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Dresdner Journal : 21.08.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-08-21
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189908217
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18990821
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18990821
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-08
- Tag 1899-08-21
-
Monat
1899-08
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 21.08.1899
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vezas-pret-r Tür Dresden vierteljährlich: 2 Mark 60 Ps., bei den Kaiser lich deutschen Postanstalten vterttljShrllch L Mark; außer- halb de» Deutschen Reiches Post- und Stempelzuschlag. Einzelne Nummern: 10 Pf. Erscheinen: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abends. Fenlspr.-Anschluß.Nr 12SS Dresdner Immml. Ankündigung-gebühren: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift LV Ps. Unter „Eingesandt" die Zeile 60 Pf. Bei Tabellen- und Zifsernsatz entsprechender Ausschlag. Herausgeber: Königliche Expedition de» Dresdner JournalS DreSden, Zwingerstr 20 Fernspr.-Anschluß: Nr. 12-L ^193 1899 Montag, den 21. August abends. Amtlicher Teil. ' Dresden, 17. August. Mit Allerhöchster Ge nehmigung Sr. Majestät des Königs ist dem Arbeiter Friedrich Paul Brückner in Lotzdoiff für die von ihm am 22. April diese- Jahre- unter eigener Lebens gefahr bewirkte Errettung eine- fünfjährigen Mädchen- vom Tode de- Ertrinken- in der Röder bei Lotzdorf die silberne Lebensrettungsmedaille nebst der Befugniß zum Tragen derselben am weißen Bande verliehen worden. Se. Majestät der König haben dem Schuhmacher- meister Friedrich Hermann Ziegenbalg in Dresden das Prädikat „Hof-Schuhmacher Ihrer Majestät der Königin von Sachsen" Allergnädigst zu verleihen geruht. Gestelltem Anträge zufolge ist genehmigt worden, daß die Ortschaft „Alt- und Neugersdorf" im Bezirke der AmtShauptmannschaft Löbau künftig die OrtS- bezeichnung Neugersdorf führt. Dresden, am 10. August 1899. Ministerium des Innern. Für den Minister: vr. Bo-el. Paulig. Ernennungen, Versetzungen rc. im öffentlichen Dienste. 3« Geschäftsbereiche beS Ministeriums der Finanzen. Bei der Verwaltung der StaatSeisenbahnen sind er nannt worden: Militäranwärter Stöckhardt, zeither Diätist, al» Stationsassistent II. Kl. in Löbau; Stohwasser, zeither StationSgehilfe, al» Packer in VoiterSrcuth. 3« Geschäftsbereiche des Ministeriums des Kultus nnd öffentlichen Unterrichts. Zu besetzen: die vierte stän dige Lthrcrstrlle in Pleißa. Kollator: die oberste Schul behörde DaS Einkommen beträgt außer freier Wohnung mit Gartengenuß 1206 M. Gehalt und 10V M persönliche Zulage. Bewerbungsgesuche nebst den erforderlichen Beilagen sind bis zum lö. September bei dem KVnigl. BezirkSschulinspektor Schulrat Richter in Chemnitz einzureichcn; — die ständige Lehrerstelle an der Schule zu Bockwitz bei Colditz. Kollator: die oberste Schulbehörde. Einkommen der Stelle: Neben sreier Wohnung und Gartengenuß: 1»vv M. Gehalt, 72 M. für Fortbildungsschulunterricht und 36 M für Erteilung der Turn unterricht-, eventuell 36 M für Erteilung des weiblichen Handarbeitsunterrichts an die Frau des LehrerS. Gesuche sind unter Beifügung der erforderlichen Beilagen bi» zum >0. Sep tember bei dem König!. BezirkSschulinspektor vr HannS in Grimma