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84. Dienstag, den 13. April. 1880. Grzgeb.-DsLsfrmnd. Amtsblatt für die königlichen und städtischen Behörden in Aue, Grünhain, Hartenstein, Johanngeorgenstadt, Lößnitz, Neustädtel, Schneeberg, Schwarzenberg und Wildenfels. Erscheint täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage. — Preis vierteljährlich 1 Mart 80 Pfennige — JnsertionSgebühren: die gespaltene Zeile 10 Pfennige, die zweispaltige Zeile amtlicher Inserate 2d Pfennige. — JnscrtionSannahme für die am Abende erscheinende Nummer bis Bormittags 10 Uhr. Erlag, die diesjährige Musterung in den Aushe bungs-Bezirken Zwickau, Crimmitschau und Wicsenburg betreffend. Der nachstehende Geschäftsplan für die diesjährige Musterung der Militair- vflichtigen im Bezirke der Amtshauptmannschaft Zwickau wird unter Bezugnahme au f Z 60,3 und 61,1 der Ersatz-Ordnung vom 28. September 1875 den mit Führung der Recrutiruugs-Stammrollen betrauten Vorstehern und Beamten der Gemeindebe hörden des Bezirks mit der Veranlassung bekannt gemacht, die Militairpflichtigen recht zeitig zur Musterung zu beordern, auch selbst im Musterungstermine zu erscheinen unv die Stammrollen mit zur Stelle zu bringen. Militairpflichtigc, welche durch Krankheit am Erscheinen im Mustcrungster- mine verhindert sind, haben ein ärztliches, beziehendlich beglaubigtes Attest einzureichen. DaS Erscheinen im Loosungstermine bleibt den Militairpflichtigen überlassen. Für die Nichterschienenen wird durch ein Mitglied der Ersatz-Eommission geloost. Etwaige Zurückstellungs-Anträge — Rcclamationen — wegen bürgerlicher Ver hältnisse sind, obrigkeitlich beglaubigt, spätestens im Musterungsterininc anzubringen. Die Betheiligten sind berechtigt, ihre Anträge durch Vorlegung von Urkunden und Stellung von Zeugen und Sachverständigen zu unterstützen. Behaupten Erwerbsun fähigkeit muß durch ärztliche Untersuchung im Musterungstermine bestätigt werden. UebrigenS können Reklamationen nur dann berücksichtigt werden, wenn die Betheiligten selbige vor dem Musterungs-Geschäfte oder bei Gelegenheit desselben einreichen; spätere Rcclamationen dagegen gelangen nur insofern zur Berücksichtigung, als die Veranlassung zu denselben erst nach Beendigung des Musterungsgeschäfts entstanden ist. Wer an Epilepsie zu leiden behauptet, hat auf eigene Kosten drei glaubhafte Zeugen zum Beweise seines Anführens zu stellen. Jeder Militairpflichtigc der jüngsten Altersklasse — 1860 — darf sich im Musterungstermine freiwillig zum Dienstantritt melden, hat jedoch keilt Recht, sich ^ie Waffengattung und den Truppentheil selbst zu wählen. Die Militairpflichtigen sind bei der Beorderung zu den Musterungsterminen ausdrücklich darauf aufmerksam zu machen, daß Diejenigen, welche zu einer vierjäh- rrgen activeu Dienstzeit bei der Kavallerie sich verpflichten wollen und hierzu tüchtig sind, auch dieser Verpflichtung nachkommen, in der Landwehr nur drei, anstatt fünf Jahre zu dienen brauchen und im Frieden in der Regel nicht zu den Reserve-Uebungen einberufen werden, jene Erklärung aber unter Vorlage der in 8 83,2 der Ersatz-Ord nung gedachten Ausweise, insofern dies nach dem Lebensalter derselben noch nöthig ist, bei der Musterung und jedenfalls vor der Loosung abzugeben ist. j Die von der Ersatz-Commission ausgesprochene und im Loosungsscheine ver- ! merkte Entscheidung über die Truppengattung, zu welcher Militairpslichtige vorläufig ausgchoben worden, besitzt keine endgiltige Kraft, eine entscheidende Bestimmung darüber erfolgt erst später von der Königlichen Ober-Ersatz-Commission, was ebenfalls aus ausdrückliche Anordnung veröffentlicht wird. Zwickau, am 15. März 1880. i Der