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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES H Y G I E N E - M U S E U M Sonnabend, 24. Februar 1962, 19.30 Uhr Sonntag, 25. Februar 1962, 19.30 Uhr 7. ZYKLUS-KONZERT Gastdirigent Gerhard Rolf Bauer, Gotha DIE WIENER KLASSIK Joseph Haydn 1732—1809 Sinfonie Nr. 60 C-Dur (Der Zerstreute) Adagio - allegro di molto Andante Mcnuctto Presto Adagio di lamentatione Prestissimo Wolfgang A. Mozart 1756—1791 Divertimento D-Dur, KV 131 Allegro Adagio Mcnuctto Allcgretto Mcnuctto Adagio - allegro molto - allegro assai Ludwig van Beethoven 1770—1827 7. Sinfonie A-Dur, op. 92 Poco sostenuto - vivace Allcgretto Scherzo: Presto Allegro con brio ZUR EINFÜHRUNG Joseph Haydns Sinfonie Nr. 60 C-Dnr mit dem Beinamen „II distratto“ („Der Zerstreute“) entstand im Jahre 1775 während Haydns Anstellung als Kapellmeister am fürstlichen Hofe von Esterhaz und stellte ursprünglich eine Schauspielmusik zu dem Lustspiel „Der Zerstreute“ von Regnard dar. Darüber berichtete die „Preßburger Zeitung“ vom 23. August 1775 folgendes: „Esterhaz, am 17. August. Am 13ten. dieses ist der berühmte Schauspieler in Wien Herr Stephanie der ältere hichcr gekommen, und hat sich bis den 17. früh aufgehalten. Der Deserteur aus Kinderliebe, die Leiden des jungen Werthers und der Zerstreute mit der neuen Musik des Herrn Kapellmeister Hayden wurden im Theater gegeben.“ Bei einem Bericht der gleichen Zeitung über eine Auf führung dieses Stückes zu Ehren des Besuches des Erzherzogs Ferdinand von Österreich einen Monat darauf wurde allerdings Haydns Musik nicht wieder erwähnt. In Wien erklang die Sinfonie, die Haydn später in einem Briefe aus dem Jahre 1803 einmal scherz haft „den alten Schmarrn“ genannt hat, erstmalig am 6. Januar 1776. - Gewisse Merkmale weisen bei diesem Werk durchaus auf seine anfängliche Bestimmung als Schauspielmusik hin, so die ziemlich willkürliche Tonartcnfolge der sechs Sätze, die formal zum Teil außer dem ebenfalls ungewöhnlich angelegt sind und sich auf diese Weise etwa als eine eher suitenartige Aneinanderreihung von Ouvertüre und Zwischenaktmusiken deuten lassen. Charakteristisch für die Sinfonie sind daneben starke Überraschungswirkungen, für die Haydn ja in seinen Werken häufig eine besondere Vorliebe zeigte, hier z. B. die plötzlich ins Pianissimo hineinschlagenden Fortissimo-Akkorde des gesamten (bereits durch Pauken und Trompeten verstärkten) Orchesters, wodurch schon ähnliche Wirkungen wie in der bekannten Paukenschlag-Sinfonie erzielt werden. Nach dem, wie oft die späteren Sinfonien des Meisters, mit einer Adagio-Einleitung ver sehenen schnellen 1. Satz folgt ein Andante, für das besonders dynamische Kontraste zwischen Streichern und Bläsern kennzeichnend sind. Eine ungewöhnliche, imitatorisch- fugierte Verarbeitung zeigt das Menuett; recht ernsthaft wirkt auch das in Moll stehende Trio. Den 4. Satz bildet ein auf schnelle Achtel- und Sechzehntelbewegung gestelltes Presto. Besonderes Interesse verdient der 5. Satz, dessen eigenartige formale Anlage aus gesprochen stark einen inneren Zusammenhang mit dem Bühnengeschehen des betreffen den Schauspiels vermuten läßt. Dem romanzenhaft lyrisch mit einer ausdrucksvollen Kantilenc der 1. Violinen über harfenartiger Begleitung der 2. Violinen und Pizzicato- Bässcn beginnenden Adagio wird plötzlich ein außerordentlich kontrastierender, kriege risch-marschartiger Zwischenteil gcgcnübcrgcstellt, nach nochmaligem Wechsel erfolgt ein überraschender Halbschluß im Allcgro-Tcmpo. Bei dem in raschen Trioien dahin jagenden kurzen Finale soll noch der eigentümliche Effekt der mitten im Spiel umgestimmt werdenden Violinsaitcn erwähnt werden. löjährig, von der ersten Italicnrcisc nach Salzburg zurückgekehrt, schrieb Wolfgang Amadeus Mozart im Juni 1772 das sicbcnsätzigc Divertimento D-Dur, KV 137, das eigent lich eine Serenade von festlich-heiterem Charakter darstellt. Dem festlichen Grundton des Werkes entspricht seine mannigfaltige, wechselnde Besetzung mit vier Hörnern neben Streichern (u. a. zwei Violen), Flöte, Oboe und Fagott. Konzertant-sinfonisch ist der erste Satz (Allegro) angelegt, der durch interessante Klangkombinationen fesselt. Das Adagio und das erste Menuett werden lediglich vom Streichquartett ausgeführt’ auf Bläscrklang sind dagegen die drei Trios gestellt. Im Allcgretto treten Flöte und Oboe zu den Streichern .Die Hörner eröffnen das zweite Menuett, ebenso den einleitenden Adagio-Teil des Finales. Die Blasinstrumente werden überhaupt - wie im ganzen Werk - auch in diesem Satz zu den Streichern kontrastierend eingesetzt. Ein launisches Allegro assai mit Hörnerfanfaren und einem „ganz unerwarteten gassenhauerhaften Kehraus“ beschließt die Komposition. Für eines seiner „vorzüglichsten“ Werke hielt Ludwig van Beethoven seine 7. Sinfonie A-Dur, op. 92, die tatsächlich auch von ihrer triumphalen Uraufführung an bis heute stets ein Lieblingswerk des Publikums wie der Dirigenten gewesen ist und schnell eine außer ordentliche Popularität errungen hatte, wenn es auch anfangs, durch die Kühnheit und Neuartigkeit dieser faszinierenden, aber höchst eigenwillig gestalteten Komposition bedingt, nicht an kritisch ablehnenden Stimmen fehlte. Die von Beethoven 1811 begon nene (einzelne Skizzen reichen schon in frühere Jahre zurück) und 1812 vollendete