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Dresdner Journal : 16.02.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-02-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189902166
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18990216
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18990216
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-02
- Tag 1899-02-16
-
Monat
1899-02
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 16.02.1899
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LU Folge der »weijLhrigen Dienftzcit sei; c» erweis« sich hier wieder einmal, daß die zweijährige Tienftzcii mit ihre» Konsequenzen «eurer werde al» die dreiiährige Dienstzeit. Redner hätte sür seine Person e« lieber gefthrn, wenn eine Durchschniitestärk« von SOO Mann sür sämtliche Bataillone grsvidert wäre; da» sei nach seiner Meinung dir Mindistzahl, die zur richtigen Ausbildung der Truppen notwendig sei. Schließlich spricht sich Redner dahin au», daß die Versucht mit der zweijährigen Dienstzeit die Bedenken und Zweifel seiner politischen F-eunde nicht verringert haben Bei der Artillerie sci e» beinahe schon evident, daß e» nicht gehe; bei der Infanterie sei r» möglich, wenn wir mehr Kapitulanten gewönnen behus» Ausbildung der Rekruten. Da» werde allerding» große Kosten verursachen Abg. Bebel: Wenn die Folge der zweijährigen Dienstzeit die Erhöhung der Etai» sei, io sei ein Ende in dieser Bezieh ung gar nicht abzusehen. Wenn ferner die Einjährigen in einem Jahre so weit auSgebildet würden, daß sie srrner Offi- zierstellen einnehmcn können, so werde die große Masi« doch in eiuem Jahre au-gebildet werden können Man solle mehr Nach druck aus die Borbildung der jungen Leute legen, dann werde man auch mit einem Jahre Dienstzeit auskommen. Krieg-Minister v. Goßler erwidert zuerst aus d e Ein wendungen des Abg. Bröder Sodann werft er nach, daß die Einjährigen den Dienst und die Ausbildung der anderen Leute hindern; aus den Etat dürfen sie also keineswegs ungerechnet werden Der Einjährige wird auch nicht gleich Osfizier, er hat noch 32 Wochen Uebungen zu machen, dient also zwei Jahre, bevor er Osfizier wird. Was die OsfizierSburschrn betrifft, fo sind nur 11000 Mann in der ganzen Armee thalsächlich dienstfrei. WaS die zweijährige Dienstzeit betrifft, so spricht der KriegS- minister seine Ueberzeugung dahin aus, daß wir bei der zwei jährigen Dienstzeit bleiben. Die Modalitäten, unter demn wir dir zweijährige Dienstzeit einsühren, lassen sich allerdings heute noch nicht feststellen, dazu bcauchen wir noch mehr Erfahrung. Abg v. Massow giebt noch nähere Erklärungen über dir Burschen und Adkemmandierungei. Abg. Frese spricht dem Krieg-Minister feinen Dank auS fürchte Erklärung hinsichtlich der zweijährigen Dienstzeit Für die Erhöhung der Etats der sogenannten Kleinbataillone und der Brcnzbataillone werde er und seine politischen Freunde eintreten, die Erhöhung des Etat- der Bardebataillone würden sie ablehnen Abg. Gröber mängelt au den Erklärungen de- Ministers hinsichtlich der Ein führung der zweijährigen Dienstzeit und stellt diese Erklärung mit den Ausführungen in der bcizrgebenen Begründung der Borlage gegenüber Klieg-minister v Boßler betont noch mal», da- Prinzip der zweijährigen Dienstzeit stehe fest, wie aber die Details zu ordnen feien, darüber bestimmte Erklärungen zu geben, darüber fehlen noch die Erfahrungen. Abg. Ur. Bras Stolberg weist daraus hin, daß de zweijährige Dienstzeit erst dann festgelegt werden kann, wenn die Militärverwaltung sich sagen darf: so wie e» jetzt ist, ist c- au»reichend. Geiade von dem Standpunkte derjenigen Herren, die die zweijährige Dienstzeit festgelegt sehen wollen, müßte alle- bewilligt werden, waS dazu