einzureichen; — die Lehrerstelle an der Nebenschule zu Neugrnmbach. Kollator: die oberste Schulbehörde Ein kommen außer freier Wohnung im Schulhause tvvo M. IahreS- gehalt. Vorschriftsmäßige Bewerbungen sind bi-zum 31. August an den König! BezirkSschulinspektor Schulrat Schreyer inNnna- berg einzureichen. Nichtamtlicher Keil. Die Ablehnung der Aanalvorlage. Wenn eS auch vorauSzusehrn war, daß die Kon servativen, die sich der Kanalvorlage gegenüber in das Lager der Opposition begeben hatten, sich nicht dazu ver stehen würden, in letzter Stunde ihren Standpunkt aufzugeben, so ist dennoch das Ergebnis der dritten Lesung ungünstiger ausgefallen, als man es erwarten durfte. Das Abgeordnetenhaus hat die Regierungs vorlage mit dem Gesamtkanal vom Rhein zur Elbe mit 235 gegen 147 Stimmen bei 32 Stimmenthalt ungen, das Teilstück von Dortmund zum Rhein mit 275 gegen t34Stimmen bei3 Stimmenthaltungen abgelehnt. Die Zahlen der Opposition sind demnach gegenüber der zweiten Lesung gewachsen, trotzdem Fürst Hohen lohe noch auf die schwere politische Gefahr hingewiesen hatte, die durch den Widerstand der Konservativen herausbeschworen würde. Denn bei der zweiten Lesung stimmten nur 228 Abgeordnete gegen die ganze Re gierungsvorlage, 128 dafür, und der Dortmund-Rhein- Kanal wurde nur mit der geringen Mehrheit von 212 gegen 209 Stimmen abgelehnt Dieses ErgebniS ist besonders auch mit Rücksicht auf die Kaiserrede in Dortmund und die warnenden Worte des Reichskanzlers tief zu bedauern. Wenn durch dieses Ergebnis der Bau des Mittel landkanals auch vorerst vereitelt worden ist, so wird sich dennoch später die Ueberzeugung von seiner Not wendigkeit Bahn brechen müssen, wenn er das nütz liche und auch notwendige Kultmwerk ist, für daS ihn die Regierung und ein großer Teil der Volksvertret ung heute schon halten. Daß die preußische Regierung nicht gesonnen ist, ihren Plan aufzugeben, geht aus der folgenden Erklärung der „Nordd. Allg. Zeitg." hervor, die folgendes schreibt: „Den Erklärungen des Reichs kanzlers und Ministerpräsidenten Fürsten zu Hohen lohe und des Vizepräsidenten des StaatSministeriumS, Finanzministers vr. v. Miquel, gemäß ist es selbst verständlich, daß die Regierung die Angelegenheit da mit nicht für erledigt erachtet. Sie hält unbedingt und unentwegt an dem wohlerwogenen und als not wendig erkannten Kanalplane in seiner ganzen Aus dehnung fest, und sie wird zu seiner Durchführung diejenigen Mittel an wenden, welche ihr zu Gebote stehen und ihr der Sachlage angemessen erscheinen." Bei dieser Sachlage wäre eS zu bedauern, wenn Elemente, die auf gegenseitiges Zusammenwirken an gewiesen sind, in einer für die industrielle und Ver kehrsentwickelung so hochbedeutenden Frage zu keiner Einigung gelangen könnten. Wir wollen daher hoffen, daß die scheinbaren Gegensätze sich baldigst wieder ausgleichen und daß die preußischen Konservativen und die Regierung in absehbarer Zeit in der Kanal vorlage noch einen moäus vi^näi finden. Die „Berl. Polit. Nachr." greifen angesichts dieser Ereignisse die Konservativen scharf an, betonen u. a., daß sie sich einer Führung anvertraut haben, deren staatsmännische Voraussicht erheblich hinter dem Niveau zurückbleibt, das eine große Fraktion in einem großen Moment festzuhalten als eine partei- takrische Existenzfrage ansehen müßte. Der recht scharf gehaltene