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spricht von einem Vertrauensverhältnis, das die Ausführenden und spontan das Publikum erfaßt habe, „das ist der rechte Mann, der Künstler, den wir brauchen“ usw. Herr Rudloff schreibt in den „SNN“, der Empfang Otmar Suitners vor dem Gastdirigat „war so einhellig und lückenlos von der ersten Reihe des Parketts bis zur letzten im 3. Rang, daß man von einem »Volksentscheid* sprechen kann.“ (Selbst wenn er den Volksentscheid in Anführung setzt, erscheint uns das Wort hier sehr deplaziert.) Herr Schmiedel im „Sächsischen Tage blatt“ : „In diesem Sinne: auf ein baldiges Wiedersehen mit Otmar Suitner. Und dann hoffentlich auf immer; denn ,die Frist ist um!‘ Man versprach der Presse, daß noch in diesem Jahr die Cheffrage gelöst werde.“ Nach allem, was wir hier zitierten (man könnte die Beispiele beliebig erweitern), drängt sich der Eindruck auf, als ob einige Kritiker es als ihre Berufung ansähen, gegen irgendwelche bösen Leute irgendwelche guten Sachen durchsetzen zu müssen. Da wird eine heftige Polemik an 'eine anonyme Adresse gerichtet; das ist völlig überflüssig! Otmar Suitner ist Dirigent, ein guter Dirigent, das wissen die Verantwortlichen, die mit ihm verhandeln, wohl. Die Verhandlungen werden jedoch erschwert, wenn Musikkritiker wie Herr Böhm, Herr Schmiedel oder Herr Rudloff versuchen, einen Gegensatz zu konstruieren. Es muß auch nicht besonders darauf hingewiesen werden, daß die Verpflichtung Otmar Suitners nicht nur ein einseitiger Gewinn für Dresden ist. Wir wissen alle, was für ein Orchester die Staatskapelle ist. Bisher ist jeder Dirigent, der etwas konnte, nicht zuletzt durch sie etwas geworden. Die Verhandlungen mit Otmar Suitner führt der Rat der Stadt Dresden in Zusammenarbeit mit der Leitung der Staatstheater und dem Ministerium für Kultur auf der Grundlage sehr verantwortungsvoll getroffener Entscheidungen unserer Volksvertretung. Die Aufgabe des Musikkritikers kann es doch nur sein, diese Entscheidung durch die fachliche und sachlich begründete Beurteilung der künstlerischen Leistung des Dirigenten zu erleichtern, nicht aber Gegensätze zu erfinden. Wenn die Polemik gegen „anonym“ nur überflüssig wäre, brauchte man kaum ein Wort darüber zu verlieren. So aber offenbart sich darin eine Haltung, die gemeinsamen Zielen in der kulturellen Entwicklung — wir möchten es noch einmal betonen, die sozialistische Kultur ist eine gemeinsame Kultur des ganzen Volkes, und man kann sie nicht aus ihrem Zusammen hang mit allen anderen gesellschaftspolitischen Erscheinungen lösen — nicht förderlich ist. Wir bitten unsere Kritikerkollegen, sehr verantwortungsvoll und ernsthaft ihren Standpunkt zu überprüfen. Sie werden nämlich feststellen — und sie haben das in anderen Publikationen auch bewiesen —, daß sie im Kollektiv unserer neuen Gesellschaft im Laufe der Jahre selbst gewachsen sind. Ein Meinungsaustausch über solche Grundprobleme wäre fruchtbar und würde ohne Zweifel helfen, Widersprüchliches zu überwinden und manche Energien, die in verkehrter Richtung verschwendet werden, für die sozialistische Kulturrevolution frei zu machen. Abteilung Kulturpolitik (Auszug aus der „Sächsischen Zeitung“ vom 6. Februar 1960) 6062 Ra III-9-5 260 1,4 It G 009/60/17