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Dresdner Journal : 01.10.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-10-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id480674442-189710019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id480674442-18971001
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-480674442-18971001
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Journal
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-10
- Tag 1897-10-01
-
Monat
1897-10
-
Jahr
1897
- Titel
- Dresdner Journal : 01.10.1897
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Für Dresden vierteljährlich: s Mark SV Pf., bei den Kaiser lich deutschen Postanstallen vierteljährlich »Mark; außer halb de« Deutschen Reiche« Post- und Stempelzuschlaa. Einzelne Nummern: 10 Pf Erscheine«: Täglich mit Ausnahme der Sonn- und Feiertage abends. Aernipr -Anschluß: Nr. 1295 DrcMm «»«inbtGnng-gebühre«: Für den Raum einer gespal tenen Zeile kleiner Schrift »0 Pf Unter „Eingesandt" die Zeile LV Pf. Bei Tabellen- und Ziffernsatz entsprechender Aufschlag HeranSgeber: Königliche Expedition de« Dresdner Journals Dresden, Zwrngerstr. SO. Fernspr.-Anschluß: Nr. 1295. ^228. 1897. Frcitaff, den I. Oktober abends. Amtlicher Teil. Dresden, 1. Oktober. Ihre König!. Hoheiten der Prinz und die Frau Prinzessin Johann Georg sind heute früh 2 Uhr 4i'> Min. von Gmunden nach Dresden zurückgekehrt. Dresden, 1. Oktober. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht, nachstehende Personal- Veränderungen in-der Armee zu genehmigen: Offiziere, Portepeefähnriche u. s. w. Ernennungen, Beförderungen und Versetzungen. Im aktiven Heere. Ten 24. Leptember 1897. Wuttig, Sek.-Ltnt. vom 4. Jnf.-Regt. Nr. 103, unter dem 1. Oktober d. I. zu den König!. Sachs. Kompagnien des König!. Preuß. Eisenbahn-RegtS. Nr. 2, Aster, Sek.-Ltnt. von der 8. (König!. Sachs.) Komp, des König!. Preuß. Eisenbahn-Regts. Nr. 2, unter dem 30. September d. I. in das Schützen- (Füs.-) Regt. „Prinz Georg" Nr. 108, — versetzt. Den 30. September 1897. Hänichen, Hauptm. vom 2. Feld-Art.-Regt. Nr. 28 unter Ernennung zum Abtheilungs-Kommandeur, zum Major, vorläufig ohne Patent, befördert. v Wilucki, Hauptm. und Battr.-Chef vom 2. Feld- Art.-Regt. Nr. 28, in die älteste-Hauptmannsstelle dieses RegtS , Stegemann, Hauptm. ü la suite des 3. Feld-Art.- Regts. Nr. 32, unter Enthebung von dem Kom mando als Adjutant der Feld - Art.-Brig. Nr. 12, als Battr.-Chef in das 2. Feld-Art. Regt. Nr. 28, — versetzt. H. Wolf, Prem.-Ltnt. vom 3. Feld-Art.-Regt. Nr. 32, als Adjutant zur Feld-Art-Brig. Nr. 12 kommandirt. v. Abschiedsbewilliguugen. Im aktiven Heere. Den 30. September 1897. Fliegner, Major und Abtheilungs-Kommandeur vom 2. Feld-Art.-Regt. Nr. 28, in Genehmigung seines Abschiedsgesuches mit Pension und der Er- laubniß zum Forttragen der bisherigen Uniform mit den vorgeschriebenen Abzeichen zur Disp. ge stellt. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Major z. D. Fliegner, bisher Äbtheil- ungs-Kommandeur vom 2. Feld-Art.-Regt. Nr. 28, das Ritterkreuz 1. Klasse des Verdienst-Ordens zu verleihen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, den nachbenannten Offizieren und Unteroffi zieren die Erlaubniß zur Anlegung der ihnen ver liehenen nichtsachsischen Dekoraiionen zu ertheilen, und zwar. -eS Fürstlich Reußischen — jüngerer Linie — Ehreu- kreuzes 3. Klasse: dem Rittmeister v. Tümpling, persönlichen Adju tanten Sr. König! Hoheit des Prinzen Friedrich August, Herzogs zu Sachsen; der goldenen Medaille deS Herzoglich Sachsen- Ernestinischen Haus-OrdenS: dem charakt. Stabshornisten Uhlig des I.Jäg-Bats. Nr. 12. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, den Hilfsarbeiter bei der Generaldirektion der Staatseisenbahnen, Finanzassessor Or. jur. Pfoten- Lunst und Wissenschaft. K. Hostheater. — Neustadt. — Am 30. September: „Der G'wissenswurm" Bauernkomödie mit Gesang in vier Akten von L Anzengruber. (Zum ersten Male) Das Wort „zum ersten Male" galt gestern in doppeltem Sinne, zum ersten Male überhaupt erschien der Name des Dichters Ludwig Anzengruber im Spielplan des König!. Hoftheaters, zum ersten Male auch die Bauern- komödie „Der G'wissenswurm", die 1874 geschrieben, seit mehr als zwei Jahrzehnten aus einer großen Anzahl von Theatern erfolgreich gespielt ist. „Der G'wissenswurm" gehört zu Anzengrubers liebenswürvigsten, frischesten, ab gerundetsten, nicht aber zu seinen bedeutendsten und inner lich mächtigsten Schöpfungen „Der Meineidbauer", „Der Pfarrer von Kirchfeld", „Der ledige Hof" greifen tiefer als das lebendige Sittenbild, das wir jetzt auf den Brettern des Hoftheaters begrüßen. Wa« Anzengruber in all seinen Werken zu eigen ist: ein klares Auge für Licht- und Nachtseiten der Wirklichkeit, gesunde, unbestechliche Empfindung für Gehalt und Wert der Charaktere, die er nicht nach überlieferten Typen, sondern treu nach der Natur zeichnet, die erquickliche Fähigkeit neben den eigent lichen dramatischen Konflikten auch den malerischen und den Stimmungsreiz süddeutschen Dorflebens für seine drama tischen Gebilde zu verwerten, das tritt auch im „G'wissens wurm" hervor. Aber in mehr al« einer Szene ist die humoristische Steigerung bis an die Wirkungen der Pofle herangesührt und die munteren Lieder und Chor gesänge knüpfen gerade diese Komödie enger an da« überlieferte österreichisch-bayerische Volksstück an, al« die« in anderen Dichtungen Anzengruber« der Fall ist. Nichtsdestoweniger ist der wirksamste Kern der Hand lung sehr selbständig, die Zerreißung des Lügengewebe«, mit dem ein ländlicher, erschleichender Tartuffe wie der Hauer, zum Finanzrath und Mitglied der General direktion, sowie den Direktionssekretär bei derselben Assessor von Koppenfels zum Finanzassessor und Hilfsarbeiter bei der Generaldirektton zu ernennen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst ge ruht, dem Werkmeister Grahl an der Landesblinden- anstatt das Allgemeine Ehrenzeichen zu verleihen. Freistellen im Ännastifte zu Schweickershain. In dem Annastifte zu Schweickershain bei Wald heim finden konfirmierte Mädchen aus ländlichen Familien Unterricht in Haushaltungsarbeiten, weib lichen Handarbeiten und in Fortbildungsfächern. Der Unterricht beginnt Ostern und dauert in der Regel ein Jahr. Die Aufzunehmenden dürfen nicht unter 15 und nicht über 22 Jahre zählen, sie müssen gesund und kräftig sein. Blutarme Mädchen pflegen den körperlichen und geistigen Anforderungen der Anstalt nicht gewachsen zu sein. DaS Ministerium des Innern, welches die den Zöglingen des Stists gebotenen Vortheile weiter zu gänglich machen und zu gleichem Vorgehen an anderen Orten anregen möchte, wird für vier dazu geeignete, würdige und bedürftige Mädchen aus verschiedenen LandeStheilen das Unterrichts- und Pflegegeld auf ein Jahr von Ostern 1898 ab bezahlen. Bewerbungen um eine dieser Stellen sind bis zum 15. November dieses Jahres „an die Leitung des AnnastiftS, Herrn Pfarrer Rost in Schweickershain bei Waldheim" schriftlich zu richten und zwar unter Beifügung 1. eines Taufscheines, 2. - Impfscheines, 3. - Konfirmationsscheincs, 4. - ärztl. Gesundheitszeugnisses, 5. - vom OrtSgeistlichen ausgestellten Zeugnisses über das sittliche Woylverhalten der Be werberin, 6. - Zeugnisses der Gemeindebehörde über die Bedürftigkeit der