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Schon drei Jahre später konnte Tschaikowskij berichten: „Ich habe alles fertig gestellt!“ Er meinte damit seine neue Oper „Die Zauberin“. Die Thematik (ein Adliger liebt ein Bauernmädchen) war wenig geeignet, dem Werk zum Erfolg zu verhelfen. Tschaikowskij dirigierte die Uraufführung persönlich: Als Dirigent erhielt er ausgezeichnete Kritiken, ■— die Oper selbst fiel durch! Um so nachhaltiger war der Erfolg von „Pique Dame“ (1890): Das Publikum urteilte richtig, denn mit dieser Oper war Tschaikowskij ein wahres Meisterwerk gelungen. Mit seinem letzten Bühnonwerk „Jolanthe“ hatte der Meister wiederum wenig Glück. Die Hörer lehnten 1892 das Werk zwar nicht ah, die Kritiken jedoch waren ein reiner „Verriß!“ Wenn wir die sachliche Zahlenreihe der zehn Tschaikowskij-Opern mit ihren vielen Mißerfolgen und dem nur spärlichen Widerhall vergleichend betrachten, müssen wir heute vor allem des Meisters unbeugsamen Willen und seine vorbildliche Energi bewundern: Tschaikowskijs Arbeit an seinen Opern war ein bewundernswerte Ringen um das „Kunstwerk Oper“. G. S. Die 5. Sinfonie Peter Ujitsch Tschaikowskij (1840—1893) hat sich zu seiner 5. Sinfonie in e-Moll einmal in einem Notizheft selbst geäußert, und man kann diese Bemerkung als Hinweis auffassen, gleichsam als das Motto, das über diesem Werke stehen könnte. „Vollständige Beugung vor dem Schicksal oder, was dasselbe ist, vor dem unergründ lichen Walten der Vorsehung.“ Mit der Sinfonie, die seine drei letzten Sinfonien einleitet, war Tschaikowskij nicht zufrieden, weil sie dem Inhalt einen zu breiten Raum gönnt und dabei die künstlerische Form etwas vernachlässigt. Dafür spricht die Briefstelle: „Nach jeder Aufführung meiner neuen Sinfonie empfinde ich immer stärker, daß dieses Werk mir mißlungen ist. Die Sinfonie erscheint mir zu bunt, zu massiv, zu künstlich, zu lang, überhaupt unsympathisch.“ Wir wundern uns über die Schärfe des eigenen Urteils, wir bewundern seine schonungslose Selbstkritik, die wir heute nicht mehr teilen. Das Werk ist viersätzig. Im ersten Satz leitet ein Thema das Ganze ein, welches gewissermaßen als Leitmotiv in allen vier Sätzen immer wieder erscheint. Der eigentliche erste Satz bringt die beiden sehr gegen sätzlichen Themen, die die Form der Sonate verlangt. Der zweite Satz versucht, von dunklen Klängen zu lichten Höhen emporzuschwingen, der Schluß verklingt in Ruhe und Harmonie. Der dritte Satz heißt „Valse“, also ein eleganter, weltmännij scher Walzer mit französischem Einschlag, der ein einziges Wiegen und Gleitelf darstellt. Der Schlußsatz, das Finale, ist ein toller Wirbel der verschiedensten Stimmungen: ein aufreizender Tanz, ein eilig hastender Galopp, ein jauchzender Wirbel, ein hemmungsloses, brutales Gestampfe, das am Schluß in eine schmetternd glänzende Fanfare mündet, die dem düsteren Werk einen überraschenden, aber um so wirkungsvolleren optimistischen Ausgang verleiht. Th. Literaturhimveise: Modest Tschaikowskij. Das Leben Peter Tschaikowskijs O. Keller, Peter Tschaikowskij • Iwan Knorr. Peter Tschaikowkij Textliche Mitarbeit: Johannes Paul Thilman, Gottfried Schmiedel Vorankündigung: 2. Serenade Sonnabend, 2. Juli, im Zwinger und Sonntag, 3. Juli, in Pillnitz 6310 Ra II1-9-5 555 1.4 It G 009/55