beiträgt, die Erfahrungen der Krieg-Verwaltung zu beschleunigen. Ref Abg Bassermann hat inzwischen den Antrag ge stellt von der geford rten Summe der EtatSerhöhungen in Preußen 2L8S Mann zu streichen. Ferner faßt der Restcent daS Ergebnis der Bcrhandlungen nochmals zusammen und be gründet seinen Antrag Die Kommission vertagt sich sodann Tagesgeschichte. TreS-en, 16. Februar. Ihre Majestäten der König und die Königin wohnten gestern abend der großen Musikansführung zum Besten des Unterstützungs- fonds für die Witwen und Waisen der Königs, musi kalischen Kapelle im Opernhause bei. Heute vormittag l l Uhr zeichneten Se. Majestät der König den Bortrag der Kunstschriststellerin Emilie v. Hoerschelmann über P. P. Rubens und Rembrandt van Rijn in der König! Gemäldegalerie mit Allerhöchstseinem Besuche aus. Um 5, Uhr nachmittags fand bei Ihren König lichen Majestäten Tafel stat', an ,der Ihre König!. Hoheiten der Prinz Georg, der Prinz und die Frau Prinzessin Johann Georg und die Prin zessin Mathilde mit den Damen und Herren vom Dienst teilnahmen. Deutsches Reich. * Berlin. Wie die„Nordd Allg Ztg"erfährt, ist durch «ine Allerhöchste Ordre vom 27. Januar d. I«. den Konsuln und Dragoman« de» Deutschen Reiches an Stelle ihrer bisherigen Uniform eine neue Dienst kleidung nach dem Schnitte der Uniformen der übrigen ReichSbermten verliehen worden Auch ist den genannten Beamten in den Tropen und anderen heißen Gegenden da» Anlegen einer besonderen, dem Klima angepaßten Tropenuniform gestattet worden — In den letzten Debatten de« Reichstag« über den JnvalidenversicherungSentwurf ist auch der JnvaliditätS- und Altersversicherung der Seeleute vielfach Er wähnung geschehen. In den vor zwei Jahren dem Reich«- tage von den verbündeten Regierungen unterbreiteten Novellen zur Unfallversicherung sollte u. a. der See- BerufSgenosienschast die Handhabe geboten werden, diese Versicherung der Seeleute zu übernehmen, um sie danach auf die Versorgung der Witwen und Waisen und die Folgen von klimatischen Krankheiten au«dehnen zu können Die in Aussicht genommene Neuerung entsprach einem schon lange einmütig geäußerten Wunsche der nautischen Kreise Nachdem nunmehr der neue Invalidenversicherung«- entwurf an den Relch«tag gelangt «st, die Erfüllung d«« bezeichneten Wunfche« aber immer noch autstrht, wird di« Angelegenheit auf der nächsten Hauptvrrsammluvg de» Deutschen Nautischen Verein« zur Sprache komme» — Da« Verhängnis der freisinnigen Partei ist — so erklärt die demokratische „Berliner Zeitung" — die Untersch«idung zwischen Theorie und Praxi« „In der Theorie, d. h im Parlament, «»klärt man, daß 1200 Mark Grundgehalt für einen Lehrer im kleinsten Dorfe da« Existenzminimum darstelle und daß e« ein Verbrechen am Volke fei, die notwendigsten Lebensmittel durch in direkte Abgaben zu belasten; in der Praxi«, d. h in der Gemeindeverwaltung, erklärt man 1000 M Grundgehalt auch in einer großen Stadt sür auskömmlich und erwärmt sich für Schlachtsteuern Eine Partei, die sich andauernd in solche Widersprüche verwickelt, muß schließlich jede« Vertrauen im Volke verlieren." — Der vielbesprochene Erlaß, betreffend den Wafsengebrauch bei Aufruhr wurde von dem neu gewählten freisinnigen Abg Vr. Wiemer im preußischen Landtage zu einem Anträge benutzt, der nur den Zweck haben konnte, eine sensationelle Debatte hervorzurufen und für den „tapferen" Freisinn Reklame zu machen. Dieser Zweck ist nicht erreicht worden. Da« Haus hat den so genannten „Schießerlaß" im großen und ganzen gebilligt und keinen Anlaß genommen, die VolkSvtrsammlungs- tiraden de« freisinnigen Neuling« besonder« zu brachten Eine sehr wirksame Abfertigung ließ Hr. Graf Limburg- Stirum dem Antragsteller zu teil werden „Der Hr. Abg