Artikel schließt: „Wir hallen uns über zeugt, daß mit der heutigen Abstimmung über die Kanalvorlage das letzte Wort keineswegs gesprochen ist, glauben vielmehr, der Mittellandkanal wird zu stände kommen trotz einer faktiösen Opposition, an deren Augenblickserfolge vielleicht nur vereinzelten Persönlich keiten sich zu erfreuen beschicken sein mag, nämlich jenen, die ihre Sache auf nichts gestellt haben." Die „Post" sagt, der Gang der dritten Lesung der Kanalvorlage sei so unglücklich wie möglich gewesen. Während man mit ziemlicher Sicherheit auf die Annahme des Rhein- Dortmund Kanal« rechnete, ist der bezügliche Zentrums antrag mit beträchtlicher Mehrheit abgelehnt. Daß nur eine Minderheit freikonservativer Abgeordneter für den Dortmund-Rhein-Kanal stimmte, lag, wie das freikonservative Blatt schreibt, an verschiedenen Umständen. „Zunächst hatten Nachrichten über Ver suche, auf einen Teil der im Hause sitzenden Ver waltungsbeamten einen starken Druck zu üben, mit vollem Rechte stark verstimmt. Sodann machte eS der Vizepräsident den Gegnern des Mittelland-Kanals sehr schwer, für den Rhein-Dortmund-Kanal zu stimmen, indem er, statt der Anregung des Abg. v Kardorff folgend, eine beruhigende Erklärung be treffs der Wasserentnahme aus der Weser zu geben, den untrennbaren Zusammenhang der Teilstrecke mit dem Hauptstück des Rhein - Elbe - Kanals besonders scharf betonte." Schließlich wollen wir auch nicht verfehlen, auf die Freude von Bebel nnd Gen. angesichts der Nieder lage der preußischen Regierung hinzuweisen, die im .Vorwärts" jubeln, daß „der AuSgang dcS Kanal- handels vom konstitutionellen Standpunkte aus ganz und gar keine unerfreuliche Erscheinung sei" und dabei der Hoffnung Ausdruck geben, daß sie in der Erwartung eines Konfliktes zwischen Regierung und Konservativen getäuscht werden. TagesgeschichtL. Dresden, 21. August. Bei Ihren Königlichen Majestäten fand gestern nachmittag 2 Uhr im Sommerhoflager zu Pillnitz Familientafel statt, an welcher Ihre Hoheiten die Herzöge Paul Friedrich und HeinrichBorwin von Mecklenburg-Schwerin iowie Ihre Königlichen Hoheiten die Prinzen und Prinzessinnen des Königlichen Hauses teilnahmen. Zur selben Zeit vereinigten sich die Königl. rc. Suiten daselbst zur Marschallstafel. Zum Abendthee bei Ihren Königlichen Majestäten waren der Königl. Sächsische außerordentliche Gesandte und bevollmächtigte Minister in Wien Graf v. Rex und Gemahlin, sowie Frl. Marie v. Tschirschky und Bögendorff mit Einladungen ausgezeichnet worden. Heute vormittag 11 Uhr trafen Se. Majestät der König, von Pillnitz kommend, im hiesigen Residenz schlosse ein, nahmen die Vorträge der Herren StaatS- minister und des Königl. Kabinettssekretärs sowie einige militärische Meldungen entgegen und begaben Allerhöchstsich in Begleitung de- Flügeladjutanten Major- v. Larisch nachmittags von hier au- mittels Wagen zur Hochwildjagd nach Wendischcarsdorf, von wo aus Se. Majestät heute abend nach Pillnitz zurück kehren werden. Ihre Majestät die Königin kamen heute mittag auch auf einige Zeit ins Residenzschloß. — Den Kammerherrndienst bei Sr. Majestät dem Könige hat von gestern bis mit 26. August der König liche Kammerherr v. Wiedebach auf Wohla über nommen. Deutsches Reich. * Berlin. Aus Diedenhofen wird vom Sonn abend berichtet: Se. Majestät der Kaiser trafen heute früh 9 