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Dresdner Journal : 14.04.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-04-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189904140
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18990414
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18990414
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-04
- Tag 1899-04-14
-
Monat
1899-04
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 14.04.1899
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Kur Dresden vierteljährlich: 2 Marl bO Pf., bei den Kaiser- lich druljchen Postanstaltr» viertrljührltch »Mark; außer halb bet Deutschen Reiche- Post» und Stempelzuschtaa. Einzelne Nummern: 10 Ps. Srschetuen: Täglich mit Au-nahme der Soun- und Feiertage abends. Sernspr..«°,chluß:Rr.ir»L. Dresdner Äonen al. «nkündi,UN,»gebühren: Für den Raum einer gespal tenen Zeile keiner Schrift so Pf. Unter „Lingefandt" die Zeile SO Pf. Bei Tabellen- und Ziffernsa- entsprechendrr Ausschlag. Herausgeber. Königliche Expedition de» Dresdner Journals Dresden, Zwingerstr. 20. Fernspr.-Anschluß: Nr. 1295 85. Freitag, dm 14. April abends. 18S9. Amtlicher Teil. Tresdt«, 14. April. Se. Großherzogl. Hoheit der Prinz Maximilian von Baden ist gestern abend 7 Uhr 20 Min. von Dresden abgereist. Tkks-ev, 14. April. Ihre König!. Hoheit die Frau Erbgroßherzogin von Sachsen-Weimar- Eisenach ist heute mittag 12 Uhr 40 Min. in Dresden eingetroffen und hat in der Königl. Villa Strehlen Wohnung genommen. Dresden, 10. April. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, für die Zeit bis Ende September 1900 den Kaufmann Ernst Götz in Leipzig zum Handelsrichter und den Kaufmann Friedrich Wilhelm Dodel daselbst zum stellvertretenden Handelsrichter bei den Kammern für Handelssachen im Landgerichte Leipzig zu ernennen. Se. Majestät der König haben den Fabrikanten Friedrich Theodor Paul Ebeling und Franz Oskar Bernhard Croener, in Firma Ebeling u. Croener in Dresden, das Prädikat „Hoflieferanten Ihrer Maje stät der Königin von Sachsen" Allergnädigst zu ver leihen geruht. Nichtamtlicher Teil. Bor 50 Jahren, ein Rückblick aus die Vergangenheit zu Nutz und Lehre für die Gegenwart. UnS wird geschrieben: Unlängst ist ein Schriftchen erschienen, da« die Auf schrift trägt: „Au« Dresden« Maitagen vor SO Jahren. Jugend-Erinnerungen von Alexander Bucher. Dresden, Kommissionsverlag und Druck von C. Heinrich 1899." Diese zum Besten der Stiftung „Sachsendank" herausgegebene Schrift enthält eine Reihe von Mitteilungen, die zu willkommener Ergänzung der über jene denkwürdigen Tage vorhandenen Nachrichten dienen Ihre Mitteilungen sind um deswillen besonder- wertvoll, weil sie Erlebte« und Beobachtete« au« einem Stadtteile berichten, der bei jenen Ereignissen vielleicht der wichtigste von allen, aber eben deshalb für andere Berichterstatter nicht zugängig war: au« dem Zeughofe. Der früher au« mehreren Teilen bestehende Zeughof, der heute schon ein ganz veränderte« Aussehen erhalten hat, schloß sich unmittelbar an da« Hauptzeughau« an, in seinen Bereich waren damal« die Stückgießerei, die Büchsenmacherei, die Schlosserei, die Schmiede, die Stell macherei und andere militärische Anstalten einbezogen; unterhalb der Mauern der Brühlschen Terrasse, die den Platz an der Elbseite abschloffen, lagen weitau«gedehnte Kasematten, diesen gegenüber befanden sich Dienftgebäude, Wohnungen für Offiziere und Beamte; das Zeughaus selbst (daS jetzige Albertinum) enthielt im Unter geschosse die Geschütze und die