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Dresdner Journal : 17.08.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-08-17
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189908177
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18990817
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18990817
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-08
- Tag 1899-08-17
-
Monat
1899-08
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 17.08.1899
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vei«»»-ret»: Für Dre-den vierteljährlich: 2 Mark S0 Ps., bei den Kaiser- lich dt-ili chrn Postanstalten vierteljährlich »Mark; außer halb det Deutschen Reiche- Post- und Stempclzuschlag. Einzelne Nummern: 1ü Pf Erscheinen: Täglich mit Au-nahme der Sonn- und Feiertage abend«. Frrnspr.-Anschluß:Nr 1SSS. Dresdner S Journal. AnkündigungSgebühre«: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift 20 Ps Unter „Eingesandt" die Zeile so Ps. Bei Tabellen- und Zisscrnsatz entsprechender Ausschlag. Herausgeber: Königliche Expedition de- Dresdner Journal- Dre«den, Zwmgerstr. 20. Fernspr-Anschluß: Nr. 1SSL 190 1899 Donnerstag, den 17. August abends. Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben dem Briefträger Caspari sowie den Postschaffnern Schaal und Lindner, sämmtlich in Leipzig, ferner dem Post schaffner Poppitz in Rochlitz und dem Landbrief träger Krondorf in Roßwein das Allgemeine Ehrenzeichen Allergnädigst zu verleihen geruht. Se Majestät der König haben dem Briefträger Kögler in Pausa das Allgemeine Ehrenzeichen Aller gnädigst zu verleihen geruht. Ernennungen, Berfetznnge« re. im öffentlichen Dienste. 3« «eschöstsheretche «es Ministeriums «er Finanzen. Verwaltung der Zelle und Steuern. Befördert: der Oberhrenzausseher Müller zum Oberkontrolassistenten; der Revisionsausseher Bretschneider zum Zollassistenten; der RedisionSausseher Boigt zum- Zollassistenten; der Stcueraus- leher Wirth zum Obergrenzauffeher. — Versetzt: der Zoll assistent Neumann von Zwickau nach Zittau; der Zollassistent Truöl von Riesa nach Plauen; der Zollassistent Frhr. v. WaldenfelS in Plauen in die Stelle eine« Oberkontrol- assistenten daselbst. — Angestellt: die Accessiprn Bonitz, Pfeiffer und Preuße al« Steueraussehrr; der Hoboist (Sergeant) Schwalb al« Erenzaussehcr. — Pensionirt: der Zollassistent Loo« in Zittau — Verstorben: der Zollsekretär Bomnitz in Bautzen, der Revisionsausseher Weiß in Rumburg. Am «eschiftSbereiche des Ministerium« »r» Kult«» und öffentlichen Unterricht». Erledigt: die 2. ständige Lehreistelle in Rosenthal bei Schweizcrmühle. Kollator: da« König!. Ministerium des Kultus und öffentlichen Unterrichts zu Dresden. Die Stelle gewährt nach dem Kataster ein Ec- samteinkommen von 1000 M. und freie Wohnung. Für Er teilung de» Turnunterrichts werden 36 M gewährt. Gesuche sind an den Kollator zu richten und bis zum 2S. August mit den erforderlichen Beilagen an den König!. BezirkSfchulinspektor in Pirna Schulrat Lehmann einzusenden — Zu besetzen: die neuerrichtete 5. ständige Lehrerstelle in Heidenau bn Pirna. Kollator: da- König!. Ministerium de- Kultus und öffentlichen Unterrichts zu Dresden. Die Stelle gewährt außer 2SV M. Wohnungsgeld 1200 M feste» Einkommen, welches durch Orts zulagen bis zu einem Endgehalt von 2500 M. steigt, welche» rm SO. Lebensjahre erreichbar ist. Gesuche sind an den Kollator zu richten und mit den erforderlichen Beilagen bis zum »0. August an den König! Bezirksschulinspektor zu Pirna Schulrat Lehmann einzusenden; — an den Bürgerschulen zu