Uhr 35 Min hier ein. General Graf Häseler und der Stadtkommandant Generalmajor Wiesener be stiegen am Bahnhof den Wagen Sr. Majestät, an Aller- höchstdessen Seite sich der Statthalter von Elsaß-Lothringen befand. Se. Majestät der Kaiser fuhren sodann nach der Stadt und wurden von der Menge enthusiastisch begrüßt. In den Straßen bildeten die Kriegervereine Spalier; Tausende von Bergleuten und Arbeitern der benachbarten Gruben und Eisenwerke waren eingetroffen. Der Monarch hielten durch das Saarlouis-Thor seinen Einzug in die Stadt und fuhren bis zum Marktplatz, der besonders reich geschmückt war. Kreisdirektor Villier hielt eine An sprache an Se. Majestät den Kaiser. Hierauf trug der Bürgermeister namens der Stadt Sr. Majestät die Bitte vor, den FestungSrayon zu erweitern. Se. Majestät der Kaiser dankten für den freundlichen Empfang und sprachen sein Bedauern aus, daß er nur kurze Zeit bleiben könne. Die Rayonfrage werde geprüft werden. Sodann wurde Sr Majestät ein Ehrentrunk angeboten, den Allerhöchst- derselbe annahmen. Darauf reichten Se Majestät dem Statthalter den Becher Alsdann erfolgte die Weiter fahrt durch daS Luxemburger Thor hinaus nach der Gentringer Höhe, wo ein Fort im Bau begriffen ist. Hier wurden Se. Majestät der Kaiser, Allerhöchstwelchcm auf dem ganzen Wege von der Bevölkerung begeisterte Huldigungen dargebracht wurden, vom Generalinspekteur der Festungen, General v. d. Goltz empfangen. Auf der Gentringer Höhe nahmen Se Majestt der Kaiser die Erläuterungen ent gegen, die General v d. Goltz gab. Hierauf wurde kurze Nast gemacht und das Frühstück eingenommen. Um ^11 Uhr fuhren Se. Majestät der Kaiser wieder in die Stadt zurück und begaben sich alsdann unter dem Jubel der Bevölkerung nach dem Bahnhofe, von wo um 10 Uhr 40 Min. die Weiterfahrt nach Cronberg erfolgte. — Se. Majestät der Kaiser beauftragten den Bürgermeister von Diedenhofen, durch Anschlag der Bevölkerung seinen Dank für den ebenso glänzenden wie herzlichen Empfang zu übermitteln. Der Bürgermeister sowie mehrere Gemeinderät« wurden durch Ordensdekorationen ausgezeichnet — Se Majestät der Kaiser sind in Cronberg am Sonnabend ^6 Uhr nachmittags eingetroffen und wurden auf dem Bahnhofe von Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich, der Kron prinzessin von Griechenland, dem Prinzen und der Prin zessin Friedrich Karl von Hessen empfangen — Gestern besuchten Se. Majestät der Kaiser mit Ihrer Majestät der Kaiserin Friedrich die alte Burgruine Cronberg. Später fuhren Se Majestät der Kaiser und Ihre Königl Hoheit die Kronprinzessin von Griechenland mit dem kommandierenden General v Lindequist nach der Saal burg und kehrten von dort um 6 Uhr nach FriedrichShof zurück. — Infolge de« Auftretens der Pest in Ostasien hat da» Gouvernement Kioutschou Qnarantäneanord- nungen über die Behandlung der von Hongkong und den Häfen von Formosa sowie.von Swatau kommenden Schiffe erlassen. — Nachdem Deutschland» industrielle Ent wickelung in den letzten Jahrzehnten einen so mächtigen Aufschwung genommen hat, wird e« namentlich, um den Kampf mit den anderen Industrienationen auf dem Weltmärkte zu bestehen, darauf ankommen, die Güte der Erzeugnisse immer mehr zu heben, und da» ist natürlich nur bei innigster Zusammenarbeit von Theorie und Praxis möglich. Dieser Erkenntnis entsprechend geht man jetzt auch