störenden Einwirkungen loszuringen und unsern innern Menschen, Christum in uns, zu immer ungetrübterer, durchgreifenderer Wirkung kommen zu lassen. Wie sich aber dem einzelnen Christen das Schwer gewicht des Ungöttlichen in der Welt an die Füße hängt, so auch der Gemeinde im Großen. Sie kämpft denselben Kampf, und auch ihrem Leben haften allerlei Einseitigkeiten, Schwächen, Verfehlungen an, mit denen sie der Welt, in welcher sie lebt, ihren Tribut zahlt. So waren es wohl hohe und heilige Beweggründe, die in den sitt lichen Anschauungen der alten und mittelalterlichen Kirche zu ihrer Auswirkung kamen, und so konnte es wohl die Zeitlage fordern, daß sie unter Zurückstellung anderer mit allem Nachdruck geltend gemacht wurden; aber indem die Kirche, was die besondere Lage der Zeit nahe legte und notwendig machte, unter der Einwirkung ge schichtlicher und natürlicher Faktoren zu allgemeiner, für immer giltiger Anschauung erhob, geriet die christliche An schauung in eine falsche Einseitigkeit, die eben darum mit der Wirklichkeit und auch mit sich selbst in Widerstreit geraten und endlich zum Bruch führen mußte. Wir können also in der altkirchlichen und mittelalterlichen Gestaltung christlicher Sittlichkeit und Sitte eine auch nur grundsätzlich genügende Dar stellung ihres Charakters nicht erkennen. Das Christentum ist doch nicht nur weltverneinend, sondern auch weltverklärend; und das ist es, wofür man nicht das ent sprechende Verständnis hatte. Zwar völlig fehlte es nicht: wie hätte die Kirche anders gekonnt, als auf eine Welt einzugehen, in der sie doch Tag für Tag leben mußte, die sie für den Herrn gewinnen sollte? Aber für die rechte positive Auffassung und Beurteilung der Lebensgüter und -gebiete hatte man keine gewisse Unterlage. Wir würden jedoch der alten und mittelalterlichen Kirche nicht gerecht, wenn wir von den beiden Wegen schweigen wollten, auf denen sie mit bewundernswerter Hingabe auf die Welt eine machtvolle Wirkung positiver Art geübt hat, ohne daß freilich deswegen das Gesamt urteil über sie eine Änderung erfahren kann: das ist ihre Liebes- thätigkeit und ihre organisatorische Arbeit. Das erste Wort ist bekanntlich die Überschrift zu einem der schönsten und ergreifendsten Kapitel der Kirchengeschichte. Die Kirche hat gerade hier der Welt