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Dresdner Journal : 28.09.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-09-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189909289
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18990928
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18990928
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-09
- Tag 1899-09-28
-
Monat
1899-09
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 28.09.1899
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Bezugspreis: Für Dresden vierteljährlich: 2 Mark SO Ps., bei den Kaiser lich deutschen Postanstalten vierteljährlich 3 Mark; auster- halb des Deutschen Reiche» Post- und Stempelzuschlag. Einzelne Nummern: 10 Ps. Erscheine«: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abends. Fernspr -Anschluß: Nr 1LN5 Dresdner M Journal. AiikünbigungSgrbühren: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift Sv Ps Unter „Eingesandt" die Zeile so Ps. Bei Tabellen- und Ziffernsatz entsprechender Ausschlag. Herausgeber: Königliche Expedition de» DreSdner Journals Dresden, Zwingerstr. 20. Fernspr -Anschluß: Nr 12-5 1899 Donnerstag, den 28. September abends. ^226 WM" Wir ersuchen unsere geehrten Post bezieher um rechtzeitige Erneuerung der Be stellungen bei den betreffenden Postämtern, da mit in der Zustellung der bezogenen Stücke keine Unterbrechung eintritt. Amtlicher Teil. Dresden, 28.September. Ihre Kaiserl. und Königl. Hoheit die Frau Herzogin Philipp von Württem berg ist heute nachm. 2 Uhr 15 Min. von Dresden nach Potsdam abgereist. Se. Königliche Majestät haben dem in den Ruhe stand tretenden HilfsamtSdiener Heinrich in Schandau das Allgemeine Ehrenzeichen Allergnädigst zu verleihen geruht. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Kommerzienrath Eduard Stöhr in Leipzig-Plagwitz den ihm von Sr. Majestät dem Deutschen Kaiser und Könige von Preußen ver liehenen Rothen Adler Orden 4. Klasse annehme und trage. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Reichsgerichtsrath Reichardt zu Leipzig das ihm von Sr. Hoheit dem Herzoge von Sachsen-Altenburg verliehene Ritterkreuz 1. Klasse des Herzoglich Sachsen-Ernestinischen HauS- ordens annehme und trage. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß die Nachgenannten die von Sr. Majestät dem Könige von Württemberg ihnen verliehenen Ordensdekorationen, und zwar der Bereiter Ackermann das Ritterkreuz 2. Klasse des FriedrichS- ordenS und der Wachtmeister Fuchs, sowie die Reit knechte Lösche, Stolt und Görke die silberne Verdienstmedaille annehmen und tragen. WekannLrnachung, die Eröffnung des Betriebes auf der normal- spurigen Nebeneisenbahn von Königsbrück nach Schwepnitz betreffend. DaS Finanzministerium hat beschlossen, die normal spurige Nebeneisenbahn von Königsbrück nach Schwepnitz am 1. Oktober 1899 dem allgemeinen Verkehre zu übergeben. An dieser Bahn befinden sich außer dem Anschluß bahnhofe Königsbrück und der Endhaltestelle Schwep nitz die Haltestelle für Personenverkehr und für Güter verkehr in Wagenladungen Königsbrück sowie die Haltestellen für Personen- und Güterverkehr Weißbach bei Königsbrück und Schmorkau bei Königsbrück. Die Leitung des Betriebes auf der genannten neuen Bahnlinie erfolgt durch die Generaldirektion der StaatSeisenbahnen, welche auch die Tarife und die Fahrpläne bekannt machen sowie die Erledigung der Bauangelegenheiten und die Regelung der Besitz verhältnisse im Bereiche der neuen Bahnstrecke besorgen wird. Dresden, am 27. September 1899. Finanz-Ministerium. v. Watzdorf. Wunderlich. Vie Eröffnung des Setriebes auf der vollspurigen Nebeneisenbahn Königsbrück-Schwepnitz. Mit Bezug auf die Bekanntmachung des König lichen Finanzministeriums vom 27. September, die Eröffnung des Betriebes auf der genannten Bahnlinie am 1. Oktober d. Js. betreffend, wird hierdurch zur allgemeinen Kenntnis gebracht, daß der Betrieb auf der Linie Königsbrück-Schwepnitz nach den Vorschriften der im 18. Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes für das Königreich Sachsen vom Jahre 1892 bekannt gemachten „Bahnordnung für die Nebeneisenbahnen Deutschlands" stattfinden wird. Die Beförderung erfolgt auf Grund der „Ver kehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands". Die auf der neuen Linie verkehrenden Personen- züge sind in den am gleichen Tage in Kraft tretenden Wmterfahrplan 1899/1900 mit ausgenommen; im Be reiche der neuen Linie werden diese Züge auch noch durch Plakate bekannt gemacht. Die Tarife für die Personen- und Gepäckbeförder ung werden auf den neuen Verkehrsstellen ebenfalls ausgehängt. Die Entfernungen für die Haltestelle Schwepnitz sind iu dem bei allen Güterverkehrsstellen zu erlangen den Nachtrag VII zum Kilometerzeiger für den Binnen verkehr enthalten. Ueber den beschränkten Güterverkehr auf den Ver kehrsstellen Königsbrück Haltestelle, Weißbach b. Königs brück und Schmorkau b. Königsbrück geben alleGüter- velkehrsstellen Auskunft. Dresden, am 28. September 1899. Königliche Generaldirektion der Sächsischen Staatseisenbahnen. v. Kirchbach. K. Srneunnngen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. Im Geschäftsbereiche »eS Ministerium« SeS Kult«» und öffentlichen Unterrichts. Erledigt: die zweite ständige Lehrerstelle zu Liebethal. Kollator: das Königl Ministerium de- Kultus und öffentlichen Unterrichts zu Dresden Die Stelle gewährt außer freier Wohnung im Schulhause mit Barten ein Jahreseinkommen von lvvv M. Gesucht find an den Kollator zu richten und bi- zum 16. Oktober an den Königl. Bezirksschulinspektor zu Pirna, Schulrat Lehmann, ein zusenden. — Zur Erledigung kommt: die Kirchschulstelle zu Hohnstädt. Kollator: die oberste Schulbehörde. Ein kommen außer freier Amtswohnung und Gartengenuß: 1200 M. Gehalt, 72 M für Fortbildungkschulunterricht, 668 M vom Kirchendienst, event. 8V M. an die Frau des Kirchschullehrers für Erteilung deS weiblichen Handarbeitsunterrichts. Gesuche nebst den erforderlichen Beilagen sind bis 18. Oktober an den Königl. Bezirksschulinspekior Ör. HannS in Grimma zu richten. — Zu besetzen an den Bürgerschulen zu Zwickau einige HilsSlehrerstellen. Kollator: der Rat der Stadt Zwickau. DaS gesamte Einkommen beträgt je 1300 M, sofern aber der zu Wählende die Wahlfähigkeiisprüfung noch nicht bestanden hat, je 1200 M. Die Hilfslehrer werden fpätestenS nach Ab lauf eines Jahres ständig. Gehaltserhöhung für» künftige Jahr in Aussicht genommen. Gesuche sind bis 20. Oktober an den Kollator einzusenden. Nichtamtlicher Teil. Ein Ausblick auf die kommende Reichßtags- tagung. Eine eigentliche ssisov morte hat es in diesem Jahre in unserer inneren Politik so gut wie garnicht gegeben. Anderseits hat sich das politische Leben in der sonst stillen Zeit mehr auf heftige Parteikämpfe beschränkt. Je mehr aber der Wiederbeginn der Reichstagsarbeiten herannaht, desto mehr beginnt sich der „Aufmarsch der Parteien" gegenüber der Regierung zu entwickeln. ES ist selbstverständlich, daß der Zwiespalt, in welchen die Konservativen leider mit der preußischen StaatSregierung hineingeraten sind, der aber auch schon im Ausgleichen begriffen ist, keinerlei Einfluß auf die Haltung der Rechten in der Reichspolitik auS- üben