Armee-Fuhrwesen der Krieg-vermehrung, in den großen Sälen der oberen Stockwerke aber einen beträchtlichen Vorrat von Handwaffen und Armee - Bekleidungsstücken. Hier nach bildete daS Zeughaus mit seinen ausgedehnten und leider auch leicht zugänglichen Höfen und Gebäuden den Schlüffe! zur militärischen Beherrschung der Altstadt. Deshalb war e« auch bei Autbruch de» Aufruhrs den ersten Angriffen der Empörer ausgesetzt. Glücklicherweise blieb da« Zeughaus selbst ununterbrochen im auSschlikß- lichen Besitze de» Militär», während in die anstoßenden Höfe zeitweilig auch Mannschaften der Aufrührer Zugang gefunden hatten. An dieser wichtigen Stelle, in einem der zum Haupt- »ughause gehörenden Höfe, hatte der Vater de« Ver fassers, ein höherer Offizier, der im Hauptzeughause die nächste Stelle nach dem Kommandanten bekleidete, seine Wohnung Von hier au«, im elterlichen Hause, und auf einigen nach der Stadt unternommenen Streifgängen hat der Verfasser teil» selbst mit angesehen und erlebt, teil« von glaubwürdigen Augenzeugen crsahren, wa» er über den Verlauf der Empörung und die dabei sich abspielendeH Auftritte berichtet. Demnach konnte er Verschiedene» mitj teilen, wa» in den anderen Schriften über den Mai aufstand von 1849 nicht zu finden ist, weil deren Veri faffer entweder keinen Zutritt hatten zum Thatorte, oder wer! sie, wie z. B. v. Montbö („Der Maiaufstand ia Dresdens und Graf v. Waldersee („Der Kampf in Dresden"), die Begebenheiten ausschließlich vom militärisch«^ Standpunkte aus behandelt haben. Schon aus diesem Gesichtspunkte nehmen die Schilder ungen de» Verfassers, sachlich und anschaulich, treu de« Eindruck de» Selbsterlebten wiederspiegelnd, unsere Teil nahme in Anspruch. ES sei hier nur hingewiefen auf di« Beschreibung der Zustände im Zeughause infolge der ver hängnisvollen Uebereinkunft über eine 24 stündige Waffen ruhe, zu der sich der Gouverneur und später auch der Zeughautkommandant mit einer Abordnung der Auf ständischen Herbeigelaffen hatte, auf die Schilderung de» gefahrvollen Gange», den der pflichtgetreue Vater de« Verfasser» am 4. Mai vom Zeughofe nach dem Blockhause in die Neustadt unternahm, S. 38 bi» 46; ferner auf die Schilderung der Auftritte im Zeughofe vor und bei dem Beginne de« Feuergefechts am 5. Mai, S. 47 bi« 54, der Kämpfe am 6. Mai (S. 55 flg), der Treulosigkeit der Rebellenführer, die ihr Leben in Sicherheit brachten, während sie die verratenen Genoffen in hoffnungslosem Widerstande verbluten ließen, S. 76, endlich der Zustände nach Niederwerfung des Aufstande«, S. 87 flg. Der Verfasser nimmt hier die Regierung gegen den Vorwurf zu großer Härte mit überzeugenden Gründen in Schutz und schildert, wie auch die Truppen gereizt und in die Erbitterung gegen die Aufständischen förmlich Hinein getrieben wurden durch die heimtückische Art de« gegen sie geführten Kampfe», nachdem sie vorher tagelang vielen Entbehrungen au»gesetzt gewesen, sogar Schmähungen und Demütigungen hatten erdulden müssen, ohne sich dagegen wehren zu dürfen Anderseits verteidigt er dir Regierung gegen den Vorwurf unangebrachter Milde gegen die Ge fangenen mit dem Hinweise, daß die eigentlichen Urheber des Aufruhr» zum größten Teile schon außerhalb de« Lande« geflohen und die zurückgebliebenen Teilnehmer der Mehrzahl nach al« die Verführten zu betrachten waren. In wenigen Wochen wird sich ein Zeitraum von 50 Jahren erfüllen, der zwischen damal« und beute liegt. Insofern ist da« kleine Buch al« eine Gedächtn,«schrift zu betrachten, fesselnd besonder» für alle, die hier