Suche löschen...
Dresdner Journal : 16.08.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-08-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189908160
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18990816
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18990816
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-08
- Tag 1899-08-16
-
Monat
1899-08
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 16.08.1899
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Bezugspreis: Für Dresden vierteljährlich: 2 Mark so Ps, bei den Kaiser» lich deiltjchen Postaiistaltrn vierteljährlich »Mark; außer halb des Deutschen Reiches Post- und Stempelzuschlag. Einzelne Nummern: 10 Pf. Erscheinen: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abend-. Fernjpr.-Anschluß:Nr 12V5. Dresdner M Zournal. Antündigungügebühren: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift 20 Ps. Unter „Eingesandt" die Zeile so Ps. Bei Tabellen- und Zisfernsatz entsprechender Ausschlag. Herausgeber: Königliche Expedition de» Dresdner Journals Dresden, Zwingerstr. 20. Fernspr.-Anschluß: Nr. tL-L 18US V 188 Mittwoch, den 16. August abends. LmUicher Tue Dresden, 4. August. Mit Allerhöchster Ge nehmigung hat die Wahl des Geheimen Hofrates Professor vr. ptül. Wilhelm Kirchner in Leipzig zum Rektor der Universität daselbst für das nächste Universitätsjahr die erforderliche Bestätigung erhallen. Dresden, 14. August. Mit Allerhöchster Ge nehmigung Sr. Majestät des Königs ist dem Arbeiter Martin Richard Junghanß in Leipzig Schleußig für die von ihm am 21. April dss. Js. nicht ohne eigene Lebensgefahr bewirkte Errettung einer Frau vom Tode des Ertrinkens im Elster-Saale-Kanal die silberne Lebensrettungsmedaille nebst der Befugniß zum Tragen derselben am weißen Bande verliehen worden. Srueummgea, Versetzuvgeu rc. tm öffeutlicheu Dienste. Im Geschäftsbereiche des Ministeriums der Justiz. Der Rechtsanwalt Horst Trummler in Niedersedlitz ist zum Notar für Niedersedlitz auf so lange Zeit, als er dort seine ordentliche Geschäftsstelle haben wird, ernannt worden. Im Geschäftsbereiche des Ministeriums der Finanzen. Bei der Postverwaltung ist ernannt worden: Hellmann, zeither Postassiftent, als Ober-Postassistent im Bezirke der Kaiser lichen Ober-Postdirektion zu Leipzig. Nichtamtlicher Teil. Ter befürchtete Niedergang der französischen Kriegsflotte. In französischen Blättern sowie in sonstigen Aeußerungen hervorragender und weitsichtiger poli tischer Persönlichkeiten begegnen wir in neuerer Zeit wiederholt Alarmrufen, daß die französische Kriegs flotte, was ihren Schlachtenwert anbetrifft, im Rück gänge begriffen sei. Es wird dies zum teil den inneren politischen Wirren, zum teil aber anderen fachlichen Fehlern zugeschrieben. Einer Ausführung von Jules de Cuverville in der Fachzeitschrift „Armee et Marine" entnehmen wir hierüber folgendes: Wenn man die modernen Kriegsflotten der acht hauptsächlichsten Seemächte: England, Frankreich, Ruß land, Vereinigte Staaten, Deutschland, Italien, Japan, und Oesterreich mit einander vergleicht, wie der Stand der selben am 1. Januar eines jeden Jahres seit dem Jahre 1888 gewesen ist, so ergiebt sich, daß die fran zösische Kriegsmarine nur einen sehr geringen Kräfte zuwachs zu verzeichnen hat und seit dem Jahre 1897 der Tonnengehalt derselben im Sinken begriffen ist. Die