Civil-Vorsitzende der Ersatz-Commissionen in den Aus hebungsbezirken Zwickau, Crimmitschau und Wiesenburg. Vodel. > S. Geschäftsplan. j 1. Aushebungsbezirk Zwickau: im Deutschen Hause daselbst Vormittags 8 Uhr. 1) den 19. April: Auerbach, Bockwa, Cainsdorf, Crossen, Ebersbrunn, Eckersbach, Helmsdorf, Jüdenhain Lichtentanne mit Brand, Mosel, 2) den 29. April: Marienthal, NiederhaSlau, Niederhobndorf, Nieder planitz, 3) den 21. April: Oberhaslau, Oberhohndorf, Oberplanitz, Oberrothen bach, Pöhlau, Pölbitz, Reinsdorf, 4) den 22. April : Rosenthal, Schedewitz, Schneppendorf, Schönfels, Stenn, Thanhof, Vielau, Weißenborn, Weiwischrottmannsdorf, 5) den 22. April: Wilkau, sowie aus der Stadt Zwickau die im Jahre 18.59 geborenen Militairpflichtigen, sowie die aus dem Jahre 1857 zur Anmeldung Gelangten, 6) den 24. April: aus der Stadt Zwickau die im Jahre 1858 Gebore nen, sowie von den im Jahre 1860 Geborenen die vom Anfangs-Buchstaben A bis mit L. 7) den 29. April: aus der Stadt Zwickau die Nebligen aus dem Geburts- Jahre 1860 vom Anfangs-Buchstaben M bis mit Z, 8) den 27. April: Loosung von Vormittags 8^. Uhr an; 2. Aushebungsbezirk Crimmitschau im Rahmschen Gasthose zu Leubnitz Vormittags 8 Uhr: 1) den 28. April: Beiersdorf, Blankenhain, Chursdorf, Culten, Dänkritz, Frankenhausen mit Gosel, Gablenz mit Ungewiß, Gösau, GoSpersgrün, Harthau, Hart mannsdorf, Heyersdorf, Kleinbernsvorf, Kleiuhesscu, Königswalde, Langenbernsdorf, Langenhcssen, Langenreinsdorf, Lauenhain mit Gersdorf, 2) den 29. April: aus der Stadt Crimmitschau die in den Jahren 1858 und 1860 Geborenen, 3) den 89. April: aus der Stadt Crimmitschau die im Jahre 1859 Geborenen, sowie sämmtliche Militärvslichtige aus Lauterbach mit Nichzenhain, Leitels- hain, Leubnitz, ingleichen sämmtliche Orte beziehcndlich Ortsantheile der Enclave Liebschwitz mit Loitzsch, 4) den 1. Mai: Naundorf, Neukirchen, Niederalbertsdorf mit Kleinrußdorf, Niedergrünberg, Oberalbertsdorf, Oberzrünberz, Reuth, RuvelSwalve, Nuppertsgrün, Rußdorf, Schiedel, Schweinsburg, Seelingstädt, Steinpleis mit Weißenbrunn,. Stöcken, Thonhausen, Zwietzschen, 5) den 8. Mai: Trünzig mit Walddorf und Wolframödorf, Wahlen, so wie auS der Stadt Werdau die in den Jahren 1860 und 1858 geborenen Militair pflichtigen, 6) den 4. Mai: aus der Stadt Weroau die im Jahre 1859 Geborenen, sowie die daselbst aus früheren Jahren noch zur Anmeldung gekommenen Militair pflichtigen, 7) den 5. Mai: Loosung von Vormittags 8^j Uhr an. 3., Aushebungsbezirk Wiesenburg im Rathhause zu Hartenstein Vormittags 10 Uhr den 7. Mai: Beutha, Hartenstein, Langenbach, Lerchenberz, Neudörfel, Raum, Stein, Thierfeld, Wildbach, Zschockeu mit Neuwittendorf. 9., in der Bahnhofsrestauration zu Wiesenbnrg Vormittags 9 Uhr den 8. Mai: Bärenwalde, Burkhardsdorf, Culitsch, Cunersdorf, Fried- richsgrün, Stadt Wildenfels. den 19. Mai: Giegengrün, Grüna, Haara, Härtensdorf, Hartmannsdorf, Hirschfeld mit Lauterholz, Lauterhofen, Lauterbach, Lichtenau, Niedercrinitz, Obercrinitz, Ortmannsdorf, Saupersdorf. den 11. Mai: Schönau, Stangengrün, sowie sämmtliche Militairpslichtige aus der Stadt Kirchberg. den 12. Mai: Silberstraße, VoigtSgrüu, Weißbach mit Hermannsdorf und Neudörfel, Wiesen, Wiesenburg, Wolfersgrün. den 18. Mai: Loosung in Wiesenburg von Vormittags 9 7 Uhr au. Tagesgeschichte. Wochenschau Das Deutsche Reich war in deu ersten Tagen der verflossenen Woche durch einen politischen Blitzschlag aus heiterem Himmel aufgeschreckt worben, und zwar durch das Entlassungsgesuch des Reichskanzlers Bismarck. Mehre Zeitungen sprachen in ihrem ersten Schrecken schon von einer „Kanzlerkrisis." Doch es kam zu keiner Krisis, denn am 6. April hatte der