wird. Die Regierung wird für alle bereit» vor liegenden wichtigen Aufgaben, sowie auch für etwaige die nationale Rüstung betreffende Neuforderungen an den Konservativen nach wie vor eine Stütze haben. Hoffentlich gelingt es dann, die bedauerlicherweise in der vorigen Tagung verzögerten Vorlagen, wie das Gesetz betreffend den Schutz deS gewerblichen Arbeits verhältnisses, die Passgesetze und die GewerbeordnungS- novelle, in gedeihlicher Weise zu erledigen. Ebenso selbstverständlich, wie die Rechte auch ferner der Regierung ihre thatkräftige Unterstützung gewähren wird, wird die radikale Linke auf ihrem schroffen Stand punkte der Verneinung verharren. Besonders rüstet sich die Sozialdemokratie schon wieder, die neue Tag ung für die Zwecke ihrer Propaganda auszunutz^n; dazu wird der demnächst zu Hannover zusammen tretende sozialdemokratische Parteitag vermutlich ver schiedene Anregungen zu geben haben. Hauptsächlich aber wird es sich die Sozialdemokratie angelegen sein lassen, das ihrer Organisationsentwickelung schädliche Gesetz zum Schutze des gewerblichen ArbeitsverhältnisseS, das leider auch vielfach in der Presse der Ordnungs parteien wohl bequemlichkeitshalber als „Zuchthaus gesetz" bezeichnet und dadurch unbewußt und ungewollt diskreditiert wird, zu Fall zu bringen. Es ist zu wünschen, daß dieses Unternehmen nicht gelinge. In der nationalliberalen Partei hat sich längst eine Be wegung gegen die heftige Rede des Hrn. Bassermann geltend gemacht, und eS läßt sich jetzt erwarten, daß nur ein sehr kleiner Teil der Partei noch ihrem Führer in dieser Frage Heerfolge leisten wird. Auch in anderer Beziehung scheint die nationalliberale Partei das ungestüme Drängen des Hrn. Bassermann ab wehren zu wollen; anscheinend hat daS uneingeschränkte Lob, da- dem genannten Abgeordneten seitens der Sozialdemokratie gespendet worden ist, manchem Nationalliberalen die Augen geöffnet. In diesem Falle wird die gemäßigte Linke in der bevorstehenden Reichstagssession mit der Rechten wieder mannigfache Berührungspunkte finden. Die drei alten Kartellparteien bilden — auch mit Einschluß der neuerdings der Rechten sehr zu- geneigten „Reformpartei" — nun leider nicht die Mehrheit. Ausschlaggebend bleibt immer noch das Zentrum. Man wird nach dieser „beneidenswerten" Stellung das Selbstbewußtsein und die große Wichtigkeit, mit der kürzlich Hr. vr. Lieber zu Mainz sich über die politische Lage aussprach, erklärlich finden. Mag man aber die Aeußerungen des Zentrums führers noch so genau durchforschen und ihre einzelnen Wendungen zergliedern, so wird man doch keinen Aufschluß darüber erhalten, wie da» Zentrum sich eigentlich zur Regierung zu stellen beabsichtigt. Als Kernpunkt der Lieberschen Rede läßt sich die Sorge um die Einigkeit der Partei und um die Erhaltung ihrer ausschlaggebenden Stellung auffassen. Die Nachricht von der geplanten Chinareise des Zentrums- sührers hat in der That Erscheinungen hervorgerufen, aus denen ersichtlich war, daß in der Zentrumsleitung nicht volle Einigkeit herrsche. Dadurch nun. daß Hr. Or. Lieber die Herren Gröber, Bachem und Trimborn schmeichelnd mit Mallinckrodt und den Gebrüdern Reichensperger in Vergleich stellte und die volle Einig keit in der Fraktion betonte, hat er jedenfalls be ¬ sänftigen und nach außen hin Eindruck Hervorrufen wollen. Machte er mit Hinweis auf die Worte: „Was einmal war, kann wieder sein" den Zuhörern vor einem Wiederbeginn des „Kulturkampfes" bange, so verband er damit wohl nur den Zweck, die Not wendigkeit des Zentrums wieder einmal zu betonen. Seine übrigen AuSsühiungen waren durchaus von