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Dresdner Journal : 19.08.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-08-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189908197
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18990819
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18990819
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-08
- Tag 1899-08-19
-
Monat
1899-08
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 19.08.1899
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1N2— daß in der That Pestfalle vorliegen. Die von den Mächten alsbald ergriffenen VorfichlSmaßregeln werden hoffentlich verhindern, daß die gefährliche Krankheit sich weiter ausbreitet. Zwar ist aus Lissabon fchon in den letzten Tagen versichert word.n, die Er- krankungSfälle wären im Abnehmen begriffen, allein man muß dieser an sich erfreulichen Meldung gegen über einstweilen jenes Mißtrauen empfinden, das nun einmal durch die Neigung der portugiesischen Be hörden, die Sache im Anfang zu vertuschen, erzeugt worden ist. Tagesgeschichte. Dratsche- Reich. * Berlin. Se. Majestät der Kaiser trafen gestern vormittag gegen '^9 Uhr m Amanweiler ein, stiegen zu Pferde und ritten nach St. Privat Die Ankunft daselbst wurde durch Glockengeläut« angekündigt Die Bevölkerung begrüßte den Monarchen enthusiastisch Nach Abreiten sämt licher Fronten hielten Se Majestät der Kaiser zu Pferde gegenüber dem zu enthüllenden Denkmal de« 1 Garde- Regiment« z F. Al«dann stimmten die Sänger der Garnison Metz ein Kirchenlied an, worauf der protestan tische und der katholische Garnisonpfarrer Ansprachen hiel ten, in denen sie der Gefallenen gedachten Kurze Gebete der Geistlichen schloßen sich den Ansprachen an Hierauf hielten Se Majestät die gestern gemeldete Rede und Übergaben da« Denkmal dem XVl. Armeecorps und dem Bezirk«- Präsidenten Der kommandierende General Graf v. Häseler ließ präsentieren, und unter dem Donner der Geschütze und den Hurrarufen der Anwesenden fiel die Denkmalshülle. Am Fuße de« Denkmals sind zahlreiche Kränze nieder gelegt, darunter auch solche von den au« ganz Deutsch land herbeigeeilten Veteranen de« Regiment«. Se. Majestät der Kaiser ritten nach Schluß der Feier an der Spitze der Fahnen und der Leibcompagnie des 1. Garde- Regiment« z. F. durch St. Privat nach Metz, wo Se. Majestät um ^2 Uhr «intrafen. — Der Staatssekretär des ReichSamt« de« Innern hat den Zentralverband deutscher Industrieller zu einem Gutachten über die Neugestaltung de« afrikanischen Reichspostdampferdienste» aufgefordert Im Herbst nächsten Jahre« läuft der mit der deutschen Oftafrika- Linie abgeschlossene SuboentionSvertrag wegen Herstellung und Unterhaltung einer regelmäßigen PostdampfschiffS- verbindung mit Ostafrika ab. Bei der vorzunehmenden Neugestaltung liegt e« in der Absicht, eine vierzehntägige Verbindung mit Ostafrika vertragsmäßig sestzulegen. Außerdem ist in Erwägung genommen, das Kapland in die Reichspostdampferlinie einzubeziehen. Da« Kapland steht für die deutsche Ausfuhr an der Spitze der afrika nischen Gebiete Im Jahre 1896 bezifferte sich der Wert der deutschen Ausfuhr dorthin auf 15,6 Mill. M E« folgte Transvaal mit 13,7 Mill, Westafrika ohne deutsche Schutzgebiete mit 8,5 Mill, Deutsch-Westafrika mit 4 Mill, Ostafrika ohne deutsche Schutzgebiete mit 3 Mill, und Deutsch Ostafrika mit 1,2 Mill M. Daß eine Steigerung de« südafrikanischen Verkehrs sehr wohl mög lich ist, geht aus der Thatsache hervor, daß sich die deutsche Ausfuhr nach Transvaal vom Jahre 1889, dem letzten Jahre vor der Errichtung der deutschen Postdampferoerbindung, bi« zum Jahre 1896 um 12^ Mill. M. gehoben hat. An der Ausfuhr nach Britisch-Südafrika sind vornehmlich die Textil industrie, Eisen-, GlaS-, Holzwaren-, Instrumenten-, Lederwaren-, Materialwaren-, darunter Brau-Industrie u a. beteiligt Diese und andere Thatsachen haben im Reich«, amte des Janern dazu geführt, Anregungen zur Erweiter ung unserer PostdampsschiffSverbindung mit Afrika mit Bezug auf da« Kapland näher zu treten Da für die weitere Behandlung der Angelegenheit der Staatssekretär de« ReichSamt« de« Innern gern darüber unterrichtet sein möchte, welches Interesse Handel und Industrie an dieser Erweiterung nehmen, so hat er den Zentralverband zu einer Aeußerung thunlichst bi« zum 1. Oktober d Js. aufgefordert. Die neue Einrichtung würde statt der bis- herigen Beihilfe de« Reich« von 900000 M. eine solche im Betrage von 1200000 M. nötig machen — Nachdem der Ausbruch der Pest in Oporto be- kannt geworden war, sind, wie die „Nordd. Allg. Ztg." vernimmt, die Regierungen der Bundesseestaaten sofort ersucht worden, die gesundheitspolizeiliche Ueberwachung d<r Schiffe, die au« Oporto und den von der Pest unmittelbar bedrohten übrigen Häfen der pyrenäischen Halbinsel eintreffen, herbeizuführen. Der Erlaß cine» Einfuhrverbotes ist in die Wege geleitet. Bi« e« er- kaffen werden kann, sollen Waren, durch die eine Ein schleppung de« Krankheitsstoffe« zu befürchten ist, nur nach vorheriger wirksamer Desinfektion zur Einfuhr zu gelaffen werden Im übrigen wird der Verlauf der Epidemie in Oporto seitens der Behörden mit Auf merksamkeit verfolgt, und es ist anzunehmen, daß er forderlichen Fall» noch weitere Sicherheitsmaßregeln er griffen werden — Mit allseitiger Genugthuung hat man von diesen Maßnahmen Kenntnis genommen Angesichts der lebhaften deutsch portugiesischen Handels- und Schiff ¬ fahrtsbeziehungen ist es in der That von Wichtigkeit, daß die Furcht einer Uebertragung der in Portugal au«- gebrochenen Epidemie noch Deutschland unter tun dies seitigen Bevölkerunatkreisin keinen Eingang finde. Ta« Herannahen der kühleren Jahretzlit bildet zwar in diesem Falle nicht, wie z. B bei Cholera und gelbem Fieber, ein sicherstcllendr« Moment, da der Pestkeim bei kühlerer Witterung sogar noch akuter auftritt, al« bei warmer, indessen sprechen anderweite Erwägungen dafür, daß da« mittlere und nördliche Europa sich wegen Vordringen« der Pest keiner übergroßen Aengstlichkeit zu überlassen braucht. Schon einmal in diesem Jahrhundert wurden Gibraltar und die benachbarten spanüchtn Häsen von der Pest heimgesucht, ohne daß die Krankheit weiter nord- und ostwärts vorrudringen vermocht hätte. Und damal« war von einer wissenschaftlichen Hygiene und einer sanität«- behördlichen Prophylaxe im modernen Sinne de« Worte« absolut keine Rede. Ueberdie« zeigt daö Beispiel Bombays und Alexandrien«, daß die mit diesen Brutstätten der Pest in steter Verbindung stehenden europäischen Häsen jeder Infektion bi« jetzt entgangen sind Oporto, wie über haupt die portugiesischen Städte, ist in sanitärer Hinsicht noch so ziemlich im Mittelalter stecken geblieben; wo aber auf Reinlichkeit de« Boden«, der Luft, der Kleidung rc, auf gesunde Wohnungen und Lebenthaltung gesehen wird, da ist den Seuchenbazillen der Nährboden entzogen. In Wien haben die seinerzeit vorgekommencn experimentellen Pestfälle keinerlei weitere Kreise in Mitleidenschaft ge zogen; ebenso blieben ein oder zwei im Londoner Hafen konstatierte Pestsälle durchaus vereinzelt. Man darf daher auf Grund der Erfahrung annehmen, daß auch dietmal die Pest auf ihren portugiesischen Ausbruchsherd beschränkt bleiben werde, womit natürlich nicht gesagt sein soll, daß die Ergreifung