v»-. Wiemer" — so äußerte er, wie hier nachgrtragen sei, — „hat bestritten, daß e« ihm und seinen Freunden daran läge, hier Aufregung in da« Land zu bringen und die Sachen hier zu besprechen, um Aufregung zu ver ursachen. Ja e« ist sehr merkwürdig, welche Thatsachen uns da entgegentreten. Ich glaube ja, daß die Herren nicht die Absicht haben, aufreizend zu wirken, aber faktisch geschieht das. Wie spielen sich die Tinge ab? Der Er laß de« Hrn Minister« de« Innern geht in die Welt. Die Herren schreiben in ihrer Presse alle möglichen auf regenden, verhetzenden und teilweise unrichtigen Dinge. Darauf entsteht eine Aufregung in der Presse, im Lande eigentlich nicht Dann wird behauptet unter Berufung auf die Presse, die von denjenigen Herren, die den Herren (link«) nahe stehen, geschrieben wird, e« wäre Aufregung im Lande, und darau» wird nun deduziert, die Sache müßte nun hier di«kutiert werden. Ich kann auch nicht finden, daß diese Diskussion sehr zur Beruhigung bei getragen hat Ich habe dabei auch wieder die Bemerkung gemacht, die ich schon öfter bei den Herren Kollegen, di« der Presse angehören, gemacht habe: man weiß mitunter nicht, ist der Parlamentarier für die Presse da, oder ist die Presse für den Parlamentarier da " Im Freisinn und in der Sozialdemokratie ist man offenbar der ersterwähnten A nsicht — Die sozialdemokratische Presse läßt es sich angelegen sein, die auch für 1897 festgestellte Striaer- ung der Zahl der entschädigung-pflichtigen Un fälle zu einem Ausfall gegen die Sozialpolitik drr Regierung zu benutzen. Während man sich sonst überall aroße Mühe giebt, die Ursachen dieser Steigerung zu erforschen, und das Reich«versicherung«amt gegenwärtig auf Grund des authentischen Material» «ine Statistik darüber anst llt, deren Ergebnisse voraussichtlich im Anfänge nächsten Jahre» veröffentlicht werden können, rst die sozial demokratische Presse ohne jede weitere Nachforschung fertig mit ihrem Urteil. Nach ihr sind lediglich die überlange Arbeitszeit und ungenügende Gewerbeaufsicht bez. un genügende Schutzvorrichtungen an der Steigerung der Zahl der entschädigung«pfllchtigen Unfälle schuld. Wenn die sozialdemokratische Presse die Statistiken de« Reichs- versicherungSamteS sür 1887 und 1891 über die Unfall urs ichen auch nur gelesen hätte, so würde sie solche Be hauptungen nicht aufstellen können. Danach war in den betreffenden Jahren etwa «in Viert«! sämtlicher ent schädigungspflichtigen Unfälle auf das Verschulden der Arbeiter, und »war Nichtbrnutzung vorhandener Schutz vorrichtungen, Handeln wider Vorschrift, Leichtsinn, Un geschicklichkeit, Unachtsamkeit, ungeeignete Kleidung zurück- zuführen, und 47 Proz. waren bei den gewerblichen, 35 Proz bei den landwirtschaftlichen Berufsgenossen- schaften der Gefährlichkeit de» Betriebe» zuzuschr«ibrn, so daß eine Verhütung dieser Unfälle im Bereich der Mög lichkeit nicht lag. Wenn also drei Viertel aller ent- schädiqungSpflichtigen Unfälle bei den gewerblichen Beruf«- genossenschoften teil» auf die Arbeiter zurückzusühren, teils nicht zu verhüten waren, so ist doch klar, schreiben die „Berl Pol. Nachr", daß weder die Gewerbeaufsicht noch die Schutzvorrichtungen, noch schließlich die Sozialpolitik der Regierung für das Anwachsen verantwortlich zu machen sind Für Leute, di« nicht in der Verhetzuna der einzelnen BrvölkerungSklaffen ihre Lebensaufgabe sehen, wird der Hauptgrund für die Zunahme der Unfälle in dem Umstande zu finden sein, daß die Steigeruna der industrielle» Thätigkrit die Hinrinziehung ungeübter Arbeitskräfte in die Betriebe zur Folge gehabt hat und daß demnach unter der gesamten Arbeiterschaft eine größer« Unbekanntschaft mit d«n BetrtebSgesahren vor- handrn war. Dits« Ursache ist nur vorübergehender