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Dresdner Journal : 07.08.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-08-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189908079
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18990807
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18990807
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-08
- Tag 1899-08-07
-
Monat
1899-08
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 07.08.1899
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Bezugspreis: Für Dre-den vierteljährlich; 2 Mark 50 Ps, bei den Kaiser« lich deutschen Postanstalten vierteljährlich 3 Mark; ausser halb des Deutsche» Reiche- Post- und Stcinpclzuschlag. Einzelne Nummern: 10 Pf. Erscheinen: Täglich mit Au-nahme der Sonn- um, Feiertage abend-. Fernspr.-Anschlub:Rr1SV5. dresdner Journal. AntündigungSgeSühren: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift 2V Ps Unter „Eingesandt" die Zeile so Ps. Bei Tabellen- und Zissernsatz entsprechender Ausschlag. Herausgeber: Königliche Expedition de- Dresdner Journals Dresden, Zwingerstr. 20. Fernspr -Anschluß: Nr. M181 Montag, den 7. August abends. 1899. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Oberschaffner bei der Staatseisenbahn- verwaltung Keller in Chemnitz das Albrechtskreuz zu verleihen. Sraeunuvge«, Versetzungen rc. tm öffentlichen Dienste. Im Geschäftsbereiche des Ministeriums der Justiz. DaS von dem Rechtsanwalt Heinrich Richard Haupt, bisher in Schöneck, bekleidete Amt eines Notars ist durch Nieder legung und Feststellung nach 8 69 der Notariatsordnung vom S. September 1892 erloschen. Im Geschäftsbereiche beS Miutstertum» der Finanzen. Bei der fiskalischen Straßen- und Wasserbau-Verwaltung sind ernannt worden: Riesch, zeither Dampsbaggerbootssllhrer, als Strommeister in Meißen; Leidhold, zeither Vizefeldwebel der2.Comp Pionier-BatS. Nr. 12, als Dampsbaggerbootssllhrer in Dresden; Schönbeck, zeither Militüranwärter, als Straßen- bauausseher in Dresden. Beider Postverwaltung sind ernannt worden: Nord mann, zeither Postpraklikant, als Postsekretär im Bezirke der Kaiser!. Ober-Postdirektion Dresden; Telling, Gärtner, als Postagent in Breitingen. Im Geschäftsbereiche de- Ministeriums de- Kultu- nnd öffentliche« Unterricht-. Erledigt: eine ständige Lehrerstelle an der Schule zu Brunndvbra bei Klingenthal. Kollator: die oberste Schulbehörde. Einkommen einschließlich WohnungSgeld 1400 M und bi» auf weiteres 180 M. für L Ueberstunden. Vom 1. Januar 1900 ab tritt eine Gehalts staffel mit 3000 M Höchstgehalt in Kraft. Gesuche mit allen erforderlichen Unterlagen bis zum 2S. August d I. an den König!. Bezirksschulinspektor Schulrat vr. Bräutigam in Auerbach i. Boigtl. — Zu besetzen: 1) die dritte ständige Lehrerstelle zu Großrückerswalde. Kollator: die oberste Schulbehörde. Einkommen: 10S0 M Gehalt, bis zum Eintritt des neuen LehrergehaltSgesetzeS 200 M persönliche Zulage, 40 M für Stell vertretung im Kirchendienst, 36 M. für Sommerturnen, 7b M. für Heizung der Schulstube bei freier Anfuhr und Zerkleinerung de- Holzes und freie Wohnung; 2) die zweite ständige Lehrerstellt zu Kühnhaide bei Reitzenhain Kollator: die oberste Schul behörde. Einkommen: 1000 M. Gehalt, 200 M. im Vorau- gewährte Alterszulage, 86 M. für Sommerturnen und tbO M. Wohnungsgeld an einen verheirateten, 100 M an einen un verheirateten Lehrer. Gesuche mit allen erforderlichen Beilagen sind bi- zum 