für eine solche Vergleichung festzustellende Tonncn- zahl der einzelnen Kriegsflotten ergiebt sich aus der Begrenzung der Lebensdauer der einzelnen Schiffe, wie sie nach Maßgabe des englischen Budgets an genommen wird. Bekanntlich rechnet man in England eine Lebensdauer von 22 Jahren für gepanzerte Schiffe und geschützte Kreuzer, 15 Jahre für unge schützte Kreuzer und 11 Jahre für Torpedoboote. Wenn man nach diesem Maßstabe das Deplacement der Gefechtsflotte eines jeden der vorgenannten acht Seestaaten veranschlagt, so ergiebt sich für den Zeit punkt des 1. Januar 1899 die, oben bei der Auf zählung der Staaten innegehaltene, von England aus absteigende Reihenfolge. Was England allein angeht, so hat seit dem Jahre 1888 eine Vermehrung des Flottenbcstandes von 64V000 t auf 1140595 t stattgefunden.- Die Vermehrung beginnt im Jahre 1889 unter der Geschäfts führung des Lord Hamilton, welcher bekanntlich die Xuval vekencs ^ete ins Leben rief und es verstand, die britische Bevölkerung für diesen Flottenplan so zu interessieren, daß die Volksvertretung bereit war, alle notwendigen Opfer zu bringen, um England den ersten Rang unter den Seemächten der Welt zu sichern. Als Lord Hamilton daS Ministerium nieder gelegt hatte, zeigte sich unter seinem Nachfolger ein Stillstand, bez. Rückgang in der Tonnenzahl der britischen Kriegsflotte. Dies dauerte bis zum Jahre 1895. Nachdem Lord Goschen das Ministerium über nommen hatte, fand in lebhaftem Tempo wiederum eine Vermehrung der Tonnenzahl der britischen Kriegsflotte statt, welche dieselbe auf die gegenwärtige enorme Höhe von 1140595 t brachte, waS jede Konkurrenz anderer Mächte auf unabsehbare Zeit ausschließt. In ähnlicher Weise wie die britische Flotte hat sich der Tonnengehalt der Flotte der Vereinigten Staaten, ferner Japans und Rußlands vermehrt. Die Vereinigten Staaten sind von 60000 t im Jahre 1888 auf 246238 t am 1. Januar 1899 ge stiegen, die russische Flotte von 160000 t im Jahre 1888 auf 299783 t, die japanische von 30000 t im Jahre 1888 auf 142000 t am 1. Januar 1899. Bei diesen drei genannten Flotten zeigt sich die letzten Jahre hindurch ein stetiges bez. in letzter Zeit zu nehmendes Ansteigen der Tonnevzahl ihrer Schlacht flotten. Betrachtet man dagegen die Entwickelung der deutschen Schlachtflotte, so ist dieselbe von 170000 t im Jahre 1888 auf 244957 t Anfang 1899 ge stiegen. Während langer Jahre, und zwar haupt sächlich während der Periode von 1888 bis 1891 und von 1892 bis 1897 hat sich der Bestand der Flotte dem Tonnengehalt nach fast gleich erhalten. Erst feit 1898 beginnt eine Zunahme des Tonnengehaltes, der auch für die nächste Zeit, infolge des Flottengesetzes, anhalten wird. Jedoch erreicht die Zunahme bei weitem nicht das starke Steigungsverhältnis der japa nischen, amerikanischen und russischen Marine, ebenso wenig wie das der britischen. Von den übrigen Seestaaten ist Oesterreich seit 1888 der Tonnenzahl nach fast genau gleich geblieben, Italien von 1888 bis 1898 gestiegen, von dort aber in seiner Tonnenzahl wieder gesunken. Was nun die französische Marine anbetrifft, so zeigt sie seit dem Jahre 1897 nach einer sechsjährigen Periode ungefähren Stillstandes und einer vierjährigen Periode langsamer Zunahme eine stetige langsame Abnahme Im Jahre 1897 betrug der Tonnengehalt nahezu 590000 t, am 1. Januar 1899 finden wir in dem