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Dresdner Journal : 20.11.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-11-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189911201
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18991120
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18991120
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-11
- Tag 1899-11-20
-
Monat
1899-11
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 20.11.1899
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ve,,^Pret». Für Dresden vierteljährlich: 1 Mark 50 Ps., bei den Saiser- lich deutschen Postanstalten vierteljährlich »Mark; außer halb de- Deutschen Reiche« Post- und Stempelzuschlag. Einzelne Nummern: 10 Pf. Erscheinet»: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abends. Fernspr.-Anschluß:Rr 1--S- Dresdner M Journal. AnkündiGung-gebühren: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift 20 Ps Unter „Eingesandt" die Zeile 50 Ps Bei Tabellen- und Zifsernsatz entsprechender Ausschlag Herausgeber: Königliche Expedition de» Dresdner Journals Dresden, Zwingerstr 20. Fernspr -Anschluß: Nr. 1LS5. ^270 1899 Montag, den 20. November abends. Amtlicher Teil. Dresden, 20. November. Se. Königl. Hoheit der Herzog von Sachsen-Coburg und Gotha ist am vergangenen Sonnabend abend 11 Uhr 25 Min. nach Coburg zurückgereist. Se. Königl. Hoheit der Herzog Ulrich von Württemberg ist gestern abend 7 Uhr 19 Min. von Dresden abgereist. Ihre Königl. Hoheit die Frau Prinzessin -arl Anton von Hohenzollern ist heute nach mittag 4 Uhr 32 Min. hier eingetroffen und hat in der Königl. Villa Strehlen Quartier genommen. Mit Allerhöchster Genehmigung ist auf die er ledigte Oberförsterstelle auf Laußnitzer Revier der Oberförster Friedrich vom Brunndöbraer Revier versetzt worden. Dresden, 20. November. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Geh. LegationSrath im Ministerium der aus wärtigen Angelegenheiten Frhr. v. Salza und Lichten au das ihm von Sr. Majestät dem Könige von Schweden und Norwegen verliehene Kommandeur kreuz erster Klaffe des Nordstern-Ordens annehme und trage. Ernennungen, Versetzungen re. tm öffentliche« Dienste. I« «eschrft-deretche des Mtntftertums de» Salta« n» iffentlichea Uaterrtcht«. Zu besetzen Ostern isov: die 1. Lehrcrstelle an der Schule zu Taura bei Burgstädt, ltrllator: die oberste Schulbehörde. Einkommen: 1200 M. Schalt und sreie Wohnung. Gesuche sind unter Beisügung sämtlicher Zeugnisse bis in die neueste Zeit bi- zum S. Ja- auar 1900 bei dem Königl. BezirkSschulinspektor Schulrat vr. Böhme in Rochlitz einzureichen; — die Kirchschulstelle zu Ittenbach. Kollator: die oberste Schulbehörde. Einkommen der Stelle: außer sreier Wohnung im Schulhause 1200 M. vom Schuldienst; 250 M. vom Kirchendienst und »6 M. sür Turn- »»terricht. Gesuche nebst den erforderlichen Beilagen sind bis 5. Dezember an den Königl. BezirkSschulinspekwr Dr. HaanS in Grimma zu richten. Nichtamtlicher Teil. „Unsere Zukunft liegt aus dem Wasser." Die freie Vereinigung sür Flottenvorträge in Berlin begann vorgestern in der Philharmonie die angekündigte Reihe ihrer Veranstaltungen mit einem Lortrage des Viceadmirals z. D. Werner. Seinen Ausführungen folgte mit gespanntem Interesse eine Zuhörerschaft von etwa 60o Personen, unter denen man viele hervorragende Persönlichkeiten und eine Anzahl Offiziere des Heeres und der Marine be merkte. Admiral Werner skizzierte zunächst die Geschichte unserer Marine