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Dresdner Journal : 02.10.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-10-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189910026
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18991002
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18991002
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-10
- Tag 1899-10-02
-
Monat
1899-10
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 02.10.1899
- Autor
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vez«i»pret». Für Dresden vierteljährlich: 4 Mark so Pf., bei den Kaiser lich deutschen Postanstalte» vierteljährlich »Mark; außer halb des Deutschen Reiche- Post- und Stempelzuschlag. Einzelne Nummern. 10 Pf. Erscheinen: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abends. Sernspr.-»nschluß:Nr ISSS. Dresdner M Journal. AnkündtgungSgebühren: Für den Raum einer gespal tenen Zeil« kleiner Schrift S0 Pf. Unter „Eingesandt" die Zeile so Pf Bei Tabellen- und Ziffernsatz entsprechender Ausschlag. Herausgeber: KSnigliche Expedition de- DreSdner Journal- Dresden, Zwingerstr. SV. Fernspr-Anschluß: Nr. 1S»L. ^229. Montag, dm 2. Oktober abends. 1899. Bestellungen auf das „Dresdner Journal" für dar IV. VisntsIZskn werden in Dresden bei unserer Geschäftsstelle (Zwinger- straße 20) sowie in der Hofmusikalienhandlung von Adolf vraner (F. Plötner), Hauptstraße 2, zum Preise von 2 na. so i»-. angenommen. Bei den Postanstalten des Deutschen Reichs be trägt der Bezugspreis für diese Zeit 2 na. In der näheren und weiteren Umgebung Dresdens gelangt das „Dresdner Journal" noch am Abend zur Ausgabe. So in den Ortschaften des oberen Elb- thales bis Schandau, in denjenigen der unteren Llbthales bis Meisten und in den an der Tharandter und Radeberger Linie gelegenen Orten. Wo in den vorgedachten Orten die Blätter den Beziehern nicht mehr zugetragen werden, wollen sich letztere mit der Post wegen AbholenS ins Einvernehmen setzen. Geschäftsstelle der Dresdner Journals. Amtlicher Teil. Dresden, 29. September. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, dem Amtsgerichts diener Johann Ernst Sprung! in Neusalza bei seinem Uebertritte in den Ruhestand das Allgemeine Ehren zeichen zu verleihen. Mit Allerhöchster Genehmigung Sr. Majestät des Königs ist der Baurath bei der StaatSeisenbahn- Lerwaltung Edlinger in Pirna in den Ruhestand versetzt worden. Se. Majestät der König haben Allergnädigst zu genehmigen geruht, daß der Direktor der Forst akademie zu Tharandt, Geh. Forstralh Professor vr. Neumeister das ihm von Sr. Majestät dem Könige der Hellenen verliehene Offizierskreuz des König!. Griechischen Erlöserordens annehme und trage. Freistellen im Annastifte zu SchweikerShain. In dem Annastifte zu SchweikerShain bei Wald heim finden konfirmirte Mädchen aus ländlichen Familien Unterricht in Haushaltungsarbeiten, weib lichen Handarbeiten und in Fortbildungsfächern. Der Unterricht beginnt Ostern und dauert in der Regel ein Jahr. Die Aufzunehmenden dürfen nicht unter 15 und nicht über 22 Jahre zählen, sie müssen ge sund und kräftig sein. Blutarme Mädchen pflegen den körperlichen und geistigen Anforderungen der An stalt nicht gewachsen zu sein. Das Ministerium des Innern, welches die den Zöglingen des Stifts gebotenen Vorteile weiter zu gänglich machen und zu gleichem Vorgehen an anderen Orten anregen möchte, wird für vier dazu geeignete, würdige und bedürftige Mädchen aus verschiedenen Landestheilen das Unterrichts- und Pfleggeld auf ein Jahr von Ostern 1900 ab bezahlen. Bewerbungen um eine