der zweckdienlichen sanitären Kontroll maßregeln sich erübrige. — Nachdem wiederholt Anfragen an das Reichs- Marineamt gerichtet find, ob sich das Kiautschou-Ge biet zu einer landwirtschaftlichen Besiedelung (Ackerbau, Viehzucht) eignet, und ob Landwirte bei einigem Kapital Aussicht auf ein gutes Fortkommen dort haben, ist der Gouverneur de« Gebiete« zu einer besonderen Aeußcr- ung hierüber veranlaßt worden und hat sich folgendermaßen ausgesprochen: „Abgesehen davon, daß das Gebiet zu klein ist, um auf die Dauer der Landwirtschaft Raum zu ge währen, darf auch mit Recht die Möglichkeit einer Kon kurrenz mit dem genügsamen, fleißigen, an das Klima ge wöhnten und in den Bodenverhältnissen erfahrenen Chinesen schon au« dem Grunde bezweifelt werden, weil der Preis, zu dem Regierungsland abgegeben werden muß, ein ver hältnismäßig zu hoher sein würde. Für die Viehzucht insbesondere bietet sich durch den Mangel an Graswuch« nur geringste Aussicht. Wiesen sind nicht vorhandcn; sie fehlen in Schantung überhaupt, wie überall dort, wo eine trockene mit einer nassen Jahreszeit abwcchselt Im Wege der Berieselung wäre allerdings die Möglichkeit von Wiesenbildung gegeben. Demgegenüber liegt jedoch die Thatsache vor, daß überall in Schantung dort, wo Wasser ständig vorhanden ist, gewinnbringendere Früchte gezogen werden." — Die „Nordd Allg. Ztg." schreibt: „Die Ergebnisse der Abstimmungen der gestrigen zweiten Lesung der Kanalvorlage sind sehr betrübender Art. Die kon servative Partei, nicht minder der größte Teil der frei konservativen Partei stimmten mit wenigen Ausnahmen nicht bloß gegen den ganzen Mittelland-Kanal, sondern auch gegen die Verbindung des Dortmund-Ems Kanals mit dem Rhein und brachten, da auch ein Teil der kanal freundlichen Parteien wegen provinzieller vermvintlicker Interessen gespalten war und au» taktischen Gründen bei der Hauptabstimmung sich daS Zentrum im wesentlichen enthielt, die Vorlage in beiden Abstimmungen zu Fall; den Dortmund-Rhein-Kanal allerdings nur mit einer Mehrheit von zwei Stimmen. Wenn diese Haltung der konservativen Parteien wider Verhoffen in der morgigen dritten Lesung fortdauert, so liegt die Befürchtung sehr nahe, daß die bisherige Stellung der konservativen Parteien zur Staatsregierung und selbst zur Krone in folgedessen eine erhebliche Erschütterung erleiden würde Die Minister haben schon darauf hingewiesen, daß diese Frage nicht vereinzelt werden könne, und daß die Parteien alle Veranlassung haben, in ihrem eigenen Interesse sie im Zusammenhang mit der gesamten politischen und wirt schaftlichen Lage de« Landes zu betrachten Wir können daher nur die dringende Hoffnung und Mahnung aus sprechen, daß die konservativen Parteien noch im letzten Augenblicke auch von diesem Standpunkte aus die Frage betrachten und in der morgigen Abstimmung ihre bis herige schroffe Ablehnung modifizieren. Die von den gegnerischen Parteien angeführten Gründe und Bedenken gegen da» große nationale Unternehmen find im Lause der Beratungen von allen Gesichtspunkten aus so voll ständig widerlegt worden, daß denselben eine Aenderurg in ihrer Haltung um so leichter werden muß " — Zur dritten Lesung der Kanal-Vorlage be antragen die Nationalliberalen die Wiederherstellung der Regierungsvorlage; da« Zentrum beantragt die Wicdcr- herst^llung des Dortmund-Rhein-Kanals sowie die Eraänz- ungen zum Dortmund-EmS-Kanal. — Da« Herrenhau» hält seine nächste Sitzung am 23. d Mt«. ab. — Nach dem Verlaust der vorgestern abend abge« haltenen Sitzung der Kommission de« Abgeordneten hauses für die Gemeindewahlreform ist diese Vor lage al« gescheitert zu erachten. — Die am 