dem Wunsche beherrscht, die heutige bedauerliche Zersplitterung der anderen Parteien zu konservieren, damit die Zentrumspartei im Reichstage die herrschende bleibe. Man sieht, daß für die Zentrumspolitik daS reine Parteiinteresse maßgebend ist. Aus diesem Grunde bekämpfte Herr Dr. Lieber nichts heftiger als die Politik der Sammlung, die den Boden abgeben soll, auf dem die nichtsozialdemokratischen Parteien sich zum Kampfe gegen den Umsturz einigen könnten; nur darum suchte er die Nationalliberalen — sonst Gegner deS Zentrums — zu umschmeicheln und den Konservativen, die unbedingte Anhänger der Samm lungspolitik sind, Steine in den Weg zu legen. Um seine Tendenz nicht gar so schroff zu bekunden, stellte sich Hr. Or. Lieber als „Todfeind" der Sozialdemo kratie vor; er vergaß aber dabei, daß das bayerische Zentrum erst vor kurzem mit jenen angeblichen „Tod feinden" ein lukratives Wahlbündnis abgeschlossen hat und daß auch in Baden die Zentrumsleitung auf den Beistand der „Genossen" bei den Landtagswahlen rechnet. Bemerkenswert ist, daß Hr. vr. Lieber er klärt hat, positive Vorschläge zu dem Gesetzentwürfe betreffend den Schutz des gewerblichen ArbeitSverhält- nisseS seien in seiner Partei in Ausarbeitung begriffen. Man wird also annehmen dürfen, daß die erwähnte Vorlage schließlich doch noch mit Hilfe des Zentrums — wenigstens in die Kommission gelangt. Wie aber sonst die Zentrumspolitik beschaffen sein wird? Nach allem eine Politik der Parteiinteressen, eine Politik von Fall zu Fall. Tagesgeschichte. Dresden, 28. September. Se. Majestät der König werden heute abend H10 Uhr von Grillen burg nach Strehlen zurückkehren. Zur heutigen Tafel bei Ihrer Majestät der Königin in Villa Strehlen sind Graf und Gräfin de Witten mit Einladung ausgezeichnet worden. Tre-den, 28. September. Ihre Kaiserl. und Königl. Hoheit die Frau Herzogin Philipp von Württem berg ist heute 2 Uhr 15 Mm. nach Potsdam ab- gerelst. Ihre Königl. Hoheiten der Prinz und die Frau Prinzessin Johann Georg hatten Sich zur Verabschiedung der hohen Frau mit nach dem Haupt bahnhofe begeben. Ihre Königl. Hoheit die Frau Prinzessin Johann Georg wird heute den im Neustädter Kasino zu veranstaltenden Kammermusikabend mit Ihrem Be suche auSzeichnen. Deutsches Reich. * Berlin. Nach Seiner Ankunft auf der Reede in Danzig besichtigten Se. Majestät der Kaiser vorgestern den Panzerkreuzer „Kaiser" und fuhren fodann auf der „Hohenzollern" in den Hafen ein Abends fand an Bord der „Hohenzollern" Tafel statt, zu der einige Offiziere der Marine und der Garnison geladen waren Se. Majestät verblieben während der Nacht aus der „Hohen zollern" und begaben Sich gestern früh in Begleitung der Admirale Köster, Tirpitz und v. Senden-Bibran auf einer Pinaffe wieder auf die Reede, um an Bord deS Kreuzer» „Kaiser" Besichtigungen abzuhalten Sodann verabschie deten Sich der Kaiser von der Besatzung der „Hohen zollern" und begaben Sich zum Frühstück in da» Kasino de» 1. Leibhusaren-RegimentS. Um ^1 Uhr reisten Se. Majestät nach Dirschau ab und trafen dort um t Uhr Kunst und Wissenschaft. Die Memoiren des Generals Marbot. I. Dreimal schon, in gewißen Abständen, hat die Napoleonische Legende in der französischen und außer französische« Litteratur einen breiten Plaß beansprucht und ist eine Flut neuer Erinnerungen und Darstellungen au» dem großen Schlachtenepos des ersten französischen Kaiser reichs hereingebrochen DaS erste Mal, als die Nieder schriften von St. Helena die Neugier und Teilnahme der ganzen Welt erweckten, als Beranger, der französische Volksvichter, „Ihn", wie er den Kaiser schlechtweg