dieser Stellen sind bis zum 15. November dieses Jahres „an die Leitung des AnnastiftS, Herrn Pfarrer Rost in SchweikerShain bei Waldheim" schriftlich zu richten und zwar unter Bei fügung: 1) eines Taufscheines, 2) - Impfscheines, 3) - Konfirmation-scheineS, 4) . ärztlichen Gesundheitszeugnisse-, 5) - vom Ort-geistlichen ausgestellten Zeug ¬ nisses über daS sittliche Wohlverhalten der Bewerberin, 6) - Zeugnisses der Gemeindebehörde über die Bedürftigkeit der Bewerberin. Dresden, am 30. September 1899. Ministerium des Innern. v. Metzsch. Ernennungen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. 3« Geschäftsbereiche derGeneralbtrektton »er KSnt«- lichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft. Be fördert: der zeitherige Aufseher bei den König! Sammlungen Anton Kowal-ki zum Oberaufseher bei der Gemäldegalerie. Am «eschästsbereiche be» Ministerium» »e» Inner«. Bei der Polrzeidirektion zu Dresden. Pensioniert: Stadtgendarm Hornig.— Entlassen aus Ansuchen: Etadt- gendarm Ullmann. — Angestellt: Wachtmeister Krause, Sergeant Hirsch und Feldwebel Bahrdt al-Stadtgendarmen. Bei dem Landgendarmerie-Korp-, Verstorben: Gendarmerie-Brigadier Zeugfang in Mügeln, Bez Dresden. — Pensioniert: Obergendarm Enßlinger in Großenhain, Gendarm Schulze VI in Olbersdorf, Altmann in Groß schirma, Dörfel in Mügeln, Wächtler in Schönbach und Jacob in Hartmannsdorf. — Angestellt: Stadtgendarm Karisch als Gendarm in Brigade Groitzsch, Stadtgendarm Jericho al» Gendarm in Brigade Lichtenstein-Callnberg, Bice- feldwebel Hamann al- Gendarm in Brigade Frriberg-dorf, Biceseldwebel Priever als Gendarm in Brigade Mülsen Et. Jacob, Vicewachtmeister Büschel al- Gendarm in Brigade Zwickau-Pölbitz, Feldwebel Schmidt al- Sendarm in Brigade Weißer Hirsch, Biceseldwebel Rudolph al- Gendarm in Bri gade Potschappel und Wachtmeister Diener al- Gendarm in Brigade Kappel. — Besördert: Gendarmerie-Brigadier Hart man» in Abtnaundorf zum Obergendarm in Großenhain. Gendarm Hirschberg in Leuben zum Gendarmerie-Brigadier daselbst, Gendarm Abriel in Wurzen zum Gendarmerie- Brigadier in Abtnaundorf und Gendarm Silbermann in Frankenberg zum Gendarmerie-Brigadier in Mügeln, Bezirk Dresden. — Versetzt: Gendarm Kaps von Prießnitz nach Wurzen, Schönherr von Brigade Groitzsch nach Prießnitz, Bahr von Einsiedel nach Radeburg. Hähnel II von Flöha nach Einsiedel, Kretzschmann von Brigade Lichtenstein-Calln berg nach Flöha, Berger VIII von Reinsdorf nach Mügeln bei Oschatz, Zimmer von Cunewalde nach Reinsdorf, Kühne I von DornhennerSdorf nach Cunewalde, Schmidt von Brigade FreibergSdorf nach Dornhennersdors, Zocher von Brigade Mülsen St. Jacob nach Schönbach, Fabian von Brigade Zwickau-Pölbitz nach Olbersdorf, Becher von Schandau nach Großschirma, Berger IX von Eohland a. d. Spree nach Schandau, Süß I von Brigade Weißer Hirsch nach Sohland a. d. Spree, Baumgärtel II von Niedersohland a. Rothstein nach Frankenberg, Adler II von Brigade Potschappel nach Niedersohland a. Rothstein, Börner von Brigade Kappel nach Hartmannsdorf. Im Geschäftsbereiche de» Ministeriums VeS Kultus und öffentlichen Unterrichts. Erledigt: die zweite ständige Lehrerstelle zu Liebethal. Kollator: daS König! Ministerium de» Kultus und öffentlichen Unterrichts zu Dresden Die Stelle gewährt außer sreier Wohnung im Schulhause mit Garten ein Jahreseinkommen von 1200 M, 72 M für die Fortbildungsschule, 36 M. für Turnunterricht, 60 M. für Orgelspiel bei Lesegottesdiensten und Vertretung des Kirch. schullehrerS und gegebenen Falls St M. der Frau des Lehrers für den Unterricht in