Bewerberin. Dresden, am 25. September 1897. Ministerium des Innern. v. Metzsch. Klopfleisch. Srueuuuugen, Versetzungen re. im öffentlichen Dienste. I« GeschäftStzcreich« »eS Mintftertnm« der Finanzen. Bei der Post Berwaltunq ist ernannt worden: Fritzsche, zeither Postoerwalter in Lausigk, als Ober-Postassistent im Be zirke der Kaiser!. Ober-Postdircction zu Leipzig. I« Geschäftsbereiche des Ministeriums des Krieges. Beamte der Militär-Verwaltung. Durch Verfügung des Kriegs-Ministeriums. Ten SL September 1897. Die Sergeanten: Heckel von der Halbinvaliden-Abtheilung, Kosfagk vom 1. Königs Hus.-Regt. Nr. 18, unter dem 1. Oktober d. I. als Garnison - Bauschreibcr bei den Lokal- baubcamten II. Dresden bezw. Chemnitz angestelll. nichtamtlicher Teil. Zum Besuche des rumänischen Monarchen in Buda-Pest. Die allgemeine Aufmerksamkeit ist heute abermals politischen Kundgebungen zugewendet, welche von Buda-Pest aus in d e Öffentlichkeit gedrungen sind. In der Ofener Königsburg wurde vor wenigen Tagen die Innigkeit des deutsch-österreichischen Ein vernehmens in bedeutsamer Weise gefeiert und nun ist auf dem nämlichen glänzenden Schauplatze eine Bekräftigung der herzlichen Beziehungen zwischen Rumänien und der Nachbarmonarchie bez. dem Drei bunde erfolgt. Die Worte, die von Kaiser Franz Joseph und König Karl hierzu gewählt wurden, müssen überall, wo man aufrichtig friedliche Gesinn ungen hegt, einen freundlichen Widerhall erwecken. Der rumänische Monarch hat sein Wirken auf dem Thron in den Dienst der Friedenssache gestellt und er hat damit nicht nur die internationalen Interessen, sondern vor allem auch diejenigen seines Landes in der ersprießlichsten Weise gefördert Mit deutscher Tüchtigkeit hat er beharrlich darauf hingearbei- tet, sein Reich zu einem Bollwerke der Kultur und des Friedens an der Schwelle des Orients zu gestalten, und, in seinem Streben von Erfolgen ge krönt, hat er auch eine Schutzwehr für die dauernde Sicherung dieser Erfolge geschaffen, indem er seinem Lande die Freundschaft des mächtigsten StaatenbundeS Europas erwarb. Das Königreich, dessen Existenz vor wenigen Jahrzehnten noch durch jeden Ausbruch der slawischen Hochflut bedroht schien, ist heute ein wichtiger Faktor der europäischen Orientpolitik und sein Einfluß hält auf der Balkanhalbinsel diejenigen Elemente in Schach, welche auf den Pfaden einer stetigen Entwickelung noch weit zurückgeblieben sind. Kaiser Franz Joseph hat in seinem Trinkspruche die ehrenvolle Ausnahmestellung Rumäniens in be redten Worten gewürdigt und die Antwort König Karls enthält die feierliche Verheißung, daß Rumä nien nach wie vor diese Stellung wahren und zu gleich die Beziehungen pflegen werde, welche die ver läßliche und natürliche Grundlage einer klugen und zweckmäßigen Politik deS Königreiches bilden. Das Gepräge der Aeußerungen der beiden Monarchen ist ein solches, daß der von einzelnen Zeitungen hervor gehobene Mangel eines besonderen Hinweises auf eine förmliche „Allianz" wohl als völlig nebensächlich gelten kann. Die Deutungen, die von mancher Seite in dieser Richtung vorgebracht werden, dürften sich im übrigen beträchtlich von der Wahrheit entfernen. Wenn etwa, ungeachtet des Wortlautes der beiden Toaste, irgendwelche bestimmte Abmachungen für ge wisse Fälle schon seit längerer oder kürzerer Frist zwischen Rumänien und anderen Mächten vereinbart wären, so wird man doch in der heutigen befriedigenden Lage Europas kein Moment entdecken können, das zu Gunsten einer förmlichen Ankündigung jener Vereinbarungen spräche Eine solche Aus lassung würde an manchen Orten im Balkangebiete einen starken, kaum sehr sympathischen Eindruck be wirken, sie würde