17. d. Mts. ausgegebene Nr. 37 de« Reichs-Gesetzblattes enthält die Bekanntmachung vom 13 August 1899, betreffend die technische Ein heit im Eisenbahnwesen, sowie die Bekanntmachung vom 17. August 1899, betreffend den Schutz deutscher Waren bezeichnungen in Guatemala. — In der gestrigen Sitzung de« preußischen Ab geordnetenhauses kamen die StaatSvertrSge zwischen Preußen, Bremen, Braunschweig und Lippe, betreffend die Kanalisierung der Lippe und der Unterweser, zur zweiten Lesung; diese Verträge stehen im engen Zusammenhänge mtt der gestern erledigten Kanalvorlage. — Abg. Bachem (Z.) beantragt, diesen Punkt von der Tagesordnung abzusitzen. — Abg vr. Hahn (wildk.) bittet, in tue Beratung einzutrcten, da die Frage, ob die Interessen Preußens bei einer Kanalisier ung der Unterweser genügend gewahrt seien, noch der Er örterung bedürse — Der Antrag Bachem wird mit 180 gegen 159 Stimmen angenommen. — ES sol„t die erste Lesung des vom Herrenhaus» bereit- genehmigten GesetzentwursS, be treffend die Kirchenversassung der evangelischen Kirche im Konsistorialbezirk Franksurt a. M. — Die Vorlage wird in erster und zweiter Lesung erledigt. — Sodann kommt die vom Herrenhaus« geänderte Vorlage betreffend die Dienst stellung de- Kreisarztes und die Bildung von Te- sundhertSkommissionen zur Beratung — Tas Herrenhaus hat dem Kreisarzt daS Recht beigelegt, an den Beratungen der Äesundheitkkommissionen mit vollem Stimmrecht teilzunehmen. Das Abgeordnetenhaus hatte in seinen früheren Beschlüssen dem Kreisärzte nur beratende Stimme beigelegt. — Die Vorlage wird en bloo nach den Beschlüßen des Herrenhauses an genommen. — ES folgt die erste Lesung des Besetz- entwurseS betreffend die Bestrasung von Zuwiderhand lungen gegen die Vorschriften über die Erhebung von BerkehrSadgaben. — Die Vorlage geht an cine besondere 14er Kommission Es beginnt alSdann die Beratung der Inter pellation Rinz und Gen: Welche Maßregeln gedenkt die Regierung zu ergreifen, um dem durch die Ueberschwemmung der Spree eingetretcnen Notstände abzuhclfen? — Minister Frhr. v. Hammerstein erklärt sich zur sofortigen Be antwortung bereit. — Abg. Ring (kons) begründet die Interpellation. — Minister Frhr. v. Hammerstein stellt die Inangriffnahme der Arbeiten in sichere Aussicht. (Bravo!). — Auf Antrag teS Abg Schall findet Besprechung der Inter pellation statt, an der sich verschiedene Abgeordnete beteiligen und in deren Verlaufe Minister Frhr. v Hammerstein mehr fache Erklärungen abgiebt. Schließlich wird die Besprechung der Interpellation für erledigt erklärt. — Sodann kommt die Vorlage, betreffend Schutzmaßregeln im Ouellgebiete der linksseitigen schlesischen Oderzuslüsse, zur Beratung. DaS Abgeordnetenhaus hatte die Regulierungskosien zu je einem Drittel der Gemeinde, der Provinz und dem Staate auserlegt. Dar Herrenhaus hat diese Kostenverteilung dahin geändert, daß ein Drittel von der Gemeinde, zwei Drittel vom Staate zu übernehmen sind. Abg. Seydel-Hirschberg (natl.) be antragt Wiederherstellung der Beschlüsse deS Abgeordneten hauses — Nachdem Minister Frhr. v. Hammerstein die HerrenhauSbeschlüsse sür unannehmbar erklärt, gelangt der An trag Seydel zur Annahme. Die Vorlage geht also nochmals an da- Herrenhaus zurück. — Es solgt noch die Beratung des Gesetzentwurfes, betreffend die Landesbank in Wies baden. Tie Vorlage wird debattelos in erster und zweiter Lesung angenommen. — Nächste Sitzung morgen. tsterretch-Ungaru. Wien. Der 69. Geburtstag de« Kaisers ver anlaßt die Journale, in schwungvollen Worten die hohen Tugenden de« Kaiser« zu preisen und, indem sie auf die Huldigung der Vöiker Hinweisen, dem Wunsche Ausdruck