17. August bei dem Königl. Bezirksschulinspektor vr. Bräutigam in Marienberg einzureichen; — eine ständige Lehrer stelle an der neugegründeten zweiklassigen Volksschule in dem an Hohenstein-Ernstthal angrenzenden Teile von Oberlungwitz. Kollator : der Gemeinderat. Gehalt außer neuer Amtswohnung 1150 M, ansteigend in zwei- und dreijährigen Zwischenräumen bis 2400 M. Gesuche mit sämtlichen Zeugniffen bis in die neueste Zeit sind bis zum 25 August bei dem Gemeinderate einzureichen. Nichtamtlicher TeU. Zum Schluffe der Haager Friedenskonferenz hat nun auch die „Nordd. Allg. Ztg." an leitender Stelle ihrer Sonntagsnummer das Wort genommen. Ihre die Ergebnisse der Konferenz zusammenfassenden und bewertenden Ausführungen lauten: Der Haager Friedenskonferenz war von dem menschenfreundlichen und erhabenen Sinne des Zaren in seinem Manifest vom August vorigen Jahres das Problem gestellt worden, „im Wege einer inter nationalen Erörterung nach den wirksamsten Mitteln zu forschen, um allen Völkern die Wohlthaten eines wirklichen und dauerhaften Friedens zu sichern und vor allem der fortschreitenden Entwickelung der heutigen Kriegsrüstungen ein Ziel zu setzen " Man wird den Delegierten der 26 Staaten, die auf die Einladung der niederländischen Regierung in der Hauptstadt Hollands vertreten waren, das Zeugnis nicht versagen dürfen, daß sie sich redlich bemüht haben, der ihnen zugefallenen Aufgabe nach besten Kräften gerecht zu werden, und daß ihre Bemühungen nicht ohne Erfolg geblieben sind. Daß die Konferenz utopische Träume, und noch dazu mit einem Schlage zur Verwirklichung bringen würde, hatte kein verständig Denkender er wartet. Aber bei einem so gewaltigen Problem, dem schwierigsten und umfassendsten, welches die Welt auf politischem Gebiete kennt, vermögen auch scheinbar kleine Schritte von segenbriugkudcr Bedeutung zu werden, wenn dieselben sich innerhalb der Grenzen des praktisch Erreichbaren halten und dabei doch in der Richtung auf das Ideal erfolgen, das sich nicht von heute auf morgen erreichen läßt. Eine zweifellos wertvolle Errungenschaft ist zunächst die von der Konferenz erzielte Einigung über die Ausdehnung der bisher nur für den Landkrieg geltenden Genfer Konvention von 1864 auf den See krieg. Der hierüber vereinbarte und der Schlußakte der Konferenz angefügte Konventionsentwurf wird einen lange von allen Seiten, aber bisher vergebens gehegten Wunsch zur Erfüllung bringen. Durch die neuen Bestimmungen wird insbesondere die Un verletzlichkeit der militärischen Hospitalschiffe anerkannt, und auch diejenigen Hospitalschiffe, die von privaten oder Wohlthätigkeitsgesellschaften ausgerüstet werden, sollen unter gewissen Bedingungen weitgehenden Schutz genießen. Die Beschränkungen, denen solche Schiffe unterliegen müssen, um einer Störung der militärischen Operationen durch dieselben vorzubeupen, sind genau formuliert. Das geistliche und Sanitätspersonal ist unverletzlich. Für eine schonende Behandlung der Verwundeten und Kranken, die in Feindesgewalt fallen, ist Sorge getragen. Auch mit der Aus arbeitung eines kodifizierten KriegSrechtS für den Landkrieg hat die Konferenz eine verdienstvolle Arbeit geleistet. Der darüber ausgearbeiteten und 60 Artikel umfassenden Konvention liegt die seinerzeit nicht ratifizierte Brüsseler Deklaration von 1874 zu Grunde, deren Bestimmungen aber nunmehr vielfache Er weiterungen und Verbesserungen erfahren haben. Gegen flüchtige und wiederergriffene