Selbst- erlebte» dargestellt finden. Aber nicht bloß al» Rückblick auf die Vergangenheit hat da» Schriftchen einen Wert. E» enthält auch nütz liche Lehre für eine leider nicht zu fern liegende Zukunft. Wir stehen ja heute schon in einem verhängnisvollen Kampfe. Zur Zeit wird dieser Kampf zwar nur erst in Wort und Schrift geführt. Gleichwohl ist er schon gefährlicher, al ber von 1849. Damals gab e« nur einen Streit mit einer politischen Partei, heute stehen wir vor einem K'affenkampse, dem Kriege aller gegen alle; damal« war die Froqe nur: ob Königtum, ob Republik, heute gilt e« den Schutz von Religion, Zucht und Sitte, Gesetz und Eigentum; damals handelte e« sich nur um eine Ver fassungsänderung, heute um den Bestand der ganzen Staat»- und Gesellschaftsordnung; damal« hotte die staatsrechtliche Erörterung noch bei weitem nicht alle Schichten der Bevölkerung ergriffen, heute hat die plan mäßig geschürte Unzufriedenheit und Begehrlichkeit den größern Teil des Volkes bi» in die untersten Tiefen auf gewühlt. Zwar fehlte e« auch bamal» nicht an Führern, die tollkühn alle» an die Erreichung ihrer Ziele setzten, und auch nicht an einem Gefolge, da», jeder Zucht und gesetzlichen Ordnung abhold, e» sich zum Vergnügen machte, überall mit- zuthun, „wo etwa« los ist" Aber die Führer waren planlo«, beherrschten die Massen nicht und entbehrten vor allem der zu dem Kampfe unbedingt erforderlichen Mittel. Heute stehen wir einem Gegner gegenüber, der seit einer Reihe von Jahren sich zum entscheidenden Schlage rüstet, seine Truppen bei jedem Wahlgange mustert, bei jeder Versammlung durch Hetzredner in Stimmung hält, durch zahllose Arbeitseinstellungen und Verrufterklärungen zum Kampfe übt, durch schonungslose Gewaltherrsebast zu blindem Gehorsam zwingt und gleichzeitig über wohl- gefüllte Kassen verfügt, die unau»gesetzt mit den Steuer- groschen der „Genossen" gespeist werden. E« hat sich di« Sozialdemokratie bereit« zu einem Staat im Staate au»« gebrldet; noch hält sie die Zeit zum offenen Kampfe nicht gekommen, aber unablässig nährt und schürt sie die Glut unter der Asche, und e» bedarf, wie erst di« jüngsten Tage gelehrt haben, nur eines Windstöße«, um die Hellen Flammen offenen Aufruhr« und zügelloser Roheit Hervor brechen zu lassen. Keinen Tag sind wir mehr sicher vor dem Ausbruche de» unvermeidlichen Kampfe«. Denn daß die jetzige Bewegung ohne eine blutige Entscheidung», schlacht deigelegt werden könne, werden nur die glauben, di« keine Ahnung haben von der Verbissenheit und Wut der sozialdemokratischen Heerführer WaS haben nun die Ordnungsfreunde zu thun, um nicht unvorbereitet von dem Kampfe überrascht zu werden? Vor allem werden sie aus der Geschichte früherer Kämpfe Rat und Belehrung holen müssen Warum dies meistens so spät erst geschieht? Zeigt doch schon die Geschichte von den sibyllinischen Büchern, daß guter Rat um so kostspieliger wird, je länger man sich besinnt, ihn anzunehmcn. Wir brauchen nicht bis auf die Zeiten de« Tarquiniu« zurückzugehen, auch nicht bis zur französischen StaatSumwälzung vor hundert Jahren; wir können guten Rat näher haben; wer ihn sucht, kann ihn schon im Dresdner Maikampfe finden. Seite 31 der Schrift über den Maikampf von 1849 spricht der Verfasser seine Überzeugung dahin au«, daß am 3. Mai — nachdem einmal Gewalt gegen Gewalt angewendet werden mußte — ein rücksichtslose« und nachhaltige« Vorgehen gegen die unter Führung der NevolutionShelden aggressiv gewordenen Pöbelhaufen al«bald alle Gefahr von dem Zeughaufe abge wendet haben würde. Der