weiblichen Handarbeiten Gesuche sind an den Kollator zu richten und bis zum 18. Oktober an den König!. BezirkSschulinspektor zu Pirna, Schulrat Lehmann, ein zureichen; — die zweite ständige Lehrerstellt in Großvoigts- berg. Kollator: die oberste Schulbehörde. Einkommen: 1000 M Grundgehalt, 200 M. persönliche Zulage bi» zur Neuregulierung der Lehrergehälter, IlS M. sür Ueberstunden, lOS M. Holzgeld sür Heizung der Lehrzimmcr, 20 M. Holz geld für Heizung des Nähzimmer» und 40 M. sür Abhaltung de» Gottesdienstes in dasiger Schule, sowie freie Wohnung mit Gartengenuß. Gesuche mit Zeugnissen bis in die neueste Zeit sind bi- zum 18. Oktober bei dem König!. BezirkSschulinspektor Schulrat 1>r. Winkler in Freiberg einzureichen. Nichtamtlicher Teil. England und Transvaal. Die südafrikanische Krisis wird mit jedem Tage schlimmer. Die Dinge haben sich bi- zu dem Punkte entwickelt, wo jeden Tag die Sprache der Kanonen der Diplomatie daS Wort adschneiden kann. Die fieberhaften Rüstungen und Truppenansammlungen auf beiden Seiten bekunden, daß man auf die diplo matischen Verhandlungen wenig Gewicht mehr legt. An der Grenze von Natal beeilen beide Parteien ihren Aufmarsch, und eS scheint, als sollte der erste Zusammenstoß in dem nämlichen Gebiete erfolgen, in dem die Engländer vor achtzehn Jahren eine ent scheidende Niederlage gegen die Buren erlitten. Es fragt sich fast nur noch, ob englischerseits, nach Ein treffen von Verstärkungen, die Offensive ergriffen wird oder ob die Buren, die augenblicklich bereiter zum Schlagen sind, dem Gegner durch einen Vorstoß auf Natal zuvorkommen werden. Mit letzterem Falle rechnet man schon in London, wie die letzten Depeschen besagen. Warum streiten Engländer und Buren in Süd- Afrika? Diese Frage sucht die „Köln. Ztg." möglichst objektiv zu beantworten, indem sie u. a. folgendes ausführt: Wenn man sich die verschiedenen Streilpunlte vergegen wärtigt, so wie sie in dem wiederholten Depeschenwechsel zwischen den beiden Regierungen Ausdruck gesunden haben, so sieht man im Grunde nicht rin, weshalb bei gegenseitigem guten Willen darüber keine Verständigung erzielt werden könnte, und daraus, daß die Verständigung gescheitert ist, darf man den Schluß ziehen, daß die Kernfrage des Streue» unausgesprochen in den Coulissen geblieben ist. Diese Kern frage besteht zweifellos nach Meinung der Buren in dem englischen Bestreben, die Unabhängigkeit der afrikanischen Burenstaaten zu brechen und sie dauernd unter daS Joch Englands zu beugen. Da- ist der Grund, weshalb Präsident Klüger immer wieder daraus zurückkommt, daß der Vertrag von 1884, der daS Verhältnis Großbritanniens zur Süd afrikanischen Republik geregelt hat, nicht nur von den Buren, sondern auch von England zu achten sei. Dieser Londoner Vertrag vom 27. Februar 1884 ist zweiselloS, darin ist den Buren beizustimmcn, an Stelle dcS Vertrages vom Jahre 1881 getreten, d. h. er hat das im Vertrage von 1881 enthaltene Wort Suzeränität unterdrückt, hat die bi» 1884 noch sehr weit gehenden Befugnisse eines britischen Residenten in Pretoria auf die eine- Konsularbeamten eingeschränkt, hat da» Recht England», in gewissen Fällen Truppen in Tran»vaal einrücken zu lassen, aus gehoben, und hat ausdrücklich die englischen Einspruchsrechte in die Staatsangelegenheiten Transvaals laut Art. 4 aus den Abschluß von Verträgen der Republik mit andern Staaten — mit Aus nahme des Oranjesreistaates — und einheimischen Stämmen begrenzt Macht die britische Regierung binnen einer Frist von sechs Monaten keine Einwände gegen einen solchen Vertrag, so wird