Zwickau drei Hilsslehrerstellen Kollator: der Rat der Stadt Zwickau. DaS gesamte jährliche Einkommen beträgt je 1300 M, sofern aber der zu Wählende die WahlsähigkeitS- prüsung noch nicht bestanden hat, je 1200 M. Gesuche sind bis zum 26. August au den Kollator einzusenden. Nichtamtlicher Teil. Industrie und Landwirtschaft. In Seiner Antwort auf die Ansprache des Dort munder Oberbürgermeisters hat der Kaiser eine Mahnung ausgesprochen, die in der heutigen Zeit von besonderer Bedeutung ist. Sie lautet: „Nur durch das Jneinandergreifen und das Nebeneinander- bestchen von Industrie und Landwirtschaft ist es möglich, den Staat vorwärts zu bringen und auf gesund» r Basis weiterzuführen." Es ist dringend zu wünschen, daß diese Kaiserlichen Worte im Reiche einen lauten Widerhall finden möchten. In der That wird eine gesunde nationale Politik im Innern und nach außen in Frage gestellt, wenn die wirtschaftlichen Haupt- -faktoren miteinander im Hader liegen und wenn da durch zersetzenden Elementen die Arbeit erleichtert wird. Man wird vielleicht nicht fehlgehen, wenn man die erwähnte Kaiserliche Mahnung mit dem von Allerhöchster Stelle schon vielfach ausgesprochenen Wunsche nach einer wirtschaftlichen und politischen Sammlung der staatStreuen Bevölkerung in Zu- Aunss und Wissenschaft. Reue Romane und Novellen. Das laufende Jahr zeigt eine bemerkenswerte Verschiedenheit von manchem vorangegangenen: der Hochsommer ist ziemlich weit vorgerückt und die Flut der litterarischen Neuig keiten noch nicht stark angeschwollen Die Zahl neuer, namentlich neuer erzählender Werke scheint noch eine mäßige, ohne daß darum auf eine Verminderung der Ueberproduktion schon geschlossen werden dürfte. Der Herbst und Spätherbst werden reichlich nachbringen, was jetzt verzögert wird; bis zu der Einsicht, daß die gegenwärtige Fülle der Romane und Novellen im innersten Kern kläg liche Armut ist und daß unter hundert Veröffentlichungen immer erst eine wirkliches Anrecht auf teilnehmende Leser und litterarische Geltung hat, haben wir noch weit hin So mißlich es um alle Verallgemeinerungen steht, so läßt sich doch bemerken, daß selbst die besseren Romane der Gegenwart durchschnittlich auf halber Höhe stehen bleiben. Da» heißt, sie gehen über den Zweck der bloßen Unterhaltung, Zerstreuung oder Spannung einen oder ein paar Schritte hinaus, aber sie erheben sich nicht zu einer poetischen Idee, Stimmung oder Wirkung. Sie leisten zum Teil mit vollem Bewußtsein Verzicht hierauf, weil in ihren Verfassern der Drang, eine Studie statt eines Bilde» zu geben, allmächtig ist. Un willkürlich vertauscht auch der größere Teil der Kritik die Maßstäbe, nach denen man ein Bild beurteilt, mit denen, die einer Studie angemessen sind Unter den jüngst erschienenen Romanen verdient „Die Stärkere", Roman von Hans v Zabeltitz (Jena, Hermann Costenoble), entschieden heroorgehoben zu werden Zwar ist auch diese frisch angelegte und gleichmäßig durch- geführte Erfindung eine Episode, kein Epo», aber wenig stens handelt es sich in ihr um Lebenkverhältnisse und sammenhang bringt. Leider hat auch der Kampf um die preußische Kanalvvtlage denjenigen Elementen, die es sich grundsätzlich angelegen sein lassen, die dringend nötige Politik der Sammlung zu hintertreiben, neue Nahrung gegeben. Das Kampfobjekt — der Kanal selbst — ist dadurch völlig in den Hintergrund ge drängt worden, und das Bestreben, die „Sammlungs- Parteien" teils unter einander zu entzweien teils sie zu schwächen, ist bei der Agitation um den Mittel landkanal die Hauptsache gewesen. Es wird für