in Preußen, vielfach unter Staat-Hilfe, an die Errichtung von Versuchsanstalten Die neueste Schöpfung auf diesem Gebiete ist die unter Mithilfe des Landwirtsschaftsministerium« errichtete Müllerei- Versuchsanstalt. Wenn die Versuchsanstalten ihre Aufgabe aber recht verstehen, so werden sie der Praxis auch in anderer Beziehung von Nutzen werden können. Gegenwärtig werden, auch von Staat» wegen, Vie eifrigsten Versuche gemacht, die Handwerksmeister in Lehrkursen mit den Forderungen der modernen Zeit bekannt zu machen Die Versuchsanstalten würden nach einer ähnlichen Richtung für die Industriellen thätig sein können. Ein zelne Anstalten, wie die Deutsche Versuchsanstalt für Lederindustrie zu Freiberg i. S, sind schon mit der Einrichtung von Kursen, in denen die Industriellen über die Forschritte der Technik unterrichtet werden, vor gegangen. Es haben sich damit auch ganz günstige Re sultate erzielen lassen. — Es ist von Interesse, in den jährlichen Berichten der Gewerbeaufsichtsbeamten das Maß der Erfolge zu beobachten, welche einzelne Bestimmungen der Gewerbe ordnungsnovelle vom Jahre 1891, die bekanntlich als Arbeiterschutzgesetz bezeichnet wird, gehabt haben. Wie au» den früheren Berichten, so läßt sich auch aus denen von 1898 im allgemeinen feststellen, daß weder die durch jene No velle eingeführten Arbeiterausschüsse, noch die Zahlung der Löhne minderjähriger Arbeiter an deren Eltern oder Vormünder stark in Aufnahme gekommen sind, im Gegenteil, auch diesmal wird in recht vielen Berichten bemerkt, daß beide Einrichtungen in der Industrie al- unzweckmäßig bezeichnet werden. WaS die ArbeiterauS- schüffe betrifft, so wird vielfach daran getadelt, daß, selbst wenn sie in vereinzelten Betrieben eingesührt sind, sie lediglich eine Dekoration bilden und zu einem irgendwie in Betracht kommenden Eingreifen nicht gelangen. Nur in den seltensten Fällen ist von einer wirklichen, segensreichen Thätigkeit der Ausschüsse zu berichten gewesen. ES ist natürlich, daß nach solchen Er fahrungen in den Kreisen der Industrie die Institu tion der ArbeiterauSschüffe selbst bei ihrem zu nehmenden Alter große Sympathien zu erwerben nicht im stände ist Man wird sich allmählich an die Thatsache gewöhnen müssen, daß dieser Teil der Gewerbeordnungs novelle von 1891 verfehlt war. Etwa« häufiger hört man von der Einführung der Lohnzahlung an die Eltern minderjähriger Arbeiter. Hin und wieder wird berichtet, daß eine neue Gemeinde, darunter auch Landgemeinden, Kunst und Wissenschaft. Königl. Opernhaus. — Am 20. d MtS: „Rienzi, der letzte der Tribunen". Große tragische Oper in fünf Akten von Richard Wagner. Mit d:m melodienüberschütteten Jugendwerke des Meisters, das dem idealen Drange de» genialen Dichter komponisten, eine seinen Riesenplänen entsprechende neue Form und Ausdruck-weise zu finden, nur in vereinzelten Momenten, nicht zum wenigsten aber in der musikalischen Gestaltung der Titelrolle entspricht, wurde gestern die Reihe der in rascher Aufeinanderfolge geplanten Wagner. Vorstellungen vor glänzend besuchtem Hause eröffnet. Da sich die Fremden besonders zahlreich eingefunden hatten, so ist dieser erfreuliche Umstand ohne Zweifel auf die durch die Königl. Generaldirektion in den Sommermonaten im In- und Auslande ergangenen Einladungen mit zurückzuführen, von denen bei früheren ähnlichen Ver