bezeichneten Artikel 561269 t ausgeführt. Der Verfasser des Artikels kommt zu dem Schlüsse, daß es für die französische Marine, wenn sie ihre Stellung unter den anderen behaupten will, not wendig sei, jährlich 60000 t Neubauten auf Stapel zu legen. Begnügt man sich jedoch in dem gegen wärtigen Verhältnis zu bleiben, während alle an deren Seemächte ihre Marine vermehren, so würde es notwendig sein, jährlich 22171 t auf Stapel zu legen. Hieraus würde natürlich in Wirklichkeit eine dauernde und zunehmende Jnferorität der fran zösischen Marine gegenüber den anderen Staaten sich ergeben. Wenn man französischerseits auch nur in bescheidenem Maße die Stellung, die man gegen wärtig unter den anderen Marinen einnimml, sich sichern wolle, so sei cs notwendig, mindestens jährlich 40000 t Neubauten in Angriff zu nehmen. Aus diesen Betrachtungen geht hervor, daß man in Frankreich der Ansicht ist, daß eS notwendig sei, erhebliche Opfer zu dringen, um mit dem bedeuten den Wachstum der Flotten der and-ren Mächte gleichen Schritt halten zu können. Als Ursache deS Stillstandes, bez. Rückschrittes der Marine wird der fortwährende Wechsel in der Leitung und in den An schauungen über dasjenige, was zur Stärkung und Erhaltung der Flotte notwendig ist, bezeichnet. Es ist bekannt, daß man in Frankreich fortwährend zwischen den einzelnen Typen des Schlachtschiffes, der Kreuzcr ic. schwankt, daß zeitweise erhebliche Bau zeiten notwendig waren zur Herstellung der Schiffe und daß man neuerdings mit großer Energie sich auf den Bau von unterseeischen Booten geworfen hat. Aus der Thatsache, daß Englands Kriegsflotte im stetigen raschen Wachstum sich befindet und in der Lage ist, der Kombination zweier Kriegsflotten irgend welcher anderen Mächte die Spitze zu bieten, aus der ernsten Besorgnis, welche einsichtige Kreise in Frankreich betreffs der Entwickelung ihrer Kriegs flotte hegen, sowie aus der ferneren Thatsache, daß Japan, Rußland, sowie die Vereinigten Staaten in erheblich stärkerem Tempo als Deutschland seit Jahren ihre Flotten vermehren und zum Teil die deutsche Flotte bereits stark überholt haben, geht hervor, daß auf deutscher Seite die Gefahr eines Stillstandes oder zu langsamen Fortbaues der Flotte unter allen Umständen vermieden werden muß. Denn die maritimen Interessen, welche im Krieg wie im Frieden durch die Flotte geschützt werden sollen, sind fast in allen Staaten im Wachstum begriffen, bei keinem einzigen Staate der Welt aber in so erheb lichem Maße, wie dies bei Deutschland der Fall ist. Tagesgeschichte. Dresden, 16. August. Se. Majestät der König begaben Sich in Begleitung Allerhöchstseines General- adjutanten Generalleutnants Hingst, Excellenz, und des Königl. Leibarztes Oberstabsarzt vr. Selle heute früh 5 Uhr 50 Min. mittel- Königl. Sonderzuges ab Bahnstation Hermsdorf-Rehefeld über Freiberg nach Klingenberg-Colmnitz zur Abhaltung einer Hirsch jagd auf Naundorfer Revier. Allerhöchstderselbe reisen nachmittags 6 Uhr ab Klingenberg-Colmnitz nach Niedersedlitz, woselbst die Ankunft abends 6 Uhr 53 Min. fahrplanmäßig er folgen wird, und begeben Sich hierauf in das Svmmer- jpoflager Pillnitz. Ihre Majestät die Königin, begleitet von Aller- höchstihren Damen, haben daS Königl. Jagdhaus Rehefeld heute mittag verlassen und begaben Sich auf dem Landwege, mit einem kurzen Aufenthalte in Villa Strehlen, ebenfalls