Kriegsgefangene sollen fortan nur Disziplinarstrafen zulässig sein. Zur Erkundigung über das Schicksal von Kriegs gefangenen sind Auskunftsstellen in Aussicht ge nommen. Den Bestrebungen der Wohlthätigkeits- anstalten zur Erleichterung des Loses der Kriegs gefangenen wird das weiteste Entgegenkommen zugesichert. Eingehende Bestimmungen regeln den Schutz der Bewohner des besetzten Landes svL,ie die Heimbeförderung von Verwundeten und Kranken. Hervorgehoben zu werden verdient, daß gemäß den hier getroffenen Festsetzungen von der deutschen Krieg führung schon bisher verfahren worden ist. Die dritte der von der Konferenz fertiggestellten Konventionen behandelt die friedliche Beilegung von Konflikten. Es liegt in der Natur der Dinge, daß auf diesem ganz besonders schwierigen und sür eine allgemeine internationale Regelung völlig neuen Ge biete, welches tief in die politischen Interessen einschneidet, nur mit der äußersten Vorsicht vorzugehen war. Dem gemäß tragen die hier getroffenen Festsetzungen durch weg einen fakultativen Charakter. Jeder Staat be nennt bis zu vier geeignete Personen für den inter nationalen Schiedsrichterdienst. Aus der Gesamtheit der so bezeichneten Personen wird die sogenannte per manente Liste gebildet, aus welcher streitende Staaten sich die ihnen geeignet scheinenden Schiedsrichter auS- wählen können. Für die reinen Formalgeschäfte wird ein permanentes Bureau errichtet. Kein Staat ist ge zwungen, sich der Einrichtung zu bedienen, vielmehr erfolgt sowohl die Anrufung der Achiedsgerichts- einrichtung überhaupt als auch die Auswahl der Per sönlichkeiten, aus denen im einzelnen Falle das Schiedsgericht gebildet wird, lediglich im Wege freier Vereinbarung zwischen den streitenden Teilen. Auch die für das Verfahren aufgestellten Vorschriften gelten nur insoweit, als die^Parteien nichts Anderes verein baren. Den gleichen Charakter der Freiwilligkeit tragen die über die allgemeine und die sogenannte spezielle Vermittelung sowie über die internationalen Enquöte- kvmmissionen — letztere bestimmt zur Aufklärung thatsächlicher Verhältnisse — getroffenen Bestimm ungen. Wenn die über die Frage einer Einschränkung der Steigerung der Kriegsrüstungen, insbesondere zur Herbeiführung eines Stillstandes in der Vervoll kommnung der Kriegswaffen gepflogenen Beratungen ohne ein eigentlich positives Ergebnis geblieben sind, so lag dies in der Natur der gegebenen Verhältnisse. ES ist aber als ein nicht geringes Verdienst der Konferenz anzuschlagen, daß durch ihre von ernstem Bemühen erfüllten Erörterungen die Unmöglichkeit klar gelegt ist, auf diesem Gebiete zu einschneidenden Ver einbarungen zu gelangen. Es ist schließlich mit Be friedigung zu begrüßen, daß sich auf der Konferenz erhebliche Mehrheiten über das Verbot einzelner Kriegsmittel und Kampfesarten (Geschosse mit weichem, in dem menschlichen Körper sich ausbreitendem Kern, Geschosse mit Stickgasen, Schleudern von Explosiv geschossen aus Luftballons) geeinigt haben, welche da» menschliche Gefühl besonders abstoßen. Wer diese Ergebnisse im ganzen überschaut, muß anerkennen, daß schon die Ausdehnung der Genfer Konvention auf den Seekrieg und die detaillierte Fest stellung der Kriegsgesetze und -gebräuche sür sich allein einen gewichtigen Fortschritt auf der Bahn der Zivilisation bedeuten, welcher der Konferenz einen ehrenvollen Platz in der Geschichte sichert. Auch die Arbitragekonvention wird bei besonnener und maß