Natur, man kann demnach auf einen Abschluß der Zu nahme in absehbarer Zeit rechnen. Im Übrige» darf doch darauf hingewiesen werden, daß e» der Sozialpolitik der Regierung und dem Bemühen der Arbeitgeber ge lungen ist, die Zahl der schweren Unfälle, d h. der jenigen, welch« den Tod od«r dauernd« völlige Erwerbs unfähigkeit zur Folge haben, von Jahr zu Jahr auf einen niedrigeren Prozentsatz herab-udrücken. — Di« „Sucht nach Dividende", die nach sozial demokratischer Auffassung nn besondere« Kennzeichen der „auSbeutenden Bourgeoi«" ist, scheint unter d«n „Genossen" erhebliche Fortschritte zu machen Der „Vorwärts" sieht sich genötigt, seinen Anhang darüber zu belehren, daß die „Sucht nach Dividende die einfachsten Forderungen der Gerechtigkeit nicht in den Hintergrund drängen dürfe" Da« ist wahrlich ein sehr bescheidener Wunsch, der den bürgerlichen Unternehmern gegenüber ganz erheblich schärf«» formuliert ist. Der „Vorwärts" aber weiß, daß er die „Genossen" nur vor erfüllbare Forderungen stellen darf — ob aber seine Vorhaliungen Erfolg haben werden, ist zu bezweifeln. E« handelt sich nämlich um die schon seit Jahren festgestellte „schwere Ausbeutung des Personal«" in sozialdemokratischen Konsumvereinen, deren einen der „Vorwärt»" neuerdings aufs Korn genommen hat. Dieser Verein verteilte in den letzten Jahren 15 und 16 Proz Dividende, wirtschaftet aber „auf Kosten seiner Angestellten". Der „Vorwärt»" behauptet zwar, daß „ein kapitalistischer Ausbeuter" e« „kaum schlimmer" machen würde; allein wir stellen dafür die Gegenbehauptung auf, daß ein bürger licher Arbeitgeber eS im allgemeinen „besser" macht An der Spitze de« erwähnten Vereins stehen „bekannte Sozial demokraten" und diese Thatsache veranlaßt den „Vor wärts" zu der Frage, „wie die „Genossen" die Zustände in dortigen Konsumverein mit ihrer Parteistellung verant worten können" Die Sozialdemokraten „verantworten" in der Praxi« noch ganz andere Dinge mit ihrrr theore tischen Stellung, al« diese „Sucht nach Dividende". Hannover. Ter Provinzial - Landtag wurde gestern durch den Oberpräsidenten eröffnet. Zum Vor sitzenden wurde Graf zu Inn- und sKnnphausen wiedergewählt. Dieser erinnerte an den Besuch der Majestäten in der Provinz und an die mustergiltige Halt ung der Bevölkerung bei dieser Gelegenheit und hob her vor, in der Ehrung ter ehemaligen Hannoverschen Armee durch die Fortpflanzung ihrer Erinnerungen sei der Tank Sr Majestät des Kaisers sür ihre Treue und Anhänglich keit zu erblicken. Jeden Hannoveraner erfülle der Ge danke an die Waffenthaten der alten Armee mit Stolz, darum seien die Hannoveraner voll Dankes für die Neu- belebung durch die Verbindung mit der jetzigen Armee. Der Redner forderte dann zu treuer Gefolgschaft aus und schloß mit den Wünschen für ein glückliches Gedeihen der Negierung de« Kaisers. Die Rede wurde mit großem Beifalle ausgenommen. Darmstadt. Ihre König!. Hoheiten der Groß herzog und die Großherzogin haben der „Darmstädter Zeitung" zufolge die Reise nach Aegypten aufgegeben und werden demnächst hierher zurückkehren — Ta» preußische Abgeordnetenhaus setzte gestern die Beratung drS Etat- de- Ministerium- de- Innern fort. Abg. Rickert (srs. Bg) wünschte, daß bei Eingemeind ungen nach gleichmäßigen Grundsätzen verfahren werde, und um dir- genauer prüfen zu können, bat er den Minister, «ine lleberficht der brantraatea und vollzogenrn Eiupemeindungen dem Hause zugehen zu lasten. Abg. Ehler- (srs. Bg ) wünschte KommisfionSbrralung de- Anträge- Wiemer (Mißbilligung de» Waffengebraucherlaste»). Abg. Bartels (kons.) eiklärte sich sür Ablehnung de» Antrages Wiemer und trat den gestrig«» Aus führungen de» Abg. vr. Fri«dberg entgegen, der da» Ueber- wiegen deS Adels in ter Verwaltung