistcr Knetschke al« Vertreter der Stadtgemeinbe und Hr. Pfarrer Arnold au« Roßwein im Namen der Verwandten Zwickau. Hinsichtlich der Berechnung deS der hie sigen Stadtgemrinde an die ihr verpflichteten Kohlenwerke zustehenden Steinkohlenzehnten sind neurrding» Er örterungen anaestrllt worden, die zu einer Nachsorderung an die Beteiligten geführt haben Da dieselben diese Nach,ahlung«verpflichtung bestreiten, hat die Stadtgemeinde den Prozeßweg beschritten Reichenbach. In nächster Woche soll vom Haupt- autschuffe für da« Bitmarck-Denkmal auf dem Kuh berge da« Ergebni» de« Gesamt Sammelwerke« festgestcllt und über da« ganze Projekt nach seinem jetzigen Stande Bericht erstattet werden Für unsere Stadt wird vom Ortsausschüße noch vor Ende Dezember die Summe von 4000 M an den Vorsitzenden de« GesamtauSschuffe« al« Ertrag de« hiesigen Sammelwerke« abgelicfert werden Markranstädt Der Stadtgemeinderat hat in seiner letzten Sitzung ein Regulativ angenommen, durch da« be- stimmt wird, daß Schankwirtschasten mit Kellnerinnen bedienung allgemein abends 11 Uhr Polizeistunde er halten Borna b. Leipzig. In dem Braunkohlenwerke „Glück auf" in Blumroda ist der Fördermann Rüling bei ver botswidrigem Ausfahren auf dem Fördergerüst tödlich verunglückt. vermischtes. * Verbindung de« Baltischen mit dem Weißen Meer. Die Zeitschrift de« russischen Ministerium« der Verkehrsanstalten veröffentlicht, wie wir dem Zentralblatt der Bauverwaltung entnehmen, einen Plan des Ingenieur« Timonow, der dahin zielt, da« Baltische Meer und den Finnischen Meerbusen unter Benutzung der vorhandenen Wasserstraßen und Seen mit dem Wersten Meere zu ver binden. Das Ministerium der Wasser- und Wegebauten beabsichtigt, im nächsten Jahre den Ausfluß der Newa au« dem Ladogasee, die sogenannte Koschkinsche Reede, so weit zu vertiefen, daß auch Seeschiffe, die auf dem Ladoga see verkehren, bei Mittel- und Niedrigwasser in die Newa gelangen können. Bi» auf wenige Stellen besitzt die Newa bereit« Seetiefe. Durch Baggerarbeiten in der Koschkinschen Reede und an einigen anderen Stellen der Newa soll nun der Ladogasee Seeschiffen zugänglich ge macht werden. Im Anschluß an diese Arbeiten strebt Timonow durch Schleusenwerke und VertiefungSarbeiten im Swir, der den Ladogasee mit dem Onegasee verbindet, und durch Regulierung einiger Flüsse der Wasserscheide zwischen Ostsee und Weißem Meer, sowie durch Neuanlage von Kanälen die Verbindung de« Finnischen Meerbns««ß mit dem Onegabusen am Weißen Meere an. Da« ganze Unternehmen dürste große wirtschaftliche Vorteile bieten. Der Ladogasee besitzt einen Flächenraum von 1070 Quad, ratwerst (1217,7 qlcm), die Länge seiner Uferlinie ist auf 15,922 Werst (16,984 lew) berechnet worden. Das au« dem Wolgagebiet anlangende Getreide könnte un mittelbar in die auf dem Ladogasee verkehrenden See- schiffe verladen werden; die umständliche und zeitraubende Treidelschiffahrt auf den Ladogakanälen käme in Wegfall Für die Wolgafrachten würde dadurch ein Zeitgewinn von etwa 10 Tagen und eine Ersparnis von etwa 1 Mill. Rubel (2,15 Mill. M.) Beförderungsunkosten im Jahre erzielt werden können. E« steht ferner zu erwarten, daß Waren, die in den Häsen de« Baltischen Meere« ein