das zukünftige Zusammenfassen von Industrie und Landwirtschaft, das namentlich bei der Neugestaltung unserer Handelsverträge nicht ent behrt werden kann, wesentlich sein, auf die Er regung von Zwietracht, wie sie von demokratisch- freihändlerischer Seite betrieben worden ist, hinzu weisen, um dem vorzubeugen, daß thatsächlich eine Ent fremdung dieser wichtigsten Erwerbszweige aus Anlaß der Kanalfrage eintrete. Gerade in der Kanalaugelegen heit giebt eS in Wahrheit keine grundsätzlichen Meinungs verschiedenheiten zwischen Industrie und Landwirt schaft. Sowohl Industrielle wie Landwirte sind eben sowohl unter den Freunden wie unter den Gegnern des Kanalprojekts zu finden. Nur den Darstellungen der demokratischen Presse ist eS zu verdanken, wenn in weiteren Kreisen sich die Meinung eingenistet hat, die „Agrarier" seien eS, die den Industriellen den neuen VeikehrSweg behufs weiterer wirtschaftlicher Kräftigung nicht gönnten. Diese Legenden müssen weggeräumt werden, da sie ein Jneinandergreifen von Industrie und Landwirtschaft zu verhindern bestimmt und leider auch geeignet sind. Mißgunst oder gar Feindschaft gegen die indu strielle Entwickelung liegt den Landwirten und den konservativen Pateien durchaus fern; eS wäre ja auch unklug, solche Empfindungen zu hegen oder sie gar auf die Wirtschaftspolitik einwirken zu lassen. Man wird namentlich in industriellen Kreisen nicht vergessen haben, daß sie ihre, ter Schutzzollpolitik zuzuschreibende glückliche Lage auch der Mitwirkung der „agra rischen" Konservativen verdanken. Es muß aller dings zugegeben werden, daß auf beiden Seiten — auf der Seite der Industriellen wie auf der der „Agrarier" — in den letzten Jahren verschie dentlich Fehler gemacht worden sind, die das bis dahin lebhaft empfundene SolidaritätSgefühl der beiden Interessengruppen mitunter in Frage gestellt haben. Hüben und drüben haben Prcßvertretungen und Wortführer in dem an sich löblichen Bemühen, ihre Gewerbe möglichst intensiv und erfolgreich zu ver treten, zuweilen „über die Schnur gehauen". Allein das kommt eben bei Jnteressenstreitigkeiten vor, und es wäre gar nicht notwendig, davon Aufhebens zu machen, wenn nicht die Gegner der Sammlungs politik gerade bei diesem Punkte und vornehmlich, um das Agrariertum als „bete noire" hinzustellen, ein gesetzt hätten. Man muß sich nur den Zweck klar machen, den die demokratische Linke mit der Uebertreibung „agra rischer" Preßäußerungen und mit deren Ausnutzung verbindet. Einmal soll dadurch für freihünd- lerische Wirtschaftspolitik der Boden bereits werden, und dann will man die Sammlung gegen die Sozial demokratie „nicht fördern". Die Betonung dieser beiden Punkte weist ganz von selbst auf die zwischen Industrie und Landwirtschaft trotz einzelner ab weichenden Anschauungen bestehende und dringend er forderliche Interessengemeinschaft hin. Auswärtige Konkurrenz nnd Sozialdemokratie, auf beide haben Industrie und Landwirtschaft gleich sehr zu achten. In diesem Sinne ist die Proklamation der Politik der Sammlung von der größten Wichtigkeit für unser ganzes Gemeinwohl. Zur rechten Zeit, mitten im Kampfe um wirtschaftliche Interessen, hat der Kaiser an die Notwendigkeit des „Jneinandergreifens" und des „Nebeneinanderbestehens" von Industrie und Landwirtschaft gemahnt. Hoffentlich nimmt man sich die Mahnung in industriellen und landwirtschaftlichen Kreisen zu Herzen und begräbt das mitunter viel zu leidenschaftlich geschwungene Kampfbeil. Tagesgeschichte. Dresden, 17. August. Der Oberhofmeister Ihrer Majestät der Königin, Wirkt. Geh. Rat v