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Kongreßsaal Deutsches Hygienemuseum - Dresden Spielzeit 1961/62 anzeet Donnerstag, den 19. Oktober 1961, 19.30 Uhr Freitag, den 20. Oktober 1961, 19.30 Uhr amnanLif der Dresdner Philharmonie Leitung: Prof. Heinz Bongart} Solist: Prof. Werner Richter, Leipzig, Klavier Einführung Die »Deux Portraits« (Zwei Porträts) .von Bela Bartök sind zwei musikalisch dargestellte Bildnisse einer gleichen Person. Das erste Bildnis - der erste Satj - zeigt die »ideale«, das zweite Bildnis - der zweite Sat} - die »ver zerrte« Gestalt. Beide Sätje sind durch das gleiche Grundmotiv d-fis-a-cis miteinander verbunden. In der thematischen Umformung und Verkettung beweist das Werk den formalen Einfluß von Franz Liszt. Aber weitab vom Wohlklang Lisztscher Programm-Musik fordert Bartök vom Hörer aktives, streng-logisches Mithören bei den Wandlungen des hemas. Der erste Satj stammt aus einem früheren unveröffentlichten Violinkonzert Bartöks, darum die Betonung der Solo-Violine. Der zweite Satj ist ein immer schneller werdender TanzsaB in grotesk-hohen Tönen der Piccolo-Flöte und der Es- Klarinetle. Die »Deux Portraits« entstanden als opus 5 im Jahre 1907. Die symphonische Krönung unseres Konzertes ist die 2. Sinfonie in D-Dur, op. 36, von Ludwig van Beethoven. Sie geht schon äußerlich um einen beträchtlichen Schritt über den älteren Wiener Sinfonietyp hinaus. Die Ein leitung und der Schluß des ersten Satjes überragen an Umfang und Inhalt alles bisher Gewohnte. Der herrliche Gesang der Einleitung wird durch die drohende Einstimmigkeit aller Instrumente abgelöst. Muntere Trioien ver treiben das Unwetter, und das erste Thema des ersten Allegros beginnt vorerst leise, heimlich und erwartungsvoll. Das zweite Thema, fast die Haupt gestalt des ersten SaBes, erhebt sich nun glanzvoll triumphierend. Daß Beet hoven die natürliche Stimmführung des poetischen langsamen (zweiten) SaBes keineswegs einfach einfiel, daß er vielmehr sehr intensiv an seinen Einfällen arbejtete, zeigt ein Brief von Beethovens Schüler Ferdinand Ries: »Das Larghetto (der 2. Sinfonie) ist nämlich so schön, so rein und freundlich gedacht, die Stimmführung so natürlich, daß man sich kaum denken kann, es sei daran etwas geändert worden. Allein in der zweiten Violine ist bei nahe schon in den ersten Linien bei vielen Stellen ein sehr bedeutender Teil der Begleitung und an einigen Stellen auch in der Altviola (Bratsche) geändert. Ich konnte troB vieler Mühe nie die Original-Idee herausfinden. Ich habe Beethoven gefragt, der mir aber trocken erwiderte: so sei es besser!« Der dritte SaB ist als Scherge bezeichnet. Beethoven griff diese Bezeichnung zunächst für die Klaviersonate auf und machte sie nun hiermit auch für die Sinfonie klassisch. Das zartbittende Trio steht im GegensaB zum über mütigen, drastischen Scherzo-Teil. Vom Schluß-SaB hat das erste Thema »Haydnsches Blut in den Adem. Das zweite Thema aber lenkt in die Bahnen jener Rentabilität ein, welche Mozart in das Allegro einführte« (Herrn. KreBschmar). Biographisch interessant ist, daß die lebensfreudige 2. Sinfonie, 1803 zum ersten Male aufgeführt, ungefähr um die gleiche Zeit entstand, als Beethoven die verzweifelten Melancholien des »Heiligenstädter Testaments« (1802) niederschrieb. Am 22. Oktober 1811, vor 150 Jahren, wurde Franz Liszt im ungarischen Kaiding geboren. Der Vater war esterhazyscher Gutsverwalter aus einer deutschsprachigen Familie, die Mutter Österreicherin aus Krems. Der früh reife Sohn Franz debütierte als 9-jähriges Klavier-Wunderkind und feierte große Erfolge als le petit Liszt in den Salons ungarischer Magnaten, in Wien und in Paris. 1831 hörte der inzischen 20 Jahre alt gewordene Liszt in Paris den unheimlich-faszinierenden Geigenkünstler Nicolo Paganini. Das Ereignis wurde für ihn Anlaß zur Umkehr auf dem Wege seines Virtuosen tums. Für längere Zeit zog er sich von der Öffentlichkeit zurück, arbeitete an seiner Technik, wurde der Paganini des Klaviers. Aus dem einstigen Schüler des Etüden-Czernys, aus dem Rivalen des berühmten Klaviervirtuosen Sigismund Thalberg wird der souveräne Herrscher seines Instruments. Sei-