und schilderte dann unter Vorführung eines reichen statisti'chen Materials den riesigen Auf schwung unseres Handels, unserer Industrie, die enorme Leistungsfähigkeit unserer Werften, das Wachsen der Seefischerei, die Riesenausdehnung unserer Schiff- fahrtsunternehmungen. Er ging weiter auf die Zu nahme unseres Kolonialbesitzes und unserer gesamten Weltinleressen ein, die eS dem Deutschen Reiche zur unabweisbaren Notwendigkeit machen, Weltpolitik zu treiben. Das Mittel dazu ist aber eine starke Flotte. Was wir brauchen, ist eine achtunggebietende Zahl von Linienschiffen. Unter Ausblicken auf die internationale Lage und unter Vergleichung der Machtverhältnisse des Auslandes, namentlich des see ¬ gewaltigsten Staate», Englands, legte Admiral Wcrner dar, welche Erfordernisse an unsere Seemacht zunächst zu erfüllen sind. Nach seiner Meinung hat eine Flotte, wie sie vorläufig gebaut werden müßte, die Aufgabe deS Küstenschutzes und der Freihaltung unserer beiden Meere. Hierzu würden drei Ge schwader von alles in allem 31 Linienschiffen ge nügen. Ihr Bau könnte bis 1910 durchgeführt sein, und dann könnte man sehen, was weiter zu geschehen habe. Daß diese Leistung technisch zu erreichen, sei bei dem hohem Stande unserer Staats- und Privat werften außer allem Zweifel, ebenso verursache ter Mannschaftsersatz keinerlei Schwierigkeiten. Näheres über diese Punkte hat der bewährte Fachmann auch in einem Aussatze über daS Tbema „Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser" auSgeführt. Dieser Aufsatz ist uns als Sonderabdruck aus dem Dezemberheft der „Deutschen Revue" zugegangen. Der Admiral wendet sich darin gegen diejenigen Forder ungen, die in übertriebener Weise für den Ausbau der Flotte geltend gemacht werden (z. B. den Bau von 50 Linienschiffen oder die Wencksternsche Forder ung: „1 Proz."), und sagt, eS sei zunächst nur das Notwendige ins Auge zu fassen. Das ist aber bis auf weiteres die Möglichkeit, unsere beiden deutschen Meere von Blockade und mit Rücksicht auf den Zwei bund auch gegen Invasion freizuhalten. „ES handelt sich deshalb darum, unsere Flotte, und zwar so bald wie möglich, so zu verstärken, daß sie sür den genann ten Zweck genügt. Dasür sind aber bis auf weitere- nicht 57 Linienschiffe und die entsprechend« Anzahl Kreuzer erforderlich, sondern nur 31 (neben 60 Kreuzern), 3 Geschwader von je 8 und einem Kommando-Linienschiff und sür jede- Geschwader 2 Schlachtschiffe in Reserve, in Summa also 3t Linienschiffe. Allerdings muß dabei die Bedingung festgehalten werden, daß sämtliche Schiffe aus der Höhe ihrer Zeit stehen und solche ver alteten und schwachen Schiffe wie von der „Baden"-Klasie und die „Oldenburg" in zweite Reihe und zu den Küstenpanzern übertreten. ES ist sehr erklärlich, daß bei den heutigen Dampsschisfen, in denen 40 bis 50 selbständige Maschinen arbeiten, auch bei großer Vorsicht und bester Ausbildung deS Personals leicht Unfälle eintreten, welche auf kürzere oder längere Zeit GesechtSunfähig- keit herbeisühren. Man wird nicht fehlgehen in der Annahme, daß stets bei 10 bi- 15 Proz. irgend etwa- nicht in Ordnung ist oder sehr leicht in Unordnung geraten kann. Dafür muß durch die Reserve vorgesorgt werden, um sofort den Au-fall ersetzen zu können, und eine genügende Matrrialreserve ist des halb unumgänglich notwendig. Dann aber halte ich dafür, daß wir im stände sind, uni gegen jede Seemacht von Blockade frei halten zu können, denn e« ,st nicht anzunehmcn, daß selbst England