be deutende« Absatzgebiet besitzen, wegen der hohen Be förderungskosten zur Zeit aber nicht durch da« Marien- kanalnetz geschafft werden (z B Rohnophta), auf dem neuen Wasserwege durch den Ladogasee und die Newa nach den baltischen Häfen gelangen Nach Timonow würde di« ganze Kanalanlage weniger Mittel erfordern, al« der dringend notwendig gewordene Ausbau der be stehenden Ladogakanale. Auch in politischer Bezithung dürfte die neue Kanalanlage nicht zu unterschätzen sein, sobald der Plan de« NordkriegShafen« für die russische Flott« an d«r Murmanküste zur Ausführung gelangt. Den russischen Kriegsschiffen de« Baltischen Meere« stünde dann der Weg nach dem nördlichen Ei«meere offen. * Der Nicaragua-Kanal eine Unmöglichkeit. Der ausgezeichnete französische Geolog Marcel Bertrand hat der Pariser Akademie der Wissenschaften eine Ab handlung überreicht, worin er die gegenwärtigen Kennt nisse von der vulkanischen Thätigkeit und den Erdbeben in Mittelamerika zusammenfaßt und daraus sehr bedenk liche Schlüffe rücksichtlich der Zukunft des geplanten Durchstich« zwischen dem Golf von Mexiko und dem Stillen Ozean in der Richtung de« Nicaragua-See« zieht. Nach seiner Ansicht ist nämlich die für diesen Kanal in Aussicht genommene Strecke gerade der bedrohteste Ort de« ganzen Gebiete«. Ueber einer Linie von 1200 luo parallel der Küste von Mexiko bi» zur Landenge von Panama sind zahlreiche Vulkane verteilt. Diese Linie ist an drei Stellen unterbrochen, wo demnach ein Einschnitt in dem vulkanischen Gebirgszuge besteht, dessen Vertief ung von einem See eingenommen wird. Diese drei Durchbrechungen entsprechen Querspalten in der Erdkruste, und «S ist ein alte« und wohlbegründetes geologische« Gesetz, daß die Erdkruste gerade auf der Linie solcher Spalten die größte Beweglichkeit, d h die stärkste Neig ung zu Vulkanausbrüchen und Erdbeben zeigt. Ta« Studium der vulkanischen Erscheinungen, die sich im Nicaragua-See abgespielt haben, hat den Nachweis ge liefert, daß sich die vulkanische Thätigkeit allmählich immer mehr nach diesem Bezirke hin verlegt. Diese Thatsache wird auf der anderen Seite dadurch bestätigt, daß die Vulkane von Guatemala erloschen sind, während sich am Nicaragua neue Vulkane gebildet haben. Die vulkanische Thätigkeit scheint demnach von Nord nach Süd vorzurücken und gerade den Nicaragua- See zu bedrohen, der vielleicht in nicht zu ferner Zeit der Platz einer ungeheuren Erdkatastrophe werden wird, wie sie um die Mitte des vorigen Jahrhundert« im Golfe von Fonseca auf dem Gebiete von Honduras eintrat Die Amerikaner, die für den Bau des Nicaragua Kanal« bereits sehr weitgehende Vorbereitungen getroffen haben, werden gut daran thun, die Warnungen der geologischen Wissenschaft nicht in den Wind zu schlagen, sondern den vulkanischen Veränderungen, die sich in dem betreffenden Gebiete vollziehen, die größte Aufmerksamkeit zu widmen, ehe sie sich in ein Unternehmen einlassen, da« vielleicht in gar nicht langer Zeit durch ein großes Naturereignis mit einem Male vollkommen zerstört werden würde * Die Jahrhundert-Postkarte, die von der Post verwaltung vorbereitet wird, wird am 30. und 31 d Mt« zur Ausgabe gelangen Von ihr werden anderthalb