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Dresdner Journal : 18.03.1899
- Erscheinungsdatum
- 1899-03-18
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189903183
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18990318
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18990318
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1899
-
Monat
1899-03
- Tag 1899-03-18
-
Monat
1899-03
-
Jahr
1899
- Titel
- Dresdner Journal : 18.03.1899
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v«i««s»ret«r Aitr Dresden vierteljährlich: ü Mark S0 Pf, bei den Kaifer- bch d^uüchni Postanstalten Aerleljährlich3Marl; außer halb de« Deutschen Reiche« Noß- und Stemprlzuschlaa. Giazelne Nummern: 10 Pf. »rfchrineu: Ttglüh mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abend«. Fernspr.Anschluß: Nr. 1»»S. Vutüudtgunssgedühreu: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift SV Pf Unter „Eingesandt" die Zeile S0 Ps. Bei Tabellen- und Ziffern! entsprechender Ausschlag. Herausgeber: Königliche Expedition de« Dresdner Journal» DreSden, Zwingerstr. so. Fernspr-Anschluß: Nr. 1S»ä. N 64.Sonnabend, den 18. März abends.1899- Amtlicher Teil. Se. Majestät der König haben Allerguädigst zu genehmigen geruht, daß der BureauaMent bei der StaatSkisenbahnverwaltung Swoboda in Chemnitz die von Sr. Majestät dem Kaiser von Oesterreich ihm verliehene, au» Anlaß Allerhöchst dessen 50jährigen RegierungSjubtläumS gestiftete Erinnerungsmedaille annehme und trage. Grueuuuuge«, Versetzungen re. im öffentliche« Dienste. Au, Geschäftsbereiche beSMtutftertumS «er Atuauie«. Verwaltung der Zölle und indirekten Steuern. Be fördert: Der Obersteuereinnehmer Günther zum Haupt- amtökontroleur in Schandau; der NevisionSaufseher Meißner zum Zollassistenten in Warnsdorf; der RevisionSaufseher v. d Mosel zum Oberkontrolasststenten in Döbein; der Re- vistouSausseher Schulze zum Zollassistenten in Ebersbach; der Redision-aussehrr Naumann zum Nebenzolleinnehmer in Netchenau. — Brr setzt: Der Hauptamts kontroleur Reymann al« Vorstand der ZollabsertigungSstelle am Bahnhose Plagwitz- Liudenau unter Beilegung de« Diensttitels Steuerinspektor; der Oberzolleinnehmer Gentzsch al» Obersteuereiniiehmer von MNig-lhal nach Frankenberg; der Zollassistent Birnbaum ron WarnSdorf nach Leipzig; der Zollassistent Edelmann von Ebersbach nach Teilchen; der OberkontroiaMent Kirsten al« Zollassistent von Döbeln nach Leipzig; der Zollassistent Rabi« el» Oberkontrolassistent von Tetschen nach Freiberg; der Neben- jolleinnehmer Rodig al« Untersleuereinnehmrr vou Reichenau nach Wilsdruff. — Angestellt: der geprüfte NahrungSmittel- kdewiker Zetzsche al» Zollassistent und chemischerHülfSarbriter bei dem Hauplsteueramte Dresden; die Accrssiftrn Burger, kolpe und Lindner als Steueraufseher; die Biceseldwebel Eichhorn und Schettler, der Hoboist (Sergeant) Lorenz und der vormaligeStationSaspirantRößler als Srenzausseher. - Pensioniert: Der Oberkontrolassistent Grewe in Frei- bcrg; der Steuereinnehmer Knorr in Wilsdruff. — Ent lassen: Der Srenzausseher Gebauer in Eibenstock aus An suchen. gm GeschiftSberetche«r»«tntftertu»S»rS Kultus und rffentltche« Unterricht». Erledigt: die Nebenschul- Kelle der zweiklass. Volksschule zu Herrenhaide b. Burgstädt. Kollator: die oberste Schulbehörde. Einkommen: neben freier Ämtiwohi ung I3VU M Gehait, einschließlich 70 M. persönliche Zulage, 3 M. vom