voller Anwendung in manchen Fällen Gutes zu stiften im stände sein, wenn ihre Wirkung auch bei großen Lebensfragen der Völker in der Regel versagen wird. ES wird eine wichtige und verantwortungsvolle Auf gabe der Regierungen sein, darüber zu wachen, daß die über Vermittlung und Arbitrage neu geschaffenen Bestimmungen nicht durch mißbräuchliche Anwendung gerade die Gefahren heraufbeschwören, welche sie zu bannen bestimmt sind. Die Beschlüsse der Haager Konferenz zur Ein schränkung und Humanisierung des Krieges sind ein wertvolles Vermächtnis deS scheidenden Jahrhunderts an das kommende, ein Vermächtnis, das dem edlen Schöpfer des Konferenzgedankens, Sr. Majestät dem Kaiser Nikolaus, zu bleibendem Ruhme gereichen wird. Tagesgeschichte. Dresden, 7. August. Heute haben sich die Damen und Herren des Dienstes Ihrer Königlichen Majestäten, nämlich das Hofsräulein v. BorrieS, der dienst- thuende Generaladjutant Sr. Majestät, Generalleutnant Hingst und Äammerherr Baron v. Burgk, nach Rehe- feld begeben, um auf die Dauer der Anwesenheit des Königspaares daselbst in der Allerhöchsten Umgebung zu verweilen. Auch die Palastdamc Ihrer Majestät der Königin, Frau Freifrau v. Finck ist, einer Aller höchsten Einladung Ihrer Majestäten Folge leistend, heute nach Rehefeld gereist. DentscheS Reich. * Berlin. Se. Majestät der Kaiser nahmen vor gestern vormittag im Schlöffe zu Wilhelm-Höhe die Vor träge de- Chef» des Militärkabinetts, Generals v. Hahnke, und des Vertreters de» Auswärtigen Amte», Gesandten Grafen Wolff-Metternich entgegen — Die „Times" haben sich melden lassen, eine deutsche Truppenabteilung habe die Grenze des Kongostaats überschritten und das Gebiet bi« zvm Rufisisluß, der den Tanganyika mit dem Kivusee ver- Kunst und Wissenschaft. Residenztheater. — Am 5. d. MtS.: „Das Ver mächtnis". Schauspiel in drei Akten von Arthur Schnitzler. (Zum ersten Male) A. Schnitzler hat al» Verfasser der beiden Schauspiele „Freiwild" und „Liebelei", von denen namentlich das letztgenannte Wiener Sittenbild durch ungewöhnlich frisches Kolorit und fesselnde Beweglichkeit ausgezeichnet ist, unter den jüngeren Dramatikern der Milieuschilderung mit Recht gute Geltung erworben. Den Mangel eines straffen, innerlich wohlbegründeten dramatischen Aufbaues teilt er mit vielen seiner Genoffen, die Vorzüge einer gewissen Feinheit der Beobachtung, treuer und unübertriebener Wiedergabe auch der Gestalten und Lebensanschauungen, zu denen er sich im Gegensätze fühlt, ein Hauch süd deutscher Leichtlebigkeit und Wienerischen Behagen« ge hören ihm unter Dutzenden, die auf gleichen Pfaden wandeln, allein. Auch der Sittenschilderung, der Charak teristik und einzelnen Scenen de« Drama« „Das Ver mächtnis" fehlen die früher gerühmten Vorzüge Schnitzler« nicht völlig, aber sie kommen nicht entfernt zu der Wirk ung, die beim Schauspiel „Liebelei" durch die Schärfe der Gegensätze, die Kraft der Stimmung und die flotte Schil derung de« Zuständlichen erreicht worden ist Die Steiger ung wird in den drei Akten de« „Vermächtnisse»" durch je einen Todesfall herbeigeführt. Im ersten Akte ver unglückt der junge vr. Hugo Losatti, der Sohn einer Wiener Patrizierfamilie, durch einen Sturz vom Pferde. In die elterliche Wohnung getragen, fühlt er, daß sein Ende herannaht, gesteht in großer Herzensangst seiner Mutter und dem später hinzukommenden Vater ein, daß er ein Liebesverhältnis mit einem einfachen Mädchen, Toni Weber, unterhalten und