anlassungen bekanntlich Abstand genommen wurde. — Der Aufführung der Oper unter Hrn. Hofkapellmeister Hagen war eine gegen die letzten Vorstellungen merklich gesteigerte Frische und Lebendigkeit nachzurühmen, die namentlich den beiden ersten und umfangreichsten Akten zu statten kamen Schon der Vortrag der krafterfüllten Ouvertüre wurde durch lebhaften Beifall ausgezeichnet. Die Besetzung de« Werkes mit Hrn Forchhammer al« „Rienzi" und den Damm Krammer („Irene") und Huhn („Adriano") in den weiblichen Hauptrollen giebt zu erneuter Besprechung keinen Anlaß. Erwähnt sei nur, daß die letztgenannte Künstlerin hinsichtlich der geistvollen und edlen Plastik de« Spiele« und der au«druck«oollen Schönheit de« Gesänge« von den übrigen Mitwirkenden nicht erreicht wurde. Genußreich durch Liebreiz und Klar heit der glockenreinen Stimme gestaltet« sich auch die-mal der „Friedensbote" de« Frl Nast, einer Künstlerin, deren musikalische und darstellerische Vielseitigkeit m voriger Woche in nicht weniger als sieben mehr oder minder um fangreichen Rollen, worunter „Undine", glückliche Er probung fand. — Daß die Akustik des Opernhauses durch die dankenswerte Einführung des elektrischen Lichte« an Klarheit und Tragkraft gewonnen hat, glauben wir nicht nur gestern, sondern schon in der Aufführung der ge nannten Lortzingschen Oper und zumal bei der entzückenden Ausführung des ViolinsoloS in der Ballettmusik durch Hrn Konzertmeister Lewinger bemerkt zu haben. U. S. Sächsischer Kunstverein. XIU. In den Räumen des Sächsischen Kunstvereine haben gegenwärtig eine Anzahl von Mitgliedern der Verein« Berliner Künstlerinnen Arbeiten aufgestellt. Allgemein überschaut spiegeln die Werke den großen Fleiß, die ernste und eindrucksvolle Natur- und Menschenbeobachtung und da« koloristische Geschick ihrer Bildnerinnen wieder; im einzelnm betrachtet findet man neben vielem Trefflichen allerdings auch manche» der künstlerischen Ausreifung noch Bedürftige. Wa» mit wenigen Ausnahmen den Kunst werken al« gemeinsame« Merkmal eigentümlich ist, das ist der Mangel schöpferischer Kraft, der in ihnen bemerkbar ist, das Fehlen einer individuellen GestaltungSgabe. Wenn man freilich in Rücksicht zieht, daß au« diesen Werken ausschließlich das Schaffensvermögen der Frau zu un» spricht, so möchte man diesen Mangel als Vorzug be zeichnen Denn wenn man absieht von den wenigen Frauengestalten in der Kunst, die wie Rosa Bonheur oder di« Lebrun in ihrer Art genial waren, ohne nach Lom- brosos Behauptung „zugleich organische Anomalien auf gewiesen zu haben", wenn man vielmehr denkt an Er scheinungen wie die von der vorjährigen Ausstellung ihrer Werke in Wolfframm« Kunstsalon her bekannte Anna Costenoble, auf Vie das Wort des italienischen Forschers unbedingte Geltung hat, so wird man in dieser Thatsache nur eine neue Bestätigung dafür finden, daß alle künst lerische Frauenarbeit mit alleiniger Ausnahme der Dicht kunst und des Kunstgewerbe» eine vorwiegend reflektierende, nur begrenzt selbstschöpferische ist Unter den im Kunstverein aufgestellten Gemälden, die alle Gebiete der Malerei mit Ausnahme des Kirchen- und de« Historienbildes umfassen, nehmen, wa« Selbständig keit der Auffassung, Kraft der Darstellung und sichere Beherrschung der technischen Mittel anbetrifft, die Arbeiten „Hedwig Weiß'-Berlin den ersten Platz ein. Eine beinahe