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Einfluß auf die Sinfonie geblieben, doch wäre es falsch, in diesem Werke so etwas wie ein Programm im Sinne der Strauss’schen Tondichtungen zu sehen. Auch die der handschriftlichen Partitur vorangestellten Worte „Gleich metallnem Spiegel ist meine Seele — o Herr! Deine Welt spiegelt sich in ihr und sie tönt im Brausen Deiner Wetter“ sind kein „Programm“, sondern ein Leitwort. Mäßig bewegt beginnt der erste Satz: Eine sehnsüchtig sich öffnende Quint, das Hauptthema schwingt sich nach oben. Im Gegensatz zu dieser aufstrebenden Linie wird das zweite Thema durch liebliche Terzen- und Sextengänge charakterisiert. Mit diesem Material gestaltet Büttner die Durchführung. Es kommt zu imponierenden Aufschwüngen, kontrastierende Stimmungen wechseln, — noch sind die Konflikte nicht gelöst. Auch das Scherzo wird von gegensätzlichen Themen geformt: Energisch und anstür mend das erste, liedhaft und lichtvoll das zweite, und auch ein terzensin gender Schlußgedanke ist wieder zu hören. Von weihevoller Lyrik wird der dritte Satz durchflutet. Auch dieser melodische Hymnus wurde von Büttner mit dem Gegensatz der Themen und ihrer Durchführung als Sonatensatz geformt. „Flammend“ steht als Charakterisierung neben dem Allegro des letzten Satzes, und so beginnt er auch: Akzentuiert, von starkem Willen erfüllt. Als organisch gewachsener Kontrast folgt eine ausdrucksvolle Lied weise. Ein zum Höhepunkt führendes Thema greift auf den ersten Satz zurück. Die Musik führt zu einer Lösung, zu einer Befreiung, die sich nicht als Bausch und Überschwang äußert, sondern (Ausklang!) in einer ergrei fenden Verinnerlichung. Man hat Büttners „Vierte“ eine „bannende Synthese von Leidenschaft, Kraft und versöhnender Abklärung“ genannt, nach der Uraufführung im Jahre 1919 wurden Begriffe wie „moderner Klassizismus“ geprägt, und nicht zuletzt hat man verschiedentlich auf den „ethischen Wert“ dieser Musik hingewiesen. Alles in allem: Eine interessante schöpferische Auseinander setzung um Form, Inhalt und Aussage der spätromantischen deutschen Sinfonie, eine Auseinandersetzung, um die auch heute in anderer Weise (Thilman, Fortner, Hindemith) gerungen wird. Textliche Mitarbeit: Gottfried Schmiedel • Einführungsvortrag: Prof. Dr. Mlynarczyk Literaturhinweis: Vetter, Franz Schubert* Schönewolf, Beethoven in der Zeitenwende Vorankündigung: Sonntag, 14. Oktober: Meisterliche Musik der Nationen, 2. Konzert, Anrecht B2 Montag, 15. Oktober: Meisterliche Musik der Nationen, 2. Konzert, Anrecht B 1 Sonnabend, 20. Oktober: 3. Philharmonisches Konzert, Anrecht A 1 Sonntag, 21. Oktober: 3. Philharmonisches Konzert, Anrecht A 2 Dienstag, 30. Oktober: Außerordentl. Konz, mit Michael Weimann, Moskau, Violine Werke von Gluck, Beethoven, Tschaikowskij