Millionen Stück hergestellt Äußer der neuen Germania- Mark«, die von einem Lorberkranz umrahmt ist, soll die Karte, wie jetzt bestimmt worden «st, in der linken oberen Ecke eine aufgehende Sonne mit der Zahl 1000 erhalten, um den Sinn der Karte auszudrücken. Der gesamte Auf druck der Karte, der Vordruck, die Marke mit dem Kranz und die Sonne mit der Zahl ist einfarbig grün. Die Karte wird unseres Wissen« die erste von der deutschen Reichspost herausgegebene Gelegenheit»karte sein. * Von den Pariser Moden wird berichtet: Der Motorwagensport giebt den Schneidern Gelegenheit, ihrer ErsindungSaufgabe freie» Spiel zu lassen und überraschende Neuheiten zu schaffen. Für sehr elegant und besonders praktisch al« Schutz gegen Regen und den Staub der Landstraßen gelten Kostüme aus Ziegenleder oder aus der geschmeidigen Haut des poulain rusee Auch der Fuchs muß sein Fell hergeben, um die Ausstattung zu vervoll ständigen. Aufschläge und Kragen oder eine ganze Pelerine au» Fuchspelz über de, Lederjacke, sowie ein Schurz, der die Gestalt «ng umgirbt, machen «ine grnuß- reiche Spazierfahrt auch d«m frostigsten Winterwrlter möglich. Für Straßenkleider giebt man noch immer de« „robv taillour" den Vorzug. Einfach in Schnitt und Farbe, läßt e» doch großen Prunk und reiche Abwechselung für di« Chemisrtte« zu Au« duftigem Tüll od«r matt farbiger Seide mit Spitzeneinsätzen oder Rüschen au» schmalem Bande, verleihen sie der Toilette sofort Eleganz. Oft zeigt sich unter der offene» Jacke auch eine Kravatt« au« Tüll, die in feinen Fältchen sich um den Hal« schmiegt und jabotartig auseinanderfällt, während «in brriter Ring au« Bronze oder Stahl, der, mit Perlen oder Steinen besetzt, den Knoten der Kravatte bildet. Dazu paffen dann auch die großen Gürtelschnallen, die au« dem gleichen Material, auch mit Emailleeinlagen ge arbeitet sind. Schmuck wird auf der Straße nur dann getragen, wenn er einen Teil der Toilette au«macht, und auf diese Weise haben ihm die putzsüchtigen Schönen einen weiten Platz eingeräumt. So sieht man kostbare Agraffen und Nadeln auf den Hüten, und besonderer Luxu« wird in den Knöpfen entfaltet. Edelsteine in Goldfaffung, Email, winzig kleine Knöpfe au« Seide, Sammet und Stahl, sowie solche von der Größe eine« Fünffrankenstücke« au» Meißener Porzellan, dienen den glatten Tuchkleidern und den Mänteln al« Schmuck. Sogar di« Schnallen der Strumpf bänder und die Korsetthaken werden au« edlen Metallen gearbeitet und mit kostbaren Steinen und Perlen verziert. Mit der vorrückenden Saison zeigen sich mehr und mehr Pelzhüte; durch eine reiche Garnitur von Blumen und Band, dessen abschattierte, hochstehende Enden zu einem wahren Strauße gewunden sind, stellt man sehr zierliche und kleidsame Kopfbedeckungen her. Von neuem tritt die Mode auf, indische Zeuge zu eleganten Haus- und Gesell schaftskleidern zu verarbeiten. Diese leichten Gewebe au« Seide oder Wolle geben einen sehr graziösen Faltenwurf, und die harmonischen Farbentöne ihrer orientalischen Muster sind besonders be« Licht von angenehmer Wirkung. Zu Hellen Blusen verwendet man eine einfarbige, gerippte Seide, die mit rankenden Winden bemalt ist, oder man näht Orchideenmuster, aus Sammet geschnitten, auf