Kirchendienst, 36 M. für Erteilung de» Turnunterrichts und eventuell kV M. der Frau deS Lehrer» sllr Handarbeitsunterricht. Gesuche sind unter Beifügung sämt licher Zeugnisse bi- in die neueste Zeit bi« zum tö. April bei dem Nönigl. BezirkSschulinspektor Schulrat vr. Böhme in Rochlitz einzureichen — Zu besetzen: die vorbehältlich der Genehmigung de» König! Ministerium» de« Kultur und öffent liche» Unterricht» zu errichtende ö. ständige Lehrerstelle in Cossebaude. Kollator: das König!. Ministerium de» Sultut und öffentlichen Unterrichts. Einkommen: 1250 M. Ansang-gehalt und freie Wohnung oder 180 M. WohnungS- geld für einen unverheirateten, 300 M. für einen verheirateten Lehrer nach erfülltem 2ö. Lebensjahre Ter Höchstgehalt von 2500 M. (außer freier Wohnung oder WohnungSgeld) wird mit dem vollendeten 27. Dienstjahre erreicht. Bewerbung«- gesuche von solchen Lehrern, welche in der Lehrfertigkeit mindestens die Zensur „Gut" erlangt haben, sind bis zum »8. d. MtS. an den König!. BezirkSschulinspektor Dresden II Zchulrat Fink einzureichen; — die neuzugründende S. Lehrer- ftelle in Neukirchen. Kollator: die oberste Schulbehörde Einkommen: der AnfangSgehalt von !35v M. einschließlich WohnungSgeld erhöht sich mit dem 25. Lebensjahre aus 1500 Mark einschließlich WohnungSgeld und von da an durch Zu lagen von 150 M. bi» zu dem Höchstgehalt von 2700 M. ein schließlich WohnungSgeld, der mit dem 52. Lebensjahre erreicht wird. Gesuche sind unter Beisügung sämtlicher PrüsungS- und klmt-sührungSzeugniffe bi» zum 5. April bei dem König!. BezirkSschulinspektor Schulrat Lohse in Zwickau einzureichen. Nichtamtlicher Teil. Die auswärtige Politik der Woche. Für die meisten der schwebenden auswärtigen Fragen bedeutete die heute zu Ende gehende Woche keinen wesentlichen Fortschritt. Mancherlei verlautete wiederum zur samoanischen Angelegenheit, das sich vorwiegend auf Meldungen englischer Blätter au» Washington stützte. Wollte man diesen Auslassungen Glauben schenken, so wäre Hoffnung, daß die Samoa- Sache demnächst als geregelt von der diplomatischen Tagesordnung verschwinden könnte. Allein, wir teilen diese Zuversicht vorläufig noch nicht. Die Abberufung des Oberrichters Chambers ist zwar wiederholt an- gckündigt, aber von der amerikanischen Regierung noch nicht vollzogen worden. Im Anschluß hieran wurde viel von der Aufrechterhaltung des statua guo ge sprochen. Wir könnten darunter vom deutschen Stand punkte nur die Bestätigung MataafaS zum König der Samoaner verstehen. Einstweilen scheint indessen die Gegenpartei, die für Malietoas Einsetzung arbeitet, noch nicht alle Hoffnung auf dar Gelingen ihrer den deutschen Interessen nachteiligen Pläne verloren zu haben, wenn auch eine amtliche Unterstützung dieses zur Verdrängung MataafaS betriebenen Spieles durch die Kabinette von London und Washington bisher nicht festzustellen war. Große Aufmerksamkeit fanden die Bemühungen, die der vielgenannte afrikanische Großunternehmer Cecil Rhodes durch persönliches Erscheinen in Berlin, durch Unterredungen mit dem Kaiser und Ver handlungen mit amtlichen Stellen zu Gunsten des be rühmten Planes einer ganz Afrika von Norden nach Süden durchquerenden Eisenbahn ins Werk gesetzt hat. Hr. RhodeS, der sich in den maßgebenden Kreisen völlig als Geschäftsmann (busines8-wkm) gab, hat in Berlin durchaus kein unbeschränktes Entgegenkommen, aber auch keine grundsätzlich