eS wagen würde, an unsern Küsten zu erscheinen, weil e- möglicherweise erwarten muß, daß wir den Spieß um drehen könnten. . ." Bezüglich der Mannschaftsfrage für die so er weiterte Flotte führt Werner auS: „ES kommt nun darauf an, zu erörtern, in welcher Zeit jene Flotte von 31 Linienschiffen geschaffen werden kann. Durchaus wünschenswert ist es, daß die» sobald wie möglich geschieht, aber gewisse Rücksichten gebieten, daß eS nicht über stürzt wird. Ich bin der Ansicht, daß dafür da- Jahr 1910 festzuhalten ist. An Mannschaften wird eS uns nicht fehlen. Wenn höchstens ein Viertel der Besatzung au- wirklichen See leuten besteht, so genügt da- vollständig. Der Rest ist zum großen Teil entweder Maschinenpersonal, an dem es bei der hochentwickelten Industrie Deutschlands und seiner ausgedehnten Dampsschiffahrt keineswegs gebricht, und die übrigen können aus der Landbevölkerung entnommen werden. Der Deutsche hat von Natur vorzügliche seemännische Anlagen, und so gut wie schon jetzt ungefähr drei Vierteile der Besatzungen sich aus der Landbevölkerung rekrutieren, kann daS auch geschehen, w-nn unsere Flotte vergrößert wird. Bon ihrer seemännischer. Be satzung giebt eS zwei Arten: die eine, die es macht, und die andere, welche die Kraft repräsentiert Zur ersteren gehören die Leute, welche steuern, die Signale bedienen und die Haupt nummern von den Geschützen und Torpedos Das müssen alles sehr gut geschulte, mit den Bordverhältnissen durchaus vertraute und intelligente Leute sein, und ihre Ausbildung er fordert Jahre; alle übrigen lassen sich in verhältnismäßig kurzer Zeit so weit einüben, daß sie die ihnen im Kampfe zu fallenden Obliegenheiten vollauf erfüllen können. Außer der Landbevölkerung stehen aber im Kriegsfälle die gedienten Reserven und die Seewehr, sowie die Fischerei- bevölkerung zu Gebote. Wenn erstere auch nur zur Hälfte er reichbar und auf See sind, so darf man bis zum Jahre 1910 aus mindestens 10 bis 12 000 Fischer rechnen, sodaß also der Mehrbedarf von Mannschaften für 12 Linienschiffe und die zu gehörigen Kreuzer sicher gedeckt werden kann. Ander» »erhält eS sich dagegen mit den Offizieren. Ihre Heranbildung erfordert eine Reihe von Jahren, aber wenn jetzt damit begonnen wird, kann et keinem Zweifel unterliegen, daß e« auch an ihnen nicht fehlen wird. Pros v. Wenckstern hat bei seinen Vorschlägen auch diesen Puutt in Betracht gezogen, um eiuem etwaigen Mangel an Offizieren abzuhelsen. Er empfiehlt, älteren Leutnants der Armee eine vierjährige Ausbildung zu teil werden und sie dann ihrer Ancienniiät nach als Seeoffi ziere eintrcten zu lassen. Jedenfalls ist dieser Vorschlag dis kutabel und hat auch Vorgänger in unserer Marine. Wir haben früher mehrere Hauptleute der Armee übernommen und sie seinerzeit auf ein oder zwei Jahre zur Ausbildung in fremde Marinen gesandt, und zwar noch zur Zeit der Segelschiffe. Einer von ihnen hat cS bis zum Vizeadmiral, ein zweiter zum Contreadmiral, ein dritter zum Kapitän zur See gebracht Also wenn z B. Artillerieoffiziere von 23 bi- 24 Jahren, welche die Ausbildung in der Hauptwaffe der Schiffe, der Ge schütze, schon mitbringen und, wie da- so vielsach bei jüngeren Leuten der Fall ist, besondere Neigung für daS Seefach haben, der sie au» diesen oder jenen Gründen früher nicht folgen konnten, eine vierjährige Ausbildung an Bord genießen, so ist kaum daran zu zweifeln, daß man im Falle von Mangel aus sie zurackgreifen und sic al» KapitänlcutnantS einsteven könnte. Somit