bekämpft batte. Abg Ring (kons.) machte aus die Besahren ausmrrksaw, die mit den gewerkschaftlichen Verbandsorganisationen verknüpft sind, di« dem sozialdemokratischen Einflüsse unterstehen. Redner schilderte eingehend die BerbandSorganifation der Maurer, die Form drr Bcitragterhebung. auch die BeitragSsammlungen zum Streik fonds. Die Kontrolle sei streng und erstrecke sich sogar aus die arbritssreien Tage. Die Arbeiter seien aus diese Wtise einem TerroriSmu» unterworsen, der ihnen jede Hoffnung aus die Hilse der Obrigkeit nehme Sei e- nicht möglich, die Arbeiter zu retten von den freiwilligen Zwang»verbänden, dann würden diese Verbände auch ans ander« Bemerke aberftreifen, und dann sei der sozialdemokratische Staat fertig. (Sehr richtig! recht».) Minister Frhr v. d. Recke dankte dem Redner sür dies« Schilderungen. Die Polizeiorgane siien ja angewiesen, gegen derartige Au»schreitungen vorzugehen, so weit da» im Rahmen der geltenden Besetze möglich sei. IndeS werde doch Bedacht daraus genommen wcrden wüsten, durch welche gesetz lichen Mittel ein wirksamer Schutz der Arbeitswilligen berbeizuführen lei (Lebha'ter Beifall rerbt») Weiler be gründete der Minister die behördlichen Schritte gegen den Kongreß polnischer Aerzte und Naturforscher, c» fei ausdrücklich vroklamier» worden, daß der Kongreß ein» Vereinigung slawischer Gelehrt«« werden sollte. ES sei daher geboten gewesen, den Kongrkß zu verhindern. (Bravo!) Abg Fehlisch (kons.) schilderte die Aechtung arbei'swilligerArbeiter durch Streikende und di« Nötigung der Arbeiter, rinn Organi sation beirutretrn. Abg Friedberg lnl ) dankte dem Munster für sein Einschreiten gegen de» polnischen Aerztekongreß, ter jo!a ge keine Berechtigung habe, alt e» keine besondere polnische Medizin gebe «bg Or. Hirsch (srs. Vv) erklärte die Aus führungen de» Abg Ring für bestellte Arbeit Wie man btt den strengen Strafen gegen Arbeiter von einem Mangel an Schutz der «rbeti.willigen spreche» könne, sei unerfindlich. Lr mißbillige den Terrorismu» in jeder Form; aber gebe r» drnn nicht auch einen Trrrori»mu» brr Ardrilgrbrr? (Pehr richtig!) Wenn man bin Frieden zwischen Arbeitern und Arbcitgebein wolle, dann müsse man auch sür ei» gemeinjame« Zusammen- wirken beider sorgen. (Zischen recht», Beifall link» ) Abg. Fach» (g) bemeiki«, da» Verhalten der Arbeitgeber fei auch gegen die nichlsozialdemokralischen Arbeiter ein terroristische» Christlich organisierte Arbeiter, die wegen Lohnverbefierungin unterhandeln wollten würden angewiesen, weil man mit der Organisation überhaupt nicht verhandle Abg. Ring (kons.) wandle sich gegen den Abg. Hirsch, der behauptet hatte, er, Redner, habe bestellte Arbeit geliefert. Solle da» etwa heißen, daß die »onseroaiiven al» Polizeispitzel fungierten- Da» sei eine Infamie! (Broßer Lä'm sink») Ja, da» sei ein« Infamie! Vizepräsident Frhr. v. Heereman rief den Redner wegen diese» Ausdrucks zur Ordnung. Abg Gold schmidt (srs Bp) bekämpfte namentlich die Bestrafung de» Streikpostenftehen» Rach einer langen Reihe persönlicher Be- merkangrn wurde die Verweisung de» Anträge» Wiemer an die Budgetkommiffion mit 13» gegen l2t Stimmen abzelehnt gegen die Stimmen der Freisinnigen, Nutionallibcralen, Polen und de» Zentrum». Sodann wurde der Antrag selbst gegen die Stimmen der Freisinnigen, de» Zentrum» und der Polen abgrlehnt. Der Ministergehalt wurde bewilligt Da» Ka pitel ..Oderverwaltungsgericht" wurde nach kurzer Debatte ge nehmigt. Da» Hau» vertagte sich sodann auf DonnerSlag. Einführungrgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch». Vesterretch-Ungarn. . Wien. Nachdem d«r Kaiser die Minister Baron Fejeroary, v. Lukacz und Baron Banffy sowie Koloman Szell einzeln empfangen hatte, fand, wie die „Neue Freie Presse" meldet, unter dem Vorsitz« de« Kaisers ein ungarischer Ministerrat statt. — Die Minister und Koloman Szell kehrten gestern bez. heute früh nach Buda-Pest zurück Fraulretch. Paris Loew und Manau begaben sich gestern vormittag in da« Justizministerium zu einer Be sprechung mit dem ^ustizminister Lebret. — Drei Räte lassen gegenwärtig eine Abschrift der von der Kriminal kammer zu den Untersuchungsakten genommenen Schriftstücke und Verhörsoerhandlunqen Herstellen. Nach Beendigung dieser Arbeit wird die Drucklegung in der Nationaldruckerei so rasch wie möglich erfolgen, um unter die Mitglieder des KassationShoseS verteilt werden zu können, sobald der Senat den Gesetzentwurf betreffend da« Revisionsverfahren genehmigt haben wird. Im Justiz ministerium hofft man, daß die endgiltige Entscheidung von dem KassationShofe sämtlicher vereinigten Kammern vor Ostern gefällt werden könne. — Die zweite Versammlung der Liga de« fran zösischen Vaterlande«, an welcher der Professor an der Sorbonne, Marcel Dubois, teilnahm, fand gestern statt E« waren ungefähr 2000 Personen anwesend. Franvoi« Coppöe führte den Vorsitz und stellte fest, daß die Mitgliederzahl der Liga 80000 erreicht habe Nach dem sich Coppöe im Laufe seiner Rede über LueSnay de Beaurepaire lobend ausgesprochen hatte, erklärte er, die Liga werde sich vor der Entscheidung de« Kassations hof««, da« heißt vor der der vereinigten Kammern der selben, beugen Am Schlüsse seiner Red« «rhob Redner Einspruch gegen die dem Heere zugesügten Beleidigungen. Marcel Dubois erklärte in seiner Rede, die Liga werde gute Dienste leisten dadurch, daß sie den Klassenhaß und den Haß der religiösen und politischen Parteien unter einander vernichte. — Senator Fabre schrieb an den Ministerpräsidenten Dupuy und den Kriegtminister Freycinet, um dieselben wegen der Anwerbung von Offizieren und Soldaten feiten» der I-iga 6s I» ?atris traosais« zu befragen — Vor dem Zuchtpolizeigericht kam gestern wieder der Prozeß zur Verhandlung, den Oberst Picquart wegen Ehrenbeleidigung gegen den „Jour" angestrengt hatte. Der „Jour" hatte bekanntlich behauptet, daß der General stab eine Momentphotographie au« Karlsruhe besitze, cuf welcher Picquart Arm in Arm mit dem früheren deutschen Militärattache in Pari« v. Schwartzkoppen dargestellt sei. Die Verteidiger des „Jour" erhoben in der gestrigen Gerichtsverhandlung Len Einwand mangelnder Zuständig keit. Der Anwalt Picquart«, Labori, erklärte, daß er da» Schwurgericht nicht fürchte. Er wisse sehr wohl, daß eine Photographie drr angeblichen Zusammenkunft Picquart« mit v Schwartzkoppen existiere, doch werde er leicht setz- stellen können, daß ein« neue Fälschung vorliege. Da« Zuchtpolizeigericht erklärte sich für zuständig, doch wurde mini" begrüßt hatte („Innigsten Dank für alle ein gesandte Herrlichkeit! Eire große Herrlichkeit ist e«. Ich kann nicht von diesem allmächtigen Bilde wegkommen! Welch ein Genuß! Welche Kraft und Wahrheit! E» ist wie d«r Friede Gotte«, über alle gewöhnliche Vernunft!), so zeigt doch die flüchtigste Musterung der kritischen Aeußerungen der Zeitgenossen, daß die gehässige Stimmung und der persönlich; Groll der Weimanschen Opposition nicht zwischm dem Ettersberg und den Bachfahrter Hügeln stecken blieben Min darf auch nicht etwa glauben, daß die Freunde und Bewunderer Schiller« diesen Groll durch überschwengliche Anpreisungen weckten Ein flüchtig hin- geworfene« Scherzwort Goethe»: „Den möchte ich sehen, der e« mit un» aufnimmt, wenn wir uns einmal auf da« Element der Unverschämtheit begeben", ist viel citiert und zum Beweise angewandt worden, daß die großen Dichter durch da» Urbermaß ihre« Selbstgefühls die Gegner gleichsam herauSgefordert hätten Doch wie