einen Untergrund au« demselben Stoffe. * Eine beachtenswerte Zusammenstellung chinesischer Sitten, die grundverschieden sind von den Bräuchen, deren der Europäer sich in derselben Lage zu bedienen pflegt, veröffentlicht der „Ostas. Lloyd". Für den Chinesen sind diese Verschiedenheiten eine Quelle des Spottens und Lachens. Bei uns bekommt der Tischgast den Ehrenplatz rechts vom Gastgeber, in China link«. Wir pflegen die Suppe zuerst zu eßen, der Chinese zuletzt. Bei uns ist e» anständig, beim Essen mit den Lippen möglichst wenig Geräusch zu machen, der Chinese läßt es hören, daß ihm das Essen schmeckt. Wir speisen mit Messer und Gabel, der Chinese mit Stäbchen Wir lesen ein Buch von vorn nach hinten und von links nach rechts, der Chinese fängt hinten an und liest von rechts nach link». Wir bezahlen daS Briefporto beim Abfenden, der Chinese beim Empfangen des Briefes. Bei uns stehen die Schulkinder beim Aufsage» mit dem Angesicht dem Lehrer zuzewendet, in China drehen sie dem Lehrer den Rücken zu. Bei uns steckt die Gelehrsamkeit im Kopfe, nach Ansicht der Chinesen steckt sie im Bauche. Bei un« ist „alter Drache" eine schwere Beleidigung, in China ist eS ein Ehrenname. Bei uns sieht der junge Mann zuerst ein junges Mädchen und heiratet e» dan», in China heiratet der junge Mann da« Mädchen, und dann sieht er es oft zum ersten Mal. Bei un« giebt der Vater der Tochter eine Mitgift, wenn er sie hat, in China giebt der Schwiegersohn dem Schwiegervater eine Mitgift Bei un« spricht man bei der Geburt eine« Kinde« vom Klapper- storch, im Süden China« wird der Storch (aus Papier gefertigt) beim Begräbnisse verwandt Wir nehmen den Hut ab, wenn wir in da« Zimmer eine« Fremden treten, der Chinese läßt ihn aus dem Kopfe Wir schütteln die Hand de» Nächsten bei der Begrüßung, der Chinese schüttelt seine eigene Hand Bei un« wird der Sarg nach dem Tode gekauft, der Chinese kaust den Sarg schon bei Lebzeiten; e« ist den Alten ein beruhigendes Universal - Alasarin für Internstiollsles «cuostxeverbe. 0W80IOM 7 7. ALagarin feiner uns soliäer ^eäer^vaaren. Tas WcihuachtSoratorium. Novelle von Adolf Stern. 4 (Fortsetzung.) Der junge Pfarrer stammelte: „Da» muß der wilde Bernhard sein, da» ist Bernhard Folz, so wahr ich lebe!" Mit einer Anstrengung, die ihm die erblaßten Wange«« wieder , Stete, gelang es ihm, das Fenster zu öffnen. Er wollie der langen Gestalt, die er draußen zwischen dem Fenster und der Fliedhosmauer erblickte, eben zurufen, wo Hofthür und HauSthür zu finden sei. Aber ehe noch ein Wort über seine Lippen kam, sah er, daß der Lange sich auf die gefrorene Erde setzte und blitzschnell, die Beine voran, über daS Fensterbrett hcrcinglitt. Als er sich innen aufrichtete und die Arme, die da« Fenster- kreuz gefaßt hatten, gegen die Decke streckte, erreichte er diese beinahe. Au« seinem Munde aber sprudelte et unaufhaltsam hervor: „Guten Abend, Unterzrllbursch! Hältst du mich in der weiland Frankensteinschen Kammer so lange vor dem Fenster harren und frieren lassen, wie v«r deinem gegenwärtigen Kubikulum, möcht' ich dir unsanft begegnet sein, Gottfried. Zum Glück ist die Gefahr des Abstürze- hier minder groß, als seinerzeit in der hochpreislichen