21 1893 erfüllte sich sein Wunsch nach einem selbständigen geist lichen Amte: er wurde als zweiter Geistlicher (Diakonus) der Gebirgsstadt Geyer gewählt. In dieser Stadt hat er bis an sein Lebensende gewirkt, von 1904 ab als erster Pfarrer. Im Neben amte hat er an der dortigen Gemeindebeamtenschule unterrichtet, die er eine Reihe vonJahren sogar geleitet hat. Auch in städtischen Angelegenheiten ist er vielfach tätig gewesen, zumal während des Krieges, ja, er hat — eine Seltenheit bei Geistlichen — längere Zeit dem Rate der Stadt Geyer als Mitglied angehört. Viele Jahre hat er die Ephorie Annaberg in der Landessynode ver treten. Ein hervorragender Erfolg in seinem Hauptberufe war die Erneuerung der Hauptkirche der Stadt Geyer, St. Laurentius. In der Alltagsarbeit des Berufes aber hat er — und das ist fein schönster Erfolg gewesen — die Herzen seiner Gemeindemitglieder gewonnen. In der am Tage nach seiner Beerdigung gehaltenen Gedächtnispredigt hat sein Amtsbruder ihm nachgerühmt: „Wir achteten seine Persönlichkeit. Bei aller aufrechten Überzeugungstreue war er stets ein Mann des Friedens. Bei aller Energie und Tatkraft hatte er etwas unsagbar Zartes und Feines. In diesen Tagen haben viele Leute hier es ausgesprochen: ,Er hat für uns gesorgt wie ein Vater.' Und das ist doch Wohl der schönste Ehrenname, den ein Mensch er langen kann, wenn dankbare Liebe ihn Vater nennt." Im Jahre 1893 hatte er sich mit Helene Nolda aus Grau- denz vermählt. Nachdem ihm diese im Jahre 1895 durch den Tod entrissen worden war, schloß er im Jähre 1898 eine zweite Ehe mit Marie Schubert aus Dresden. Auch sie wurde noch vor ihm, im Jahre 1930, abgerufen. Diesen beiden, überaus harmonischen Ehebündnissen entstammen fünf Töchter, während der einzige Sohn im zartesten Kindesalter verstorben ist. Sein größtes Glück fand William Mehnert im Kreise der Seinen. Dabei war er ein großer Naturfreund. Das hat ihn wohl auch mit bestimmt, zeitlebens in seinem geliebten Erzgebirge zu bleiben. Er war musikliebend und Pflegte, wiewohl kein Vir tuos, gute Hausmusik und den Gesang. Er war fröhlich im ge selligen Kreise und trug zur Belebung der Geselligkeit viel bei durch den ihm verliehenen goldenen Humor, der nie verletzte, immer nur erwärmte. Vor allem aber war er ein überzeugter Christ, und das hat er bis zur letzten Stunde gezeigt: Als ein inneres Leiden, das ihn schon vor Jahren heimgesucht hatte, das er aber sür nahezu erloschen hielt, ihn am Vorabend des Oster festes Plötzlich mit größter Heftigkeit von neuem befiel, ihn nö tigte, sich sofort einer Operation zu unterziehen und trotz dieser Operation seinem reichen Löben am 15. April ein Ende setzte, da hat ihn in den letzten Leidenstagen fein Gottvertrauen gestärkt