ablehnende Haltung ge funden Ein Abkommen über Durchführung einer Telegraphenlinie durch Deuisch-Ostafrika ist getroffen. In der Eisenbahnfrage indessen bleibt noch, neben ver schiedenen Einzelpuukten, zu entscheiden, ob unter ge- wlssen Voraussetzungen eine staatliche Garantie sür die auf deutschem Gebiete zu erbauende Strecke ins Auge gefaßt werden könnte. Jedenfalls entzieht sich das Genauere der mit Cecil RhodeS gepflogenen Besprech ungen vorderhand der öffentlichen Kenntnis. Hr. RhodeS selbst war AuSfragern gegenüber von großer Zugeknöpftheit. Eine Erklärung des KolonialdirektorS v. Buch!« im Reichstage ließ erkennen, daß deutscher seits im Verkehr mit dem gewandten und auf die englische Politik höchst einflußreichen Manne große Vorsicht beobachtet worden ist. Am Donnerstag hat RhodeS Berlin wieder verlassen. Abermals müssen wir des oft genannten Kramarz kurz gedenken. Er hat nämlich seinen gegen den Dreibund geführten Schlag in einem jüngst er schienenen Aufsatze der Prager „Politik" zu bereuen versucht, indem er eine Unschuldsmiene annahm, welcher indessen die Kraft zu täuschen versagt bleibt. Der dreiste Deutschenfeind der „Revue de Paris" ist echter, als der verschämte der „Politik", und die zweite Ver öffentlichung kann nichts von dem durch die eiste hervorgerufenen Mißtrauen auS der Welt schaffen. UebrigenS genieren sich andere Preßkünstler, denen „gute Beziehungen" nochgesagt werden, noch weniger als Herr Kramarz. Die letzthin erwähnten Beleidigungen der „CeSka Revue" gegen den Botschafter deS Deutschen Reiches am Wiener Hofe haben nirgends in den tonangebenden österreichischen Blättern einen Ausdruck des Bedauerns erweckt. Der Urheber dieser Schmähungen, der „Kaiser!. Rat" Penizek, hat sogar dafür gesorgt, daß sie im „Agramer Tageblatt", Wiedergabe fanden. Von den Landesvertre'.ungen Oesterreichs, die in dieser Woche zusammengekommen sind, gilt unser Inter esse dem böhmischen Landtage Dort haben die deut schen Abgeordneten wieder ihr Fernbleiben beschlossen. Als Grund ward erneut die angebliche Absicht der Regierung angegeben, den Sprachenstreit durch Ver ordnung auf Grund des 8 11 ju lösen. Wie man weiß, giebt dieser vielberufene Paragraph der Regie rung daS Recht, gewisse dem allgemeinen LondeSwohl geltende Gesetze als Ministerialbeschlüsse zu erlassen, wenn die Volksvertretung zeitweilig nicht beisammen ist. Im gegenwärtigen Zeitpunkte würde dies vom österreichischen Reichsrate gelten; von deutscher Seite wird indessen geltend gemacht, Graf Thun stände es frei, den Reichsrat in jedem Augenblicke einzuberufen. Jedenfalls scheint hiernach die von einzelnen Kreisen erhoffte Versöhnung in dem Sprachenstreite noch im weiten Felde zu sein. Auf Kreta haben sich, seitdem dcr „Ober kommissar" Prinz Georg von Griechenland dort unter der Vormundschaft von vier Großmächten den Herrn spielt, die Verhältnisse noch verschlechtert. Eine bedenkliche Entfremdung zwischen dem Prinzen und angesehenen kretischen Führern wurde vorläufig nur mühsam beseitigt. Dazu kommen Mißhrlligkeiten mit dem Oberbefehlshaber dcr britischen Besatzungs truppen in Kandia. Tie französischen Blätter, die nach wie vor für möglichst baldigen Anschluß Kretas an Griechenland eintreten, machen sich gern zum Echo der in der Umgebung des Prinzen Georg herrschenden Verstimmung. Namentlich ist eS die Gefahr der im Grunde schon vollzogenen dauernden Festsetzung