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— 178 — In Frankreich fangen, so unglaublich es klingt, die Rothen immer wieder au gegen das Ministerium zu wühlen, trotzdem die Hammer nach dem Willen de» Mi« nisteriumS die allgemeine Amnestie mit großer Majorität abgelehnt hat. Die Rothen suchen nun, um ihren Zweck zu erreichen, sich mit den Legitimisten und Bonapartisten zu verbinden. Ob ,ihr schändlicher Plan gelingen wird, ist stark zu bezweifeln denn das Land will Ruhe haben. In Spanien werden große Utberschwemmungen in Leon, Zamarara, Caroque und Alcala gemeldet. Ein großer Theil der Eisenbahnen von Leon, Asturien und Galicien stehen unter Wasser. — Auf der Insel Kuba ist die Sklaverei gesetzlich aufgehoben worden. AuS Italien wurden am 17. Februar die Kam mern wieder eröffnet. Die Thronrede betonte die guten und freundschaftlichen Beziehungen Italiens zu allen Staaten." — Am 16. Februar wurde in Rom eine päpstliche Enchklika (Umlaufschreiben) veröffentlicht, worin der heilige Baker auf die großen Wohlthaten der Kirche für die Menschheit hinweist und dann gegen die Civilehe eifert, indem er behauptet, daß die Ehegerichtsbarkeit der Kirche angehört. Aus England keine Nachrichten von besonderer Wichtigkeit, Deutschland. Berlin. Der Bundesrath hat den Gesetzentwurf wegen Verlängerung des Sozialistengesetzes aus ö Jahre und den Gesetzentwurf über Erhebung der Brausteuer an genommen. Berlin. Die Volks-Ztg. erfährt, daß Herr v. Bennigsen wiederholte Unterredungen mit dem Reichskanz ler gehabt und es sich bei diesen Konferenzen um wichtige, den Reichstag bezügliche Fragen gehandelt hat. Es wird versichert, der Ausgang dieser Konferenzen sei der, daß das überwiegende Gros der nationalliberalen Partei schließ lich auch für die unveränderte Annahme des Militärgese- tzeS stimmen werde. Der Reichskanzler bedarf in diesem Augenblicke umsomehr der Unterstützung der nationalli- beralen Partei (?), als es jetzt fest und zweifellos angese hen werden kann, daß das Eentrum fest geschlossen sein Votum gegen das Militärgesetz abgeben wird. Man schreibt der Magdb. Zlg. aus Nordha n- s e n, 10. Februar.: Die hiesigen Geistlichen haben am vergangenen Sonntag von den Kanzeln sämmtlicher evange lischen Kirchen eine zeitgemäße und beherzigenswerlhe, ge gen die herrschende Unsitte der Entfaltung eines übertrie benen Luxus der Eonfirmanden, namentlich der Mädchen, gerichtete Ansprache verlesen. Dieselbe lau tet wörtlich: „Es ist uns von mehreren Eltern der Wunsch ausgesprochen worden, doch dahin zu wirken, daß der hierorts bei der Eonfirmation, namentlich der Mäd chen, übliche Luxus bezüglich der Kleider auf ein bescheide nes Maß beschränkt und zu diesem Zweck eine bittende Ansprache auch an die einzelnen Gemeinden gerichtet würde. Wir kommen diesem Wunsche um so bereitwilliger nach, je mehr wir es aus Erfahrung wissen, wie viele Eltern, der Mach! des Herkommens weichend, um dieses überflüs sigen Aufwandes willen sich in unendlich viel Sorgen und Mühen, ja, auch Schulden stürzen, ferner, wie so viele arme Kinder um des für diesen Tag durchaus nöthigen Staates willen lange Zeit, ja, Jahre vorher auf mühevol len Verdienst ausgehen, und wie endlich über dem allen der eigentliche, für Reiche unv Arme ganz gleiche Zweck dieser Feier, nämlich die rechte Bereitung des Herzens, durch die Wucht der rein äußerlichen Sorgen so leicht gänzlich in den Hintergrund gedrängt wird. Es war uns demnach völlig aus der Seele gesprochen, wenn vor kur zem mehrere einsichtsvolle und angesehene Familienväter uns dahin ihre Meinung aussprachcn, raß man es künftig bei einem guten schwarzen Kleide, welches für alle drei Acte: für Einsegnung, Beichte und heiliges Abendmahl, auch immer am würdigsten erscheinen dürfe, bewenden las sen möge. Wir können und wollen natürlich keinem ir gendwelche Vorschriften hierin machen, sondern mir kön nen nur bitten, aber wir sagen diese Bitte in Rücksicht auf die Ungunst der Zeitverhältnisse, in