ms sind; beides geht miteinander Hand in Hand. Allein um uns von dem senfkornartigen, auf Wachstum und Entwickelung angelegten Charakter der christlichen Sittenlehre zu überzeugen, brauchen wir uns nur nach dem vornehmsten und maßgebenden Fundort christlich- sittlicher Erkenntnis umzusehen, auf den alle weitere Erkenntnis zurückgehen und vor dem sie sich ausweisen muß. Was bietet das Neue Testament an christlich-sittlicher Erkennt nis dar? Es versteht sich, daß wir die Frage hier nach keiner Seite hin erschöpfend behandeln können. Auch für unsern Gesichtspunkt bedürfte sie einer besonderen Behandlung. Es müssen hier nur wenige Andeutungen genügen. Das Neue Testament enthält weder ein System der christlichen „Ethik" oder Sittenlehre, noch ein Gesetzbuch des christlichen Thuns, der christlichen Sinnes- und Lebensweise, noch führt es alle dahin einschlagenden Materien vor, noch behandelt es immer die einzelnen so ausführlich, wie es ihrer jeweiligen Wichtigkeit entspricht. Wenn unter irgend einem Gesichtspunkt, so trägt es gerade hier den Charakter eines aus bestimmten geschichtlichen Verhältnissen er wachsenen Buches. Wie wenig systematisch der Herr die Seinen über den ihnen geziemenden Sinn und Wandel belehrt, wie er ihnen eben nur im allgemeinen ihren Beruf anweist und daneben nur einzelne bestimmte Fälle als Beispiele zur Erläuterung seiner Meinung ins Auge faßt, beweist auf das schlagendste die Bergpredigt. Wenn man sie gern mit der Gesetzesverkündigung auf Sinai in Parallele stellt, so zeigt gerade sie den Unterschied zwischen dem alten und dem neuen Bunde auch in dem Punkte, von dem hier die Rede ist Der Herr stellt dar, wie er in den Gliedern der neuen Gottes gemeinde das Gesetz und die Propheten zur Erfüllung bringen will, wie diese daher innerlich beschaffen, wie sie gesinnt sein und handeln müssen. Dazu giebt er eine ihren Inhalt vertiefende Auslegung einzelner Gebote, bietet er für Gesinnung und Leben der Seinigen einzelne Vorschriften. In wie zufälliger, ich möchte sagen sorgloser Reihenfolge, ist bekannt. Nicht anders finden wir es in den Briefen. Wenn Paulus seine Schreiben in sittliche Ermahnungen und Belehrungen ausklingen läßt, so hat er es dabei nirgends auf systematische Vollständigkeit abgesehen. Man vergleiche z. B-