zu geben, daß es dem Kaiser beschieden sei, die Ver söhnung der Gegensätze herbeizuführen. Die „Wiener Abendpost" hat gestern dem Festtage folgende Worte gewidmet: „Mit Empfindungen, worin Liebe und Stolz sich mengen, blicken die Bürger diese« Reiche« auf ihren kaiserlichen Herrn, dem die fernsten Völker den Zoll ehr erbietiger Huldigung darbringen — den Fürsten, in dem die Welt eine erhabene Stütze de« Frieden«, einen leben digen Schatz an Weisheit und Erfahrung, ein weithin leuchtendes Vorbild aufopfernder Pflichttreue verehrt. AI« im Vorjahre die Völker der Monarchie sich zum Wiegen feste ihres Kaiser« und König« rüsteten, da standen die Herzen unter dem erwartungsvollen Eindrücke de« Jubi- läumSjahre«. Wenige Wochen gingen in« Land, und mit blutendem Herzen sammelten sich die Völker de« Reiche« als Leidtragende um den Thron Habsburg«; über dem Tage des 2. Dezember lagen Schatten der Trauer. Um so ergreifender und überzeugender jedoch traten die tief- wurzelnden dynastischen Empfindungen und die persönlichen Gefühle der Liebe sür den Monarchen zu Tage. Tief eingegraben in das Herz jede« Oesterreicher« sind die Worte de« Allerhöchsten Handschreiben« vom 8. Dezember: „Ich bete zu Gott dem Allmächtigen, daß er Meine treuen Völker segne und lohne für all die tröstende Liebe, mit der sie Mich in diesen Tagen weihevollen Gedenken« umgeben haben, und Ich erflehe Mir die Gnade de« Himmel«, den Abend Meines Lebens verklärt zu sehen durch das ungetrübte Glück aller Meiner Völker." Die väterliche Liebe und Güte, die au« diesen Worten spricht, wird in Treuen er widert von den Völkern des Reiches, die sich in ernsten Stunden der Erhebung stet« al» ein Hau«, al» eine Fa milie fühlen. Und zum Throne de» Allmächtigen erhebt sich da« heiße Gebet: Möge eine gütige Vorsehung den Segenswunsch de« edelsten Fürsten zur Wirklichkeit werden lassen! Möge die besondere Gnade de« Himmel« über Seinem geheiligten Haupte walten!" — Da« „Fremden blatt" sagt: An diesem Tage kommt da« Ausland neuerlich zum Bewußtsein, daß wir eine unlösliche, un zerstörbare Einheit bilden, und daß da« dynastische Fun dament der Monarchie tief in allen Herzen wurzelt und jenen gewaltigen Wall bildet, an dem alle übergreifenden, extremen politischen Strömungen sich machtlos brechen müssen Die treue, unentwegte Verehrung und Liebe sür den Monarchen flößt dem ganzen Reiche und dem Aut- lande die Zuversicht ein, daß auch in dem österreichischen Völkerstreit endlich der Tag de« Frieden« anbrechen wird. — Da» „Neue Wiener Tageblatt" hebt hervor, daß dem Namen de« Monarchen in der ganzen Welt der Ruhmestitel eines FriedenSsürsten beigelegt wird — In ähnlichem Sinne sprechen sich die anderen Blätter au«. — Im ganzen Lande wurde der Geburtstag de« Kaiscr» festlich begangen Hier fand auch auf der Schmelz eine Parade der Garnison statt, welche vom Erzherzog Franz Ferdinand abgenommen wurde. — (Meldung de« Wiener K K. Teletzr -Corresp - Bureau«) Der Minister de« Auswärtigen Graf GoluchowSki begiebt sich heute zum Besuche deS deutschen Staatssekretär« Grafen Bülow nach dem Semmering. Buda.Pest. Sämtliche Blätter bringen schwung volle Festartikel anläßlich de« Geburtstage« de« König«. Der Tag selbst wurde hier mit Gottesdienst und Parade festlich begangen. Araukreich. Pari« Im gestrigen Ministerrate teilte Minister präsident Waldeck-Rousseau eine Depesche de« Prä fekten de» Departements Jle-et-Vilaine mit, in der dieser die Verhaftung de« de« Mordversuche« gegen Labori ver dächtigen Glorot meldet, aber gleichzeitig diesen nur unter Vorbehalt al« den Schuldigen bezeichnet. — Der „Figaro" erklärt, er sei von dem Geschäfts