er rechtskräftig. Somit folgern die Buren mit Recht, daß England sich in ihre inner» Angelegenheiten nicht zu mischen habe und daß deshalb die Forderungen zu gunsten der Stellung der Ausländer in ihrem Staate einen Uebergriff Englands be deuteten. Aber diese in der Theorie vcrsechtbare Ansicht der Buren hält in der Praxis nicht stand. In ihrem Staatswesen haben die Ausländer nach Zahl, Besitz, Bildung und Einfluß eine Stellung gewonnen, die ihren Anspruch aus gewisse Rechte um so mehr begründet, als die Verwaltung der Buren nicht- weniger als einwandssrei rst und als eben die Ausländer und die von ihnen geschaffene Industrie dir Hauptcinnahmequrllen des Landes darstellen, daS nicht die Buren, sondern die Fremden zu dem gemacht haben, was eS heute ist. Hätten Krüger und seine Landsleute sich den Raub- embruch Jamesons als eine gute Lehre dasür dienen lassen, wessen sie sich von diesen Ausländern zu versehen haben, hätten sie ihnen damals großmütig als Sieger bewilligt, was ihnen srüher oder später doch abgezwungen werden wird, hätten sie den Ausländern, statt deren Stellung noch mehr zu be schneiden und zu verklausulieren, dieselben Rechte eingeräumt, die die Holländer am Kap genießen, so wäre ihnen vermutlich die der Entrüstung über den Jam«so»schen Bubenstreich ent sprungene Sympathie Europas erhalten geblieben. Freilich kann man sich nicht der Ansicht verschließen, daß die Bc- Lunst und Wissenschaft. Resideuztheater. Am 30 v MtS: „Zaza", Sittenbild in fünf Aufzügen von Pierre Berton und Charles Simon. Für die deutsche Bühne bearbeitet von Bolten-Baeckers. (Zum ersten Male.) Am vergangenen Sonnabend wurde dem hiesigen Theaterpublikum durch das Gastspiel der Frau Helene Odilon vom Deutschen Volkstheater in Wien die Be kanntschaft de» vielgenannten französischen Sensation«- schruspiel« „Zaza" vermittelt. Die Kritik hat diesem auf «ine einzige Prraderolle zuzeschnittenen Stücke gegenüber denselben schweren Stand wie bei der ihm geisteS- rerwandten „Kameliendame" oder „Odette". Das große dramatische Können, da» sich in Einzelheiten dieser Werke au-prägt, der sichere Blick für Bühnenwirkungen, den die Duma», Sardou und Berton-Simon besitzen, verdienen volle Würdigung und rückhaltlose Anerkennung; betrachtet man jedoch die Dichtungen nach dem künstlerischen Ernst in ihnen, nach der inneren Wahrheit der Handlung und nach der Größe der geschilderten Charaktere, so wiegen sie federleicht gegenüber dem Gedankenreichtum und der poetischen Gestaltungskraft, die die gleichzeitigen Werke unserer nationalen Dichter erfüllen Berton- Simon» „Zaza" zeigt wie die „Kameliendame" oder .Odette" in charakteristischer Beleuchtung, wa» die fran zösischen Dramatiker mehr al» innere Wahrheit und poetische Notwendigkeit schätzen: die sensationelle Zu spitzung einer Handlung, den Patchoulihauch de» Courti- sanentum», geistvolle» Episodenwerk und den blendenden Prunk von Dekorationen und Kostümen — alle» Dinge, die den Geist unterhalten, die Luge und Ohr fesseln, nur nicht Konsequenzen, die die Seele fassen, die poetisch zu läutern vermöchten, nur nicht Konflikte, die energisch zu einer echten dramatischen Lösung hinführen könnten In dem Stttentuld „Zaza" sehen wir Vre Marguente Gauthier de» jüngeren Dumas al« Diva eines Provinz tingeltangels, den Armand als Weinreisenden Dufresne wieder; sie hat auf der Seelenw,nderunz eigentlich nichts als einen anderen Namen erhalten, er hat das bischen Eoelsinn und moralische Reinheit verloren, das er als junger Student und Marguerites Geliebter besaß In der „Kameliendame" war der