über die Betreibung von Handelsgeschäften als wir! Er hatte eben von dem Geschäftsleben, wie es sich später entwickelte, noch keine Ahnung; die neue wirtschaftliche Zeit, in der wir noch leben, stand damals nur in ihren ersten Anfängen. Für Luther ist Geld leihen vor allem ein dem Nächsten gethaner Liebesdienst, aus dem man kein gewinnbringendes Geschäft machen darf. „Leihen", sagt er einmal, „soll und kann kein Handel, Gewerbe oder Gewinnst sein." Luthers politische Stellung ferner ist im wesentlichen Gehorsam gegen das vierte Gebot. Ihm liegt vor allem daran, der weltlichen Obrigkeit sür ihr Amt das volle göttliche Recht und damit das gute Gewissen zu sichern. Im übrigen kennt er zu ihr keine andere Stellung, als die des Gehorsams, sofern es sich nicht um das Heil der Seele handelt. Daß es für die Unterthanen auch noch eine andere Stellung geben kann, nämlich eine Teilnahme an der Regierung des Landes, und daß hier unter Umständen auch eine Opposition sittlich berechtigt, ja geboten sein kann, daß man also um des Christentums willen nicht immer unbedingt auf der Seite der Regierung stehen muß, von dem allem hat Luther natür lich ebenfalls keine Ahnung. Das staatliche Verfassungsleben ist wieder ein Ergebnis geschichtlicher Entwicklung; und es ist bekannt, durch welche Gewaltsamkeiten es dabei gegangen ist. So entschieden man diese ablehnen muß, so gewiß war aus dem Gang der Ereignisse zu lernen; und so viel lag und liegt daran, daß in die geschichtlich gewordenen Verhältnisse in richtiger Weise eingetreten wird. Ich verweise hier auf die kurze, aber man möchte sagen, klassische Ab handlung von Harleß: Christentum und Politik, abgedruckt in der ganz hierher gehörigen höchst empfehlenswerten Schrift: „Das Ver hältnis des Christentums zu den Kultur- und Lebensfragen der Gegen wart." (Erlangen 1863.) — Auch sind bei den Vätern der Refor mation wohl die religiösen Grundlagen gegeben für die sittliche Wertung des Einzelnen und seiner individuellen Freiheit, allein es mußte erst der Pietismus kommen und nach ihm die ganze große Humanitätsbewegung, um die Sache sich herausbilden zu lassen. Was uns ferner beim Blick ans das christliche Leben des 16. und 17. Jahrhunderts sofort auffällt, das ist die allenthalben herrschende Rauhheit, ja Rohheit der Sitten, die uns mit der großen