den Anstoß zu Bestrebungen geben, die nur eine neuerliche Nervosität in der Politik der betreffenden Länder Hervorrufen dürfte und sie hätte keinen praktischen Zweck, welcher diese unerfreulichen Folgen aufwiegen könnte. Alle Beteiligten wissen nach den Buda-Pester Festtagen besser denn je, daß die moralische und materielle Macht Rumäniens bereit steht, um jede Störung der ruhigen Ent Wickelung im europäischen Orient zu verhüten und daß Rumänien dabei auf die thatkräftige Unter stützung Österreich-Ungarns und des Dreibundes zählen kann. Diese Sachlage ist in den Buda- Pester Toasten so unzweideutig gekennzeichnet, daß weitere Aufschlüsse über die Beziehungen Ru mäniens zu den befreundeten Staaten kaum noch am Platze gewesen wären Man kann vielmehr aus der ungewöhnlich präzisen nnd herzlichen Fassung jener Kundgebungen das SLwinden mancher Rücksichten entnehmen, welche früher bei offiziellen Aeußerungen über die Entente Rumäniens mit Oesterreich-Ungarn von Einfluß waren. In diesem Sinne darf man be haupten, daß die leitenden Faktoren Rumäniens für Aeußerungen über die Politik ihres Landes eine größere Bewegungsfreiheit gewonnen haben, seitdem der Gegensatz zwischen der österreichisch-ungarischen und der russischen Orientpolitik seine Schärfe ein gebüßt hat. — Der Umstand, daß König Karl den vorjährigen Besuch Kaiser Franz Josephs ge rade in der ungarischen Hauptstadt erwiderte, darf in einer Betrachtung über dieses Ereignis nicht übersehen werden. Der König hat in Buda-Pest eine sehr warme Aufnahme gefunden und er hat in seiner Rede in innigen Worten für diese Aufnahme gedankt. Solche Äußerlichkeiten wären kaum denkbar, wenn nicht auf beiden-Seiten der ehrliche Wunsch ob walten würde, die Friktionen zu beenden, welche das Verhältnis zwischen Rumänien und Ungarn wiederholt trübten. Diese Friktionen waren die einzigen Stör ungen, die sich im Laufe der neueren Zeit in den Beziehungen Österreich-Ungarns und Rumäniens er gaben. Sie wurden allerdings durch die Umtriebe der rumänischen Irredentisten planmäßig verschärft, man kann aber nicht leugnen, daß ihr Entstehen durch manche Schroffheiten der ungarischen Nationalitäts- Politik, ebenso wie durch Mißgriffe derBukarester Staats männer begünstigt ward. Wenn König Karl nun die un garische Residenz zum Schauplatz seines Besuches wählte, und wenn ihm dort eine herzliche Begrüßung ent gegentönte, so darf man wohl vermuten, daß beide Teile die gelegentlich begangenen Verstöße erkannt haben. Wir sprechen ausdrücklich von beiden Teilen, da wir die Auffassung jener ungarischen Oppositions blätter nicht teilen, welche in dem Besuche König Karls geradezu einen formellen Verzicht auf jede Empfindlich keit Rumäniens gegenüber der magyarischen Nationali tätenpolitik erblicken wollen. Der Besuch dürfte nur besagen, daß man in Bukarest entschlossen ist, diese Empfindlichkeit künftighin nicht hervorzukehren und jeden Schritt zu vermeiden, der ass Gutheißung von Um trieben gelten könnte, welche auf fremdes Gebiet hinüber- spielen. Sache der ungarischen Staatsmänner aber wird es sein, den leitenden Faktoren Rumäniens die Er reichung dieser Absichten zu erleichtern. Wenn man in Ungarn mit berechtigtem Selbstgefühle einen starken Einfluß auf die auswärtige Politik der Monarchie fordert, so darf man auch vor den Pflichten nicht zurückscheuen, die mit solcher Einflußnahme ver knüpft sind. Bom Bereiue für Sozialpolitik. Die diesjährige Generalversammlung deS Vereins für Sozialpolitik ist auS zwei Gründen von Interesse für weitere Kreise. Einmal, weil mit ihr zugleich das fünfundzwanzigjährige Bestehen des Vereins ge feiert worden ist und dann, weil unseres