nannte, als den einzigen vom Volk Bewunderten prieS; das zweite Mal, nach 1852, al» wieder ein Napoleon auf dem französischen Throne saß und die Korrespondenz seines Vorgänger» veröffentlichen ließ, der dann zahlreiche Geschicht»- und Memoirenwerke nachsolgten; da» dritte Mal im letzten Jahrfünft, wo die Mode selbst Trachten und Geräte de» großen „Empire" wieder zu Ehren zu bringen suchte, die Pariser Dramatiker mit der dämonischen Persönlichkeit Napoleon» I. agierten und für jede Ueber- lieferung der Kaiserzeit ein nachträglicher Heiligenschein, wenn nicht von Gold, dann von Blech oder Pappe, be liebt ward Wenn in einer großen Zahl der bei dieser neuesten Springflut de« Napoleonkultus zu Tage ge tretenen litterarischen Veröffentlichungen da« sensationelle Element nur zu sehr überwiegt, so gilt dies natürlich nicht von so bedeutenden und außerhalb der Spekulation stehenden Werken, wie den „Memoiren de« General« Marbot", die, nachdem sie schon im französischen Original auch in Deutschland ziemlich viel gelesen worden find (fie gehörten u a zu den letzten Büchern, die Fürst Bismarck mit Anteil la«), gegenwärtig in einer vom Auditeur a. D. L Ottmann, Major a D. F Mangold und General ¬ major z. D o. Nahmer veranstalteten oeuljchen Ueber- tragung (Stuttgart, Verlag von Robert Lutz) uns vor liegen. Die deutsche Ausgabe ist nach der vierzigsten Auflage des französischen Originals bearbeitet worden, ein Beweis für die außerordentliche, rasche Verbreit ung, die das Werk gewonnen hat. Die Erlebnisse eines jungen Offiziers, der in seine Laufbahn beim Be ginne des Konsulats Bonapartes eintritt, den sein Geschick, seine Tapferkeit und soldatische Einsicht, auch manche Gunst des Glücks rasch vorwärts bringen, der al« Oberst die Katastrophen des ersten Kaiserreichs an der Beresina und auf den Schlachtfeldern von Leipzig und Waterloo persönlich ebenso mit durchlebt hat wie früher die Glanz tage von Austerlitz, Jena und Wagram, sind für die Franzosen von heute um so mehr eine Erquickung, als ihr Verfasser ganz und gar im Banne der nationalen Instinkte und Vorurteile steht. Für Marbot ist eS aus gemacht, daß Napoleon I trotz seines Genies ungeheure Fehler begangen hat, aber er sucht diese Fehler niemals im unersättlichen Ehrgeiz des großen Eroberer«, in seinem völligen Nichtoerständni« für andere Völker und in dem maßlosen Druck seine» ganzen System», sondern in seinen angeblichen Abweichungen von der weisen Politik der französischen Könige, Deutschland zu zerspalten und wehrlos zu erhalten Der „große Fehler" lag nach Marbot in der Verminderung der deutschen Kleinstaaten, in der Grundlegung für einen späteren Zusammenschluß der deutschen Streitkräfte! Selbstverständlich ist und bleibt für General Marbot der endliche Abfall der Rhein bundstaaten im Jahre 1813 der „schnödeste Verrat", mit der wunderbaren Naivität de« echten Normalfranzosen trägt er die Auffassung, daß die Welt nur Pflichten gegen Frankreich hat, bei hundert Anläßen wieder vor. Ebenso wiederholt er, wo er nicht Selbsterlebte« berichtet, die abgeschmacktesten Märchen und herkömmlichen Irr tümer der französischen Geschicht«überlieferung. Ja, zu Zeiten möchte man sich fragen, ob sich selbst ieme Erinnerungen, der Bericht über seine bunten Erlebnisse ganz frei von dem Einfluß späterer Be trachtungen gehalten haben. Jedenfalls verdienen die Aufzeichnungen des tapferen, heiteren und ritterlichen napoleonischen Reiteroffiziers überall da größere« Ver trauen und größere Teilnahme, wo er das Selbstgesehene, Selbsterlebte schildert, als da, wo er sich in politischen Aus- und Rückblicken