Suche löschen...
Dresdner Journal : 03.07.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-07-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189907038
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18990703
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18990703
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-07
- Tag 1899-07-03
-
Monat
1899-07
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 03.07.1899
- Autor
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
1?«0 . hab«, nur wieder herunter geholt werden könne, wenn e« Lott gefalle und hoffentlich auch dann nur mit Ehren Se. Majestät tranken hierauf auf da« Wohl der Stadt Lübeck und de« neuen Jachtklub« Nach Beendigung de« Frühstück« im Rat«keller begaben Sich der Kaiser nach Travemünde zurück und nahmen abend« im dortigen Kur« hau« die Prei«verteilung für die Regatta Kiel-Trave- münde vor Diese« Wettfahren hatte am Freitag statt gefunden An die Prrisverteilung schloß sich ein Bier- abend de« Norddeutschen Regattaverein«. Abends kehrten E«. Majestät auf di« „Hohenzollern" zurück — Gestern vormittag hielten Se Majestät rinrn Gotte«dienst an Bord ab. Die Wettfahrt de« „Norddeutschen Regatta- Verein«" und de« »Lübecker Jachtklub«" auf der Lübecker Bucht begann gegen Mittag Bei frischem Südostwind starteten 48 Boote, darunter die größten Jachten — Der „Reich«an,eiger" veröffentlicht die Verleihung der Roten Kreuz-Medaille erster Klaffe an Ihre König! Hoheit die Erbgroßherzogin-Witwe von Sachsen. — Die Kanalkommission de« preußischen Ab geordnetenhaus«« hat vorgestern vormittag ihr« Aus gabe beendigt Die Petitionen und der Rest der Kom pensationdforderungen wurden der Regierung al« Material überwiesen Die erste Plenarsitzung nach der Vertagung de« Abgeordnetenhaus«« dürfte am 7. August stattfinden und die Kanaloorlage sogleich auf die Tagesordnung ge setzt werden. — Die „Berl. Pol Nachr." schreiben: Seitdem die örtlichen Rrntenstellen in das neue Invalidenversicherung«» gesetz ausgenommen sind, sind die Bestrebungen auf Em- führung einer einheitlichen Organisation für die drei Arbeiterversicherung«zweige wiederaufgetaucht. Man glaubt in den Kreisen, die sich dafür interessieren, daß die örtllichen Rentenstellen geeignet seien, die Grund lage für die einheitliche Organisation abzugeben Der letzte BerufSgenossenschaftStag hat die Frage für wichtig genug erachtet, um sie eingehend zu erörtern und mit großer Mehrheit einen Beschluß gefaßt, der sich gegen die Ein führung der Rentenstellen in die Unfallversicherung au«- spricht E« ist anzunehmen, daß die Kreise, welche die Zeit für eine einheitliche Organisation der Arbeiter versicherung gekommen glauben, sich im Irrtum befinden. Die Erörterungen, welche vor einiger Zeit in dem zu ständigen Reichsreffort unter Zuziehung von in der Ver sicherungs-Verwaltung stehenden Praktikern stattgefunden, hatten ergeben, daß die Frage zur Entscheidung nicht reif sei, und Aenderungen in dieser Beziehung dürften kaum eingetreten sein. Auch läßt da« in Aussicht genommene Vorgehen bei der Revision der Versicherungsgesetze einen Schluß in der angegebenen Richtung kaum zu. Ma» will zunächst die Unfallversicherungsgesetzgebung revidieren und sich dann von neuem an eine Reform der Kranken versicherung machen. Jeder Versicherungszweig wird dem gemäß einer besonderen Behandlung unterzogen werden. Würde man eine Umgestaltung der Organisation de« ge samten Versicherungswesens bezwecken, so würde auch wohl eine gleichzeitige Revision der einzelnen Gesetze statt finden — DaS preußische