Malortie, Excel!, uz, ist heute früh vom Urlaube zurückgekehrt und hat sich zur Uebernahme des Dienstes bei Ihrer Majestät der Königin ins Sommerhoflager Pillnitz begeben. Deutsches Reich. * Berlin. Se. Majestät der Kaiser befahlen nach der vorgestrigen Audienz den Botschafter Frhrn. Marschall v. Bieberstein zur Abendtafel im Schlöffe Wilhelmthöhe. Gestern vormittag nahmen Se. Majestät die Vorträge des Chef« des Militärkabinetts, Generals v. Hahnke, und des Chefs des Marinekabinett», Contreadmiral« Frhrn. v. Senden-Bibran entgegen. — Daß die reichsländische Bevölkerung immer mehr die enge Fühlung mit dem deutschen Vaterlande wiedergewinnt, geht auch au» der Thatsache hervor, daß in Elsaß-Lothringen die Zahl derjenigen jungen Leute, welche sich für den Dienst in der Marine melden, von Jahr zu Jahr zunimmt. Diese Wahrnehmung ist, wie angestellte Ermittelungen ergeben haben, auch in anderen Teilen de» Deutschen Reiche» gemacht Während sie hier aber lediglich auf die wachsende Vorliebe für die Marine zurückzuführen ist, wird in Elsaß-Lothringen auch noch ein andere« Moment, da« der wachsenden Liebe zum großen deutschen Vaterlande, mitsprechen In den letzten drei Jahren wurden aus dem Bezirke Ober-Elsaß 51, au» dem Bezirke Unterelsaß 313 und au« Lothringen 263 junge Leute in die Marine eingestellt, von denen 110 noch nicht da» militärische Alter erreicht hatten Nachdem solche Vorgänge in den letzten Jahren festzustellen ge wesen find, wird man der Annäherungsentwickelung in Elfaß-Lothringen mit Ruhe zusehen können. Jedenfalls geht aus den Zahlen auch hervor, daß die deutsche Marine und die Liebe zu ihr zu den Faktoren zählen, welche auf die Wiederannäherung der Reichslande an das große deutsche Vaterland einen fördernden Einfluß ausüben. — Der frühere nationalliberale Abg. v. Benda ist im Alter von 83 Jahren gestern aus seinem Gute Rudow gestorben, v Benda hat 40 Jahre (von 1858 bi» zu den letzten Wahlen, bei denen er auf das Mandat ver zichtete) dem preußischen Abgeordmttnhause und über 30 Jahre dem Reichstage, von der Begründung deSselbcn im Jahre 1867 ab, angehört. — Die Handelskammer zu Bochum hat den von den verbündeten Regierungen dem Reichstag vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zum Schutz des gewerb lichen Arbeitsverhältnisse» dankbar begrüßt. Sie ist von der Ueberzeugung durchdrungen, daß angesichts der vielen Ausschreitungen bei Ausständen und des zu nehmenden TerroriSmu« unter der Arbeiterschaft die ge setzlichen Bestimmungen gegen den Mißbrauch des KoalitionSrechts seit langem unzulänglich geworden sind und «ine wesintliche Erweiterung und Verschärfung er fahren müssen, damit die große Masse der Arbeits willigen gegen Schaden an Leib, Gut und Ehre und in der freien Bethätigung ihrer Arbeitskraft geschützt und die Volkswirtschaft vor Schaden bewahrt wird. Sie hat eS daher sehr bedauert, daß der Reichstag in seiner ersten Lesung der Gesetzesvorlage dieselbe ohne weitere« abgelehnt und nicht einmal einer Kommissionsberatung für würdig erachtet hat, und befürchtet, daß dieser Vor gang in weiten Kreisen des Arbeiterstandes die Meinung aufkommen laßen wird, daß der Staat nicht willens oder nicht in der Lage sei, ihnen hinreichenden Schutz gegenüber dem Terrorismus zu gewähren. Sie spricht endlich die Hoffnung aus, daß bei Wiederaufnahme der Verhandlungen im Reichstage sich hier eine Mehrheit finden wird, die den verbündeten Regierungen behilflich ist, den Schutz de« gewerblichen ArbeitSverhältniffrS zu verstärken. — Der 12. VerbandStag de« Zentralverbande» deutscher