Rücksicht ferner auf so viele Eltern, welche obigem Herkommen nur mit Widerwillen und Murren sich fügen, in Rücksicht endlich darauf, daß so vielen Eltern die rechte Freude des Tages durch die nachhinkenden Sorgen verkümmert wird. Wir danken deshalb im voraus schon allen denen, welche, un serer Bitte Gehör schenkend, bei der diesjährigen Confir- mation in Einfachheit mit gutem Beispiel vorangehen und das Bibelwort beherzigen : Der Herr sieht nicht, was vor Augen ist, der Herr sieht das Herz an." England. Loudon, 21. Februar. Oberhaus. Der Herzog von Argyll griff in einer fast 2j Stunden dauernden Neve die Politik der Regierung bezüglich Afghanistans auf das Heftigste an und verlangte die Vorlegung des in Kabul entdeckten russischen Schriftwechsels, hinsichtlich dessen er sehr skeptisch sei. Die gesammte Transaktion der Regie rung in Afghanistan verdiente den schärfsten Tadel; sie haben die Ehre des britischen NamenS befleckt. Der Staatssekretär für Indien, Cranbrook, verth eidigte die Politik der Regierung gegen die Angriffe Argyll'«, indem er erklärte, die englische Regierung habe denjenigen, wel cher den Schlüssel von Indien habe, treulos gefunden unv müßte daher selbst den Schlüssel nehmen; sie habe die Pässe besetzt, welche sie auch behalten würde. Die Regierung habe diejenige Politik adoptirt, welche sie am vortheilhaftesten für den Schutz Indien« hielt und werde Nihilist hatte dort, um die Kaiserin von Rußlano in Sächsische und örtliche Angelegenheiten. Schneeberg, den 23. Februar. Plauen, 16. Februar. Da es an verschiedenen Orten,Spaniens nicht möglich ist, Uebersetzungen deutscher Ursprungszeugnisse zu beschaffen, indem auch die deutschen Consulate hierzu nicht allenthalben in den Stand gesetzt sind, so empfiehlt sich nach einer von dem Reichskanzler amte eingegangenen Mittheilung, zur Beseitigung derau« diesem Umstande für die Zollabfertigung deutscher Waa- ren entstehenden Schwierigkeiten, die Anwendung gedruck ter Formulare, wie solcher einzelne Firmen bei der Ein fuhr von Waaren deutschen oder österreichisch-ungarischen Ursprung- schon jetzt sich zu bedienen pflegen. Zwei von der Kaiserlichen Gesandtschaft in Madrid eingereichte For mulare solcher Muster seien bei der Handels- und Gewer bekammer Plauen einzusehen. Die tarifmäßig richtige Wahl der in den Spanischen Text des Formulars einzu führenden Waaren werden die Betheiligten deutscher Ex porteure mit Hülfe ihrer Geschäftsfreunde in. Spanien oder auf Grund der vorhandenen sonstigen Hülfsmittel leicht bewirken können. Das Präsidium der Handels und Gewerbekammer Plauen theilt mit, daß oa« Comilee der A l l g e m e i n:e n Deutschen Patent- und M « st ersch u tz-AuS- stellung in Frankfurt a. M. beschlossen hat tden Schluß der Anmeldungen für die innerhalb des deutschen Reiches wohnenden Patentinhaber resp. durch Anmeldung von Muster Geschützten auf den 1. März 1880 und für die Ausländer auf den 1. April 1880 zu verlegen. Cannes zu ärgern, eine Schmähschrift über den Kaiser Alexander drucken lassen, in welcher der Glaube an Christum als den Gottmenschen als „geistige Gestörtheil" bezeichnet und von der russischen Jugend gesagt wird, sie hätte eine ganz andere Quelle ihrer Moral als das Christenthnm." Als solche wird insonderheit ein russischer Schandroman angeführt. — Wie Viele giebt's, welche auch in Deutschland dasselbe sagen könnten, daß die Quelle ihrer Moral nicht die Bibel, sondern die Romane sind? Zn Paris hat die Polizei einen Russen, der sich Hartmann nennt, festgenommen, von welchem gesagt wird, er sei an dem Moskauer Eisenbahn-Altental betheiligt gewesen. Das Sigualement war vor einigen Tagen ans Petersburg angelangt. — Hier ging gestern das Gerücht, es würden große Veränderungen im russischen Regie rungssystem vor sich gehen. Graf Schnwaloff werde Minister-Präsident werden. In Hofkreisen war davon aber nicht- bekannt. Feuilleton. * (Ein großmüthiger Räuber.) Im Dezember vo rigen Jahres wurde das Postamt