Verfasser schildert S. 88 die Folgen allzugroßer Nachsicht und Unentschlossenheit, wenn er an der Stelle, wo er die sächsische Regierung gegen den Vor wurf einer unangebrachten Milde in Schutz nimmt, zu ihrer Entschuldigung schreibt: „Auch die Regierung konnte e» sich wohl nicht verhehlen, daß sie oder wenigstens ihre Vorgänger durch die monatelang vorau»gegangene Nach sicht, ja Schwäche gegenüber den sich immer kecker her vordrängenden revolutionären Elementen bei vielen un klaren Köpfen förmlich die Berechtigung dieser Ideen zur Anerkennung gebracht und dadurch viel Schuld beitrug, daß di« Ereignisse schließlich soweit gediehen waren " Wenn sich auch seit jenen Tagen in den öffentlichen Zuständen ein bedeutender Umschwung vollzogen hat, so liegt doch die Gefahr einer gewaltsamen Störung der öffentlichen Ordnung heute ebenso nahe wie damals. Ja, die Gefahr ist durch da« Hervortreten der sozialen Bewegung und durch die Art, wie diese geleitet wird, durch die von gewisser Seit« bi« zum Klasienhaß ge schürten Gegensätze in der Bevölkerung noch ernster und dringender geworden. Wir haben e« heute nicht mehr bloß zu thun mit einem Häuslein politischer Schwärmer, sondern mit einer ganzen Volksklasie, die sich lo^ sagr hat von Gott und göttlicher Ordnung, von Eid und Wahrhaftigkeit, von Treu' und Glauben, von Gehorsam gegen die Obrigkeit und von Unterordnung unter da« RrchtSgebot; einer Klasse, die sich selbst außerhalb de« Gesetzes gestellt, die oft und deutlich ausgesprochen hat, daß sie sich nicht überzeugen und belehren lassen, daß sie der heutigen Staatsordnung feind sein und bleiben will. Jede RnchstagSwahl zeigt da» Anwachsen dieser Klasse an Kopfzahl, an Leidenschaft, an trotzigem Uebermute. Ihre Presse bat das zulässige Maß von Freiheit in der Erörterung öffentlicher Angelegenheiten längst überschritten. Di« Parteigenossen, denen e« gelungen ist, einen Sitz im Reichstage zu erobern, denken schon lange nicht mehr daran, in sachgemäßer Behandlung der Beratungs gegenstände das Wohl de« Reiches wahrzunehmen, sondern treiben Mißbrauch mit ihrem Amte, um unter dem Schutze der Redefreiheit ungestraft vor aller Welt den Pöbel aufzureizen Brandreden, die sie in ihren Partei- und Volk-versammlungen sich nicht zu halten getrauen, werden von hier ouS in do« Volk geschleudert Selbst Richter und Geschworene, die nach geleistetem Eidschwur treu ihre« Amte« walten, bleiben nicht verschont; wenn ihr Spruch dem Pöbel nicht gefällt, werden sie öffentlich in Acht und Bann erklärt und dem Haffe de« Volke« preiSgeaeben Aber wie verhalten sich die staatserhaltenden Kreise gegenüber diesen erklärten Feinden der Staat«- und Ge sellschaftsordnung? Verhandeln sie nicht mit denen, die sich selbst außerhalb de« Gesetze« gestellt haben, al« mit solchen, die mit ihnen auf gleichem Rrchtsboden ständen? Verhandeln sie nicht mit ihnen, als ob auch nur die leiseste Hoffnung bestünde, auf gütlichem Wege zu einer fried lichen Verständigung zu gelangen? Zeigen sie denen, die trotzig auf die Leidenschaft der Genossen und auf die Macht der Fäuste pochen, Entschlossenheit und Mut, den angebotenen Kampf auszunehmen und bis auf« äußerste auSzufechten? Wie weit wir noch davon entfernt sind, hat un» dieser Tage erst der in Nr. 73 de« „Journal»" erwähnte Aufsatz der „Kreuzzeitung" gezeigt. Die Aeußer- ungen der Herren Grafen v. Mirbach und Klinckowstroem im preußischen Herrenhause über die Heimlichkeit des Reichstagswahlrechts hatten das Mißfallen der demokra tischen Presse erregt Man kann nicht umhin, die