DufreSne der „Zaza" noch der innerlich unverdorbene, von der moralischen Fäulnis der Zeit nicht ergriffene Jüngling, der der Ver lorenen in ihrer Sterbestunde den Himmel sichern konnte; in „Zaza" ist er die Personifikation der bst« kumsins gewor den, die da« Weib, da» sich ihm mit der ganzen Inbrunst und dem blinden Vertrauen echter Liebe zu eigen gab, höchst unsanft au» allen Himmeln stürzt. Er hat Zaza, die, al» sie ihn zuerst sah, ihr Schicksal entschieden wußte, die ihn mit ver wilden, berauschenden Glut jener Wesen liebte, die nicht nach Rechten, Gesetz und Macht fragen, die jauchzend der Schande sich preisgeben für eine karge Stunde schrankenlosen Glücke» — er hat ihr ver schwiegen, daß er Weib und Kind besitzt Das würde an sich in nicht« da» Glück eine« solchen Wesen« stören, und Zaza bestätigt diese Wahrheit auch durch wiederholte Hin weise darauf, daß eine Frau nie so sehr an ihren Gatten gefesselt sein könne, daß er sich nicht auf irgend eine Weise von ihr befreien könnte Aber er hat sie betrogen in ihrem Glauben an seine Liebe. Er hat gewagt, sie Dirne zu nennen, al« sie, um seine Liebe zu ihr auf die Probe zu stellen, ihm vorgelogen hat, daß sie seiner Gattin alle« erzählt habe, wa« sich zwischen ihnen ab gespielt habe. Da« kann sie nicht verzeihen. Sie vermag nach den Moralsätzen, in denen sie groß geworden ist, wohl zu begreifen, daß man eine Gattin, aber nicht, daß man eine Geliebte betrügen kann So scheidet sie von ihm in dem Bewußtsein, rechtgehandelt zu haben, und weist standhaft einen drei Jahre später erfolgenden An- näherung«versuch DufreSne« zurück, um sich ungetrübt die Erinnerung an ein große« versunken»« Glück zu dewahr.n — In ihrer Art wirkt die Apotheose der Bajaderenliebe in „Zaza" ebenso unmittelbar wie in der „Kamelien dame", und der leichtempfängliche Franzose wird immer geneigt sein, da« Unbefriedigende de« Gesamtbilde« zu übersehen über den feinbeobachteten Einzelzügen, wie zum Beispiel dem, als Zaza der Gattin Dufresnes gegen übersteht und hier in einer kindlich reinen Wallung der Nebenbuhlerin den Verrat verschweigt, den ihr Geliebter an Weib und Kind begangen hat. Wir Deutschen freilich denken ander« in dieser Beziehung; uns ersetzen eine oder einige raffiniert «»»geklügelte sentimentale Scenen nicht den allgemeinen Mangel an seelischem Gehalt eine« Stückes, und virtuose Technik vermag nicht, un« über die abgestandene, dumpfe Lasteratmosphäre hinwegzutäuschcn, in der sich die hier geschilderte Resignation, der hier glorifizierte Edelmut bewegen. Für uns Deutsche wird die gänzlich undeutsche Verherrlichung de« Courtisanen- tums nie eine dichterische That bedeuten, sondern stet« nur eine schauspielerische. Daher werden Stücke wie „Zaza" oder wie die „Kameliendame" und ähnliche in Deutschland mit alleiniger Ausnahme vielleicht von Berlin, wo diese Sumpfgewächse allenfalls lebensfähigen Boden finden, nie Repertoirkraft erlangen, sondern stet» nur für reisende Schauspielerinnen von Ruf bereitgestellt werden; ein längeres Leben als da« von einer Woche wird „Zaza" in Dresden schwerlich haben; dafür aber bleibt dem, der vor Jahren das Schicksal der Marguerite Gauthier mit Anteil aus der bretternen Welt versolgte, die Hoffnung, daß er ihr in Jahr und Tag in dritter Generation vielleicht als Kolombine einer wandernden Komödiantentruppe auf der Bühne wiederbegegne Frau Odilon spielte, wie bereits erwähnt wurde, die Titelrolle. Zwei Seelen, eine französische und eine deutsche, wohnen, da« bewies die Künstlerin im ersten, mit rasfi- nierter Technik einen Einblick hinter die