in Salgo-Tarjan in Ungarn auSgeraubt. Die eingeleitete Untersuchung ver lief resultatlos. Die Postmeisterin, gegen welche sich ei niger Verdacht richtete, wurde ihres Amtes enthoben, ihr Vermögen unter Sperre gestellt. Vor Kurzem erhielt die Tarjaner Behörde einen mit 300 fl. be.chwerten Brief zugesenvet. Mit Bleistift und offenbar verstellter Schrift geschrieben, stand in dem Briefe Folgendes: „Ich bin Räuberhauptmann. Ich habe nicht gewußt, daß ich durch die Beraubung des Postamtes eine Familie brodloS ma che. Hiermit sende ich als großmüthiger Mensch 300 fl. des geraubten Geldes uuo verspreche, daß ich die fehlende Summe bald ersetzen werde, da ich Aussicht habe, einen größeren glaub auszuführen. Ich werde Vie Beute nicht unter meine Banve vertheilen, sondern zu Gunsten der unglücklichen Familie verwenden." * Berlin. Vor einigen Tagen haben die Mit glieder der hiesigen Chinesischen Gesandtschaft jmit beson derer Feierlichkeit das Chinesische Neujahrsfest gegangen. Der „Börs -C." berichtet über dasselbe folgendermaßen: Am frühen Morgen wurde auf dem .Gesandtschaftshotel in der Von der Heydtstraße die Chinesische Reichsflagge ausgehitzt. Um 9 Uhr versammelten sich die sämmtlichen männlichen Mitglieder im Betsaal zur gemeinschaftlichen Andacht, wobei genau das Zeremonie! beobachtet wurde, daß die Betenden mit dem Antlitz gegen -den Thron des chinesischen Kaisers, das heißt gegen Osten, stehen mußten. Mit einer dreifachen Verbengung gegen Osten verließen die Herren nach der Rangordnung, nach vollendetem Ge bet, in kurzen Zwischenpausen den Saal. Eine halbe Stunde später empfing der Gesandte Li-Fong-Pao den Major Tscheny-ki-kong zur Neujahrs-Gratulation. Der , Eintretende warf sich auf die Erde, breitete die Arme aus > und berührte den Boden dreimal mit seiner Stirne, wo- ! rauf er seine Glückwünsche darbrachte, die vom Gesandten erwidert wurden. Eine Viertelstunde später wiederum er- ' hielt der Major Tscheny-ki-tong den Besuch des ibm im Range nächststehenden Mitgliedes der Gesandschaft, bei dem ganz genau dieselbe Zeremonie befolgt wurv, die vor her Tscheny-ki-tong gegenüber dem Gesanvten «zu beobach ten gehabt hatte. Der ihm zunächst untergebene Kollege mußte sich ebenso auf die Erve werfen, wie Tscheny-ki-tong sich vor einer Viertelstunde vor dem Gesandten zur Erde j gebeugt hatte. Und so gratulirte der Reihenfolge nach je des Mitglied der Gesandtschaft seinem Vorgesetzten. Um 6 Uhr fand das Diner statt, wobei sämmlliche Theilnehmer die kostbarste» Galakostüme anlegten. ! Das Diner bestand aus 20 Gängen, varunter zehn Sorten Fische, aus Schwalbennestern und anderen ! kostbaren Delikatessen, welche übrigens die Gattin deö j Gesanvten in Konserven au- ihrer Heimath sehr reichlich mitgebracht hat. Das LieblingSgericht der Chinesen, Reis, das sonst Tag für Taz auszenossen wird, ist zum Neujahr von der Tafel ausgeschlossen, dagegen wurde zur Feier veS Tages zum ersten Male Wein kredenzt. Der Gesandte brachte ven ersten Toast auf den chinesischen Kaiser aus, der Militärbevollmächtigte trank auf den Gesandten, der Gesanvlschaftsarzt Dr. H., der einzig anwesende Euro päer, auf die Gattin des Gesandten, unv so folgte Toast auf Toast. Nach Beendigung veS Diners wurden natio nale Gesellschaft-spiele arrangirt. Später wurven Natio naltänze aufgeführt. Die Gattin des Gesanvten war überaus guter Laune und hatte zu dem Tan; ein kostba res Seidenkleid angezogen, an dem zahlreiche kleine Glöckchen befestigt waren. Mit dem Thee, welchem eine große Fechtübung voranging, schloß die Feier des chine sischen Neujahrstages, der gewöhnlich in die ersten 20 Tage de- Monats Februar fällt, da die Chinesen zwei ! nacheinander folgende Jahre zu 12 und das dritte Jahr zu 13 Monate zählen. Briefe aus Australien von M. F. Bahse. (Fortsetzung.) Eines großen Kaufhauses muß ich noch Erwähnung thun, dessen Ehef in Syvney lebt und Parlamentsmitglied ist. Ein schönes große« Gebäude von drei Stockwerken ist im