Bäckerinnungen „Germania" erledigte gestern einige wichtige Punkte über polizeiliche Brottoxen und über Regelung der LehrlingSfrage. Allgemein wurde geklagt, daß für den Bäckerberuf Lehrlinge fast >ar nicht zu haben seien. Beschloßen wurde, in Städten >i« 20000 Einwohnern Zentralsprechämter für arbeit- uchende Bäckergesellen zu errichten, die JnnungL- prechämter mit dem Zentralbureau zu verbinden und arbeitsuchende Gesellen einander auf Kosten der Auftrag geber zuzuweisen. Bei der Neuwahl de« Zentralvorstande« wurde der bi«herige Vizepräsident Bernard-Berlin zum ersten Präsidenten gewählt; der bisherige erste Präsident Kuntze-Berlin hatte sein Mandat niedergelegt Dem letzteren wurde ein Ehrensold in Höhe von 3000 M bewilligt. Nachmittag« wurde der Verbandstag ge schloßen. — Die gestrige Wiederaufnahme der Sitzungen dc» preußi schen Abgeordnetenhauses ging vor dicht besetztem Re- gierungStisch uid Hause vor sich. Minister der öffentlichen Arbeiten Thielen leitete die Kanaldebatte mit der Erklärung ein, daß die StaatSregierung sich durch das negative Ergebnis der KommissionSverhandlungen in ihrer Auffassung von der hervorragenden kulturellen Bedtutung des Mittellandkanal» nicht beirren laße. ES sei die» die wichtigste wirtschaftliche Vorlage, die seit der Eifenbahnverstaatlichung den Landtag be schäftigt habe, ein MeliorationSwcrk ersten Rang«» für alle Landesteile und alle Erwerbszweige und eine nicht bloß wert volle, sondern geradezu notwendige Ergänzung der Eisen bahnen, welch' letztere nur noch mit größter Mühe und An strengung zur Bewältigung des Verkehrs im stände seien. Jedenfalls fei er, der Minister, nicht in der Lage, die Verantwortung für die Betriebssicherheit des Bahnverkehrs im Ruhrgebiet länger zu tragen, wenn nicht diese BerkehrSeinrichtungen durch eine leistungsfähige Wasserstraße ergänzt würden Er er blicke übrigens m der Vorlage nichts anderes als die Konse quenz der Beschlüße deS Abgeordnetenhaus»« von 1886; die StaatSregierung müße mit Entschiedenheit aus Annahme der Vorlage dringen. Der Redner der Konservativen, Graf Limburg- Stirum, erkannte die wirtschaftliche Bedeutung der Vorlage an, erklärte sie aber sür einen Bruch mit den srüher inaugu rierten VerkehrSgrundsätzen. Er bestritt, daß gerade die Land wirtschaft dem Kanalprojekt die meiste Abneigung entgegen- bringe, die- gelte in erhöhtem Maße von der Industrie, soweit sie nicht unmittelbar in dem VerkehrSgebiete dc« geplanten Kanals gelegen fei Im ganzen erklärte Redner die Eisenbahnen für daS ungleich wertvollere Verkehrsmittel, auch unter dem militärischen Gesichtspunkte. Der größere Teil seiner Partei werde aus diesen Erwägungen gegen die Vorlage stimmen Aus eine Frage des Redners nach dem Stande der Sekundärbahnvorlage erklärte sodann Minister Thielen, daß schwierige technische Untersuchungen die Fertigstellung dieser Vorlage verzögert hätten, daß es inde» möglich sein werde, sie noch während des Restes der Tagung zu erledigen. Mit ihrer Einbringung solle bi- nach Ablauf der zweiten Lesung der Kanalvorlage gewartet werden. Zur Kanalfrage selbst nahm nunmehr der Oberst Budde', Ches der Eisenbahnabteilung im Troßen Generalbabe, da- Wort. Er entwickelte die Gründe, au» denen die Militärver waltung der Herstellung deS Rhein-Elbe Kanals besonderen Wert für die Landesverteidigung beilege, und wies nach, daß die Eisenbahnen nicht auSreichen, um allen an sie im Ernstfälle herantretenden Anforderungen bezüglich des Transporte- von Massengütern, Proviant re tn wünschenswertem Umsange ge recht zu werden. Im besonderen betonte