Leipziger Thomana— wenn ich zu deinem Entsetzen einen nächtlichen Ausstieg gewagt hatte. Gedenkst du noch an den zweiten WeihnachtStag, wo ich dich morgens um zwei Uhr weckte und erschreckte, just wo wir um zehn Uhr die beiden großen Duette für A't und Baß iu singen hotlen, die Meister Johann Sebastian opa,t für uns komponiert hatte und du in der Zelle verbotene heiße Getränke kochtest, wei, er Stimme wieder auf.uhelsrn? Die deine scheinst du vollständig verloren zu habe«« — der meinen aber würden ein paar GloS Klamdambuli auch heute nicht schaden!" Magister Gottfried hatte sich inzwischen etwas ge sammelt, und vor dem prüfenden Blicke seiner ehr- ÜHen lla.en Augen schlug der lange Ges ll seine blitzenden braunen nieder. Er hob sie aber auf den Anruf des Pfarrers: „Gott willkommen, Bernhard! MagS ein guter Wind sein, der dich hergeweht hat. Warum bist du nicht durch meine Thür eingetreten, die dir, wie du wohl wußtest, offen stand?" Der Hüne, denn wie ein solcher stand Bernhard Folz neben dem mittelgroßen Prediger und in dem niedrigen Studierzimmer des Pfarrhauses, brach in ein halb lustiges, halb ve«legenes Gelächter aus: „Soviel ich weiß, ist bei uns Luiherschen die Ohren- ^»elchte noch abgeschafft, Herr Pastor! Kannst mir ja leicht ansehen, daß mir besser mit einem heißen Ge tränke, wenn'- sein muß, mit einer Suppe, warm ge macht würde, als mit Fragen. Bin im Auweh seit zwei Monaten auf der Landstraße. Mußt mich von unten auf messen, Unterzellbursch, den stattlichen Pelz- rock, den mir der Starost von Jarotschin zugeworfen ha», darfst du nicht rechnen, obschon ich ohne ihn mut maßlich erfroren wäre. Aber sieh hier und hier" — er hielt dem Angesprochenen abwechselnd beide lange Beine entgegen —, „da hapert-, da ist die Welt mürb und naßkalt zugleich." „Es wird sich aushelfen lassen, Bernhard!" sagte Gottfried Döhler hastig. „Meine eigenen Sachen werden dir nicht paffen, wie du von der Zeit her weißt, wo dich'- manchmal gelüstete, mit mir zu butschen, aber wir wollen, da du doch wohl ein paar Tage bleibst, gleich morgen den Schuster aus Colditz kommen lassen, — vielleicht auch den Flickschneider," fügte er mit unsicheier Summe hinzu. „Recht so — die Nolle al« Samariter steht dir so gut zu Gesicht, wie vor zwanzig Jahren!" lobte der Eindringling. „Ich warte seit einer Stunde hirr drauhcn, dich endlich allein zu sehen; mußte wohl, daß du «rock kcii« Ehcgespons hast — was mich für einen Landpfarrer schier erstaunlich dünkt — fürchtete aber, deine olle Haushälterin könnte zu meinem Fuß- geslell und Unterteil scheel blicken Oder hältst du dir wie die katholischen Konfratres eine junge Pfarr köchin? Jetzt hilf wir mit einem Paar alter Pan toffel«« und ein Paar Wollstrümpfen, daß ich das Gefühl naßkalter Unbehaglichkeit los werde. Und dann schaff etwas zu beißen und etwas Warmes — rühr dich, denn du siehst ja wohl, wie nötig ich eS habe, auch ohne daß ich Konfessionen mache." Gottfried Döhler spürte eine Regung, sich gleich in dieser ersten Stunde mit dem wilden Kameraden seiner Schülertage aus der Leipziger Thomasschule klar auseinander zu setzen. Doch schien's ihm im nächsten Augenblicke so unedel, den Bedürftigen erst nach seinen