träger der österreichischen Botschaft in Pari« ermächtigt, die vorgestern veröffentlichte Depesche de« Obersten Schneider für richtig und authentisch zu erklären, in der da« ihm zugeschriebene und von Mercier in die Debatte de« Kriegsgerichts hineingeworfcne Schriftstück als eine Fälschung bezeichnet wird. — Im „Matin" erklärte Esterhazy, er werde dem General Roget den materiellen Beweis dafür übersenden, daß kürzlich von Leuten, die au« Pari« kamen, bei ihm Schritte gethan wurden, um Henry »u kompromittieren. Esterhazy fügte hinzu, er sei von der Aussage der Witwe Henry« überrascht, die gesagt habe, daß sie niemals von Beziehungen zwischen ihrem Manne und ihm gewußt habe. Endlich behauptet Esterhazy, Bertulu« habe eine falsche Aussage gemacht. — Als gestern abend mehrere Mitglieder der Patriotenliga in einem Cafs in der Rue Chabrol sich aushielten, wurden auf der Straße vor dem Lokale Kund gebungen veranstaltet Die Polizei ging gegen die Mani festanten zu wiederholten Malen vor; eine Person wurde verhaftet. — Die Gruppe der nationalen Verteidigung hielt gestern nachmittag eine Versammlung ab, in welcher die Note der „Agence HavaS" bezüglich der Haltung der Regierung Guörin gegenüber zur Kenntnis genommen wurde. Die Gruppe beauftragte mehrere ihrer Mitglieder, noch einen letzten Schritt bei Guerin zu thun. — Eine Note der „Agence HavaS" sagt bezüglich der Angelegenheit Guerin, die Regierung habe jede Lösung der Frage, die darin bestände, das Hau« in der Rue Chabrol zu stürmen oder sich der Person des An geschuldigten mit Gewalt zu bemächtigen, von vornherein von der Hand gewiesen und die Erwägungen der Humanität höher als andere gestellt. Infolgedessen würden auch alle Maßregeln, die getroffen seien, um Guerin an jedem Verkehr mit der Außenwelt zu verhindern, solange es sich als notwendig erweise, aufrecht erhalten bleiben Jede Zusammenrottung werde verhindert bezw. zerstreut wcrden. — Nachdem Lasies darauf verzichtet hat, die Ver handlungen mit Guörin fortzusetzen, hat General Jacquey die Vermittlerrolle übernommen General Jacquey und Magne, die Delegierten der Gruppe der nationalen Verteidigung, hatten gestern morgen eine Be sprechung mit dem Kabinettschef Waldeck-Rousseau«, doch machen sie über da« Resultat dieser Besprechung keine Mitteilungen. Sie begaben sich beide', nachdem sie da» Ministerium des Innern verlassen hatten, nach dem Palais Bourbon, um der Gruppe der nationalen Ver teidigung über die von ihnen unternommenen Schritte Bericht zu erstatten. Die betreffende Gruppe hielt dann eine lange Sitzung ab. Berry, der beim Fortgehen be fragt wurde, erklärte, daß vorgestern abend alles ge ordnet zu sein schien, daß aber gestern morgen neue Schwierigkeiten aufgetaucht seien Nichtsdestoweniger hoffe seine Gruppe, daß man eine befriedigende Regelung der Angelegenheit erreichen werde. Scherrebecksche Webereien nach Zeichnungen von Otto Eckmann und Alsr Mohrbutter und eine Anzahl schöne Beleuchtungskörper, unter denen wir auf die von Bernhard Wenig in Berchtesgaden erdachten aufmerksam machen wollen An dem von H E Berlcpsch-Valendar ent worfenen Jagdzimmer (Nr 40) beklagt man zunächst, daß der Raum, der ihm zur Verfügung gestellt worden ist, nicht größer ausgefallen ist Die nach seinen Zeichnungen hergestellten Möbel sind für diesen Naum zu mächtig aus gefallen und lassen in ihrer hiesigen Aufstellung zu wenig von den Wänden frei. Von diesem Mißstand abgesehen, ist die Wirkung dieses JagdzimmerS durchaus einheitlich und von vornehmer Ruhe. Die Einrichtung gruppiert sich um einen in Kupfer getriebenen Kamin, zu dessen beiden Seiten zwei ziemlich niedrige und