er, daß die Militär verwaltung da» Recht wie die Pflicht habe, im Kriegsfall alle Eisenbahnen mit ihrem gesamten Material in Bcschlag zu nehmen, und daß darum auch für den wirtschaftlichen Verkehr die Ergänzung des Eisenbahnnetzes durch ein Netz leistungs fähiger Wasserstraßen behufs Erhaltung der Verbindung zwischen West und Ost erforderlich sei. Schließlich erwähnte Oberst Budde noch ein Gutachten des FeldmarschavS Grasen v. Moltke vom 16. August 1874, also gerade 2b Jahre alt, in welchem der große Stratege sehr nachdrücklich hervorhebt, daß Kanäle und Wasserstraßen eine sehr erhebliche Bedeutung für die Landesverteidigung haben und daß neben dem Ausbau deS EisenbahnjysiemS auch ein entsprechende» Waßrrstraßcm ctz vom militärischen Standpunkte durchaus wünschenswert sei NamenS derFreikonservativen erkannte Abg. Rewoldt das Gewicht der vom Vorredner dargelegten Gründe an, doch meinte er, nicht die militärische, sondcrn die wirtschaftliche Seite der Sache sei entscheidend. In dieser Hinsicht, hob Redner hervor, bedrohe der Rhein-Elbe-Kanal die preußischen Finanzen mit einer erheblichen Schädigung, ebenso werde er auch dem Entwicklungsgänge deS Eisenbahnwesens präjudizitren einen Konflikt von aügememerrr Beveurung. Hat» Hauptmotiv des Romans, die Besiegung einer Leidenschaft durch die ausdauernde Treue und Stärke, die selbstlose Liebe der Gattin ist nicht neu, aber gut und lebendig durchgeführt, die Charakteristik der wenigen Gestalten deutlich und tüchtig, die Schilderungen au« Tirol, aus einer rheinischen Fabrik, einer kleinen Garnison, von einem preußischen Landgute sind bunt und zeugen von sicherer und feiner Beobachtung Wir erhalten nicht Milieu- malerei im modischen Sinne, aber da alles klar und plastisch vors Auge tritt, so genügt die schildernde Weise de» Verfassers vollständig Das beste Lob, das sich der Erzählung spenden läßt, ist, daß die Entwickelung alles Späteren hinter dem prächtigen Einsatz nicht zurückbleibt. D e LebenSanschauung de« Verfasser« ist gesund, er setzt die Pflicht über die Neigung und erschließt eben damit Tiefen des Leben« und der Beglückung, die unmodern, aber in neuer wie in alter Zeit der Welt und dem Einzelnen unentbehrlich sind. — Ein Roman „Dem Leben zurückgegeben" von B Ernst (Berlin, Alfred Schall, Verein der Bücher freunde) ist wohlgemeint, aber viel zu sehr nach der alten Schablone der Romanverwickelung und Romanlösung aus- gesührt, um wirklich lebendigen Eindruck zu machen Der glückliche Schluß beherrscht von vornherein die Phantasie de« Verfassers — oder ist es eine Verfasserin? —, und da» Rezept, nach welchem der millionenreiche Kommerzienrat Märker dem erst abgewiesenen Grasen Nordau die Hand seiner Tochter bewilligt und das Stammgut der Familie zurückkauft, ist wahrlich schon durch zu viele Hände ge gangen. In den Sätzen de» Schlußkapitels: „Der Baron Perger und seine Frau, die einige» Recht hatten, sich al» die Gründer diese» Glücke« zu betrachten, waren ent zückt von dieser Lösung. Alle Schläge, mit denen das Schicksal ihren Liebling verfolgt hatte, waren damit reichlich ausgeglichen und vergütet. Mitte November sand die Hochzeit des jungen Paare» statt. Am HochzeitSmorgen ries Hr Marler oen iL-rosen zu pq »ns Atvcirsznnmer und übergab ihm da« von ihrer Tante ererbte Vermögen AndyS. „Der Rückkauf von Bergau ist so gut wie ab geschlossen", sagte er. „ES ist mein Wunsch, daß das Geschäft in deinem Namen gemacht wird; vollende du eS darum Der jetzige Besitzer beabsichtigt bis Neujahr dort zu bleiben und euch dann Platz zu machen" ist der ganze Roman enthalten. Die Hindernisse und Begebnisse der gesamten Erfindung haben für diese Art der Erzählung keine andere Bedeutung, als die Hürden und Gräben, die bei einem Rennen zu nehmen sind. Was Ernsts Roman „Dem Leben zurückgegeben" in Neuheit der Motive, in Schärfe der Charakteristik, Fein- heit de« seelischen Lebens und Eigenart de« Stils zu wenig hat, finden wir in dem Novellencyklu« „Menschen kinder" von Lou AndreaS-Salomö (Stuttgart, 1899, I G Cottasche Buchhandlung, Nachfolger) bei nahe zu viel. Die Verfasserin gehört zu den Darstellern, die de» Glaubens leben, daß überwürzt allemal besser sei als ungewürzt, was man ja bi« auf einen gewissen Punkt zugeben muß Die Novellen von Lou Andreas stellen zumeist einen rein innerlichen Vorgang dar, „Vor dem Erwachen" und „Zurück ans All", die erste und letzte des Bandes, sind dafür besonders charakteristisch In einigen der fein ausgeführten Geschichten giebt die Verfasserin gleichsam nur die eine Hälfte der seelischen Vorgänge und überläßt eS dem Leser, die andere zu er raten. Der Brief der verstorbenen Schwester Christa v Brinken an den 1)r. Otto Griepenkerl in der Novelle „Abteilung: innere Männer" führt unwillkürlich dazu, die Erfindungen dr« Arzte« nach Lesung dieses wundersamen Vermächtnisse« hinzuzufügen, die die Erzählerin schuldig bleibt. In mehr als einer ist der Versuch gemacht, den Hauch und Duft eines ganzen Lebensromans in die Ge schichte von ein paar Stunden zusammenzudrängen, so in der „Ein Wiedersehen" überschriebenen Novelle In fast allen aber ist etwas von allzu hoch, bi« zum Schmerz haften hoch gefleigerter Empfindung. Alles in allem fehlt eS dem Novellencyklu« nicht an Stimmung und Lebensfülle, aber an der Unmittelbarkeit, ohne die es keine bleibende poetische Wirkung giebt. Was in der Schlußnovelle Irene zu ihrer Cousine Ella über die Frauenbewegung sagt: „Siehst du, da« kennzeichnet etwas E« kennzeichnet, daß in der Bewegung, die mitten in« Leben greifen und sich das Leben erobern will, daß in dieser Bewegung irgend ein kleiner Keim Todesgeruch hat. Irgend ein Absterben des vollen weiblichen Natur leben«, ein schlaffe« Nachlassen der vollen Jnstinktfreudigkeit der Frau", da« gilt auch von der frischen Naturkraft un befangener gegenüber reflektierter Darstellung Und die Erkenntnis davon erscheint im Buche selbst in der Novelle ,Jncognito" verkörpert, die vielleicht die feinstcmpfundene des ganzen Bandes ist. n. * Das 19. Jahrhundert in der Plastik. Au« Brüssel wird der „Freis. Ztg " geschrieben: Seit den Tagen Michelangelos sind wohl kaum in einer Stadt so viel Talent und emsige Arbeit in der Plastik bei einander gewesen wie gegenwärtig hier in Brüssel DaS Scheiden deS Jahrhunderts h«t jetzt den drei Meistern, die an der Spitze der belgischen Schule stehen, die Anregung ge geben, in großen monumentalen Werken den Sinn des zu Ende gehenden Zeitabschnitt« auszudrücken und gleich, zeitig damit ihr eigenes schöpferische« Können in einer Riesenausgabe zusammenzufasscn Da ist es nun hoch interessant, zu sehen, wie verschiedene Stoffe die drei Künstler zu demselben Endzweck gewählt haben Jos. Lambeaux, der sich so gern den Rubens der Plastik nennen hört, schuf da» mächtige Relief „die menschlichen Leiden schaften". Die Ausführung dieses Werke« in Marmor ist beinahe vollendet und der griechische Tempel im ?nrv cku Öivgnantsnairs, den die Negierung dafür erbauen ließ, wird binnen kurzem zugänglich sein. Ein blinde« Toben der Leidenschaften bedeutet für den sinnetrunkenen
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