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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES H Y G I E N E - M U S E U M Freitag. 13. Oktober 1961, 19.30 Uhr Sonnabend, 14. Oktober 1961, 19.30 Uhr Sonntag, 15. Oktober 1961, 19.30 Uhr 2.ZYKLUS-KONZERT 2. Abend im Anrecht C für Betriebe DIRIGENT Siegfried Geißler SOLISTIN Eleonore Wikarski, Berlin DIE WIENER KLASSIK Johann Christoph Mann 1726-1782 Joseph Haydn 1732-1809 Divertimento D-Dur Andante molto cantabile Allegro Menuett Allegro molto Sinfonie Nr. 61 D-Dur Vivace Adagio Menuett Prestissimo PAUSE Wolfgang A. Mozart Konzert für Klavier und Orchester c-Moll, KV 491 1756-1791 Allegro Larghetto Allegretto Ludwig van Beethoven Ouvertüre „Leonore“ Nr. 1 C-Dur, op. 138 1770-1827 Eleonore Wikarski ZUR EINFÜHRUNG Johann Christoph Mann, dessen Divertimento D-Dur zur Eröffnung unseres Konzertes musiziert wird, war aller Wahrscheinlichkeit nach ein Bruder von Matthias Georg Monn (1717-1750), einem der bedeutendsten Meister der Wiener Vorklassik. Es darf nicht verwundern, daß beider Namen verschieden lauten; die damalige Zeit nahm es ja mit der Namensschreibung bekanntlicherweise oft nicht allzu genau. Über das Leben von Johann Christoph Mann ist uns nicht sehr viel bekannt. Wir wissen, daß er, 1726 geboren, zur Zeit, als sein Bruder starb, „gräflich kinzkischer musices instructor“ in Prag war, um 1766 in Wien lebte, wo er „mit vielem Glück und Beyfalle auf dem Klavier unterrichtete“ (Gerber), und daß er 1782 völlig verarmt in einem Wiener Spital an der „Hertzwassersucht“ gestorben ist. An Werken sind von dem besonders als Klavierkomponisten geschätzten Mann elf Divertimenti, eine Reihe von Klaviersonaten, einige Menuette und Trios, drei Cembalo-Konzerte und eine Sinfonie in Es-Dur erhalten, wobei allerdings bemerkt werden muß, daß eina Trennung seiner Werke von denen seines Bruders trotz stilistischer Unterschiede durch fehlende Vornamen auf den Manuskripten zum Teil erschwert war. Während die Sinfonie Einflüsse der Mannheimer Schule zeigt, handelt es sich bei Johann Christoph Manns übrigen Kompositionen im allgemeinen um im Zeitstil gehaltene, gefällige Gesellschaftskunst. So ist auch das heute auf dem Programm stehende Streicherdivertimento in D-Dur ein hübsches Stück anspruchsloser, aber handwerk lich gekonnter und angenehm klingender Gebrauchsmusik der Zeit. Dem heiter besinnlichen, liedhaften 1. Satz folgt ein beschwingtes Allegro; nach dem durch die Pizzicati der 1. Violinen an ein Ständchen erinnernden Trio des 3. Satzes wird das Werk mit einem schnellen Schlußsatz mit Echowirkungen beendet. Joseph Haydns frühes sinfonisches Schaffen, das den Meisterstücken der Pariser und Londoner Sinfonien voranging, trägt deutlich den Stempel einer zweckgebundenen Gebrauchskunst, die der Komponist für seine Kapellmeistertätigkeit auf Schloß Ester- haz schuf. Selten nur begegnen uns in unseren Konzertsälen Werke aus dieser frühen sinfonischen Schaffensperiode, am ehesten noch die entzückenden kleinen Programm sinfonien „Der Schulmeister", die „Abschiedssinfonie“ oder der sinfonische Zyklus „Die Tageszeiten“. Um so stärkere Beachtung verdient die heute gar als Dresdner Erstaufführung erklingende Sinfonie Nr. 61 D-Dur aus dem Jahre 1776, die der Haydn-Forschung bisher unzugänglich gewesen war und erst 1959 im Druck erschien. Eine erfreuliche Entdeckung, findet sich doch in diesem Werke die für Haydn ty pische Sinfonieform durchaus im wesentlichen ausgebildet, wenngleich sie keines wegs zu den gewichtigsten Kompositionen des Meisters zu zählen ist. Vielmehr darf man in ihr sozusagen eine Vorstudie zu Haydns späteren sinfonischen Meister leistungen sehen. Sicher liegt der Reiz dieser bisher unbekannten Sinfonie mehr in der unproblematischen, gemütvollen Art des Musizierens, in hübschen melodische^ Details, in gewissen überraschenden dynamischen und harmonischen Schroffheiteml in der wohltuend durchsichtigen, kammermusikalischen Instrumentalbehandlung als in der formal-geistigen Komponente. Die an sich plastischen Hauptthemen, denen sich manche Nebengedanken hinzu gesellen, werden jedoch noch nicht so zwingend, souverän und geistreich-spannungs voll verarbeitet, wie es ansonsten Haydnsche Eigenart ist. So will sich also der sin fonische Atem, der beispielsweise den Durchführungsteil des 1. Satzes kennzeichnen müßte, nicht immer recht einstellen. Dessenungeachtet bezaubert die Frische und Eleganz dieser Musik, die ja auch gar nicht eine bedeutungsvolle Aussage machen, sondern einfach im besten Sinne unterhalten möchte. Der 1. Satz (Vivace) lebt im wesentlichen von dem gleich zu Beginn vorgestellten Hauptthema mit seinem energischen Tuttischlag und seiner markant profilierten