Parterre in mehrere höchst elegante Läden getheilt; der eine enthält Damenbekleidungsartikel aller Art vom geringsten Stoffe bi« zu den feinsten Spitzen, fertigen sie aüfrecht erhalten. Der russische Schriftwechsel könne nicht vorgelegt werden. Im weiteren Laufe der Debatte vertheidigte auch Lord Beaconsteld die Politik be züglich Afghanistans und erklärte, die Regierung habe die Zeit für gekommen erachtet, wo e« zu entscheiden galt, wer die großen Thore Indien« besitzen sollte. Sie habe beschlossen, dieselben in Besitz zu nehmen und zu beherr schen und habe die« Ziel mit vollem Erfolg erreicht. Nichts habe sich ereignet, was die Regierung zu einer Aenderung ihrer bisherigen Politik bewegen könnte. Es sei unmöglich, Afghanistan zu verlassen, während eS der Anarchie preisgegeben. ^Seien wir fest entschlossen und lassen wir die Afghanen wissen, daß wir bereit sind, ge recht zu sein, daß wir aber auch entschlossen sind, Ge horsam zu verlangen; die Schwierigkeiten und Ver wickelungen werden dann sofort verschwinden." Argyll zog hierauf seinen Antrag auf Verlegung de- Schrift wechsels zurück. Ruhland. In einem Petersburger Briefe der „N. Pr. Ztg." wird geschrieben: Am 17. d. M. AbendS gegen halb 7 Uhr war in der allerweitesten Umgebung des Winterpa lais eine sehr starke Detonation hörbar. Ehe noch die bezüglichen Telegramme einliefen, eilten die zunächst dem genannten PalaiS gelegenen 2 Bataillone des Regiments Preobraschen-ki vorthin, auch eine der Kompagnien aus den über zwei Werst entfernten Kasernen der beiden an deren Bataillone de» Regiments traf nur kurze Zeit spä ter dort ein. An genanntem Tage war die Schloßwache durch eine Kompagnie des Leib-Garde-^innlänvischen Re giments besetzt. Die Wachtstube der Offiziere liegt in der zunächst der Newa gelegenen Seite des Schlosses; auf derselben Seite, etwa 30 Schritt von ihr entfernt, die Wachtstube der Mannschaften; über letzterer ein Saal, in welchem Se. Majestät der Kaiser größere DineS zu geben pflegt, wie ein solches auch damals zu Ehren des vor kurzem eingetrosfenen Fürsten von Bulgarien stattfin den sollte; der Beginn desselben war für 6 Uhr festge setzt, verspätete sich jedoch zufälliger Weise um einige Mi nuten. Die in der Wachtstube befindlichen Offiziere hör ten zu oben genannter Zeit einen über alle Maßen star ken Knall und ihm folgendes Brechen von Mauerwerk und Glas (sämmtliche in der Nähe befindlichen Fenster scheiben waren gesprungen). Sie stürzten aus dem Zim mer hinaus und fanden die Wachtstube v er Mannschaften als einen Trümmerhaufen, aus dem nur Rauch unv Staub entgegenquoll. Durch ein Zeichen mit der Glocke rief der wachthuenbe Kompagniechef die Wache in die Ge wehre, und nur 10 Mann, über und über mit Schult be deckt, folgten trotz des furchtbaren Schreckens getreu die sem Befehl. Der Rest war todt over verwundet. Die genannte, sehr große Wachtstube ist vollständig zerstört und der Anblick der Leichen und Verwundeten, zerbroche nen Waffen und Gerüche war ein schauerlicher. Auch in der Decke derselben, d. h. unter dem Speisesaal, waren starke Risse, so wie ein Loch von etwa 4 Ellen Durch- > Messer und großer Tiefe; doch hatten die starken steiner- nen Wölbungen erfolgreichen Widerstand geleistet. Ueber das russische Atteutat stellen wir nachstehend die vorliegenden Nachrichten zusammen. Es läßt sich denken, daß auch viele geheimnißvoll klingende Nachrichten ver- , breitet werden, denen die Unwahrscheinlichkeit auf der Stirn geschrieben steht. So erzähl! das „Wiener Tagebl.," der Kaiser habe seit dem 8. Februar jenen Morgen auf seinemLchreibtische einen schwarzgeränverten, wohlversiegelten Brief gefunden, welcher die Drohung enthielt, wenn der Zar dem Volke keine Verfassung gäbe, sein Unterdrückung«- ! System nicht ändere, so würde er sein Jubiläum nicht feiern. Alle angewendeten Maßregeln, zn erforschen, wie der Brief auf den Schreibtisch des Zaren gekommen, seien vergeblich gewesen. Ein in Nizza lebender russischer