gefällt, denen kein deutscher Leser ohne Kopfschütteln folgen kann Marcellin de Marbot (1782 bis 1854) begann seine soldatische Laufbahn im Jahre 1800 unter den Truppen, mit denen Massöna Genua gegen die Oesterreicher ver teidigte, indes der eben an die Spitze der französischen Regierung getretene Napoleon Bonaparte die unter dem Direktorium traurig verwahrlosten Zustände Fran'reichs notdürftig ordnete, zum Entsatz Genuas aber doch zu spät kam. Während der Belagerung verlor der junge Soldat seinen Vater, den General Marbot. Er nahm dann an dem weiteren Felvzuge in Oberitalien teil, ward 1802 nach Spanien geschickt, nach der Errichtung des Kaiser reiches von Napoleon im Lager von Boulogne vom Unter leutnant zum Leutnant befördert, als solcher Adjutant des Marschall« Augereau und später des Marschall« Lannes, zum Rittmeister und Escadronches in einem Chaßeurregiment ernannt, das er später als Oberst in den letzten napoleonischen Feldzügen führte. Die häufige Verwendung al« Adjutant, Ordonnanzoffizier und Kaiser licher Kurier führte ihn durch die wechselvollsten Scenen der kriegerischen Zeit, über die Schlachtfelder von Deutsch land und Rußland wie über die von Italien, Spanien und Portugal hinweg Seine Erzählungen sind lebendig, einfach, oft im höchsten Maße anschaulich, am inter eßantesten natürlich da, wo er Blicke in da« innere Ge triebe der riesigen Kriegsmaschine thun läßt, die der fran zösische Kaiser durch alle Länder Europas führte Ein paar Episoden seines Buche« stellen eS besonder» deutlich vor Augen, wie der große Rechner Napoleon nach und nach dazu gelangte, sich gründlich zu verrechnen und sich zu täuschen, nachdem er andere dazu getrieben hatte, ihm die Wahrheit zu verhehlen Kurz vor der Schlacht von Austerlitz im Dezember 1805 wurde z. B der junge Marbot zu einer Gefällig- keit-lüge gedrängt, die seine ganze militärische Laufbahn hätte zerstören können. „Der Kaiser", erzählt er, „war im allgemeinen freundlich gegen die Offiziere, aber in einem Punkte war er vielleicht übermäßig streng Er machte nämlich die Regimentskommandeure für einen stetigen starken Mannschaftsstand verantwortlich; und da sich die» gerade im Felde am allerschwersten durchführen läßt, so hat sich der Kaiser auch hierüber am häufigsten hintergehen laßen müßen. Er war in diesem Punkte so kitzlich, daß die EorpSkommandeure, nur um fein Miß fallen nicht zu erregen, sich lieber einem überlegenen Feinde gegenüberstellen ließen, al« zugestanden, daß Krank heiten, Ermattung und Schwierigkeiten der Verpflegung eine große Zahl von Nachzüglern veranlaßt hatten. Na poleon hat deshalb auch trotz all seiner Macht nie wirk lich genau gewußt, wie stark die streitbare Mannschaft war, die er an einem Schlachttage zur Verfügung hatte. Nun traf e» sich, daß während unseres Aufenthalte» in Brünn der Kaiser auf einem der Ritte, die ihn unab lässig bei allen Stellungen und Heeresabteilungen hcrum- führten, seinen Gardejägern zu Pferde begegnete, die eben in ein andere« Kantonnement einrückten Diese» Regi ment, deßen Kern au« seinen Guiden vom italienischen und ägyptischen Feldzuge her bestand, war ihm besonder» an« Herz gewachsen Der Kaiser, der mit geübtem Blick die Stärke der Glieder sehr genau abzuschätzen verstand und dem diese sehr schwach vorkamen, zog ein kleine» Heft au« der Tasche und la« e« durch. Dann ließ er den Regimentskommandeur General Morland holen und redete ihn in strengem Tone an: „Ihr Regiment läuft in meinen Notizen mit einem streitbaren Stand von 1200 Mann, und obwohl Eie noch nicht mit dem Feind
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