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Gericht eines Augenzeugen über die Vorgänge in Rochlitz um 1813. Bci den letzten großen Baulichkeiten in der Hartmann- schen Fabrik hier in der Rathausstraße entdeckte man im Dezember 1900 in einer Bekrönungsvase ein Schriftstück, welches die Baugeschichte des Hauses behandelt und dabei auch mit auf allgemeine Verhältnisse jener Zeit, in welcher es gebaut wurde, nämlich die Zeit um 1813, eingeht. Der Verfasser ist Herr CH. F. Winkler, früher Inhaber der Fabrik, cm Mann, der in Rochlitz eine bedeutende Rolle gespielt hat; seine ausgedehnten Geschäftsverbindungen, seine weiten Reisen machten ihn besonders geeignet, über die Rochlitzer Ereignisse während der Napoleonischen Kriege zu schreiben. Die Schilderung von so bedeutenden Ge schehnissen aus dem Munde eines erfahrenen Mannes zu hören, ist für den Geschichtsfreund immer anziehend. Wir geben deshalb im folgenden den Wortlaut möglichst getreu (mit Beibehaltung der Orthographie) wieder, lassen aber jene Stellen, welche besondere Angelegenheiten aus der Familie des Verfassers behandeln, weg. „Nach dem Tode meines seligen und würdigen Groß vaters, Herrn Johann Christian Winkler, welcher den 15. Juli 1812 in seinem 77ten Jahre starb, fiel dieses hier sud. No. 29 gelegenes Haus bei der am 1. August selbigen Jahres zwischen uns Geschwistern erfolgte Ecbverteilung mir zu. Schon bei Anfang des Jahres 1813 hatte ich in Willens dieses Haus wegreißen (zu lassen), obgleich es ziemlich massiv war, und ein neues bauen zu lassen, es war aber damals der Krieg mir den Franzosen und Russen, so erlaubten es die Zeitumstände und auch die immerwährende Einquartirung, welche bei mir besonders im Frühjahr 1813 anging, nicht. Nach der schrecklichen und unglücklichen Katastrophe, welche die Franzosen in den Monaren November und Dezember 1812 durch die ungeheure Kälte in Rußland erlitten, hatten wir den ganzen Winter über die Retirace der von Hunger und Frost zu Sceletten verwandelten Fran- zoscn, wo cs an Mitleid erregenden Austritten nicht fehlte. Dadurch verbreitete sich auch das pestartige Lazarett- oder Nervenfieber, welches außer den Soldaten, noch viele tausende andere Menschen, besonders in Sachsen, wegraffte, sodaß jeder vom Glück zu sagen hatte, wer ohne von diesem Fieber befallen zu werden wegkam. Nachdem nun im