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seiner Mitglieder) schier erdrückende Opfer auferlegt. Der gemeinnützige Charakter der Volksbühne erweist sich aber auch in ihrer kulturellen Fürsorge für die heran- wachsende Jugend. Schon seit 9 Jahren unterhält sie zwei Theatergemeinden für Mitglieder unter 18 Jahren mit Beiträgen, die wesentlich unter dem Selbstkostenpreis liegen, und gewährt darüber hinaus unter ganz erheblichem Kostenaufwand jährlich 4000 Industrieschülern Gastrecht in ihren Vorstellungen. Das große Zutrauen weitester Bevölke rungsschichten verpflichtete die Volksbühne schon vom ersten Jahre an zu einem syste matischen Ausbau ihres Tätigkeitsgebietes. Literarische Einführungsvorträge namhafter Redner erschlossen das Verständnis für die Werke des Spielplans. Dem gleichen Zweck dienen ja auch die Aufsätze in der reich ausgebauten Vereinszeitung, die den Mit gliedern nach wie vor kostenlos ausgehän digt wird. Volkstümliche Unterhaltungs- abende entwickelten sich zu Jahreszeit feiern größten Stils. Schon im Jahre 1923 entstand eine Konzertgemeinde von über 1000 Mitgliedern als wesentliche Stütze für acht große, nach kunsterzieherischen Ge sichtspunkten gestaltete Sinfonie-Konzerte der Städtischen Kapelle. Im Winter 1926 wurden die Dresdner Philharmoniker unter Generalmusikdirektor Eduard Mörike zum ersten Male für die Volksbühne gewonnen. Der große Erfolg regte zu weiteren Ver pflichtungen dieses hervorragenden Klang körpers und seines genialen Dirigenten an. Nicht weniger als 20 Abschlüsse konnten bis zum Frühjahre 1930 getätigt werden. Diese Konzerte wurden von der gesamten Kritik als Marksteine im Chemnitzer Kon zertleben gewertet. So groß war der künst lerische Erfolg, daß für die Konzerte der letzten Winter sämtliche Sitzplätze des Kaufmännischen Vereinshauses im Abonne ment vergeben werden konnten. Das große Vertrauen, das der viel zu früh verstorbene Eduard Mörike genoß, übertrug sich auch auf seinen Nachfolger, Herrn General musikdirektor Paul Scheinpflug, dessen hervorragender Stabführung nun auch das heutige Jubiläumskonzert untersteht. Mary Wigman, Deutschlands genialste Tanzkünstlerin, wurde mit ihrer Gruppe im Laufe von fünf Jahren von der Volks bühne zu vier Gastspielen im Opernhaus verpflichtet. Die starken Auswirkungen dieser Gastspiele führten zur Einrichtung gemeinnütziger Laienkurse für tänzerische Gymnastik, die seit nunmehr vier Jahren mit durchschnittlich 200 Teilnehmern unter der künstlerischen Leitung der Wigman- schule, Dresden, und unter der organisato rischen Leitung der Chemnitzer Volksbühne durchgeführt werden. Das Interesse am modernen Bühnentanz hatte weitere Ver pflichtungen namhafter Tänzerinnen (Lcni Riefenstahl, Gret Palucca mit Gruppe, Corry Härtung m. Gruppe, Margrit Harnisch mit Gruppe usw.) mit insgesamt 11 Auf führungen zur Folge. Zahlreiche Rezita- tions- und Vortragsabende, Kammermusik veranstaltungen, Liederabende, Sprechchor veranstaltungen, Schauübungen der Wig- man-Kurse, Werbeveranstaltungen mit bun tem Programm, Unterhaltungsabende, Feste und Feiern runden das Bild der Sonder veranstaltungen. Im Herbst 1926 setzte die Volksbühne Schulter an Schulter mit demVolksbilduugs- ausschufi und der Volkshochschule mit einem energischen Kampf gegen den Schund- und Sensationsfilm ein. Das Ent gegenkommen des Besitzers der Lichtspiele Friedrichstraße gestattete an mehreren Tagen der Woche die Vorführung von Kulturfilmen. Das Unternehmen bewährte sich so ausgezeichnet, daß im Herbst 1929 der Betrieb der Kulturfilmbühne in die neuerbaute Schauburg verlegt und wesent lich erweitert werden konnte. Die Bedeu tung dieses auch vom Schulamt eifrig ge förderten Unternehmens ist aus der Tat sache ersichtlich, daß allein in der Zeit vom September 1928 bis Juni 1929 an 92 Tagen 368 Vorführungen mit insgesamt 75 000 Besuchern durchgeführt werden konnten und daß sich in der Schauburg inzwischen der Besuch verdreifacht hat. Insgesamt vereinten die im Laufe der 10 Jahre durchgeführten Sonderveranstal- tungen der Volksbühne nahezu 300 000 Be sucher, so daß als Gesamtergebnis einer zehnjährigen Tätigkeit in- und außerhalb des Theaters weit über 2 300 000 Besucher zu verzeichnen sind. Die Kulturfilmbühne ist in dieser Zahl nicht eingeschlossen. Diese ungeheure Leistung wäre nicht möglich gewesen ohne die verständnisvolle Förderung durch die Stadt und unsere Theaterleitung, sie wäre nicht möglich ge wesen ohne die freundliche Anteilnahme der Presse, nicht möglich gewesen ohne die Arbeit der vielen Helfer in den eigenen Reihen, die aus schier unerschöpflichem Menschenreservoir neue Freunde zu alten gewinnen und durch unermüdliche Werbe arbeit den Erfolg der Veranstaltungen sicherstellen halfen. Ihnen allen sei an dieser Stelle herzlichst gedankt! Mit Stolz schauen wir auf das, was hinter uns liegt; mit Vertrauen blicken wir in die Zukunft. Der Weg liegt frei. Möchten sich noch viele zu uns gesellen, denen die Erhöhung des Menschen eine sittliche Pflicht ist! G.