Schicksalen zu fragen, und zudem blickte Bernhard Folz genau so auf ihn herunter, wie der Oberprimaner auf den Untertertianer, der Präsekt auf den AUisten seimS Chores hinabgesehen hatte, daß Magister Gottfried, dienstwillig wie er als Schüler gegen den ein Jahrzehnt älteren Oberzellburschen ge wesen war, nur erwiderte: „Komm wenigstens mit ins Vorhaus, daß Beate, meine alte Magd, nicht gleich merkt, daß du durchs Fenster eingestiegen bist. Zudem muß ich dir oben, eine Stiege hinauf, deine Gastkammer anweisen und dir geben, was du am nötigsten bedarfst. Du sagst dir wohl selbst, daß ein Landpastor auf kleiner Stelle und zumal in diesen KriegSläuften, an nichts Ueberschuß hat, du mußt eben vorlieb nehmen." Er war, leiser sprechend, mit dem Ankömmling iu den Flur hinausgetreten und schien auch noch die HauSthür zum Scheine öffnen zu wollen. Doch plötzlich licß er errötend davon ab, wiederholte nur daS Wort: „Du mußt edcn vorlieb nehmen!" und ries dann lauter nach Beate, die alsbald auS ihrer Küche hervorkam und mit mißtrauischem Ausdruck in ihren breiten bäuerischen Zügen auf den Fremden neben ihrem Herrn blickte. „Wir hoben Besuch erhalten, Beate, Herr Bern hard Folz, ein alter Schulkamerad — und Freund von mir", sagte der Pfarrer. „Sorge nach Kräften für ein Abendessen — und bringe uns später die Run flasche, d:e im oberen Fach des Speiseschrankes steht, und koche daS Wasser. Der Herr har einen weiten Marsch durch daS Schneegestöber getban und braucht etwas HeißeS. Ich zeige ihm oben sein Bett und helfe ihm, eS sich ihm ein wenig bequemer zu machen, du wirst uns zur rechten Zeit den Tisch beschicken." Die Augen der alten Beate ruhten unablässig auf dem unerwarteten Besuch, sie spähte offenbar nach anderem Reisegepäck als dem knorrigen Stock, auf den sich Bernhard Folz stützte. In ihrer singenden sächsischen Mundart entgegnete sie: „Der Herr Pfarrer wissen wohl, daß wir nicht viel im Hause haben. Eier auf Speck urd einen Altenburger Ziegenkäse, vielleicht vorher eine Kartoffelsuppe?" Gottfried Döhler machte eine Bewegung, die ouS- drücken sollte, daß rr seinen Abendtisch für genügend bestellt halte — sein Gast aber horchte scharf auf, kehrte sich von der ersten Stufe der Treppe her zu der verdrossen nachschauenden Haushälterin und rief: „Kartoffelsuppe ist ein treffliche» Vorgericht, wenn sie'- trifft, Jungfer Beate. Biel frische Zwiebeln und noch mehr frische Butter hinein, dann giebt'S ein Götteressrn!" Hätte der hinter Magister Gottfried Ewpor- steigende und immer zwei Stufen Nehmende, wo der Hausherr sich mit einer begnügte, sich noch einmal nach Beate umgesehen, so würde er einem so bösen Blick begegnet sein, als ihn die Augen der alten Jungfer nur aufzubringen ve> mochten. Der Pfarrer von Lostau aber, so wenig er bisher von den schlimmen Schicksalen des ehemaligen Kommilitonen in Erfahrung gebracht hatte, erriet aus dem hoch- patheiischen Ton, mit dem sein Gast selbst ein Küchenrezept sab, daß der wilde Bernhard die schlechten Schuhe, in deren er neben seimm Gast freund ging, wohl zuerst auf den Brettern abgenutzt und zuletzt auf der Landst: aße zerrissen hatte. (For.s. solgt.)
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