Eng lands in der Sudabucht, was die Pariser Blätter Lärm schlagen läßt. Mit eindringlichen Worten wird Italien beschworen, sich dem Zweibunde anzuschließen, um ein weiteres Erstarken der englischen Mittelmeer stellung zu verhindern. Admiral Cancvaro, der die kretischen Dinge aus eigener Erfahrung kennt, zeigt aber bisher keine Neigung, die bewährte Politik maritimer Anlehnung an Großbritannien gerade jetzt aufzugeben, wo Italien die diplomatische Unterstützung seitens des Londoner Kabinets in Ostasien zu schätzen weiß. Günstiger als auf der MinoS-Jnsel hat sich neuerdings die Lage in Makedonien gestaltet. Die führenden panslawistischen Organe in St. Petersburg und, was noch mehr sagen will, auch in Moskau haben gerade in jüngster Zeit sehr ernste Warnungen an die makedonischen Komitees gerichtet, so daß selbst der Pariser „TempS", der mit Vorliebe gegen die türkische Herrschaft in Makedonien hetzt, einen einst- lr.'ili^en Rückzug antrat. Ein ferneres beruhigendes Anzeichen ist auch die entschieden friedensfreundliche Haltung deS bulgarischen Ministeriums Grekow. Von ihm hat daS makedonische Komitee in Sofia weniger Nachsicht für seine Wühlerei zu erwarten, als unter dem Kabine! Stoilow. Im englischen Unterhause wurde in den letzten Tagen die Beratung des Flotten-Verstärkungs- ProgrammS fortgesetzt Hierbei trat die für gewisse Leute in Deutschland recht beherzigenswerte Erscheinung hervor, daß eS im Hause bedauert wurde, daß Marine- minister Goschen seine ursprünglichen Flottenanschläge herabgemindert hätte. Recht bezeichnend war auch, daß ein anderer Redner den Hinweis Goschens aus die sogenannte Abrüstungskonferenz dahin verstanden wissen wollte, daß da» gegenwärtige britische Flotten programm auch dann nicht geändert werden dürfte, falls auf jener Konferenz eine Änderung zu stände käme. Nicht minder der Beachtung bestimmter Kreise in Deutschland mag endlich die Abstimmungsziffer 147 gegen 18 empfohlen sein, mit der in dcr Einzel debatte deS Marineetats ein Streichungsantrag des Hrn. Labouchvre verworfen wurde. Die englischen Marinefachkeise sollen von den Kürzungen, die an dem ersten Plane Goschens vorgenvmmen wurden, nichts weniger als befriedigt sein. Man hat dort die Meinung ausgesprochen, daß eS sich jetzt unliebsam zeigen würde, daß im vorigen Jahre in England sür 9000O0 Pfund Sterling Schiffe zu wenig gebaut worden wären. Um noch bei den Meldungen zu verweilen, die über Rüstungsmaßregeln des Aus landes zu uns kamen, so sei erwähnt, daß in Frank reich die Umgestaltung der dortigen Artillerie jetzt vollendet ist. Darnach ist die Republik in der Lage, im ganzen 105 Fußbattelien, 430 fahrende, 52 reitende und 14 Gebirgsbatterien auszustellen, macht zusammen: 601 Batterien. Kriegsminister de Freycinet hat von ihnen jüngst behauptet, sie hätten gegenwärtig in der Welt nicht ihresgleichen. DaS im Laufe der Woche vielbesprochene Vor gehen Italien- in China und die diplomatische Handlungsweise des Gesandten Signor de Martino in Peking bildeten den Gegenstand längerer Erklärungen, die der italienische Minister des Auswärtigen Cancvaro in der Deputiertenkammer zu Rom erstattete. ES ergab sich daraus, daß die in Ostasien interessierten Mächte sich, auf Italiens vorherige Anfrage, wohl wollend zu dcr italienischen Absicht, die San Mun- Bai zu erwerben, gestellt hatten und daß England riet, nicht zu Gewaltmaßregelu zu greifen. Ter