KONGRESS-SAAL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM Mittwoch, 17. Januar 1962, 19.30 Uhr 6. Außerordentliches Konzert 3. Abend im Anrecht C für Betriebe DIRIGENT Siegfried Geißler SOLIST Prof. György Garay, Budapest W. A. Mozart 1756-1791 Sinfonie D-Dur, KV 504 (Prager Sinfonie) Adagio - allegro Andante Presto Max Bruch 1838-1920 Konzert für Violine und Orchester g-Moll, op. 26 Allegro moderato Adagio Allegro energico P A T T Q 17 Johannes Brahms T833-1897 l /\ 11 r> J \ 2. Sinfonie D-Dur, op. 73 Allegro non troppo Adagio non troppo Allcgretto grazioso (quasi andantino) Allegro con spirito ZUR EINFÜHRUNG Unter den Orchesterwerken Mozarts nimmt die Sinfonie in D-Dur (Köchelverzeich nis Nr. 504) einen höchsten Rang ein. In Musikantenkreisen führt sie den Namen „Prager Sinfonie“, weil sie — zwischen Figaro und Don Giovanni komponiert — am 19. Januar 1787 in Prag uraufgeführt worden ist. Sie hat eine große, langsame Ein leitung voller Spannung, zugleich voller Gesang und Wehmut. Im anschließenden Allegro des ersten Satzes schwingt die Spannung der Einleitung in den Synkopen noch nach, während das Hauptthema in Terzen und in den Mittelstimmen gesungen wird. Ob wohl das Gegenthema bei der Wiederholung in Moll erklingt, gewinnt der tragische Ton nicht die Überhand. Die Stimmungssphäre des zweiten Satzes (Andante) weist in ihrer erregten Gespanntheit die Legende von Mozarts „Rokokoliebreiz“ weit von sich, ein wolkenloser Himmel wölbt sich nur über dem zweiten Seitenthema in D-Dur, der Dominante des G-Dur-Andantes. Warum die Sinfonie kein Menuett hat, also nur dreisätzig ist, wissen wir nicht. Der Finalsatz deutet nochmals durch seine Synkopen auf die Erregung der ganzen Sinfonie hin, dabei fällt er musikalisch liebenswürdiger aus als der erste Satz: Das Konzertieren zwischen Streichern und Bläsern führt zu reizenden und wirkungsvollen Effekten. Prof. Dr. Mlynarczyk Max Bruch (1838-1920) schrieb sein erstes Violinkonzert in g-Moll, op. 26, im Jahre 1866. Es ist dem großen Violinspieler dieser Epoche, Joseph Joachim, in Freund schaft zugeeignet. Über Joachim hinweg knüpfte Bruch freundschaftliche Beziehungen zu Brahms an. Mit diesen Zeitgenossen ist auch zugleich der Umkreis seines Schaffens beschrieben. Bruch ist eine starke Begabung der späten Romantik. Er ist ein hervor ragender Mclodiker, der durch den edlen Schwung seiner Melodien nicht nur die damalige Welt, sondern auch die heutige zu verzaubern vermag. Max Bruch schuf vier Violinkonzerte, von denen das erste in g-Moll bei weitem das beste ist. Manche Musikwissenschaftler sind sogar der Meinung, daß dieses Werk den Höhepunkt seines Schaffens darstelle. Bruch gliedert dieses Werk in drei Sätze, die er Vorspiel, Adagio und Finale nennt. Im Vorspiel ist der präludierende Charakter nicht zu überhören. Immer wieder versucht die Geige mit perlenden Läufen und freien, kadenzähnlichen Einwürfen, mit gebrochenen Akkorden und Oktavspicl ihre Kunstfertigkeit gleichsam anzuspielen. Bruch gibt der Geige, was der Geige zukommt. Im Adagio entfaltet sie die ganze Süße ihres Tones, im Finale beweist sie ihre Eignung zu kapriziösem Spiel, das sich in Trillerketten, in Terzen- und Dezimenläufen äußert. Das Werk ist überaus dankbar, aber es ist zugleich schön, so daß die große Vorliebe aller Geiger von Ruf für dieses Werk zu verstehen ist. Th. Die 2. Sinfonie in D-Dur, op. 73, von Johannes Brahms ist 1877 geschrieben und ein Jahr später veröffentlicht worden. Man nennt sie oft die Pastoral-Sinfonie dieses Komponisten, wenn auch hier und da tragische Töne aufklingen wollen. Ge schrieben ist dieses Werk am Wörther See, wo sich Brahms besonders wohl fühlte. Dieser Ausdruck des Wohlbefindens und eines brahmischen Glücklichseins, das immer mit etwas Melancholie vermischt ist, durchzieht diese ganze Sinfonie. Der erste Satz beginnt mit einem volksliedhaften Gesang der Hörner und Holzbläser, wobei Celli und Bässe eine kleine Wechseltonfigur spielen, die sich als gestalterisches Motiv für den ganzen Satz, ja für das ganze Werk ergiebig erweist. Das erste Thema, von den Geigen vorgetragen, von den Flöten aufgenommen, atmet eine gewisse Behaglichkeit aus — aber wie sicher gleitet es in den bekannten grüblerischen Ernst, den Brahms nie ver leugnet, hinüber. Das zweite Thema läßt die Violoncelli singen. Aber gleich nach diesem ausgesprochenen Gesangsthema findet sich noch ein drittes, ein rhythmisch markantes ein, das nun zur Durchführung überleitet, in der das Wechseltonmotiv im Blech eine gewichtige Rolle spielt. Die Wiederholung des ersten Teils setzt ganz der klassischen Form entsprechend ein, ein Hornsolo kündet den Beginn der Coda an. Der