Reichskanzler sein 'EntlassnngSgesuch beim Kaiser eingereicht und schon am 8. April ging dem Reichskanzler eine kaiserliche Ca- binetsordre zu, in welcher der Kaiser erklärte, daß er sich nicht bewogen finde, den Reichskanzler seines Am tes zu entheben. Der Gruud, weshalb der Reichskanzler abermals ein Entlassungsgesuch einreichte, ist im Laufe der verflossenen Woche in unserem Blatt ausführlich mit- gctheilt worden. Welche Schritte Bismarck nunmehr thun wird, daß solche Vorkommnisse, die ihn bewogen haben um seine Entlassung zu bitten, für die Folge nicht mehr eintreten können, wird die nächste Zukunft lehren. Der Reichstag nahm nach den Osterferien mit der 23. Sitzung am 6. April seine Arbeiten wieder auf. ES traf aber buchstäblich ein, wa» wir bei unserem kur zen Referat über die letzte (22.) Reichstagssitzung vor den Osterferien in Nr. 68 unter dem 22. März unseres Blattes ausgesprochen haben: „Schwach besetzt trennte sich das Haus, schwach besetzt wird es am 6. April wie der zusammen treten," denn die 23. Sitzung am 6. April begann in Anwesenheit von kaum ... fünfzig! Mit gliedern. Den ersten Gegenstand der Tagesordnung bil dete die dritte Berathuug betreffend die Begründung der Revision in bürgerlichen Rechtsstreitigkeite*. Hierauf folg ten Berichte und Beschlußfassungen über zwei Wahlen von Reichstagsabgeordneten. In der 24. Sitzung am 7. April, die abermals höchst spärlich besucht war, bil dete den ersten Gegenstand der Berathung des Antrages der Abgeordneten Dr. Stephan und Rickert, dahin lau tend : „Der Reichstag wolle beschließen: den Herrn Reichs kanzler zu ersuchen, daß derselbe im Wege der Verhand lung mit den deutschen Landesregierungen seinen Einfluß dahin verwende, daß Anordnungen einer einzelnen Regie rung bezüglich Abänderung deutscher Rechtschreibung nicht eher in Vollzug gesetzt, beziehentlich nicht weiter ausgeführt werden, als bis eine gemeinsame Prüfung des Bedürfnisses stattgefunden und eine Einigung aller deutschen Regierungen über gleichmäßige Behand lung des Gegenstandes erreicht worden ist." Nach län gerer Debatte, bei der jedenfalls der Abg. v. Treitschke, am einleuchtensten und überzeugendsten gegendas einseitige und voreilige Vorgehen des preußischen Unterrichtsministers v. Puttkammer gesprochen hat, wurde aber der ganz gerecht fertigte Antrag leider — abgelehnt! Der zweite Gegen stand der Tagesordnung betraf das Viehseuchenge setz in erster Lcsung. Das Gesetz wurde an eine 28 gliederige Kommission verwiesen. Die 25. Sitzung am 8. April galt der ersten Berathung des äußerst wichtigen und höchst nothwendigen Wuchergesetzes. Der zweite und jüngste Sohn des Reichskanzlers Wilhelm hielt dabei als Reichstagsabgeordneter ,eine Jungfernrede im Reichstag. Am Schluffe der Rede beantragte er Kom- missionsberathung des Gesetzentwurfes, aber leider als eS zur Abstimmung darüber kam, stellte sich abermals die . . . . Beschlußunfähigkeit des Hauses heraus. Die Sitzung wurde deshalb abgebrochen. In der 26. Sitzung am 9. April stand die zweite Lesung des Mili tärgesetzes auf der Tagesordnung. In der letztern Sonn tagsnummer unseres Blattes (Nr. 83) haben wir bereits über diese Sitzung berichtet. Alle Verbesserungsanträge des Gesetzes wurden also abgelehnt und die Friedensprä senzstärke des deutschen Heeres von 427,274 Mann wurde abermals auf volle sieben Jahre mit einer gewaltigen Zweidrittel-Majorität angenommen! In der 27. Sitz ung am 10. April wurde zunächst die Ueberweisung des wichtigen Wuchergesetzes einer Kommission von 21 Mt- gliedern zur Vorberathung überwiesen und darauf wurde die zweite Berathung des Militärgesetzes fortgesetzt. — Ein ernstliches Unwohlsein fesselt den Reichskanzler Bis-