kindlich, wie bescheiden zurückhaltend gegenüber nicht etwa nur der Reklame, an die wir Modernen leider gewöhnt worden sind, nein, auch gegenüber dem Selbstlob der Zeitgenossen, der jüngeren Romantiker zum Beispiel, die eben ihr kritisches Hauptquartier am Fuße de« Fuchs- türme« aufschlugen, nimmt sich zum Beispiel der Aufsatz Goethe» über die „Wallenstein". Aufführungen in der neuen „Allgemeinen Zeitung" Cotta» au«! Der Bericht über di« „Piccolomini" ging freilich durch die Nummern vom 25. bi« 31. März (84 bis 90) hindurch, aber er setzt ganz schlicht mit der Bemerkung ein: „Wenn man diesen Taz (den 30 Jinuar), der von allen Weimaranern mit freudiger Verehrung begangen wird, auch von feiten de» Theater» durch eine würdige Vorstellung zu feiern wünscht, so war e« diesmal ein glück licher Umstand, daß der Verfasser die Vollendung de« genannten Stücke» in den letzten Monaten de« vergangenen Jahre« beschleunigen und eine Vorstellung desselben möglich machen konnte" Er ist in der Hauptsache nur Relation, und da« höchste „Selbstlob", zu dem er sich versteigt, lautet: „Die Direktion sparte keinen Aufwand, durch De- loratroa und Kleidung den Sinn und Geist deü Gedicht« würdig au«;u'ühren und die Aufgabe, d.» barbarische Castume jener Zeit, welche« dargestelll werden mußte, d:m Auge gefällig zu behandeln und eine schickliche Mitte zwischen dem Abgeschmackten und dem Evlen zu treffen, so viel e» möglich sein wollte, zu lösen. — Da« Publikum ehrte da« Werk de« Dichter» und die Bemühungen der Schauspieler durch eine fortgesetzte wachsende Aufmerksam keit, e» zeigte sein Interesse und seine Rührung." Nein wahrlich! — diese vornehme und ruhige Sach lichkeit hätte die erbittertsten Widersacher nicht zu reizen gebraucht. Wa« am „Wallenstein" vor allem angefochten wurde, war nicht da», wa« di« Kritik de» poetischen Realismus — Otto Ludwig an der Spitze — an der großen Schöpfung Schiller« vermißt Diese moderne Kritik räumr ja ein, daß durch das Ganze ein wahrhaft dramatische» Leben herrsche, das Historische so meisterhaft gehandhabt sei, daß e« da« tiefste Interesse erregt, sie beklagt im Grunde nur, daß der Wallensteincharakter nicht noch schroffer, eherner au» drr harten Zeit erwachse, dH Schiller „der Sentimentalität seiner Zeit die Voll kommenheit seine« Werke« habe opfmr müssen". Umgekehrt stich sich die gegnerische Kritik de« Jahre« 1799 vor allem daran, daß Schiller viel zu konsequent die einmal angelegte Beseelung seine» Drama« und vor allem de« Wallenstemcharakter« durchgesührt habe, daß er der Ge schichte viel zu treu geblieben sei Garlieb Merkel, der Livländer, der in seinen „Briefen an ein Frauenzimmer über die wichtigsten Produkte der schönen Litteratur" eine Art Wiederaufnahme der oielberühmten Litteratur- briefe Lessing-Nicolai« zu geben wagte, besprach in deren zweitem Bande (Januar bi« April 1801) die Willensteindramen so au»sührlich wie abfällig und spielte den großen Trumpf au«: „Wallendms Charakter ist psychologisch wihr gezeichnet; jeder seiner Mißgriffe und jede Folge derf«lben ist richtig motiviert und entwickelt: aber diese widerliche, peinigende Zerbröckel ung einer ehrfurchtgebietenden Größe, diese moralische Verwesung — ist sie wohl eine Handlung, die man mit Genus; und ausdauernder Teilnahme an sich kann ge schehen sehen? Bei der Darstellung wurde sie mir wenig sten» beinahe unerträglich — Die Geschichte erzählt da« meiste von dem, wa« un« der Dichter sehen läßt, den letzten Tagen jene» großen Manne« nach, aber wa« ver band Schiller, ihr so treu zu folgen, da er nicht eine dialogisierte Biographie, sondern ein Drama liefern wollte? Wallenstein« Aberglauben, seine Unentschlossen- b;it, alle», wi« ihn verkleinert, hätte weggelassen, und er hätte