nach dem Sommerhoflager Pillnitz. Deutsches Reich. * Berlin. Se. Majestät der Kaiser vollzogen gestern in Kassel die Nagelung und Weihe der den Bataillonen des Königin Augusta-Garde-GrenadierregimentS Nr. 4 und des 4. Magdeburgischen Infanterieregiments Nr. 67 sowie der Unteroffizierschule zu Potsdam verliehenen neuen Fahnen und nahmen hierauf über die Garnison Kassel die Parade ab. Später empfingen Se. Majestät den Botschafter in Konstantinopel Frhrn Marschall v Bieberstein. — AuS London läßt sich ein Berliner Blatt melden, der deutsche Dampfer „Reichstag", welcher für Transvaal bestimmten Kriegsbedarf, darunter 15 000 Gewehre, an Bord habe, sei in der Delagoabai auf Befehl der portugiesischen Behörden festgehalten worden, wogegen der deutsche Konsul vorläufig Einspruch erhoben und sich weiterhin um Weisungen nach Berlin gewandt habe. Wie die „Post" auf Er kundigungen an unterrichteter Stelle erfahren hat, ist dort von einem solchen Vorgang in der Delagoabai nichts bekannt. Wahrscheinlich handelt es sich wieder um eine von gewisser Seite in die Oeffentlichkeit ge» brachte Alarmdepesche, die dazu bestimmt ist, zwischen Deutschland und einem andern Staate Verstimmung her vorzurufen. Einige deutsche Blätter merken nämlich nie die Fallen, die ihnen vom Auslande gestellt werden; sie nehmen jede Alarmmeldung für reine Wahrheit und machen ihrer Entrüstung in allen möglichen Drohungen Luft. Bald darauf stellt sich jedoch fast regelmäßig die Grundlosigkeit der ganzen Entrüstung heraus; die be treffenden Dunkelmänner verharren ruhig hinter der Scene und freuen sich über ihren gelungenen Streich; in jenem Lande aber, gegen das die deutschen Preßdrohungen sich richteten, bleibt in der Folge eine gewiße Verstimmung zurück. Das ist dann der ganze Erfolg des übereifrigen Patriotismus. — Die Fraktionen des preußischen Abgeordneten hauses haben gestern Sitzungen abgehalten in Angelegen heit der Kanalvorlage. Die Mehrheit der Frei konservativen bleibt dabei, gegen den Kanal zu stimmen, nur 11 von 61 Mitgliedern würden dem Ent würfe zustimmen. Sie haben sich ferner dafür entschieden, den Vorschlag des Präsidenten, an die zweite Lesung der Kanalvorlage die dritte unmittelbar anzuschließen, anzu nehmen, dagegen den Kompromißvorschlag Sattler-Fritzen zum Gesetzentwurf, betreffend die Bildung der Wähler abteilungen bei den Gemeindewahlen (in der Kommission in erster Lesung als ß 2a angenommen), zu verwerfen. Die Nationalliberalen haben sowohl die Kanalvorlage als auch die Gemeindewahlrechtsreform eingehend erörtet. Für den erstgenannten Entwurf wird die überwiegende Mehrheit votieren, nur fünf Mitglieder sind entschlossen, ihre Stimmen gegen die Kanalvorlage abzugeben. In der Auffassung der Gemeindewahlrechtsreform trat eine Verschiedenheit hervor, indem namentlich die rheinischen Mitglieder das Kompromiß Fritzen-Sattler bekämpften. Den Polen wird eine kanalfreundliche Stellung nach- aesagt, vom Zentrum versieht man sich eine» neuen DerschleppungSantrages. — (B. P N.) In Zeiten geschäftlichen Aufschwunges sind die Arbeiter stets geneigt, ihre Stellungen zu wech seln, weil sie hoffen, daß sie anderweit bester fortkommen. ES ist denn auch nicht weiter auffallend, daß in den Be richten der preußischen Gewerberäte für 1898, namentlich soweit die östlichen Provinzen in Frage kommen, über den Kontraktbruch auch der