Herrenhaus, das vorgestern nach längerer Pause wieder zusammentrat, beschäftigte sich haupt sächlich mrt dem Gesetze, betreffend die Fürsorge sür die Witwen und Waisen der «olkSschullehrer. Die Kom mission des HauseS hatte den Beschlüssen des Abgeordneten hauses beigestimmt, durch die der StaatSzuschuß zum Witwen- gelde auf 42» M erhöht und die Leistung deS StaateS auch aus alle Städte mit Ausnahme Berlin« ausgedehnt wurde, während die Regierungsvorlage die kreiSsreien Städte als im allgemeinen hinlänglich leistungsfähig von den Zuschüssen der Staatskasse ausgeschlossen hatte. In der vorgestrigen Plenar beratung nahm der Vizepräsident de» StaatSministeriumS Finanzminister v. Miquel wiederholt da- Wort, um auf das Bedenkliche einer so weit gehenden Heranziehung des StaatS zu den Schullasten, wie sie in den Beschlüssen deS Abgeord netenhauses liegt, eindringlich hinzuweisen. Man sei bereits von dem Grundsätze der Verfassung, daß die Leistung-sähigkeit der Gemeinden für die Beihilfen des Staat» maßgebend sein solle, so weit abgewichen, daß man sich der Staatsschule stark genähert habe. Wer am meisten zahle, habe die meiste Gewalt, und die Städte, die mit Recht so großes Gewicht auf ihre Selbständigkeit in Schulsachen legen, sollten die für sie nicht bedeutende Finanzfrage lieber nicht in den Vordergrund stellen. So gut wie Berlin sei eine ganze Reihe anderer Städte al- hinlänglich leistungSsähig für die Erfüllung de» vorliegenden Gesetze- anzusehen, zur Unterstützung einzelner krei-sreierStädte von geringerer Leistung-sähigkeit seien Fond- verfügbar. Wenn die Etaat-regierung sich mit der vom Abgeordnelendause beschlossenen Erhöhung de-Staat-zuschussc-einverstanden erllärendürste,so bitte er in Bezug aus die Ausscheidung der kreiSsreien Städte um die Wiederherstellung der Regierungsvorlage Auch der Kultusminister vr. Bosse beteiligte sich an der Debatte in gleicher Richtung. Die Finanzlage liege seinem Ressort zwar ferner, aber auch er müsse im Interesse de- Zustandekommen- diese- Gesetzt», da» noch dringender sei al» das Lehrer- besoldungSgesetz, und im Hinblick aus die Schwierigkeit einer genauen Abgrenzung der Leistung-sähigkeit bitten, der allge meinen Abgrenzung, wie sie von der Regierung vorgejchlagen fei, zustimmen Trotz de- Gewicht- der grundsätzlichen, wie d«r praktischen Grsicht-punkte, die von den beiden Ministern geltend gemacht wurden, war die Stimmung sür die Wieder herstellung der Regierung-Vorlage im Hause nicht groß. Wean auch nur städtische Vertreter von der Linken (die Oberbürger meister von Köln und Bre-lau) da» Wort sür den Kommiffion-- vorschlaa nahmen, so fand doch der vom Grasen Schulen burg-Beetzendorf in der Spezialbcratung eingebrachte An trag, den bezüglichen Absatz de- g 14 in der Fassung brr Vor lage wieder herzustellen, auch aus der Rechten nur wenige Stimmen. Da- Gesetz wurde in llebereiuftimmung mit den Beschlüssen de« Abgeordnetenhäuser an genommen. - Nächste Sitzung Montag. — Die Ausarbeitung der vorgestrigen Tage-ordnung deS preußischen Abgeordnetenhaus«» bot wenig Gcpcht»- punkte von allgemeinem Interesse In dritter Lesung an genommen wurden die Au»sührung»gesetze zum Reich»gesetz über die Zwang»versteigerung und »um Handel»gesetzbuche. Da» Gesetz über die Verwendung de- Reservesond- der Renten banken zur Förderung der inneren Kolonisation wurde der um 7 Mitglieder verstärkten 12. Kommission, welch« mit Beratung de» Anträge» Kanitz auf Abänderung de» Renten- gut»gesetze- betraut ist, überwiesen E» solgtea Petitwn-- berichte, die keine erhebliche Diskussion Hervorriesen. Nächste Sitzung Montag. Frankreich. Pari«. Der vorgestrige Tag ist in Rennes vollkommen ruhig verlaufen. Kommandant Carrere hat den Gefangenen gestern besucht. In Pari« fand weder ein Zwischenfall, noch «ine Kundgebung statt. — Der Prozeß Zola, der vor dem Geschworenengerichte zu Versaille« am 11. Juli zur Verhandlung angesetzt war, wird wahrscheinlich ;auf die nächste Session verschoben werden. — In Saint Cloud wurde gestern für Dörouldde von den Zeugen in seinem jüngsten Prozesse ein Ehren punsch veranstaltet. Dörouli-de erklärte in einer Ansprache, daß er Dreyfu« für schuldig halte, doch, fall» da« Krieg«, gericht in Renne« Dreyfus für unschuldig erkläre, er sich vor diesem Urteilsspruch beugen werde. Er sagte ferner, falls da« Kriegsgericht in Rennes die Unschuld Dreyfus' ausspreche, so wäre keine Züchtigung zu streng für jene sechs Kriegsminister, welche die Schuld Dreyfu»' beteuerten Er forderte die ganze Wahrheit der Verhandlung in RenneS, denn es bestehe nicht eine Möglichkeit des Krieges, während die Campagne für Dreyfu» die Lande«- verteidigung zu desorganisieren strebe. Sodann wurden noch weitere Reden gehalten. George« Thiebaud tadelte die Regierung-Maßnahmen bei der Rückkunft deS Maior« Marchand. Die Ruhe wurde nicht gestört. Zwei Ver haftungen erfolgten wegen aufrührerischer Rufe. — Au» Paris wird uns unter dem 1. d. Mts ge schrieben: Endlich ist Dreyfu«' Ankunft Wirklichkeit geworden. Der Gefangene der Teufelsinsel hat heute Nacht Frankreich» Erde wieder betreten, und zwar in dem kleinen Hafenorte Halitzuen auf der Halbinsel von Ouiberon zwischen Lonent und St. Nazaire. Einer der wenigen Augenzeugen, ein Hr. Henry Cöard, der jedes Jahr in Port-Haliguen auf der Sommerfrische weilt, telegraphiert dem „TempS" hierüber folgende«: „Dreyfu« ist heute Nacht unter meinen Fenstern gelandet. Seine Ankunft hat un« nicht überrascht, denn um 6 Uhr abend« brachten Fischer, die vom Meere heimkehrten, die Nachricht mit, sie hätten den „Sfax" gesehen. Sofort begab sich die ganze Bevölkerung, etwa 150 Personen, auf den Hafendamm. E« vergehen eine, zwei Stunden, der „Sfax" kommt nicht Um 9 Uhr hält ein mit zwei Schimmeln bespannter Wagen vor dem Hafen. Vignis, der Direktor der Lande«polizei, steigt au«. Gleichzeitig rückt eine Compagni« de« 116. Infanterieregiment« in da« Dorf ein, die vom Fort Penthisvre kommt Zahlreiche Gendarmen begleiten sie, die den Hafendamm räumen und den Zutritt dazu verbieten Da« Wetter ist schauderhaft. E« bläst ein Sturmwind und e« regnet in Strömen. Hinter der Kette von Soldaten wird es dem Publikum bald langweilig, länger zu warten. E« schlügt 11 Uhr und Mitternacht Man hört nur das Pfeifen des Windes und kein Licht zeigt sich auf dem Wasser. Endlich, um H 2 Uhr, kommt ein Boot an Die Ruderer machen e» fest. Dreyfus ist unter ihnen. Beim Scheine einer Laterne sieht man, daß er einen Regenmantel und einen weichen Filzhut trägt Er verläßt das Boot und schreitet zwischen zweiGendarmen,langsamen und ermüdeten Schritte», die Rampe hinauf bi» zu dem Wagen Er nimmt Platz Die Soldaten umgeben den Wagen, und fort geht eS im Schritt nach dem 1 km weiten Bahnhose von Ouiberon, von wo der bereitstehende Extrazug den Hauptmann Drey fus nach Renne« überführt" Hierzu fügt ein Telegramm der „Agence Hava! noch, daß der Dampfer „Caudan" von Lonent dem „Sfax" entgegengefahren ist, um Drey fus an Land zu holen Infolge de« ausnehmend schlechten Wetters glaubte man garnicht, daß ein Anlegen an dem „Sfax" möglich sein würde. Nach mehrfachen Versuchen gelang dies aber doch Der Ort, wo Dreyfu« gelandet ist, ist besonder« günstig gelegen Die 10 km lange Halbinsel von Ouiberon erstreckt sich in fast ge- rad«r südlicher Richtung vom Festlande in« Meer und biegt nur gegen ihre Spitz« zu etwa« nach Osten au«. Ihre westliche Küste ist wegen de« beständigen Seegang» zum Landen vollkommen ungeeignet — In Renne« traf Dreyfu« heute früh 6 Uhr ein. Der Extra« zug brachte ihn nur bi» zu der Haltestelle von Rabelais, 3 km von der Stadt entfernt Von hier au« wurde er zu Wagen nach dem Militärgefängnisse übergeführt. In einem zweiten Wagen folgten der Präfekt de« Jll« et Vilaine-Departement« und Polizridirektor Vigui--. Be- ritten« Gendarmen bildeten die Eskorte. Kein Ausruf wurde gehört, kein Zwischenfall irgendwelcher Art kam vor, denn auch in Renne« herrschte da« schlechteste Wetter Al« Dreyfu« au« dem Wagen au«stieg, trug er einen dunkelblauen Anzug und grauen Ueberzieher Die Krämpe seines Schlapphute« hatte er heruntergeschlagen, sodaß die Journalisten, die auf der Straße au«gehalten hatten, vom Besicht fast nicht« sahen. Da» Au»steigen ging mit größter Geschwindigkeitvon statten. Eine Stunde nachDreyfu»' Ankunft, also früh 7 Uhr erhielt Frau Dreyfu» von General Luca» die Erlaubnis, ihren Mann sehen zu dürfen Sie besuchte ihn um 9 Uhr und blieb bis 10 Uhr in seiner Zelle Der Gendarmeriehauptmann, unter dessen Aussicht der Besuch geschah, zeigte sich hierbei von größter Nach sichtigkeit Al« Frau Dreyfu» da« Militärgefängni» ver ließ, soll sie in hohem Grade erschüttert gewesen sein. Sie habe, heißt e«, ihren Mann sehr gealtert, mit grauem Bart und grauem Haupthaar und den Körper gebückt und gekrümmt gesunden Er wußte nichts von all den zahllosen Ereignissen, die sich mittlerweile abgespielt haben. Im übrigen soll sich Dreyfu» in relativ gutem Gesund heitszustand befinden. — Nach einer der „Polit. Korresp." aus Paris zu gehenden Meldung stellen amtliche wie private Berichte aus Madrid übereinstimmend fest, daß die enorme Er regung, die im Lande durch die Finanzpläne der Re gierung hervorgerufen wurde, rascher, als man nach den m einigen Städten vorgekommenen Tumulten erwartet hatte, geschwunden ist. Diese Beschwichtigung sei darauf zurückzuführen, daß da« Kabinett Silvela, wenngleich es den Anschein vermeiden wollte, al» ob e« sich durch öffentliche Demonstrationen zu Aenderungen seiner Be schlüsse drängen ließe, immerhin seine Geneigtheit, den allgemeinen Einwendungen gegen da» Budget in gewissem Maße Rechnung zu tragen, klar genug andeutete, um da durch eine Aussicht auf Verständigung zu eröffnen und die öffentliche Meinung zum Abwarten der seitens der Regierung einzuräumenden Zugeständnisse zu bestimmen. Als ein politisch bemerkenswertes Symptom wird in den erwähnten Berichten der Umstand hervorgchoben, daß die Bewegung, zu der die Finanzpolitik der Regierung An laß gab, ausschließlich gegen das Kabinett gerichtet war und nirgend» auch nur vorübergehend einen antidynasti schen Charakter annahm, welchen die Extremen aller Art, sowie die Carlisten lebhafteren öffentlichen Kundgebungen in Spanien in der Regel zu verleihen suchen. Rennes. Frau Dreyfus betrat um Uhr in Begleitung der Frau Havet die Gefängniszelle ihre« Mannes. Die Zusammenkunft war äußerst rührend. Die Ankunft der Frau DreyfuS war nicht bemerkt worden. Vor dem Gefängnis waren Gendarmen als Posten auf gestellt, doch erwies sich diese Maßnahme als unnötig, denn e» ereignete sich kein Zwischenfall. — Die An wälte Demange und Labori sowie Matthieu DreyfuS und dessen Frau sind gestern abend hier eingetroffen. Belgien. Brüssel. Die Bürgermeister von Brüssel, Ant werpen, Lüttich und Gent wurden vorgestern mittag vom König in Audienz empfangen und erklärten ihm, sie könnten nicht mehr für die Aufrechterhaltung der Ordnung einstehen, wenn da» Ministerium die Wahl vorlage nicht zurückziehe In seiner Antwort stützte sich der König auf die Konstitution, die ihm sein Verhalten vorzeichne. — Der König batte vorgestern eine lange Unter redung mit dem Ministerpräsidenten Vandenpeere'- boom „Petit Bleu" meldet, der König beabsichtige, fall« im Laufe der Woche keine Einigung der Parteien über die Formulierung des neuen Wahlgesetzes erzielt werde, die Kammer aufzulösen und das Land zu befragen. ES werde angenommen, daß General Brialmont bei dieser Gelegenheit ein Manifest zu Gunsten der allgemeinen Wehrpflicht erlasse. — Zahlreiche Sozialisten veranstalteten gestern nachmittag im Park, während eine Militärkapelle dcrt spielte, eine Kundgebung Sie sangen die Marseillaise und stießen Rufe gegen daS Ministerium aus Die Militär kapelle zog sich hierauf zurück. Ein Sozialist richtete eine Ansprache an die Menge und forderte da« Volk zu weiterem Widerstande auf. Die Sozialisten durchzogen sodann singend die Stadt und b«gaben Hch nach dem Volkshause, nachdem sie unterweg« vor den klerikale» Blättern feindselige Kundgebungen veranstaltet hatten. — Der Kammerpräsident Bernaert wird heute vom Haag zurückkehren und nicht mehr an den Arbeite» der Friedenskonferenz teilnehmen — Nach den hier au« der Provinz einlaufenden Nachrichten herrscht, von einzelnen unbedeutenden Kund gebungen abgesehen, überall Ruhe. Lüttich Nach der gestrigen Parade von etwa 250 Bürgergardisten begaben sich dies« singend und die Gewehrkolben schwingend nach einem Versammlungslokal der Sozialisten E« wurde hier sofort eine Versammlung abgehalten, in der die Redner, unter denen sich auch mehrere Bürgergardistrn befanden, die Wahlvorlage der Reaierung tadelten und aufforderten, die Agitation gegen diese Vorlage fortzusetzen. Mehrere Bürgergardisten richteten vom Balkon herab Ansprachen an die auf der Straße befindliche Menge E« kam zu keiner Ruhestörung Antwerpen Vorgestern abend zog unter der Führung liberaler und sozialistischer Deputierter eine Menge von etwa 9000 Personen durch die Stadt. Vor den Häusern der klerikalen Blätter wurden Echmäh- kundgebungen veranstaltet; dem Bürgermeister wurde vor seiner Wohnung eine Huldigung dargebracht Später fanden mehrere Versammlungen statt, in denen die Redner dazu rieten, nicht abzurüsten, bi« man den Versöhnung«- Vorschlag des Ministerpräsidenten kenne. E« kam zu keinem Zwischenfall. Aloft. Nach einem Konzert de« hiesigen katho lischen Gesangvereins veranstaltete ein Teil der Zu hörer eine Kundgebung und rief: „Es lebe da» allgemeine Stimmrecht!" Die Polizei zerstreute die Manifestanten und nahm mehrere Verhaftungen vor. Niederlande. Haag Der Auischuß für die Redaktion de» Schied»gericht«vorschlage» ist vorgestern nachmittag wieder zusammengetreten und hat auf Antrag de» ameri kanischen Delegierten Holl« an den Kodex über da« schiedsgerichtliche Verfahren noch eine Bestimmung zu- gesügt, die von der Zulässigkeit der Revision schieds gerichtlicher Entscheidungen handelt. Der Ausschuß ging dann zur zweiten Lesung de» von dem englischen Dele gierten Pauncefote gestellten Antrages über. Hier wurde die Aenderung getroffen, daß daS Schiedsgerichtstribunal den Namen „Ständiger Schiedsgerichtshof" tragen soll. Die nächste Sitzung findet heute statt. — Beernaert reiste gestern nach Brüssel ab. — Die von den amerikanischen Delegierten aufgeworfene Fxage wetzen Schutze« de» Privateigentums auf See wird vielleicht diese Woche in der Plenarkommission vorgebracht werden, eine Verhandlung dürfte aber nicht stattfinden. — Die zweite Unterkommission der zweiten Kommission der Friedenskonferenz hielt vorgestern unter dem Vorsitz de« russischen Geh. Rats v. Marten« eine Sitzung ab und nahm in zweiter Lesung eine Erklärung an, betreffend Vorschriften und Gebräuche für den Land krieg. Italic«. Rom. Infolge des Dekrete» über den Schluß der Parlamentssession richtete die äußerste Linke vor gestern ein von 65 Deputierten unterzeichnete» Manifest an das Land, in dem sie über ihre Arbeiten während der letzten Session de» Parlament» Rechenschaft giebt — Der sozialistische Deputierte Andrea Costa wurde vor gestern abend, als er das Parlament-gebäude verließ, ver haftet. Er hat noch wegen eine» im Jahre 1894 be gangenen Preßvergehens eine Gefängnisstrafe von zwei Monaten zu verbüßen S - a u u. Madrid In einer Unterredung de» Minister Präsidenten Silvela mit dem Kriegsminister erklärte dieser gestern, daß er geneigt sei, die FriedenSpräsenzstärke des Heere» auf 80000 Mann festzustellen, statt der von 108000 Mann, die im Budget aufgestellt worden ist. Barcelona Bei der Eröffnung des Munizipal rates in Badalona wurden vorgestern aus der Mitte der Menschenmenge heraus Schüsse auf die Räte abgegeben; drei derselben wurden getötet, neun verwundet. — Am Schlüsse einer Versammlung, die vorgestern zu Gunsten einer Revision des Prozesses der Gefangenen von Montjuich abgehalten wurde, zogen die Teilnehmer nach einem Jesuitenkloster und veranstalteten dort eine Kundgebung. Die Gendarmerie, welche dagegen einschritt, wurde von der Menge mit Steinen beworfen und machte infolgedessen von der Waffe Gebrauch, wobei mehrere Personen verwundet wurden. zu einem Einakter verarbeitete Stückchen recht flott. Auch hier war wieder der Träger des Erfolge« Hr. Alexander. Er spielte den Baron v. Eschen-Duisburg W. Dg« Die Deutsche Kunstausstellung Dresden 1899. XI. Die Karlsruher Malerei und andere«. Der Saal 6, der zwischen dem der Münchener Ge nossenschaftler und dem Klingersaal liegt, vereinigt Gemälde au« Karlsruhe, Düsseldorf, München, Stuttgart und WorpSwede und bietet gerade in dieser Zusammenstellung eine Fülle künstlerischen Genusses dar. Bleiben wir zu nächst noch bei den Karlsruher Arbeiten stehen, so be merken wir, daß auch unter den in Karlsruhe lebenden Malern, die sich dem dortigen Künstlerbund nicht an geschlossen haben, eine Anzahl tüchtiger Kräfte lebt. Sie treten wenigstens teilweise vornehmer und anspruchsvoller auf, al« die früher besprochenen und suchen durch Eleganz und Bravour zu ersetzen, was ihnen an Innerlichkeit und feelicher Kraft fehlt. Diese Charakteristik läßt sich sofort auf da« überlebensgroße Reiterbildnis seiner Braut von Hermann Junker (Nr. 212) anwenden E« ist ein Paradestück, da« sich nicht viele leisten können, zeigt aber auch alle die Schwächen, die derartigen Gemälden eigen zu sein pflegen Einen ähnlichen Eindruck gewinnt man bei der Betrachtung von Ferdinand Keller« „Heilige Cäcilia". Die schlichte Anmut, die sich Raphael und viel später Schwind, sowie eine Reihe anderer Meister gerade bei der Ausgestaltung dieser Heiligen haben an gelegen sein lassen, geht Kellers Schöpfung vollständig ab; wir sehen hier vielmehr nur eine allerdings gut gemalte Dame von vornehmer Haltung, die un» trotz ihrer äußer lichen Schönheit kühl läßt Unangenehm wirkt dann Otto Propheter« Porträt Kellers (Nr. 405), den der Maler gar zu protzig aufgesaßt hat, während man sich mit dem Damenbildni» (Nr. 404) desselben Künstlers eher befreunden kann Die ganz in der Nähe hängende „Schützen linie" Paul Segisser« (Nr 461) ist un« zu bunt und unruhig in der Farbe, giebt aber da« Soldatenleben, da« sonst in der Au»stelluna kaum vertreten ist, mit treffender Charakteristik wieder Wie Keller, so sucht auch Kaspar Ritter seine Stärke in einem möglichst eleganten Vortrag und verrät nebenbei noch eine gewisse Neigung sür eine süßliche Auffassung, weniger in feinem Oelgemälde: „In Blumen" (dir. 414), al» in seinen im übrigen gut ge zeichneten Pastellen: „Erwachen" (Nr 742) und „Weib licher Kopf" (Nr. 743). Auch „die Muhrasgrotlr" bei Abendbeleuchtung von Manuel Wieland (Nr. 544), eine südliche Landschaft im Stile Oswald Achenbachs, ist zu sehr auf den Effekt hin gearbeitet und hält deshalb einer schärferen Prüfung nicht stand. Weit eher ver tragen die Landschaften von Max Frey (Nr 100 bi« 102) und Hans Schroedter (Nr. 452) eine solche, und Wilhelm Nagel führt sich mit seinem „Winterabend" im Walde (Nr. 358) sogar überraschend günstig bei uns ein. Von Wilhelm Schröters Landschaften ziehen wir den beschneiten Wald (Nr 456) seinem Gebirgsbilde: „In der Gupper-Run» am Glärnisch" (Nr 457) bei weitem vor. Erwähnen wir zum Schluß noch die mit viel Humor behandelten Putten: „Malerei", „Nacht" und „Werbung" (Nr 197 bis 199) von Karl Hollmann, so haben wir wohl alle Bilder angeführt, die unter den Karlsruhern eine Erwähnung verdienen In jüngster Zeit ist Stuttgart in einen energischen Wettbewerb in künstlerischen Dingen mit der badischen Hauptstadt eingetreten und hat einige der besten Lehr kräfte von dort an sich gezogen. Die Zukunft wird lehren, mit welchem Erfolge. Vorerst ist von einem Kunstleben Stuttgart« in unserer Ausstellung noch wenig zu spüren Dazu ist die Zahl der Stuttgarter Werke noch viel zu klein. Was unS aber von ihnen vorgeführt ist, kann sich mit Ehren sehen lassen, in erster Linie die Landschaften von Otto Reiniger, unter denen der Fluß, der sich durch eine Gegend mit waldigen Anhöhen hindurchschlängelt (Nr 410), durch vornehme Einfachheit auffällt, und die KriegSscenen deS mit Recht beim Publikum so beliebt gewordenen Robert HaugS (Nr. 165 und 166), die durch ihre lebendige Schilderung des Kampfes wie durch ihre vorzügliche malerische Aus führung gleich »»«gezeichnet sind. Mitten unter den Karlsruhern hängen schließlich noch drei Landschaften de« Münchener« Alexander Koester (Nr. 247 bi« 249), die durch die Behandlung de« Schnee« und ihr kräftige« Kolorit die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Auch Wilhelm Trübner« bekannter „Kamps der Lopiden und Centauern" (Nr. 510), au« dessen Gewühl niemand klug wird, und ein äußerst charakteristischer, brillant grmaltcr Kopf eines „Abessiniers" (Nr. 510) desselben Künstler« hat im Saale 6 Platz gefunden Die Worp«weder. Die WorpSweder, die sich im Jahre 1897 den größten Erfolg bei uns geholt haben, sind auch diesmal wieder glänzend vertreten. Wenn sie un» trotzdem nicht mehr so packen wie damals, so liegt das zum Teil daran, daß wir ihre Eigenart bereits kennen, und weiter daran, daß sie sich zwar noch auf ihrer früheren Höhe halten, aber kaum, wenigsten« nicht in ihrer Gesamtheit, Fort schritte aufweisen Ihre auf der linken Seite de« Saale« 30 vereinigten Hauptwerke zeichnen sich durch die Größe der landschaftlichen Auffassung, durch die Kraft der Farben und durch die Breite und Sicherheit der malerischen Behandlung au» Man ist erstaunt über die Kühnheit ihrer Riesenformate, die sie auch bei Vorwürfen untergeordneten Inhalt» sür angebracht halten, und läßt sich durch ihre manchmal fabelhafte äußere Geschicklichkeit blenden, sodaß man geneigt ist, ihnen da» höchste Lob zu spenden Auch un« sind diese WorpSweder beim erstmaligen Durch wandern der Ausstellung ungemein großartig erschienen, und wir haben ursprünglich ihre Werke für eine der besten Abteilungen gehalten und unser Urteil in diesem Sinne ausgesprochen. Heute, nachdem wir sie wieder und wieder gesehen und geprüft haben, sehen wir un« ge nötigt, unsere Anerkennung einzuschränken, da da» Ge fühl in uns immer stärker geworden ist, daß diesen WorpSweder Künstlern zur Vollendung die seelische Ver tiefung noch fehlt, und daß sie zu sehr am Dekorativen haften bleiben und sich deshalb mit den wirklich großen Meistern noch nicht messen können Am höchsten steht unter ihnen auch in diesem Jahre Fritz Mackensen Sein riesige« Oelgemälde „Die Scholle" (Nr 312) ist namentlich in seinem landschaft lichen Teile vorzüglich Auch liegt in dieser Verherrlich ung der Erdscholle ein feiner symbolistischer Zug, dessen Grundgedanke etwas Ansprechendes hat Aber die lebens großen Figuren der beiden Mädchen oder Frauen, die den Pflug mühsam durch den schwarzbraunen Acker ziehen, und der den Pflug lenkende Bauer, der das eine Bein aufgehoben hält, stellen die Beschwerlichkeit der Arbeit gar zu absichtlich dar und sind obendrein zu hart und unvermittelt in die Landschaft hineinkomponiert. Auch schadet die Größe des Bilde«, die dem Gegenstände nicht angemessen ist, seiner Wirkung. Wir ziehen daher die kleinere „Frau im Moor" im Saal 6 (Nr. 314) dieser nicht genügend autgesüllten Riesenleinwand vor und machen mit allem Nachdruck auf die vortreffliche farbige Zeichnung des Künstler« „Mutter mit Kind" (Nr. 665), sowie auf seine Radierungen aufmerksam, die seinen Fleiß und sein sorgfältiges Naturstudium im besten Lichte er scheinen lassen. Neben Mackensen tritt vor allen anderen Worpswedern Karl Vinnen durch seine Landschaften hervor Sein „März" mit der mächtig hohen, einsamen Birke im Vorder- und den brüchigen Felsen im Hintergründe, durch die sich ein Fluß hindurchwindet, ist von derselben monumentalen Größe wie die „Ruhe" von 1897 und in koloristischer Hinsicht noch um ein gutes Teil gelungener und freier. Di« Bilder: „Im jungen Holze" (Nr. 526) und „Im Parke" (Nr 527), das erstere mit einem dunklen Tümpel, das andere mit einem schmalen Wasser lauf, imponieren durch ihre farbige Kraft und durch da« Spiel der Sonnenstrahlen, die den Ernst des düsteren Waldinnern freundlich verklären. Aber gerade bei ihnen regt sich die Empfindung, daß sie bei geringerem Umfang noch reizvoller sein würden, und daß das große Format nur gewählt ist, um durch die bravourhafte Technik zu blenden Dagegen ist die kleinere, von den Mitteln der Pröll-Heuer-Stiftung angekeuste Landschaft (Nr 528) eine Arbeit von poetischer Anlage und tüchtiger Durch führung Unter Otto Modersohn« Gemälden dürften da« „Unwetter" (Nr. 335) und die „Moorhütte" (Nr. 336) die besten sein, während Han« am Ende durch seinen überaus frischen „Eichenwald" (Nr. 5) und durch die „Abendwolken" (Nr 6) noch mehr, als durch seine „Moorlandfchait" (Nr 4) anzieht Fritz Overbeck (Nr. 367—370) dagegen hat diese« Jahr kein Werk aufzuweisen, da« an seine früheren Landschaften hrranreichte Dazu ist er die«mal viel ,u hart und bunt und wirkt namentlich in seinen Wolkenbildungen zu massig und schwer Heinrich Vogeler« „Heimkehr" (Nr. 530)
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)