Bedenken gegen die Heimlichkeit der Stimmabgabe als berechtigt anzuerkennen; man nennt es „einfach Heuchelei, wenn Politiker, die sich mit dieser Seite de« Wahlrechts nicht zu befreunden vermögen, begeistert für die die Charakterlosigkeit fördernde Heimlichthuerei eintreten würden"; man hat sich während des Wahlkampfe« nicht „geniert", seine wahre Meinung über das geheime Wahl recht zu bekennen, und wird sich auch in Zukunft niemals „genieren", zu erklären, daß man dieser dem deutschen Volk»charakter absolut nicht entsprechenden Heimlichthuerei keinen Geschmack abgewinnen könne. Das klingt soweit ganz mutig und schön. Wird nun daraus der naheliegende Schluß gezogen: weil wir die Mängel des jetzt bestehenden Wahlrecht» erkannt haben, ist es unsere Pflicht, auf deren Abstellung hinzuwirken? Weit gefehlt! Mit einem tiefen Bückling machen die StaatScrhaltenden vor den Umstürzlern Halt und verwahren sich feierlich gegen die Unterstellung, al« habe man jemals daran gedacht, das Reichstagswahlrecht abzuändern oder zu beseitigen. Das heißt doch mit anderen Worten: wascht den Pelz, aber macht ihn nicht naß! Meinl man, mit solcher Halbheit Eindruck machen zu können auf die geschworenen Feinde von Gott, König und Vaterland? Aus allen Teilen de» Reiche» ertönt der Ruf nach gesetzlichem Schutze gegen die täglich wachsende Anmaßlichkeit und gegen die Schreckens herrschaft der organisierten Genossen Aber wo bleibt der gesetzliche Schutz? Sollte im deutschen Reichstage keine Mehrheit zu finden sein, die den Mut hätte, im Kampfe gegen den Umsturz offen aus die Seite der Regierungen zu treten? Sollte der Spruch de» eisernen Kanzler»: „Wir Deutsche fürchten Gott, sonst nicht» auf der Welt!" heute schon nicht mehr wahr sein? Die Geschichte der jüngsten Vergangenheit zeigt die Gefahren de« Mangels an Mut und Entschlossenheit. Beherzigen wir ihre Lehren und die Mahnung eine» Dichter» au» alter Zeit: „Oiscito sustitiam mouiti: ihr seid gewarnt, thut, wa» recht ist." Tagesgeschichte. TreS-en, 14. April. An der gestern nachmittag H6 Uhr auS Anlaß de« 50jährigen Jubiläum- Sr. Majestät de- König- al- Ritter des Militär-St. HeinrichS-OrdenS im Königs. Residenzschlosse statt gefundenen Königlichen Tafel nahmen Beide Königliche Majestäten und Ihre Königl Hoheiten der Prinz Georg, der Prinz Friedrich August, der Prinz und die Frau Prinzessin Johann Georg, der Prinz Albert und die Prinzessin Mathilde mit den Damen und Kavalieren der Königl. und der Prinzl. Hof- und Militärstaaten teil. Zu dieser Tafel waren außerdem mit Einladungen ausgezeichnet worden: die Mitglieder der gestern nach mittag von Sr. Majestät dem Könige empfangenen Deputation der Ritter deS Militär-St. HeinrichSordenS, welche wir in der gestrigen Nummer unseres Blattes bereits namentlich ausführten, ferner die nachgenannten inaktiven Offiziere, welche am Feldzuge 1849 in Schleswig-Holstein teilgenommen haben, alL: General leutnant Schurig, Excellen», die Generalmajore Kunst und Wissenschaft. Königl. Schauspielhaus. — Am 13. d. Mts: „Standhafte Liebe". Komödie in fünf Akten (au» den Fastnachtsspielen) von Heinrich Kruse. „Ohne Liebe." Lustspiel in einem Akt von Marre v. Ebner- Eschenbach (Beide Stücke zum ersten Male ) Etwas sehr post ksstum ist auf dem Spielplane de« Königl. Schauspielhauses ein Werk Heinrich Kruse- er schienen, da» vor etwa einem Jahrzehnt auf mehreren großen Bühnen nicht ohne Beifall gegeben wurde und auch heute noch hin und wieder in der Provinz ein weniger verwöhnte« Publikum zu unterhalten vermag. Die aus größeren