Fabrikarbeiter vielfach ae- klagt wird. Die Arbeitnehmer wissen sehr wohl die Ge richte zu finden, wenn die Arbeitgeber irgend eine beim Abschluß de« ArbeitSvertrage« angeblich eingegangene Be- dingung nicht einhalten, sie selbst aber kehren sich an die vereinbarte Kündigungsfrist nicht im mindesten, wenn ihr vermeintliche» Interests in Frage kommt. Sie verlasten die Arbeitsstätte, ohne auch nur eine Anzeige erstattet zu haben. Diese Erscheinung ist im laufenden Jahre gleich falls zu beobachten, und eS wird sich wohl kaum ohne weitere« den Arbeitern das Bewußtsein ihres Unrechts beim Kontraktbruch deibringen lasten. Ausfallen aber muß es, daß die Arbeitgeber, vornehmlich der östlichen Pro vinzen, nicht wenigstens von dem Rechte Gebrauch machen, das ihnen die Gewerbeordnung in dieser Beziehung ge geben hat und das gerade geschaffen ist, um dieser Unsitte einigermaßen Einhalt zu thun, von dem Rechte, auch ohne Nachweis eine« Schadens eine Entschädigung zu fordern und zur Sicherstellung des Erhalts der letzteren Lohn einbehaltungen vorzunehmen. Während die Aussichtsbeamten für einige westliche Provinzen feststellen, daß die Arbeit geber in der im Gesetze zugelassenen Weise vorgingen, scheint eS nach den Berichten für 1898, daß in den öst lichen Provinzen nur höchst selten von dem erwähnten Rechte Gebrauch gemacht wird. Selbstverständlich werden die Arbeiter in allen den Gegenden, in denen sie ganz ohne üble Folgen dem Kontraktbruch huldigen können, nur immer häufiger lediglich nach ihrem Belieben handeln, und die Arbeitgeber der östlichen Provinzen werden eS sich nachher schließlich selbst zuzuschreiben haben, wenn auf diesem Gebiet in ihren Betrieben schlechtere Verhältnisse al« im Westen herrschen. Im übrigen nimmt, wie gleich falls au« den Fabrikinspektoratsberichten zu ersehen ist, infolge des Verhaltens der Arbeiter die Sitte, überhaupt keine Kündigungsfrist zu vereinbaren, immer mehr zu In wirtschaftlich günstigen Zeiten mag der Brauch für die Arbeiter von Vorteil sein, wie e« aber in ungünstigen Zeiten damit werden wird, bleibt abzuwarten. — Auf dem 12. VerbandStage des Zentral- verbandeS deutscher Bäckerinnungen „Germania" erklärte gestern der ReichstagSabgcordmte Euler (Z), daß er namens seiner Fraktion den deutschen Bäckern die Ver- Kunst und Wissenschaft. Refidenztheater. — Am 15. d. Mts : „Lady Ursula« Abenteuer (Ido ^ävsoturo ok Örsnla). Lustspiel in vier Akten von Anthony Hope. Deutsch von C. M. Roehr. (Zum ersten Male.) Von den in seinem Vaterlands wohlgelittenen und erfolgreichen englischen Lustspieldichter Hope erschien gestern in einer von C. M. Roehr geschickt besorgten Uebersetzung auf der Bühne de» Residenztheaters ein um die Mitte de» vorigen Jahrhundert« spielenve« vieraktige« Lustspiel, das damit seine erste Aufführung in Deutschland erlebte. Ist die Idee, die der Arbeit zu Grunde liegt, auch nicht neu, sondern des öfteren schon namentlich in der Operette verwendet worden, so ist sie doch nicht ohne Ge schmack und mit liebenswürdiger Frische in ein neue« Gewand gekleidet worden. Insbesondere darf man der Dichtung zum Lobe nachsagen, daß sie überall den Charakter des Lustspiels unverfälscht wahrt und weder, wie es heut zutage Brauch ist, nach dem Schwanke, noch nach der Poste hinüberschielt. Im Aufbau des Stoffes verzichtet der Dichter, so gewandt er ihn auch zu formen