Coulissen eines Variötötheater« und zugleich in da» Ankleidezimmer einer willigung der Forderungen der Ausländer dir allmähliche Verdrängung der Buren von den Futterkörben und dem Einfluß im Staate überhaupt zur Folge gehabt hätten, sodaß sich dann voraussichtlich auf friedlichem Wege der selbe Prozeß vollzogen hätte, dessen Ziel nunmehr mit einem Schlage durch daS Schwert erreicht werden soll. . . . Die Buren finde» jetzt nur noch das letzte und äußerste Mittel der Selbsterhaltung: den bewaffneten Widerstand. Im Vertrauen aus ihre sichern Büchsen und flinken Rosse wollen sie die Ein dringlinge in die See weisen Sie werden sich in diesem Ver trauen vermutlich täuschen, denn nach menschlichem Ermessen wird auch in diesem Ringen die höhere über die niedrigere Kultur, die Kunst über die Natur, die überlegene Taktik und Technik über den Instinkt und dir militärische Tüchtigkeit de» einzelne» den Sieg davontragen. Wenn die Entwickelung der Dinge mit historischer Notwendigkeit also ihren Verlauf nehmen muß, so hindert daS weder, daß man überall in der Welt dem TodeSkampse der tapferen germanischen Bauernvölker mit un verhohlener Sympathie folgt, noch daß die einzelnen Etappen des Kampfes Ueberraschungcn bringen, die auch auf England und seine Weltstellung zurückwirken könnten. Indessen, da sind Geheimnisse der Zukunft, mit denen heute noch nicht ge rechnet werden kann und mit denen auch niemand seine Rech nung zu machen sucht, denn e- ist gewiß, daß ganz Europa sich in dem Wunsche vereinigt, den Krieg noch in letzter Stunde vermieden zu sehen. Lohnend ist es, mit dieser Auslassung die eine- andern deutschen Blatte-, der „Nat.-Ztg", zusammenzustellen, worin ein allgemeinerer politischer Standpunkt eingenom men ist. Auch die „Nat.-Ztg." betont, daß, wenn e- sich bloß um eine genau begrenzte Streitfrage zwischen den beiden Parteien, um ein Mehr oder Weniger von Reformen in der Burenpolitik, ein Mehr oder Weniger von Dreinreden de- mächtigen englischen Nachbars in die Uitlander-Angelegenheiten handelte, die Welt zwar bedauern würde, daß kein friedliches Einvernehmen sich ermöglichen ließ, sie aber im übrigen sich über den Aus gang des Kampfes wenig aufregen würde. „Indem sie dies aber thut, bekundet sie, daß nach ihrer Ucber- zeugung dem südafrikanischen Konflikte eine weit größere und umfassendere Bedeutung zukommt, als eS nach dem Streitgegenstand scheinen könnte." Das Blatt fährt dann fort: Daß es Englund um erheblich mehr zu thu» ist, als au die schwerfälligen Buren einen, wenn nötig, auch bewaffneten Druck behusS innerer Reformen zu üben, ergiebt sich schon au» dem Ereignis, daS den Ausgangspunkt der gegenwärtigen Ver wickelung bildet, auS dem Zuge Jamesons um die Wende der Jahre i8Sb/S6. Wer nicht» weiter beabsichtigt, al» eine» kulturell etwas zurückgebliebenen schwächeren Nachbar zur Einführung zeitgemäßerer Einrichtungen zu veranlassen, der be ginnt sicherlich nicht damit, daß er ihm eine bewaffnete Räuber bande in» Land schickt. Dieses Ereignis war eS, das die Buren mit begreiflichem Mißtrauen gegen alle Reform vorschläge Englands erfüllte und den diplomatischen Be mühungen dieser Macht, auch wenn sie von allen Hinter gedanken frei gewesen wären, von vornherein die größten Schwierigkeiten bereitet hätte. Dasselbe Ereignis war e» auch, welches das gesamte Burenelement, den Oranjefreistaat und die Afrikander im englischen Südafrika ausrütteitc und ihnen zum Bewußtsein brachte, daß ihr Interesse mit dem der Südafrikanischen Republik ein und dasselbe sei, da ihnen allen vom Angelsachsentum die