auS diesem Verhältnisse einen jetzt fünfjährigen Knaben habe, dem er im Gedenken an seine geliebte jüngere Schwester Aranzreka den Namen Franz gegeben hat. Er fleht in den Schauern des Tode» seine Eltern an, für da» arme Mädchen, das er als sein Weib betrachtet, für das Kind zu sorgen und beide zum letzten Abschied herbeizurufen Der Wunsch des Sterbenden wird erfüllt, und nach dessen Tode sehen wir den Knaben Franz im Hause seiner Großeltern und Toni Weber in der Familie ihres verstorbenen Geliebten. Hieraus ergeben sich wunder liche Situationen, der alte Professor Losatti erscheint in der Lage eines Manne», der über seine Kraft und seine eigene Ueberzeugung hinaus gehandelt hat und sich mit Großmutsphrasen gegen den Widerspruch der Welt, der bürgerlichen Gesellschaft und ihre» Klatsche« aufsteifen muß. Die Frauen der Familie, die Mutter Hugo«, ihre Tochter Franziska und eine Schwägerin, Frau Emma Winter suchen sich der armen Toni, die nur der Erinner ung an Hugo und der Sorge für ihr Kind lebt, nach Kräften anzunehmen Der entschiedenste Gegner ihrer Empfindung, die in der Mutter des kleinen Franz das Vermächtnis und gleichsam die Witwe Hugos ehrt, ist der Bewerber um Franziskas Hand, der während de« zweiten Aktes ihr Verlobter wird, der Arzt vr. Ferdinand Schmidt. Dieser tritt als der Bekenner der berechtigtsten Forderungen wie der engherzigsten Vorurteile der guten Gesellschaft zugleich auf, er kann eS nicht ertragen, seine Braut im vertraulichen Verkehr mit Toni zu sehen, und da» Schicksal kommt ihm zu Hilfe, weil beim Schlüsse des zweiten Akte» der kleine Franz tödlich erkrankt. Beim Beginn de» dritten Akte» ist das Kind gestorben, und nun hat eS vr. Schmidt leicht, den schwachen Professor und selbst seine Schwiegermutter dahin zu bringen, daß sie Toni den Schutz ihre« Hause« aufsagen. Es bedurfte vielleicht nicht einmal der Verdächtigung, daß sie im Be griff sei, mit dem Freunde ihre» verstorbenen Geliebten ein neues Verhältni« zu beginnen, die ganze Familie, mit Ausnahme der Schwägerin Emma Winter, wird nach und nach zur Weisheit de« Prof. Losatti hmübergedrängt, der seiner Tochter Franzirka predigt: „Mein gute« Kind, du kennst die Welt nicht Als junger Mensch wird man in sonderbare Abenteuer hincingezogen Sprechen wir eS endlich au« Wäre unser Hugo am Leben geblieben, er hätte diese« Verhältnis sicher selbst gelöst. Er hätte eine Frau genommen aus unserem Kreise — aus der anständigen Gesellschaft, zu der wir gehören, wie e« schließlich fast alle jungen Männer thun, die ihre Eltern lieb haben und in der Welt und mit der Welt leben wollen " Gegenüber der verächtlich laxen Moral des Hrn. Professors und Abgeordneten, die auch in seiner Auffassung der früheren Beziehungen seiner Schwägerin Emma zu dem verstorbenen Sohne blitzartig grell beleuchtet wird, erscheint das herbe Puritanertum des Hrn. vr. Schmidt, der Toni haßt wie die Sünde, noch groß und achtbar. Wie er eS jedoch erreicht, die unglückliche Toni aus dem Hause gedrängt hat, wendet sich daS Blatt gegen ihn, ein hinterlassener Zettel der verstoßenen Toni läßt kaum einen Zweifel darüber, daß sie Ruhe und Zuflucht vor dem ihr angethanen Schimpf m den Wellen der Donau gesucht hat. Franziska erkennt in der furchtbaren Klarheit diese« Augenblick« nicht nur da« Unrecht ihrer Familie, sondern auch die Natur ihres Verlobten. „Wie das Glück, wie die Freude eines andern haben Sie sie gehaßt, weil Sie alles hassen, was heiter