Volltext Seite (XML)
Paul Hindemiih Der am 16. November 60 Jahre alt werdende Hindemith erfährt zu seinen Leb zeiten eine Reihe von Ehrungen aus aller Welt, die die Wertschätzung bezeugen, die man heute schon allerorts seinem Schaffen entgegenbringt. Zu Beginn der 20er Jahre unseres Jahrhunderts tauchte sein Name meteorgleich am Komponistenhimmel der Zeitgenossen auf. Aber während andere Namen meteor gleich wieder verschwanden, stellte sich doch bald heraus, daß Hindemith ein wirklicher Stern war, der sich zu erster Größe entwickelte. Hindemith ist heute amerikanischer Staatsbürger. Er wurde dies leider in der Folge der Behandlung, die ihm der deutsche Faschismus antat. Hindemith mußte emigrieren und ging zunächst in die Schweiz, dann nach den USA. Aber wie wir Händel immer als deutschen Komponisten auffassen, obgleich er in England in der Westminster- abtei aufgebahrt liegt und als englischer Nationalkomponist gilt, so wird für uns Hindemith immer ein deutscher Komponist bleiben. Er lebt jetzt als Universitäts professor in Zürich, von wo er Reisen als Dirigent vorwiegend eigener Werke in alle Teile der Welt unternimmt. Man verlieh ihm vor kurzem den Sibelius-Preis, also in dem Jahre, in dem der Namensgeber dieses Preises ebenso wie Hindemith selbst ein Geburtstagsjubiläum feiert. Wie sehr viele von Hindemiths Werken ist auch sein Konzert für Holzbläser, Harfe und Orchester aus einem bestimmten Anlaß für einen bestimmten Klangkörper komponiert worden. Der klar umrissene Auftrag hat Hindemith beflügelt — und Aufträgen verdanken wir deshalb eine Reihe seiner besten Werke. Hindemith schrieb das Konzert 1949 für die Columbia-Universität von New York. Das Werk ist dreisätzig. Vier Holzbläser: Flöte, Oboe, Klarinette, Fagott und eine Harfe stehen einem nicht voll besetzten Orchester von fünf Blechbläsern und dem gesamten Streicherkorps gegenüber. Der erste Satz bringt im Tutti (dem Orchesterganzen) einen prägnanten Gedanken, mit dem dieser Satz auch wieder abschließt. Dazwischen entwickeln sich längere Episoden reinen Konzertierens der Solisten, reizvoll in der Farbe und wirkungsvoll in der spielfreudigen Haltung dieser ganz schwerelos gemeinten Musik. Mit großem kontrapunktischen Können werden verschiedene melodische Einfälle abgewandelt. Der zweite Satz ist recht graziös und von einer Heiterkeit getragen, die jeder Grobheit abhold ist. Der Schluß satz, ein Rondo, wird von einem grotesken Einfall Hindemiths erfüllt. Er läßt, inmitten des polyphonen Getümmels, durch die Klarinette die Melodie des Hoch zeitsmarsches von Felix Mendelssohn-Bartholdy blasen, die sich in ihrer tonalen Gebundenheit etwas fremd in der sonst harmonisch viel freier gehaltenen Musik ausmacht. Das Konzert zeugt von einem witzigen und liebenswerten Hindemith. Nieolo Paganini Der Hexenmeister aller Geigenvirtuosen, dessen Name als Solist heute noch eine Art magischen Zaubers ausübt, so daß man bei einigen Geigern von Weltruf von einem zweiten Paganini spricht, war trotz aller ihn umwitternden Dämonie und der legendarischen Satanik auch ein hochbegabter Komponist. Natürlich schrieb er vor allem für sein Instrument. Sein 1. Violinkonzert, op. 6, komponierte er 1811. Es ist dreisätzig. Mit einer maje stätisch schnellen Einleitung beginnt der 1. Satz. Das 1. Thema der Solovioline wird gleich höchst virtuos umspielt und abgewandelt. Das 2., diesmal sehr aus drucksvolle Thema geht nach kurzer Zeit ebenfalls ins Virtuose über, wobei sich Terzen- und Sextenketten ablösen, Dezimengriffe keine Seltenheit sind, Passagen über alle Saiten hinwegstürmen und drei- und vierstimmige Akkorde gewisser maßen zum alltäglichen Brot gehören. Der 2. Satz entfaltet eine sehr intensive Ausdrucksgewalt. Ein ungemein geistvolles und übermütiges Rondo schließt wir kungsvoll ab. Hierin scheint der Technik keine Grenze mehr gesetzt zu sein.