und für die Bühnenwirkung zurechtzulegen weiß, allerdings nicht auf wohlfeile Effekte, wodurch die klare Führung der Handlung ersichtlich geschädigt wird. Die ersten beiden Akte de« Stücke« sind mit überraschender Gewandtheit ausgebaut; in energischer Steigerung und straffer, von allem Beiwerk freier Komposition entwickelt der Verfasser seine Idee Hätte er sich darauf beschränkt, dem Werke drei Akte statt der vier, die e» hat, zu geben, hätte er den Inhalt seines dritten Akte« als Voraussetzung für den letzten Akt gelten lasten oder den dritten und vierten Akt miteinander verschmolzen, so würde sein Lustspiel ein technisch tadellose« Gebilde darstellen. Der rein episodische dritte Akt, so wirkungsvoll auSgestattet er an sich ist, hält vre dramatische Steigerung auf, vre durch vw ersten Verden Akte erzielt wird, und läßt die schließliche Lösung als eine wenig überraschende, jedenfalls aber gänzlich spannungs lose erscheinen. Der Inhalt des Stückes ist etwa der folgende: Lady Ursula Barrington, eine extravagante junge Aristokratin, hat mit ihrer Nichte um den Preis von sechs Paar seidenen Strümpfen gewettet, daß sie sich Eintritt in das Haus eines Frauenfeindes, des Barons Georg Sylvester, verschaffen werde. Der „Trick" mißlingt zunächst, denn al» sie, eine Ohnmacht heuchelnd, vor dem Schlosse de» Barons niedersinkt und diesen durch ihren Diener für einen Augenblick um Obdach bitten läßt, verweigert er dieses und läßt ihr statt seine» eigenen Hauses die Wohnung seines Thürhütcr« als Asyl anbieten In diesem Augenblicke reitet der ältere Bruder Ursulas an des Barons Hause vorüber; er wird Zeuge des geschilderten Vorgangs, hört, daß der Baron seiner Schwester die er betene Zuflucht verweigert habe, was er al» Beleidigung seines Namens empfindet und läßt Sylvester fordern Der übermütige Streich Ursulas scheint somit eine bedenk liche Folge haben zu sollen Um diese zu verhüten, legt Ursula Männerkleidung an, führt sich als Ursulas jüngerer Bruder in Sylvesters Haus ein und bittet diesen um gütliche Beilegung deS Zwischenfalle». Sylvester sagt die» zu, und da ihm der angebliche Bruder Ursula« gefällt, so erbietet er sich, sofort und in seiner Gegenwart die Angelegenheit mit Lady Barrington und ihrem älteren Bruder in Ordnung zu bringen So gerät Ursula, nahe am Ziele ihrer Wünsche, in neue Verlegenheit. Sie kann Sylvester nicht begleiten, da in diesem Falle ihr Lügen gewebe enthüllt werden würde Sie verläßt daher heim lich Sylvesters Hau», der zornig über den Wortbruch Lady Barrington« Bruder folgen will, al« ein von diesem liegen gelaßenes Taschentuch ihm die Gewißheit giebt, daß Lady Ursula selbst, als Mann verkleidet, vor ihm gestanden hat Anscheinend ohne Kenntnis dieser Thatsache trifft er die Verlleioete bald darauf in London, stellt sie, sie in dem Glauben lassend, er holte sie in der That für Lady Barringtons jüngern Bruder, zur Rede und fordert Genug» thuung für ihr beleidigendes Verhalten. Die schließliche Lösung ist eine allgemeine Aufklärung des übermütigen Streiche« Ursula«, die nicht nur eine Versöhnung des Bruders der Lady Barrington mit Baron Sylvester, sondern auch des letzteren Verlobung mit der abenteuer lustigen Schönen zur Folge hat. Dem Werke, das übrigens auch durch flotte und leicht fließende Sprache ausgezeichnet ist, lieh Frau Maria Reisenhofer vom Deutschen Theater in