Minister bestätigte überdies, daß das Tsung-li Aarnen sich zu einer Entschädigung in der Art, wie eS die erste Note des italienischen Gesandten behandelte, geneigt gezeigr habe. Neu war die Eröffnung CanevaroS, wonach der weitere Schritt de Martinos in Peking nicht in Uebereinstimmung mit der Regierung in Rom ge schehen und der Gesandte infolgedessen abberufen worden sei Der Minister sprach von einem „Ulti matum", während eine spätere Pekinger Meldung hervorhob, de Martinos zweite Depesche hätte, da sie keine Drohung enthalten, einen solchen Charakter nicht gehabt. Die Obliegenheiten des italienischen Ver treters in Peking wurden, nach CanevaroS weiteren Mitteilungen — durch die überdies ein besonders freundlicher Zug für England ging — vorderhand dem britischen Gesandten Mac Donald übertragen. Die Darlegungen des Ministers machten auf die Kammer einen guten Eindruck und erschienen angelhan, gewisse Zweifel zu zerstreuen, die in der öffentlichen Meinung Italiens über das „chinesische Abenteuer" laut geworden waren. Gleichwohl wurden TagS darauf Hrn. Canevaro erneute Fragen vorgelegt, die er indessen erst nach Ostern zu beantworten versprach mit dem Hinzufügen, für alles, was inzwischen ge schähe, die Verantwortung übernehmen zu wollen. Jüngst haben einige Vorgänge auf der Insel Kuba wieder von sich reden gemacht. Die Regierung zu Washington hatte dem kubanischen Aufständischen- Häuptling Maximo Gomez drei Millionen Dollars dafür angeboten, daß er seine Truppenscharen auflöste. Der General sagte zu. Und schon war das Geld an ihn unterwegs, als die kubanische National-Regierung den Handel erfuhr und Gomez in seiner Eigenschaft als Truppen-Oberführer absetzte. Aus Washington aber antwortete man nicht minder prompt, indem man beschloß, die kubanische Nationalversammlung ouf- zulösen. Nach den Meldungen, die Ende der Woche zu uns gelangten, sollte sich dann wieder eine Be wegung zu Gunsten des Maximo Gomez kundgegcben haben. — Auf den Philippinen ist der amerr- kanischerseits angekündigte umfasscnde und, wie man hoffte, vernichtende Vorstoß gegen die Philippiner bisher ouSgeblieben. Indessen hat cS wieder nicht an kleineren Scharmützeln gefehlt, von denen der als HauptkriegSbrrichterstatter waltende Beitreter der Londoner „Reuterschen Bureaus" jedesmal Erfolg der amerikanischen Waffen meldete. Unsre abschließende kurze Wochenchronik Hai noch folgendes zu verzeichnen: Von Finnland hat sich eine große Abordnung nach St. Petersburg begeben, um die finnländischen Wünsche und Beschwerden an aller höchster Stelle vorzutragen. Bon offiziöser russischer Kunst und Wissenschaft. König!. Opernhaus. — Am 17. d. Mt«: „Martha". Lper in vier Akten von W Friedrich Musik von Fried rich v. Flotow. In der gestrigen Vorstellung erschienen zwei Gäste: neben Frau Mella Fiora, die sich un» bereit« al» Königin in den „Hugenotten" vorgestellt hatte, Hr. Gieß wein vom Stadttheater in Frankfurt a. M. Die Sängerin verstärkte durch ihre Ausführung der Titelrolle nicht den günstigen Eindruck ihrer ersten Leistung. Zwar gelangen ihr einige Nummern durchaus ansprechend und sehr vorteilhaft erschien wieder die geschickte Verbindung von Gesang und Spiel, aber im ganzen fehlten der an haltend ausgiebige Stimmklang und eine stärkere Be seelung der Kantilenen. Auch hatte der Vortrag nicht immer die volle rhythmische Bestimmtheit. Gerade in den Höhepunkten ihrer Rolle