würde auch die BesatzungSfrage gelöst sein. . . ." Der Verfasser bejaht schließlich unbedingt die Frage, daß die erforderlichen Linienschiffe und Kreuzer bi» 1910 auf den deutschen Werften gebaut werden können, berührt in demselben Sinne die Kostenfrage und weist schließlich auf daS Uebergewicht hin, das England mit seinen Kabeln und Kohlenstationen besitzt. „Die ersteren sind nicht nur in strategischer Beziehung durchaus notwendig, sondern auch in kommerzieller ebenso wichtig wie nutzbringend. England besitzt ungefähr 250 000 km unterseeische Kabeln, in denen 650 Mill M. angelegt sind. Sie verzinsen sich durchschnittlich mit 7 Proz., d h mit 90 Mill. M., waS außer dem Nutzen, den sie dem Handel bringen, gewiß ein sehr beachtenswerter Ertrag ist Ebenso hat England auf dem ganzen Erdenrund Kohlcnstationen, die für Kriegführung zur See unentbehrlich sind, während sie uns bi- auf wenige fehlen und unS neutrale Häfen entweder ganz verschlossen sein können oder nach dem Seekriegsrecht nur soviel Kohlen verabfolgen dürfen, um den nächsten Hasen zu erreichen." Auch diesen Punkt nicht außer acht zu lassen em pfiehlt der Admiral dringend, und er hofft, daß keine sich bietende Gelegenheit versäumt werde, solche Stütz punkte zu erwerben. Deutsche HandelSiatereffen i« Lstafien. Die Mitteilung der „Berl. Korresp.", daß der Umfang der deutschen kommerziellen Interessen an der ostasiatischen Küste nur von England übertroffen wird, wird vom „Vorwärts" als eine Behauptung von geradezu leichtsinniger Harmlosigkeit bezeichnet. Der „Vorwärts" zieht die Angaben der „Berl. Korresp." über das Slärkeverhältnis der Seestreitkräfte in Ost asien in Zweifel und bemerkt: „Aber selbst wenn (!) die Angaben der „Berl. Korresp" richtig sind, er scheint die Flottenstärke als eine den verschiedenen wirtschaftlichen Interessen durchaus angemessene." Dann wird aus der Statistik der Einfuhr nach China nach- zuweisen versucht, daß die kommerziellen Interessen Deutschlands erst an untergeordneter Stelle stehen. Um aus der chinesischen Handelsstatistkik den wahren Umfang der Handelsinteressen der einzelnen Staaten Harzungen, müßten die Waren genau nach ihrem wirklichen Ursprung geschieden sein, so daß beispielsweise nicht deutsche Waren, die über England nach China gelangen, als englische Waren geführt werden. Da hierdurch in der That eine große, in ihrem wahren Umfange aber nicht kontrollierbare Verschiebung eintritt, io ist jene Statistik der chinesi schen Aus und Einfuhr für diese Zwecke keineswegs beweirki ästig. Zutreffender werden die unmittelbaren kommerziellen Interessen der verschiedenen Länder beleuchtet, wenn nach der Schiffahrtsstatistik der Wert der unter den verschiedenen Flaggen in chinesischen Häfen aus- und eingehenden Ladung ver glichen wird. Auch diese im „Deutschen Handelsarchiv" veröffentlichte Statistik läßt freilich den Ursprung der Waren außer Acht, doch stellt der Schiffsverkehr unter der Flagge der einzelnen Länder offenbar direkte kommezielle Interessen dar, nach deren Umfang die Interessen der betreffenden Staaten an der ost asiatischen Küste besser beurteilt werden können, als nach der vom „Vorwärts" benutzten Handelsstatistik. Wenn wir die unter chinesischer Flagge fahrenden Schiffe bei feite lassen, so nimmt die deutsche Flagge in der That den zweiten Platz ein. Selbst Japan steht hinter dem deutschen Schiffsverkehr in den chinesi schen Häfen zurück und noch weit mehr die Vereinigten Staaten und Rußland. Von