nämliche nationale Gefahr drohe. Für die gegenwärtige englische Regierung lag in dem gleichzeitigen Besitz Aegyptens und des Kaplandc» eine große Versuchung. Ein maßgebende» Wort spricht in dieser Re gierung Chamberlain, der alte Imperialist und Prophet der Idee von Greater Britain. Ihn ließ der Bedanke nicht schlafen, ganz Afrika oder, wenn die» in absehbarer Zeit un- thunlich wäre, wenigstens den ganzen Osten diese-Erdteil», so weit irgend erreichbar, zu einer zusammenhängenden englischen Besitzung umzugestalten. Da ist eS begreiflich, daß ihm die Burenrepubliken im Wege liegen, und daß er sie je eher desto lieber im englischen Gebiet aufgehen lasten möchte. Ihm erscheint die Zeit gekommen, wo zugreifen muß, wer bei der Teilung der Erde nicht zu kurz kommen, wer seinem ButdehnungSbedürsni» keine Fesseln anlcgen lasten will. Welch' gewaltige Deckung des indischen Kolonialreich» müßte der Besitz Ostasrika» vom Eingänge des Suezkanals bi- zum Kap schaffen! Gleichzeitig aber ist Transvaal da» erste Goldland der Erbe geworden, und gewaltige englische Geschäfts, und SpekulationSintrressen sind dort im Spiele. Die dabei interessierten Elemente standen mächtig treibend hinter dem englischen Kolonialminister, und Transvaal war ein schwaches Land; den Oranjefreistaat brachte man überhaupt nicht in Anschlag Weshalb also nicht den 188t und 1884 begangenen Fehler korrigieren? Aber die Rechnung, welche Lord Salisbury und Chamberlain anstellten, Brettldiva gewahrenden Alte, nicht in ihrer Brust. Die realistische Derbheit, in der hier die Zazagestalt gezeichnet ist, wurde durch da« Spiel der Gästin leider nicht nur nicht auf ein künstlerisches Maß herabgemildert, wie e« zweifellos durch die Röjane, die typisch gewordene Zaza vertreterin, geschehen wird, sondern sogar mehr al» not wendig betont. So kam e«, das; die Scenen, in der Zaza zuerst DufreSne begegnet und ihn an sich zu locken versucht, ziemlich robust «»«fielen und wenig von der leichten Grazie und dem Chic der Pariserin erkennen ließen trotz mancher gelungenen Einzelzüge, z B dem prächtigen ersten Ab gang von der markierten Bühne. Dafür wuchs die Dar stellerin von Scene zu Scene von dem Augenblicke an, wo sie das liebende, glückliche, schmerzzerriffcne und end lich resigniert entsagende Weib verkörperte. Für olle diese Phasen des Seelenlebens fand sie überzeugende Töne und ein unmittelbar wirkendes, packende« mimische« AubdruckS- mittel, eine quellende GesühlSsteigerung, die bestimmend auf den Gesamteindruck de« Werke« einwirkte Bedeu tender und nachhaltiger würde dieser Eindruck noch ge wesen sein, wenn Hr. Julius Nasch als DufreSne rm Zusammenspiel mit der Gästin darstellerisch mehr au« sich herauSgegangcn wäre Er, der uns in der vorige» Winterspielzeit, z B. al» Pierre Clömenceau, wiederholt Proben tüchtigen schauspielerischen Können» gegeben hat, verhielt sich merkwürdig kühl und reserviert, auch war er äußerlich so wenig Pariser Lebemann, daß die von seiten Zara-Odilon« an ihn verschwendete Glut wenig gerecht fertigt erschien Besser unterstützt wurde Frau Odilon durch unseren vielgewandten und überall, wo er beschäftigt ist, trefflichen Hrn Karl Witt Er traf im ersten Akte ebenso sicher den leichten Ton, den hier die Dichter dieser Figur gegeben haben, wie später den Ausdruck warmer Anteilnahme an dem Geschicke Zaza«. Die prächtige Type der Chansonnettenmutter Anal« mit der trefflichen Artisten- moral und dem noch trefflicheren Appetit auf gebrannte Wasser wurde von Frau Gerda Hermany-Benedix
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