Bühnen da« Stück sahen, gedachten dabei wohl pietätvoll Hans Sachsen« und dankten dem Dichter, daß er in seiner Komödie „Standhafte Liebe" und sech« weiteren ähnlichen Fastnachtsspielen di« echt volktmäßige, kraftvoll«, treuherzig-derbe und ursprünglich- frische Poesie de« Nürnberger Meistersänge»« zu neuem Leben erweckte. Die an kleineren Bühnen e« noch heute mit Genuß auf sich wirken lassen, besitzen die un« Groß städtern längst vielfach abhanden gekommene Gabe, rm- vfänglicher für litterarische Genüsse zu sein, die nicht in oer modernen dramatischen Retorte entstanden, sondern nach guten älteren Rezepten verfertigt worden find. Da« Publikum im Königl. Schauspielhause dagegen zeigte gestern ein teilweise bedenkliche« Besicht bei diesem Verse- fpiel nach Art der dr» poetischen Nürnberger Schuster«; da« Lächeln über den Kruseschen Humor hatte etwa» wie Mitleid an sich und der Beifall an den Aktschlüssen klang wenig verheißungsvoll. Man kann darüber rechten, ob e« rätlich erscheint, Dichtungen wie die „Standhafte Komödie" in unserer Zeit überhaupt noch auf die Bühne zu stellen, e« sei denn bei G Icq.nb.iten eine« Erinnerungstage« an di« brid«n fruchtbarsten Dramendichter dr« sechS zehnten Jahrhundert« Jacob Ayrer und Han« Sach«, ob sie nicht viel mehr ihrer Zeit als Buchlek üre dienen; jedenfalls kann man Kruse in seinen Komödien und insbesondere in der gestern aufgeführten da« Talent nicht abfprechen, daß er die Welt der Erscheinungen, die sich seinen Blicken darbietet, poetisch aufzufassen und dar zustellen im stände ist. Er beherrscht den Stoff mit großer Sicherheit, seine Erfindung zeigt Ursprünglichkeit, der dramatische Aufbau ist voll Kraft und die Sprache trägt den unverkennbaren Stempel dr« Volksmäßigen. Die Darstellung ist leicht und ungezwungen, voll ruhiger Milde, köstlicher Naivetät und schalkhaftem Humor. Frei mütig und treuherzig zieht er alle Seiten de« mensch lichen Leben«, kirchlich? und staatliche Verhältnisse, in den Bereich der Betrachtung und giebt ihnen »in an ziehende« poetische« Gewand In der Komödie „Stand- hafte Liebe" schildert er in wirksam aufgebauter, liebens würdig behandelter Form, wie ein reicher Pariser Gold schmied Tourangeaud zu einem der Abtei von Saint-Ger main leibeigenen Mägdlein, Tiennette mit Namen, in herzhafter Neigung entbrennt, wie er um dieser Liebe willen sich seiner eigenen Freiheit begiebt, und wie er schließlich, nachdem da« Recht de« Kloster» festgestellt worden ist, von dessen weltklugem Abt«, Hugo v Seunecterre, wieder mit seiner und seine« Weibe« Freiheit beschenkt wird. Da» Werk mutet in seiner frischen und ungekünstelten Art, mit seinem schalkhaften Humor, seiner heiteren Ruhe wie ein verfeinerte« Sach«-Drama an, da» an klassischer Stätte, in Nürnberg» Ringmauern gegeben, gewiß noch heute unmittelbarer Wirkung sicher sein wird Bei un» leider nicht. Gespielt wurde da« anspruch-lose Werk recht flott und beifall»w«r1. Jn-besondere war der Abt von Saint- Germain de« Hrn Müller ein« Kabinettlleistung wir kung-voller Charaktermalerei Auch Hr. Blankenstein al- Tourangeaud bewährte sich al« echter Künstler und mit ihm Hr Bauer al- Seneschall von Coucy und Frl. Serda al» Tiennette Dem Kruseschen Werle vorangegangen war ein ein aktige« Lustspiel „Ohne Liebe" der gemütvollsten und begabtesten unter den deutschen Dichterinnen der Gegen wart Marie v Ebner-Eschenbach Viele, die im Theater saßen und die Verfasserin al« Novellistin seit langem schätzen und verehren, hatten sich gewiß auf diese« dramatische Erstlingswerk