und frei ist, wie Sie auch unsern Hugo gehaßt haben " Der Verfasser, der uns mit einer schrillen, peinlichen Dissonanz, die weit von aller echten Tragik entfernt ist, nach Hause schickt, eröffnet wenigsten« die Aussicht, daß die warmherzige, liebenswürdige Franziska vor dem Leben an der Seit« dieses Mannes bewahrt werden wird. Als Lebensspiegel und Sittenbild aufgcfaßt, ruft dies Schauspiel hundert Wenn und Aber hervor, vermag bei der starken Unwahrscheinlichkeit einzelner Teile der Hand lung keine tiefere Teilnahme zu erwecken Der Ernst der Vorgänge hat vielfach etwas Gewaltsame«,Gezwungene«, der satirische Stachel ist so zugespitzt, daß er dem Ver bindet, für Deutschland beansprucht. Angeblich seien die Deutschen hierzu durch den Umstand veranlaßt, daß die Behörden de« Kongostaate« jenem Distrikt weniger Auf merksamkeit schenkten, infolgedessen jüngst mehrere Sta tionen von den Eingeborenen niedergebrannt worden wären. Der Kongostaat solle jedoch bereit» 500 Mann unter Major Hennebert abgesandt haben, um seine Oberhoheit aufrecht zu erhalten. Gegenwärtig stünden sich beide Par teien gerüstet gegenüber. Wie Erkundigungen der „Post" an maßgebender Stelle in Berlin ergeben, ist dort von einem solchen Zwischenfall nicht» bekannt. Sollten dennoch in Ostafrika irgend welche Differenzen sich er geben haben, so ist al» gewiß anzunehmen, daß sie auf freundschaftlichem Wege beigelegt werden. — Wenn der Text de« neuen Jnvaliden- versicherungsgesetzes genau in der Form veröffentlicht ist, wie er erst vom Reichstage, dann vom Bundesrate angenommen ist, also so, daß vie einzelnen Paragraphen sich nicht in fortlaufender Nummernfolge aneinanderreihen und beispielsweise auf den Z 22 ohne weiteres 8 25 folgt, da im Reichstage die 88 23 und 24 de« alten Gesetzes gestrichen wurden, so darf das nicht weiter wunder nehmen Der Reichskanzler ist zwar ermächtigt, den Text des JnvalidenversicherungSgesetze» in fortlaufen der Nummernfolge der Paragraphen bekannt zu machen, diese Ermächtigung ist ihm jedoch erst im Endparagraphen des neuen JnvalidenversicherungSgesetze» erteilt. Selbst verständlich muß diese» erst durch vie Publikation zur Geltung gebracht sein, ehe von der Ermächtigung Gebrauch gemacht werden kann. Man wird aber, wie gleichfall» schon angedeutet, in der Hoffnung nicht fehlgehen, daß die Veröffentlichung in fortlaufender Nummernfolge der Paragraphen vor sich gehen wird; die Handhabung de» Gesetzes würde sonst auch erschwert sein. Im Interesse namentlich der Publikationen neuer Ausgaben de» Gesetzes wird man sich sicherlich auch mit dieser Arbeit beeilen, die sich freilich nicht im Handumdrehen vollziehen läßt — Für die Ausstellung de« Reich»versicherungS- amtes auf der Pariser Weltausstellung sind vom Reichstage 50 000 M. bewilligt worden. Dafür soll in erster Linie eine plastische Darstellung der Erfolge der deutschen Arbeiterversicherung geschaffen werden, und zwar in Form einer großen deutschen Eiche, deren Äeste, Blätter und Früchte diese Erfolge vor Augen führen sollen. In zweiter Linie soll 'die Summe in Gold, welche bisher für die Arbeiterversicherung ausgegeben wurde, plastisch in Form eines Obeli«ken vor Augen ge führt werden, der entweder im Pavillon für Unfall verhütung oder im Garten davor Aufstellung finden wird Drittens ist die Herstellung von Automaten ge plant, die einen Leitfaden durch die deutsche Unfallgesetz- gebunq verabreichen sollen Dieser Leitfaden erscheint