deshalb für da« Sitzen weniger bequeme Truhenbänke Platz gesunden haben Sie sind wie die beiden Lederlehnstühle des Zimmers von I. Buyten u Söhne in Düsseldorf an gefertigt ivorden, die auch den in seinen Verhältnissen besonder« gelungenen Gewehrschrank mit .Tylektypon« einlagen und schönen Messingbeschlägen auSgestthrt haben, während das etwa« zu kleine Buffet in ähnlichrr Arbeit von Robert Macco in Heidelberg herrührt. Di« Oberlichtbeleuchtung de« Zimmer« wird durch einen Rahmen aus naturfarbenem Hol, mit eingelegten Füllungen gebildet An den oberen Wänden sind Geweihe von allerhand jagdbarem Getier zur Charakterisierung der Be stimmung diese» Zimmer« angebracht. Der schöne schmiede eiserne Kronleuchter mit Messing, der in der Ecke neben dem Kamin hängt, wurde von Joses Zimmermann u. Co in München bezogen. Der Stil von Berlepsch unterscheidet sich von demjenigen seiner Münchener Kollegen, die wir in unserer Ausstellung kennen lernen, durch einen großen Reichtum feinsinniger Detail«, die namentlich an dem Büffet und an dem Gewehrschrank heroortreten Trotzdem hat er dieses Jagdzimmer äußerst harmonisch zu gestalten verstanden, sodaß die Gesamt wrikung nicht über der Betrachtung der Emzelhettrn ver loren geht. Der daneben liegende Raum Nr 41, den der Katalog al« Kinderzimmer aufführt, kann bei seiner Kleinheit nur als Probe, wie ein solches für vornehme Leute etwa her- gerichtet werden kann, betrachtet werden Was man aber zu sehen bekommt, ist ungemein reizend, sodaß man die jenigen nur beneiden kann, die in der Lage sind, ihren Lieblingen einen so künstlerisch ausgestattctcn und die kind liche Phantasie anregenden Raum zur Verfügung zu stellen Die oberen Wände sind hier mit graublauem Stoff bezogen, der von grüngebeiztem Holz ein gefaßt wird. Bi« zur mittleren Höhe ist das Zimmer mit eben solchem Holze getäfelt und mit gemusterten Stroh, matten hinterlegt Die FrieSsüllungen zeigcn köstliche Märchenbilder, die von Otto Ubbelohde in Oel gemalt sind und auf das Verständnis der Kinder mit viel Ge schick berechnet sind. Buch die niedlichen Möbel dieses Zimmer«, ein Schrank für Kinderspielzeug, eine Eckbank, ein Tisch und vier Sesselchen, sind dem Stil de« Ganzen trefflich angepaßt und verstärken das Entzücken, da« ge rade diese Schöpfung der Münchener Maler Karl Bertsch und Otto Ubbelohde allenthalben erregt. Ganz außerhalb de« Rahmen«, den die bisher ge schilderten Münchener Zimmer de« rechten Flügels bei aller Verschiedenheit im einzelnen einhalten, steht das überaus reich ausgestaltete Zimmer Nr. 43, das nach einem Entwürfe von Otto Gußmann, dem an unserer Kunstakademie als Professor für dekorative Kunst wirkenden Maler, auSgeführt worden ist. Mit reicher Pracht au«- gestattet, erinnert es viel mehr an Vorbilder aus der späten Zeit der Renaissance, al« an einen den modernen Lebensbedürfnissen angepaßten Raum Wer die Zimmer deS Lenbachschen Wohnhauses und Atelierbaue« in München kennt, wird un« zustimmen, wenn wir behaupten, daß man von dort, wo alle« älteren Einrichtungen entlehnt ist, ähnliche Eindrücke mit fortnimmt. Gußmann wäre also ein Gewerbekünstler nach dem Herzen Lcnbach«, wie e« seit Gedons Zetten rn München vrele gcgebcn hat, ein Moderner ist er jedoch nach dem, was er uns in seinem Zimmer bietet, nicht Schon die schwere, in Holz geschnitzte und reich vergoldete Kassettendecke, eine an sich in Bezug auf die Arbeit vortreffliche Leistung der Dresdner Werkstätten, die von vier figürlichen, von dem Bildhauer Richard König modellierten Trägern gehalten wird, deutet auf einen von der modernen Richtung völlig ab weichenden Geschmack hin. Dasselbe gilt von der