der Dichterin herzlich gefreut. Sie mußten leider eine Enttäuschung erleben. Da» keine Lustspiel, eine feinsinnige psychologische Studie, ist eine dialogisierte Novelle, die nirgend« ihren Charakter als solche verleugnen kann Der Inhalt ist, vom Standpunkte de« Drama« betrachtet, so unbedeutend, daß e» sich kaum lohnt, ihn anzudeuten. Gras Laßwitz hat vor sech« Jahren au» Liebe geheiratet und ist wenig glücklich geworden Al» seine Gattin ihm durch den Tod genommen worden ist und er um seine« vierjährigen Kinde« willen die Not wendigkeit einsieht, diesem eine zweite Mutter zu geben, beschließt er, eine neue Ehe nur unter der Bedingung einzugehen, daß Liebe von ihm weder verlangt, noch ihm darqebracht werde Die also geeignete Frau erblickt er in seiner Kousine Emma, die, seit der ersten Jugend für ihn in nie ihm verratener treuer Liebe entbrannt, schein bar diese Bedingung zu erfüllen geneigt ist, aber ihm nach dem ersten förmlichen Verlobungskuß aufjauch zend um den Hal« fällt und damit die sichere Aus- sicht eröffnet, daß sie ohne Liebe sich in der künftigen Ehe nicht zufrieden geben werde Die Bluette enthält liebent würdige Einzelheiten, ist aber al« Bühnenstück vollkommen bedeutung«!»« und höchsten« zu Aufführungen in Privat- zirkel« geeignet Gespielt wurde sie sehr munter von den Damen Ga«ny (Komtesse Emma Laßwitz), Ulrich (Gräfin Laßwitz, Emma« Großmutter) und den Herren Gunz (Graf Rüdiger) und Fran, (Graf Laßwitz). Hr. Gunz karikierte zuweilen, und Hr Franz verfiel de« öfteren in einen zu schweren, wenig lustspielmäßigen Ton W. Doenge« Berichte aus den Königl. Sammlungen 1898. (Schluß.) Eine umfängliche bibliothekarische Arbeit, die schon vor einer Reihe von Jahren begonnen wurde, aber längere Zeit hat unterbrochen werden müssen, konnte zu Ende ge führt werden: di« Katalogisierung de« ungefähr 20000 Ortginalbriefe umfassenden handschriftlicht n Nachlasse« Karl August Böttiger« (1- 1835). Der nun vollendete Katalog der Böttigerschen Papiere bildet eine nach längerer Zwischenzeit zu stände gekommene Fortsetzung de« ge druckten Handschristenkatalog« Diese Fortsetzung wird jedoch von der Bibliotheksverwaltung wohl mit Recht, einerfeit« wegen ihre« durch die engen Grenzen der Lebenszeit und de» Jnteressenkreise» einer einzigen Person allzu sehr beschränkten Inhalt«, anderseits wegen ihre« gegen diesen eng begrenzten Inhalt stark kontrastierenden unverhält nismäßig großen Umfang«, al« nicht zum Druck geeignet angesehen Zu einem Abschluß gelangte auch die Einver leibung der Oelser Bibliothek, nachdem die Eintragung de« letzten Reste« der Bücher dieser Bibliothek in den alphabetischen Katalog beendet wurde. Daneben nahm di« Arbeit an den beiden früher erwähnten Fachkatalogen ihren Fortgang, die an dem Realkatalog« d«r römischen Klassiker durch Hinzufügung de« Abschnitte« Cicero bi« Floru«, die an dem bwgraohOchen Realkataloge durch Vollendung de« auf da« Fach der dänischen Geschichte, und Inangriffnahme de» auf da« Fach der schwedisch m Geschichte entfallenden Teile«. Die einem außerordentliche« Hilfsarbeiter übertragene Katalogisierung der Landkarten schloß mit 25 575 (im Vorjahre mit 24 564) Stück ab und erreichte damit ihr Ende, sodaß nunmehr mit Neu ordnung und Signierung der Zettel de« Katalog« und der Karte» selbst begonnen werden kann. I« der neu e»1stande»en Abteilung für Musik wurde die Ausscheidung der in die Etammbibliothek einzureihenden Bücher fort gesetzt und zu End« geführt, eine Neuordnung der zu«
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