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KONGRESS-SAAL DEUTSCHES HYGIENE-MUSEUM 5.ZYKLUS-KONZERT DIE WIENER KLASSIK PAUSE Allegro molto Menuetto Andantino Menuetto (Thema con variazioni) Rondo: allegro assai Marcia alla francese Sinfonie A-Dur Nr. 59 (Feuersinfonie) Erstaufführung Presto Andante o piu tosto allegrctto Menuetto Allegro assai Joseph Haydn 1732-1809 SOLIST Stanislav Knor, Prag GASTDIRIGENT GMD Ude Nissen, Erfurt Ludwig v. Beethoven Konzert für Klavier und Orchester Es-Dur op. 73 1770-1S27 Allegro Adagio un poco mosso Rondo: allegro Wolfgang A. Mozart Divertimento D-Dur KV 251 1756-1791 Sonnabend, 13. Januar 1962, 19.30 Uhr Sonntag, 14. Januar 1962, 19.30 Uhr Stanislav Knor ZUR EINFÜHRUNG Bis 1800 waren die Grenzen zwischen Kammermusik und Sinfonik, zwischen intimem und festlich-repräsentativem Musizieren, ja zwischen Konzertsaal- und Freilichtauffüh rungen fließend. So gibt cs gerade von Haydn und Mozart sowie ihren Zeitgenossen eine Fülle von Werken, die zwischen Kammermusik und Sinfonik stehen, zwischen Kon zertantem und Sinfonischem, die in geschlossenen Räumen ebenso wirken wie im Freien. Zu solchen Schöpfungen rechnen auch die zahlreichen Divertimenti Wolfgang Ama deus Mozarts, worunter eine suitcnähnlichc, locker gefügte Kompositionsform leichter, unterhaltender Art zu verstehen ist. Das Divertimento D-Dur KV 251, auch Finalmusik genannt, erklang zum ersten Male bei einer Salzburger Hofmusik am 21. November 1776. Das merklich eilig, fast nachlässig geschriebene Werk, ein typisches Stück höfischer Ge sellschaftskunst des 18. Jahrhunderts, soll angeblich für den 25. Geburtstag von Mozarts Schwester Nannerl, also zum 30. Juli 1776, komponiert worden sein. Es ist „für sieben Instrumente“ bestimmt, für Oboe, zwei Hörner und Streichquartett, wobei der Streich körper auch mehrfach zu besetzen ist. Ungewöhnlich ist der Einsatz der Oboe, die hier gern der ersten Violine den Rang streitig macht. Als charakteristischstes Merkmal dieses Divertimentos fällt die starke Berücksichtigung französischer Stilclemcnte auf (Marcia alla francese am Schluß nach „französischer Art“ mit elegant-punktiertem Marschrhyth mus, das zweite Menuett mit Variationen an Stelle des üblichen Trios, Hauptthema und Bau des etwas lang geratenen klangfreudigen Rondos mit seinem kontrastierenden Moll- tcil). Auch Anklänge an das volkstümliche deutsche Lied begegnen. Einen der bedeu tendsten, weil geschlossensten Suitensätze Mozarts stellt übrigens der Eröffnungssatz dar mit seiner an Haydn gemahnenden thematisch-sinfonischen Einheit. Joseph Haydns frühes sinfonisches Schaffen, das den Meisterstücken der Pariser und Londoner Sinfonien voranging, trägt deutlich den Stempel einer zweckgebundenen Ge brauchskunst, die der Komponist für seine Kapellmeistertätigkcit auf Schloß Estcrhaz schuf. Selten nur begegnen uns in unseren Konzertsälen Werke aus dieser frühen sinfo nischen Schaffensperiode, am ehesten noch die entzückenden kleinen Programmsinfonicn „Der Schulmeister“, die „Abschiedssinfonie“ oder der sinfonische Zyklus „Die Tages zeiten“. Die Entstehungszeit von Haydns Sinfonie Nr. 59 A-Dur, die heute wie schon vor kurzem die Sinfonie Nr. 61 als Dresdner Erstaufführung erklingt, ist uns ebenso wie die Herkunft ihrer Bezeichnung als „Feuersinfonie“ nicht genau bekannt. Man nahm ursprünglich an, daß sic als Zwischenaktmusik zu dem Schauspiel „Die Feuersbrunst' geschrieben wurde, das die Wahrschc Schauspielertruppe im Jahre 1774 in Estcrhaz auf führte. Die Sinfonie war jedoch, wie nachgewiesen ist, schon 1769 an zwei verschiedenen Orten bekannt und dürfte also bereits etwa um 1767/68 komponiert worden sein. Trotz dem ist cs natürlich möglich, daß sie als bereits bekanntes Werk später als musikalischer Rahmen zu dem erwähnten Schauspiel verwendet worden ist. - Der 1. Satz dieser in ihren Kennzeichen ebenfalls typischen frühen Sinfonie Haydns ist ein Presto, das in einer immer wiedcrkchrcndcn raschen Achtclbcwegung einsetzt, die man vielleicht sogar etw’a als züngelnde Bewegung des Feuers deuten könnte. Dieses Anfangsthema, in Fortspin- nungstcchnik durch einige davon abgeleitete Motive zu einer Themengruppe ausgebaut, stellt, nur bisweilen von einem Triolenspicl der Violinen unterbrochen, die musikalische Substanz des Satzes dar, in dessen Durchführung das eigentliche sinfonische Prinzip noch kaum zu erkennen ist. Der 2. Satz, ein in Moll beginnendes Andante, bringt zuerst ein in den Streichern erklingendes liedhaftes Thema, darauf nach einem Übergang in Uni-