monu mentalen Bank und dem wuchtigen Lesepult von Wilhelm Kreis, dessen Name wegen seines preisgekrönten Ent wurfes zum BiSmarckturm gegenwärtig ost genannt wird. Di« Formen dieser Möbelstücke sind fast mittelalterlich, passen aber zu dem Stil des ganzen Zimmer« vorzüglich. Die richtige Stimmung erhält dasselbe durch das mächtige gemalte GlaSfenster, das die Bestattung Siegfried« in fast düsteren Farben darstellt. Dieselbe Vorliebe sür dunkle Farben verraten die verschiedenen wundervoll ge arbeiteten Kissen und der kostbare blaue Thürvorhang mit gelben Blättern von Frau Hauptwann Hottenroth in Chemnitz Ohne Zweifel ist der Gesamteindruck dieses PrunkzimmerS äußerst stilvoll, aber die Nachahmung älterer Muster, wenn auch in freier Kombination, tritt in ihm weit mehr hervor, als die mit Recht heute angestrebte Selbständigkeit der Erfindung. Den größten Gegensatz zu Gußmann« mehr historischer Richtung weist da« Mufikzimmer von Richard Riemer schmid in München auf (Nr 44). E« bildet den letzten Raum der kunstgewerblichen Abteilung und führt dem Beschauer noch einmal ein klare« Bild der Leistungs fähigkeit des Modernen vor. Der Raum ist gedacht, als lei er auf Bestellung eine» musikliebende» Sammler» auSgeführt Die Sitzgelegenheiten, Stühle, Bänke und ein dreiteiliges Ecksopha mit Einsätzen zum Ablegen von Büchern, sind halbkreisförmig um da« den Flügel und die Plätze für da« Streichquartett tragende Podium an geordnet Ein mächtige« Fenster, an da« sich ein läng licher Tisch zum Anschauen von Radierwerken und Sammelmappen anlehnt, erhellt den ziemlich großen Raum nur mäßig, dessen Gesamteindruck erst wirklich zur Geltung kommen würde, wenn es möglich wäre, den vielflammigen, äußerst aparten elektrischen Kronleuchter im hellsten Licht erstrahlen zu lcssen. Auf den ersten Blick erkennt man, daß da« erste Ziel, das Riemerschmid bei der Erfindung dieses Zimmers vorschwcbte, die Er reichung möglichster Bequemlichkeit und praktischer Aus gestaltung war. Ihr dient in erster Linie die Konstruk tion der aller Ornamentik baren Stühle, die sich der Haltung de« ausruhenden Körper« anschmiegen und der Stellung, welche Streichinstrumente spielender Musiker cinzu- nehmen pflegen, mit kluger Berechnung cntgegcnkommcn Au« dieser praktischen Tendenz ergiebt sich aber eine ganz eigen artige Linienschönheit, die unserem an Schnitzereien und ornamentalen Aufputz gewöhnten Auge allerdings erst durch Vermittelung des Verstände« zum Bewußtsein kommt Befremdlich wirken sür den eisten Eindruck auch die matten Farben dieses Zimmer« Die Tapete in Hellem Blau und Orange ist fast ohne Muster; die Möbel au« Wassereiche und Pandukholz weisen den selben graublauen Ton auf, und auch der Schiffsstuhl in der Nähe de« Notenschranke« und de« dreieckigen Tisch chen« ist mit hellgrauem Sammet bezogen. Man kenn sich denken, daß eine andere Farbenwahl da« Ganze vor teilhafter erscheinen lassen würde; indessen wird auch der jenige, der nach dieser Richtung hin den Geschmack de» Erfinders nicht zu billigen vermag, zugeben müssen, daß sich au» den hier gegebenen Grundformen heraus etwa« für jedermann Passende« gestalten läßt, da« den per söhnlichen Bedürfnissen de« Einzelnen vollauf gerecht wird. Auf dieser Anpassungsfähigkeit beruht aber der hauptsächlichste Vorzug der von Riemerschmid mit be sonderem Geschick vertretenen modernen Richtung. Cie ist an kein« nicht von dem vorhandenen Bedürfnisse gefor derten Bedingungen und Gesetze gebunden, sondern fügt sich den Wünschen der Besteller willig an Deshalb wohnt ihr auch eine schier unbegrenzte Entwicklungsfähig-
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