England freilich wird Deutschland weit übertroffen, unter den übrigen Nationen aber nimmt die deutsche Handelsflagge in Chinas Häfen den ersten Platz ein, so daß in der That die deutschen kommerziellen Interessen an der ostasiatischen Küste den zweiten Rang behaupten. Den Umfang deS deutschen Schiffsvetkehrs in den chinesischen Hänfen beleuchten einige Zahlen der deut schen Schiffahrtsstatistik: Außer dem Fernverkehr zwischen europäischen u. a. mit chinesischen Häfen wurden allein im Küstenverkehr zwischen chinesischen Häsen untereinander im Jahre 1897/98 von deutschen Schiffen 1091 Seereisen mit mehr al« einer Million Registertonnen gemacht; der gesamte Verkehr deutscher Schiffe zwischen ostasiatischen Häfen — ungerechnet den Verkehr zwischen Europa, Afrika und Westindien rc. einerseits und Ostasien anderseits — belief sich auf 2036 Seereisen mit 1,34 Millionen Registertonnen. Der Krieg in Südafrika. In England ist man über die Lage von Ladysmith nach wie vor in Unruhe. Obgleich das „Reutersche Bureau" ein Telegramm veröffentlicht, wonach die Buren am 9. d. MtS. auf allen Punkten zurück geworfen wurden und dabei 7- bis 800 Mann ver loren hätten, so macht doch in Militärkreisen die Er wägung am meisten Sorge, daß die entschlossenen Vorstöße starker Burenabteilungen gegen Estcourt und noch weiter südlich, sowie die Zerstörung der Bahn linien, insbesondere der Brücke bei Colenso, den Vor marsch der Entsatzkolonnen von Durban aus erheblich verzögern könnten, und schon jetzt geht das Gerücht, daß, entgegen den Meldungen über günstige Gesundheits verhältnisse, im Lager des General White der Typhus herrsche. DaS ostafrikanische Kabel, dessen Beschädigung vor kurzem gemeldet wurde, ist wieder hergestellt und heute fließen auch alsbald die Nachrichten wieder reich licher. Ob das mit dem Kabel zusammenhängt, oder ob gewisse militärische Bewegungen soweit entwickelt sind, daß die Zensur mit weniger Schärfe eingreift, entzieht sich der näheren Beurteilung. Vom nördlichen Kriegsschauplätze liegen zwei Meldungen „Reuters" aus Fort Tuli in Rhobesia vor, die über weitere Maßnahmen berichten, die der einflußreiche Häuptling Khama zu Gunsten der Eng länder gegen die Buren getroffen hat. Das Gerücht vom Tode Jouberts scheint die afrikanische Ueber- treibungSsucht aus einem Unwohlsein des Buren generals ausgebauscht zu Haden, und auch dnses Un wohlsein soll nach Nachrichten auS Lourenzo Marquez, die bis zum 10. November reichen, damals schon nahezu gehoben gewesen sein. Eine weitere Meldung aus Estcourt vom 15. d. MtS. bestätigt die Annahme, daß die Buren auf dem östlichen Wege gegen diesen Ort Vordringen, denn sie behauptet, die Buren hätten das 30 Km östlich von Estcourt am Busch- Lunst und Wissenschaft. Konzert. Gesprochene und gesungene Lieder hörte mm im vorgestrigen, von den Herren Victor und Willy Porth im Musenhause veranstalteten Konzerte, da« eine -roße Anziehungskraft auSgeübt und durch den Besuch Ihrer Kaiser!, und Königl. Hoheit der Frau Prinzessin Friedrich August eine besondere Auszeichnung erfahren hatte. Schon vor zwei Jahren bot sich in einem UebungS- abrnde de» Tonkünstleroerein« Gelegenheit, durch Ver mittelung des Komponisten und de« Hrn Waldeck die gesprochenen Lieder des Hrn. Theodor Gerlach kennen zu lernen, für die musikalisch vornehme Verwirklichung einer neuen und ohne Zw.ifel auch glücklichen künstlerischen Idee Interesse zu gewinnen und sich an der geschmack vollen, fesselnden Ausführung dieser