Röm. 12 und 13. Der Apostel kündigt hier förmlich eine umfassendere Beschreibung der christlichen Lebensführung an, wenn er anfängt: ,,Jch ermahne euch, daß ihr eure Leiber begebet zum Opfer, das da lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei." Aber wie folgen dann die verschiedensten Ermahnungen in zufälliger Reihenfolge! Der Apostel denkt offenbar gar nicht daran, über alles und jedes Vor schriften zu erteilen; ihm ist vielmehr daran gelegen Einzelnes be sonders einzuschürfen, weswegen er immer wieder darauf zu sprechen kommt; und das ist namentlich die sich gegenseitig tragende, aner kennende und unterordnende brüderliche Liebe, die des Gesetzes Er füllung ist. Ebenso finden wir es an anderen Stellen, wie Kol. 3, 1. Thess. 4. Denselben Typus aber trägt auch der so ganz in ethischen Gedanken sich bewegende Brief des Jakobus und der erste Petrusbrief. Dieser letztere stellt das gesamte Christenleben unter den Gesichtspunkt der ihm verheißenen künftigen Herrlichkeit, aber nicht, um von da aus den Christen eine systematische Unter weisung über ihre gesamte Denk- und Handlungsweise zu erteilen, sondern um einzelne wesentliche Punkte heranszugreifen, und zwar natürlich vor allem solche, die durch die Zeitverhältnisse und die Lage und sittliche Art der Gemeinden damals nahe gelegt waren. Ebenso liegt es offen vor Augen, daß, was der Jakobusbrief an Lehre und Mahnung bietet, auf die besondere Lage seiner Leser und ans einzelne unter ihnen hervorgetretene Untugenden berechnet ist. Diese kurzen Bemerkungen genügen wohl, um von neuem den jedem Leser des Neuen Testamentes bekannten Eindruck von dem Gelegentlichen, dem historisch Veranlaßten der in ihm enthaltenen einzelnen Sittenlehren und Vorschriften festzustellen. Ganz anders finden wir es im Alten Testament. Das mosaische Gesetz will das ganze Leben mit allen seinen verschiedenen Äußerungen durch bestimmte Vorschriften regeln. „Bei jedem wesentlichen Lebens geschäft hat der Israelit (ausdrücklich) von Gott Gefordertes zu voll bringen." Dieses Gesetz ist darum ein durchaus positives, statuta risches. Rein Statutarisches findet sich schon im Grundgesetz, im Dekalog. Und wenn Heiligkeit die sittliche Grundforderung ist, welches Gewicht wird dabei doch auf die Übung äußerlicher Reinig- keit gelegt, und wie ist diese durch bis ins Einzelnste gehende Vor-