männliche Energie spricht aus ihnen, ein starke« realistisches Talent, ausgestattet mit der Gabe schärfster Naturbeobachtung und der Fähigkeit lebensvoller Darstellung de» Beobachteten. Die Künstlerin hat in den beiden Bildern „Im Aktsaale" und „Zwei nähende Kinder" treffliche Beleuchtungsstudien ausgestellt, al« Porträtmalerin erscheint sie infolge ihrer ungezügelten Technik zunächst noch hart und zu derb, während sie im Genre bereit» Bedeutende« leistet in dem stimmungsvollen Gemälde „Thränenkrüglein" und mehreren flotten Illustra tionen Unter den Porträtistinnen ist die talentierteste Hanna Höchstädt-Berlin, die ein Pastellbild „Junges Mädchen", ein Oelgemälde „Alte Frau" und eine Studie „Kind" ausgestellt hat. Besonder» an dem Bildnis der alten Frau kann man die reiche Begabung der Künstlerin, ihre sichere Zeichnung, die lebendige Charakteristik und das nicht unbedeutende farbige Können erkennen. Die reifste in technischer Hinsicht und in Beziehung auf künst lerische Durchbildung scheint Mari« Merenz-Berlin zu sein, deren „Bildnis" allerdings so stark auf Abklärung hin gearbeitet ist, daß die charakteristischen Züge dcS Ob jektes unter der Glätte der Farbe beinahe ganz ver loren gehen. Lobenswerte» leistet auch Ida Marggraff- Charlottenburg, die zwei Porträt», eine „Bildnisstudie" und ein genreartige» Bildnis „Behaglich", ausgestellt hat, von denen namentlich das letztere durch liebenswürdige Charakteristik und feine Farbigkeit angenehm aussällt. Bedeutend im seelischen und geistigen Ausdruck, technisch aber noch nicht reif sind die Porträts Clara Elis. FischerS-Berlin, unter ihnen insbesondere das eine« jungen Weibe« mit dem ungemein echten Ausdruck stummen Entsagen« im Auge. DaS Bild führt den Titel „Ich den!' der alten Zeit und der vergangenen Jahre". Auch das „Betende Kind" ist lebensvoll und mit prächtiger Schilderung der Andachtsstimmung gemalt. Reiche, wenn auch noch im Keimen begriffene Begabung besitzt Martha Dehr- mann-Berlin, die ein großes Gruppenbild „Jungfern im Grünen" ausgestellt hat Unsere Leser werden sich von der SonderauSstellung von Werken der vlämischen Künstler im Kunstverein eine« Gemäldes Ferdinand Khnopps» erinnern, da« einen ähnlichen Vorgang sehr stimmungsvoll und mit großer Echtheit im Ton dar stellte. Erscheint auf dem Dehrmannschen Bilde die Stimmung auch nicht so echt und reich wie auf dem Khnoppfschen Bilde, ist dort der Ton auch wärmer, kraftvoller und inhaltreicher al« hier, so zeigt doch die deutsche Künstlerin schon heute einen Reichtum an stoff lichem wie technischem Können, der von ihrer Zukunft Erfreuliches erhoffen läßt. Unter den Landschafterinnen ist die tüchtigste Helene Sietze-Berlin. Ihre Arbeiten sind zwar nur ehrliche Wirklichkeitsschilderungen, die Stimmungsgehalt al« Ballast zu betrachten scheinen, aber da« gerade hebt sie vorteilhaft ab von den meisten Arbeiten der übrigen Landschafterinnen, die als ausgesprochene Veduten sich erweisen, verklärt von jener kraftlosen, weichlichen Schön heit, wie die Natur sie nicht darbietet, die vielmehr da» Ergebnis einer befangenen Naturbeobachtung sind. Helene Siehe allein scheint zunächst die Fähigkeit verliehen, die Natur im keuschen Reiz« ihrer licht- und lustumfloffenen Formen zu belauschen; ihr großes Gemäld« „Ostsee-
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