Idee erfreuen zu können In gesteigertem Maße war dies vorgestern der Fall, da da» klangreiche, überaus modulationS- und trag fähige, die ganze Skala der Empfindungen in voll kommener Weise beherrschende Organ deS Hrn Willy Porth (zur Zeit in Weimar thätig) den Vorträgen der Gerlachschen Lieder und Melodramen ganz besonders zu statten kam Mit welch' feiner Charakterisierungskunst, mit welcher Wärme und Begeisterung des Ausdrucks »urden beispielsweise Fontanes „Grab Bismarck«", Rückert» „Blumenengel" und Stieler« „Eigene Wege" wiedergege'aen! Hierbei war die von Hrn Gerlach vor trefflich au«g«führte „Musik am Klavier" durch kurze «cordische und melodische Andeutungen oder durch längere Epiloden und Zwischenspiele an der Darlegung de« lyrischen Stimmung«gehalte« und de« poetischen Ge dankenganges der jeweiligen, durchweg sehr feinsinnig mahlten Dichtungen erfolgreich beteiligt In feinen »lo-Vorträgen (ohne Musik) wußte Hr Willy Porth namentlich durch die gemüt- und feelenvolle Wiedergabe der gedankenreichen Dichtung Halms „Was »u Muck" zu den Herzen dcr Hörer zu sprechen. — Hr. Viktor Porth brachte eine Reihe sorgfältig gewählter Gesänge von Schubert, Brahms, Schumann und neuerer Komponisten mit den bewährten Kennzeichen einer in gediegener Schule erworbenen Gesangskunst beifällig zu Gehör, doch schien der Künstler zu Beginn des Konzerte« durch eine leichte Indisposition an der vollen Entfaltung seiner schönen Mittel behindert zu sein. Wie eingehend sich Hr. Viktor Porth mit dem geistig.künstlerischen Inhalt der von ihm vorgetragenen Gesänge befaßt hatte, zeigte namentlich die Wiedergabe von Schumanns „Belsazar" (einem „ergreifenden Nachtstück voll Feuer und Leben"), der köstlichen „Mai- nacht" von BrahmS und de« Schubertschen eigenartigen Liede« „Die Stadt". In Hrn. Egon Petri hatten die Konzertgeber einen Begleiter am Klavier gesunden, von dem man im voraus überzeugt war, daß er sich bei selbst verständlicher Beherrschung der technischen Aufgabe die musikalischen Absichten der verschiedenen Tondichter, ihre künstlerische Empfindung«-, Auffassung«> und Ausdrucks weise vollkommen zu eigen gemacht haben würde. U. S. Heilkunde. Ueber die Behandlung der Gicht mit Elektrizität hat der französische Arzt Guillon, wie die Pariser „Nature" berichtet, neue und sehr erfolgreiche Versuche angestellt. Die Gicht wurde früher zu jenen Krankheiten gerechnet, die man al« diathetische bezeichnet, wa» soviel bedeutet, al« daß eine gewisse und ost erb liche Anlage zur Erweiterung der Krankheit vorhanden sein muß. Jetzt betrachtet man sie gewöhnlich als eine der Arten von Selbstvergiftung infolge de« Zurückbleibens der Ernährung einzelner Körperteile E« entstehen be sonders in den Gelenken Veränderungen der Gewebe, die von tiefgehenden Störungen der normalen Ernährung zeugen Wie schmerzhaft und auch folgenschwer die ein zelnen Gichtanfälle sein können, das ist leider genugsam bekannt Um solche Veranverungen in den Geweben zu bekämpfen, ist e« offenbar nötig, ihre Aufnahmefähigkeit den Nährstoffen gegenüber zu erhöhen und die Aus scheidung der giftigen Produkte zu bewirken AuS diesen Gründen behandelt man die Gicht außerhalb der eigent lichen Anfälle durch eine einfache und strenge Regelung der Körperthätigkeit, um besonders durch viele Bewegung die Funktion der Haut aufrechtzuerhalten und dadurch die Bildung von Harnsäure zu vermindern und die AuS- scheidung giftiger Stoffe zu begünstigen Nach Dr Guillon ist die elektrische