bestand die Sängerin aller dings am besten; in dem Liede und im Duett de» zweiten Aktes bekundete sie mehr gesanglich« Fein heit und Wärm« al« in einem der übrigen «ätze In dem lyrischen Tenor Hrn Gießwein, dem der denkbar glänzendste Ruf voranging, lernte man einen nach mancher Richtung hin ausgezeichneten Sänger kennen Seine Stimme besticht durch Weichheit und Wohl klang, seine Art zu singen zeugt von bester Schulung und Geschmack, in seinem Vorträge drückt sich eine natürliche, warme Empfindung au» Zur vollendeten und bezwingen den Wirkung seine« Gesänge« fehlt ihm nur die quellende Frische, ein herzhafterer, glänzenderer Klang in der hohen Lag« seiner so wohlgepflegten Stimme Der Künstler war gestern abend freilich nicht ganz di»poniert, aber dieser Umstand würde jene Eigenschaft, wenn sie vor handen wäre, wohl n ch: unterdrückt haben Auch Hrn Gießwein« Darstellung, di« dem Lyon«! «in» männlich frische Haltung inmitten all der Sentimentalität zu be wahren suchte, sprach sehr an Das anfangs ziemlich kühle Publikum erwärmte sich mit der fortschreitenden Lerstunz de« Gaste« immer mehr und veranlaßte ihn so gar, seine Arie im dritten Akte, in der seine feine Ton behandlung und musterhafte Phrasierung zu besonderer Gelt ung kamen, zu wiederholen. Frau Fiora teilte sich nach dem zweiten Aufzuge mit dem Sänger in den lebhaften Beifall der Zuhörer P. König!. Schauspielhaus. — Am 17. d. Mts.: „Gewißheit". Schauspiel in drei Aufzügen von Heinrich Ernst. (Zum ersten Male) In den Windelgängen de« Königl. Schauspielhauses konnte man gestern abend vor Beginn der Vorstellung lebhaften Meinungsaustausch Über da» Werk de« pseudo nymen Dichter«, da« hierorts wohl seine Feuertaufe be stand, wahrnehme». Bereit« der erste Akt aber beseitigte alle Unsicherheit und erbrachte den Bewei«, daß, wer Heinrich Ernst auch sei, er gewiß jene« Genie nicht ist, da« die Schwächen de« bürgerlichen Drama«, wie sie sich in Deutsch land, in Frankreich und in den letzten Jahrzehnten in Norwegen und Dänemark entwickelt haben, zu überbrücken vermag: au« der Wirklichkeit in die Alltäglichkeit, au« dem Beispiel in die These, au« der Handlung in die Moralpredigt zu verfallen E« ist nun einmal unmöglich, daß sich da« bürgerliche Drama loslöse au« den Ver flechtungen, in die e« seiner Natur nach gefeffelt ist, daß e« sich entferne von dem scharfumgrenzten Schauplatze der bekannten, sich immer wiederholenden, für da« menschlich» D»nken und Fühlen charakteristischen Verhältnisse Bei Ibsen und Sudermann, bei Gerhart Hauptmann und Duma« beweat sich da« bürgerlich« Schauspi«! in derselben Gleisen wie bei Iffland und Kotzebue; heute wie ehedem dient e« der Darstellung eine« Au«schnitte« der b«st«henden Gesellschaft, nicht der Darstellung eine« historischen Er eignisse« oder einer romantischen Erfindung Nur die Art der Darstellung ist eine andere geworden, eine schärfere, tiefere, eine da« Verhältnis der beiden Geschlechter zu einander präziser festlegende; die Schilder ung eine« „Milieu«" ist heute der Gegenstand eifrigster dramatischer Sorge; der Dichter bietet un« ein Stück Seelenimpressionismus unter Zuhilfenahme der dramatischen Mittel dar Aber ein Drama entsteht nicht, wenn der Dichter Augenblick«bilder, wie sie da« wirkliche Leben schafft, am Faden einer einheitlichen Stimmung aneinanderreiht; es entsteht allein, wenn der Dichter e« vermag, eine Gestalt oder eine That in