in deutscher, französischer und englischer Sprache. Schließlich sollen auch Modelle von Krankenhäusern, Lungenheil stätten und Unfallstationen gezeigt werden — Die lange erwarteten Ergebnisse der Berufs zählung vom Jahre 1895 sind jetzt, übersichtlich ge ordnet, erschienen. Sie beweisen, daß der wirtschaftliche Schwerpunkt Deutschlands sich weiter von der Landwirt schaft zur Industrie zu verschieben fortfährt. Unter den großen Erwerbskategorien des Wirtschaftslebens zeigt die Landwirtschaft gegen die letzte Berufszählung die ge ringste Zunahme. Diese Verschiebung in der Berufs gliederung zu Ungunsten der Landwirtschaft liegt einer seits, wie das Kaiserliche statistische Amt hervorhebt, in der Begrenzung und Unvermehrbarkeit des Boden«, auf dem immer nur eine beschränkte Zahl von Händen sich bethätigen kann und eine begrenzte Zahl von Menschen sich ernähren. Anderseit» ist aber doch auch die traurige Lage der Landwirtschaft hier von großem Einflüsse. E» sind in Deutschland noch Landstrecken genug vorhanden, welche bei genügender Rentabilität de« landwirtschaftlichen Betriebes sich mit Nutzen in Kultur nehmen ließen, jetzt aber brach liegen bleiben Die ungünstige Lage der Landwirtschaft trägt weiter wesentlich dazu bei, den dämonischen Zug der niederen Landbevölkerung in die großen Städte und Jndustrie-Zentren zu verstärken. Die Industrie kann bei dem erfreulichen Aufschwünge, in dem sie sich noch fortgesetzt befindet, diese zuströmenden Massen allerdings gut gebrauchen und hinreichend beschäftigen. Was die Verschiebung der ErwerbSthätigen auf die Ver fasser unier der Hand zerbricht. Als dramatisches Werk ist das Schauspiel ein überzeugender Beweis, daß wir auf diesem Wege nicht weiterzukommen vermögen Die Motive der alten Rührkomödie, die so rasch von der Lebenswahrheit zur theatralischen Unwirklichkeit herabglitt, werden auch durch schärfere Beobachtungsgabe im einzelnen und einen starken Zusatz sozialkritischer Tendenz nicht eben genießbarer. Die Handlung lahmt und schleppt in schier unbegreiflicher Weise, ihr geheimste« Gebrechen: einen Ausnahmefall wie eine Regel darzustellen und au« der besonderen Möglichkeit ein allgemeine« Gesetz zu folgern, rächt sich in Widersprüchen, ungeschickten Wendungen und einem unruhigen Kommen und Gehen. Da« Problem gehört im wesentlichen der Erzählung an und könnte nur in einer solchen zur vollen Geltung gelangen Die zum Teil vorzüglichen Einzelheiten der Charakteristik helfen nichts zur dramatischen Steigerung und Spannung Die Darstellung verriet eine gewisse tastende Unsicher heit und vermochte durch energisches Zusammenspiel und scharfe Gegensätze die Mängel des Schauspiels nicht auS« zugleichen Am besten gelang Hrn Janda der fahrige, in seinen sicher.bequemen Lebensanschauungen so grausam erschütterte und au« jeder gewohnten Pose erbarmungslos aufgescheuchte Professor Losatti Hr. Han« Siebert (vr Ferdinand Schmidt), Hr Witt (G. Brander), Hr. Lewent, der die kleine Rolle de« hinzugezogenen Ärzte» spielte, thaten ihr Beste« Die Frauenrollen der Damen Frau Hermany Benedix (Betty Losatti), Julie Kron- thal (Emma Winter), Gusti Brand (Toni Weber) müßten viel feiner und sichtbarer gegeneinander abgehoben sein. In der Gestalt der jungen Franziska debütierte Frl. Klara Bertram, ohne in dieser nur halb auSgereiften Gestalt die Eigenart und Stärke ihre« Talents klar er kennen zu lassen. A St
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