Behandlung zur Erfüllung diese» Zweckes außerordentlich geeignet, indem sie die Ernährungsthätig- keit hebt und auf die Muskeln und andere Organe an regend einwirkt. Der französische Arzt benutzt starke kontinuierliche Ströme und Wechselströme von hoher Frequenz, um die Verlangsamung der Ernährung in den von Gicht befallenen Organen zu bekämpfen Dazu be- nutzt er den elektrischen Strom nicht nur an sich, sondern auch gewissermaßen als Transportmittel für ein besonderes Medikament, nämlich daS Lithium. Dieser Stoff hat die Eigenschaft, auf di« Harnsäuren Bildungen lösend einzu wirken Die eigentliche Behandlung geschieht dermaßen, daß da» kranke Glied, z. B. ein Fuß, in ein Porzellan becken mit einer zweiprozentigen Lithiumlöfung ge stellt wird. Da« Lithium zeigt gegenüber einem elektrrschen Strom da» Verhalts, vom negativen nach dem positiven Pol hinzuwandern Wenn nun der positive Pol eine» elektrischen Apparates mit der Lithiumlösung und der negative mit dem Rücken oder der Brust de» Patienten verbunden wird, so dringt da» wohlthätige Lithium mit dem elektrischen Strome von dem Bade au« in den Fuß ein und wandert durch den menschlichen Körper hindurch Die Dauer einer Sitzung beträgt 20 bi« 30 Minuten Da» Lithium bringt, wie gesagt, in den kranken Gelenken die harnsauren Verbindungen zur Lösung. Di« Ergebnisse dieser Behandlung sind sehr bemerkenswerte gewesen: akute Anfälle wurden rasch beseitigt, chronische Gelenkaffektionen besserten ftch nach drei tu« vier Sitzungen. Außerdem tritt auch eine wohlthätige Wirkung auf da« Allgemein befinden ein, sodaß die Anfälle hinausgeschoben werden, wenn sie auch nicht ganz unterdrückt werden können. * Ueber daS am vergangenen Sonnabend im Ber liner Deutschen Theater zum ersten Male in Scene ge gangene neue Schauspiel in vier Aufzügen von Max Dreyer „Der Probekandidat" lesen wir in der „Voss. Ztg." folgendes Urteil: Ta» Deutsche Theater hat nach einigen verlorenen Gefechten seine Reserven herangezogen. Hr Max Dreyer, der Erfolgfichere, hat den Erfolg wieder in» Hau« zurückgebracht. Beifall«salven riefen den glück- liwen Verfasser nach jedem Aktschlusse an den Vorhang, Beifallssalven unterbrachen das Spiel bei offener Scene E« wurde auch viel und mit voller Lungenkraft gelacht; da war behagliches Lachen in der Erinnerung an die selige Schulzeit, als eine richtige Lehrerkonferenz aus der Bühne tagte, gerührte» Lachen, wenn der Probekandidot seinem schmollenden Bräutchen ein paar spitze Küßchen abtrotzte, höhnische» Lachen, wenn Pedanten und Heuchlern bittere Wahrheit gesagt wurde. Das unberechenbarste Un geheuer, da« es giebt, da« Publikum, befand sich von An fang bi« zu Ende in der ausgezeichnetsten Laune, ungefähr in der Verfassung eine« Menschen, der ein paar Bände „Fliegende Blätter" und „Gartenlaube" mit großem Be- Hagen durchblättert. Diese beiden Arten von Littcratur gab Hr Dreyer, und zwar reichlich, mit der mühelos zu- ftrömenden Erfindung, die sein Talent au-zeichnet Sein Witz schafft eine Reihe von höchst erheiternden, lehr leben digen, wie im scharfen Holzschnitt geprägten Karikaturen, seinen Ernst legt er in einer etwa» unzusammenhängend«» Folge von ebenso anerkannten, wie unwiderleabaren Wahr heiten nieder, aber er hat den Geschmack, sie kurz abzu fertigen, um schnell wieder zu dem spaßigen al« zu dem weitau« gesunderen und kräftigeren Teile seine« Wesen» zu kpmmen. Max Dreycr spricht zwei Sprachen, eine
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