den Mittelpunkt einer Handlung zu stellen, wenn er diese in unausgesetzter Steigerung entwickelt und zu einem Höhe punkt führt, wenn er alles Nebensächliche zurückhält und eine Katastrophe vor unseren Augen heranwachsen, die Gestalt eine« Helden zu befreiender tragischer Größe sich erheben läßt Diese Bedingungen erfüllt Heinrich Ernst in seinem Drama „Gewißheit" so wenig, wie andere zeitgenössisch« Dramendichter sie bisher vollkommen zu er füllen vermochten Da« Material bleibt am Stofflichen haften, die Darstellung verliert sich in undramatische Breiten, die an sich loben«werte Kleinmalerei dient nicht al« Mittel der Charakteristik, sondern wird Selbstzweck, und so fließt die Handlung, wenn sie auch hier und da einen Anlauf zu strafferer Spannung macht, ohne dramatischen Nerv dahin In dem neuen Stücke ist die Heldin eine Frau, die nach ihrer Auffassung ein Leben voll schwerer innerer Enttäuschungen gelebt hat Sie ist die Gattin eine« Manne«, dem gegenüber sie ihre Pflichten zu allen Zeiten getreulich erfüllt zu haben glaubt; die Rechte, die ihr gebühren, vor allem da« Recht auf Glück, sind ihr nach ihrer Anschauung nicht geworden Ein junger Arzt, d«r ihren Lebensweg krruzt, ist, wie sie in innerer Verblendung glaubt, Bringer diese« Glücke«, in Wahrheit Zerstörer de«sclden. Er macht sie zur Pflicht« und Ehrvergessenen, die einem Phantome Gatten- und Kindesliebe opfert. Ihr Mann er liegt dem Schmerze, al« ihm der Mund der Welt die fürchterliche Kunde zuraunt; aber da« barmhcrzige Schick sal läßt ihn nur zweifelnd an der Treue der Gattin, nicht überzeugt von ihrer Schuld sterben. Dem Sohne jedoch, der zu der Mutter aufblickte als einer Reinen, Makellosen, bleibt die Gewißheit ihrer Schuld nicht erspart Diese kurze Inhaltsangabe zeigt, daß da« Material zu einem wirkungtvollen Drama wohl hingtrcicht hätte, wenn der Dichter e« verstanden hätte, die Begebenheiten und die Handlung Zusammenwirken zu lassen, wenn er die Charaktere der Hauptfiguren, der beiden Gatten, nicht künstlich verschleiert hätte. Wir vermissen den kausalen Zusammenhang der Schuld der Heldin; wir begreifen ihren schweren Fehltritt nicht, weil wir im Unklaren varübcr gelassen werden, wa« denn eigentlich ihre vermeintliche Glücklosigkeit, ihre innere Leere bedingt habe Der tiefe innere Konflikt, au« dem herau« da« Schicksal der Heldin nicht al» ein Selbstgeschaffene», sondern als ein Ergebnis von Naturnotwendigkeiten dargestellt wird, fehlt; auf die Frage nach der Schuld der Heldin bleibt un« der Dichter die Antwort psychologisch schuldig, er giebt sie uns nur poetisch konstruiert Wa« die reine Technik de« Dramas anbelangt, so ist in der Dichtung überall der Anfänger erkennbar, der Ex position fehlt di« Klarheit und Durchsichtigkeit, den Fi guren die Schärfe der Durchbildung Die Handlung ent wickelt sich nicht au« den Begebenheiten in natürlicher Steigerung, sondern stellt sich al« eine ersonnene, zu einer Katastrophe gewaltsam hingeführte Kette von Zufällig keiten dar Die Sprache endlich leidet an übermäßiger Breite Dem ganzen Werke fehlt der frische drama tische Pulsschlag; e» kann sich de« epischen Charakter«, den e« besitzt und in dem dargestellt e« einer tieferen Wirkung wohl fähig sein könnte, nicht entkleiden Hätte e« di« Darstellung nicht rermvcht, dem un- dramatischen Wirke einen Schein dramatischen Leben«
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