gleichwohl in den übrigen Zügen treu gezeichnet werden können" Dem Hrn. Garlieb Merkel stellte sich der gewaltige, kalte Emporkömmling, der durch die Ver messenheit, die sich nicht bescheiden kann, tragisch wird, al« „Hero» seine« Vaterlande» und seiner Reliaion im Mittel punkt einer kriegerischen Welt, die er selbst schuf und die gleichsam nur der Körper seine« Riesengeiste« war", vor Augen. Da« wäre denn just die Gestalt gewesen, zu der Kotzebue den Condottiere de» großen deutschen Kriege» umgeputzt und die er im Brillantfeuer dem verehrlichen deutschen Publikum gezeigt haben würde, und Merkel« Vor wurf gegen Schiller besagte in der That nicht mehr und nicht weniger, al« daß Schiller nicht — Kotzebue sei Der Der- fasser von „Menschenhaß und Reue", von „Rollas Tod" und „Johanna von Montfaucon" schaut seinem Leib- kritiker überall in diesen Abhandlungen über die Schulter, obwohl nicht er, sondern Babo genannt und de« letzterem „Otto von Wittel«bach" „der höchste Rang unter den deutschen Produkten der tragischen Muse" angewiesen wird. Die Summe seine« Urteil« faßt Hr. Merkel dahin zusammen, daß „der Wallenstein im Grunde gar keine Hand lung enthält, sondern nur au« drei einfachen Reihen von Begebenheiten besteht, daß da» Interesse in demselben gespalten und von dem Hauptgegenstande abgeleitet, daß die Katastrophe nur durch »ine Nebenhandlung herbei- geführt wird, daß drr Gang de« Stücke« langsam und schleppend ist; ko müssen wir wohl gestehen, daß diese« hinreicht, den Wallenstein zu einem sehr schlechten Drama zu machen Wir wollen un« damit trösten, daß ein Ge dicht vortrefflich sein kann, ohne daß e« gerade «in gute« Drama ist. Lossen Sie un« den Wallenstein al« ein poetisch historische« Gemälde betrachten, und wenn wir dann noch fürchten müssen, daß e« sich nicht lange auf der Bühne erhalten könne, so richte un« die Zuversicht auf, daß man e» noch mit Bewunderung lesen wird, wenn einst die Sprache, in der es geschrieben wurde, schon zu den toten gehört". Die Wirkungskraft der Prophezeiung de« Kritiker« sollte der Wahrheit seine« Lobe« entsprechen. Der Schillersch« „Wallenstein" hat in voller Lebens- und Wirkungskraft seine Säkularfeier auf der Bühne bestanden. Die heuch lerische Unwahrheit der scheinbaren Anerkennung wenig sten« des Gedicht» stellt Merkel wenige Bogen später felbst in« rechte Licht, indem er „Wallensteins Lager" eine genialische Posse schilt und die Bemerkung zum besten giebt: „wer wird denn eine Marionettenbude zum Eingang eine« Tempels machen?" Die eben gerühmte Sprache de» Schillerschen Drama» aber charakterisiert Merkel dahin: „Der Verfasser schrieb seine Gespräche in Versen, also wurden sie nicht wahre Gespräche. Er wollte seinen Versen die Ungezwungenheit der freien Rede geben, also hörten sie an tausend Stellen auf wahre Verse zu sein. Diese Mittelgattung de» Tone» hält er wahrschein lich für den wahren Ton de» höheren Drama«. Mir scheint ein solcher Au«weg viel Aehnlichkrit mit jenem zu haben, den die ehrlichen Bergschotten einst einschlugen, al» ein Gesetz ihnen befahl, ein gewisse« Kleidung«stück ;u tragen E« anzulegen schien ihnen zu beschwerlich, sie trugen e« also — auf Stangen." Doch genug von diesen Jämmerlichkeiten, di« sich leicht in» Endlose vermehren ließen Garlieb Merkel stand nicht allein Von besonder««: Bedeutung erscheint durch viele Urteile hindurch die tief« Abneigung de« damaligen Geschmack« oder vielmehr Unge schmack« gegen all«« Charakteristische. Der Rrcensent der „Jahrbücher der preußischen Monarchie", der im ganzen für Schiller war und die laue Aufnahm« der Wallensteindramen auf den Grundfehler der „mo dernen Kultur" zurückführt«, daß wir „weit mehr da«
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