Berlin ihre hervorragenden künstlerischen Kräfte. Namentlich wußte die Darstellerin den Teil ihrer Rolle, in dem sie in Männerkleidung aufzutreten hat, mit einer Fülle lebendiger darstellerischer Einzelzüge auSzustatten und in ebenso be herrschter, wie frisch-natürlicher Art den kühnen Wagemut und die Lust am kecken Abenteuer der übermütigen eng lischen Lady zum Ausdruck zu bringen. Mit ihr teilte sich in die Ehren des Abend« — leider war da« Haus nur mäßig besucht und der Beifall, der dem Wirke und seiner Darstellung gezollt wurde, daher nur ein mäßiger — in erster Linie Hr. Karl Witt, der den frauenfeindlichen, durch Lady Ursula schließlich aber zum begeisterten Be wunderer ihrer Schönheit und Klugheit bekehrten Baron Sylvester mit männlicher Kraft und in vortrefflicher Er scheinung darstellte Die übrigen Rollen im Stücke haben nur episodische Bedeutung Sie wurden angemeßen durch geführt von den Damen Gerda Harmany-Bendix (Frau Fenton), Bertha Blanden (Dorothea Fenton), und den Herren Heinz Stillfried (Lord Haßenden, Ursula» Bruder), Karl Friese (Superintendent Blimbo), Karl Bayer (Dent) und Hans Siebert (Graf Castleton). Die Regie führte Hr Alexander Rotter. W Dg«. * Lebendige Krystalle. Von Zeit zu Zeit haben die internationalen medizinischen Kongreße Mitteilungen über die Arbeiten von Vr. Otto v. Schrön erhalten, der seit dem Jahre 1864 den Lehrstuhl für pathologische Anatomie an der Universität in Neapel inne hat Nun mehr veröffentlichen die wissenschaftlichen Zeitschriften in England auf Grund einer Mitteilung an das „Daily Chronicle" eine Nachricht, die das größte Aussehen zu machen berechtigt ist. Es handelt sich um nichts Ge ringere«, als um eine Ueberbrückung zwischen Tod und Leben, da« heißt in der Beziehung, daß nunmehr natür liche Körper entdeckt worden sind, die zugleich alle wesent lichen Eigenschaften des Lebendigen und des Leblosen be sitzen In der Naturkunde unterscheidet man bekanntlich von alters her die drei Reiche der Mineralien, Pflanzen und Tiere. In jedem dieser drei Reiche giebt e« Indivi duen, Einzelwesen, die durch eine scharfe Begrenzung und eine Summe von bestimmten Eigenschaften ihre Persön lichkeit beweisen. Während aber im Mineralreich alle Eigenschaften an eine mathematisch gesetzmäßige Form ge bunden sind, kommen bei Pflanzen und Tieren die LebenS- äußerungen, nämlich Bewegung, Stoffwechsel und Fort pflanzung hinzu Das Erstaunliche an der angeblichen Entdeckung des Neapeler Professors besteht nun eben da rin, daß sie die Existenz von Wesen festgestellt haben soll, die man als lebendige Krystalle bezeichnen kann, weil sie die mathematisch gesetzmäßige Form mit dem Besitz von allen wesentlichen Eigenschaften des Lebens vereinigen, vr. v Schrön hat gefunden, daß lebende Materie, vor zugsweise aus Eiweiß bestehende, krystalline Form anzu nehmen vermag, die so vollkommen den Gesetzen leb loser Krystalle gehorcht, daß sie äußerlich unbedingt zu diesen gerechnet werden müßte, als ob man ein Mineral wie etwa einen Diamant, einen Bergkrystall vor sich hätte Nun endlich hofft der Gelehrte dem bisher unergründlichen Rätsel der Bildung eine« solchen Krystalles auf die Spur kommen zu können. Man stelle sich vor, daß die Teile eines Minerals al« unbelebt und ohne Bewußtsein angenommen werden müßen und sich doch
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite