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12 fieberhafter Magen- und Darmkatarrh seine Ueberführung ins Kriegslazarett nötig. Hier erhielt er am 9. Oktober die Friedrich- August-Medaille in Bronze. Da er bei seiner schweren Krankheit unmöglich zur Front zurückkehren konnte, machte er sich als Rekon valeszent im Lazarettgehilfendienste nützlich bis zur Auflösung des Lazaretts bei Ausbruch der Revolution und der Demobilisation. Zur Freude der Familie kehrte er am 22. November 1918 un verhofft heim. Zu Hause wohnend, begann er sofort mit dem Studium von Mathematik und Naturwissenschaften, Chemie und Technologie. Als im März 1920 in Leipzig die Wirren des Kapp-Putsches einen bedrohlichen Charakter annahmen, kämpfte er bei der 16. Kom pagnie als Zeitfreiwilliger mit. Der Führer Köthnig bezeugt, daß Hermann „bei allen Aufgaben große Unerschrockenheit bewiesen und auch in den schwierigsten Stunden nicht nervös und entmutigt wurde". Während der Universitätsferien im August und September 1920 und von Ostern bis Pfingsten 1921 war Hermann zu erholender Abwechslung als „Arbeitsstudent" beim Großgrundbesitzer Olof Beugtsson in Köpingebro bei Mad im herrlichen Südschweden in der Landwirtschaft tätig. Hier verlebte er einen der glücklichsten Abschnitte seines Lebens. Während daheim noch die bitterste Not herrschte, boten in Schweden aufrichtige, liebe Leute den deutschen Gästen reichliche Nahrung und gute Verdienstmöglichkeit. Gleich zeitig arbeitete sein Bruder Karl, der Oktober 1921 das Molda- num absolviert hatte, beim Großgrundbesitzer Axel Beugtsson im benachbarten Hammenhög; auch zwei Schwestern waren in Schweden in Stellung, so daß die vier Geschwister in stetem Verkehr im Lernen der schwedischen Sprache wetteifern konnten. Im Winter 1921 legte Hermann die Verbandsprüfung ab, war dann bei Professor vr. Rassow bis September 1923 Hilfsassistent und galt als „fleißig, zuverlässig, kenntnisreich". In den letzten Semestern vollendete er seine Doktor-Dissertation. Trotz des Ueberangebotes an Chemikern fand er schon Anfang November 1923 eine günstige Anstellung bei der „Rheinischen Gerbstoff- und Farbholz-Extrakt-FabrikGebr.Müller A. G., Düssel dorf-Benrath". Die Firma sandte ihn zur Absolvierung eines wissen schaftlichen Lehr-Kursus in Lederbereitung und Gerbstofferzeugung auf die Gerbereischule nach Freiberg (Sa.). Im Anschluß hieran mußte er das Laboratorium der Fabrik neuzeitlich umgestalten. Am 4. September 1926 heiratete er Gertrud Müller, Tochter des Buchhandlungsangestellten Richard Müller in Leipzig. Der Ehe entsprossen zwei Töchter. Wohnung hatte die Familie im Fabrik gebäude, das am hohen Ufer direkt am Rheine lag. Hermann hatte ein arbeitsreiches Leben. Seine geringe freie Zeit widmete er nur seiner Familie. Im Sommer war seine einzige Freude das Baden und Paddelbootfahren mit den Seinen.