Erachten- noch auf keiner der bisherigen Generalversammlungen das Bestreben, die sozialpolitischen Extreme zurückzudrängen, so lebhaft hervorgetreten ist, wie diesmal. Letztere Erscheinung giebt der „Kons. Korr." Anlaß zu folgen der Erörterung: Wie andere Bereinigungen oder Parltien, die die Fortsührung der Sozialresorm auf ehre Fahne geschrieben haben, so schließt auch der Verein für Sozialpolitik zwei Richtungen, „alle" und „funge" Sozialpolitiker in sich. Vielfach sind bisher die „Jungen", wie dies in ihrer Natur liegt, mehr in den Vorder grund getreten und haben durch ihre einseitigen, radikalen Forderungen und ihren „kräftigen Ton" dem Vereine offenbar geschadet Wie eS scheint, hat sich aber gegen diese Richtung eine Bewegung seitens der „Alteren' geltend gemacht und wir gehen wohl nicht fehl, wenn wir die vortreffliche Eröffnungs rede des Hrn. Prof. Schmöller als den Ausdruck dieser Reaktion ansehen; denn die mahnenden Worte des Redners an den Ver ein, „über den Klassen zu stehen" und „die Extreme, die Leidenschasten, die gegenseitige Verhetzung zu bekämpfen", können sich doch nur an die Adresse der „Jüngeren" richten, die nach Schmöllers Kennzeichnung „mit Freude den frischen fröh lichen sozialen Kämpf und Krieg begrüßen, einseitig und opti mistisch auf die Siege der bisher Bedrückten, auf die Siege der Demokratie und der Masten, hoffen." Diese Einseitigkeit, dieses Hineintreibcn in den sozialen Kamps ohne Ende, diese Sozialpolitik der „Jungen", die nur einen — den sogenannten Merten — Stand zu berücksichtigen Dusterer seinen Schwager Grillhofer umsponnen hat, tue Besiegung der kranken Verzweiflung, in die der reumütige Bauer künstlich hineingesteigert worden ist, durch frische lebensfreudige Jugend, wie sie in der Horlacherlies und im Wastl verkörpert erscheint, gewinnen uralten einfachen poetischen Motiven völlig neue Seiten und eine Fülle prächtiger Einzelheiten ab Die Mischung tiefernster und spaßhafter Szenen ist eine sehr glückliche und die Charak teristik schöpft auch im „G'wissenswurm" aus dem Vollen unerschöpflicher Wirklichkeit. Die gestrige sehr erfolgreiche Aufführung der Dichtung hat uns verständlich gemacht, warum die Hofbühne so lange gezögert hat, auch nur eines der wertvollen Gebilde Anzengruber« aufzunehmen. Der Stil dieser Dichtungen, der tragischen wie der glücklich ausgehenden, erfordert eine einheitliche Wiedergabe, einen entschiedenen Bruch mit ge wissen Überlieferungen, der keineswegs leicht ist. Der naturalistischen Energie Anzengrubers in all seinen Er findungen und Gestalten wird auch die vortrefflichste Schauspielkunst nur gerecht, wenn sie sich ganz an die Voraussetzungen des Dichters hingiebt. Die Regie fährt hier am besten und die Ausstattung des Stückes, die Wiedergabe von Landschaft und stimmungsvollem HauS- innern sowie das Ensemble der Chöre, entsprach in der Hauptsache allen billigen Wünschen Schon die zweite Forderung, die einer gleichmäßigen dialektischen Färbung der Sprache, zeigte sich nur teilweise erreichbar. Wir sagen ausdrücklich Färbung, völlige« Treffen der sprach lichen Einzelheiten kann nicht verlangt werden, aber der Grundton muß echt sein. Wa« auf Wiener Volkstheatern und der Bühne am Münchener Gärtnerplatz mühelo« herauskommt, setzt hier Arbeit und Studium voraus und scheint mehr als einem unserer Darsteller unmöglich Ganz vollendet, ganz auf der Höhe, wo sich Bild uud Laut, Mimik und Sprachklang mit dem Werke de« Dichter« wie mit dem Natur vorbild decken, war im Grunde nur der Kast de« Abend«, Hr Ferdinand Bonn, der für Hrn Wiene die Rolle des Dusterer, die Hauptrolle des Stück«, übernommen halte. In seiner Maske — um die Nase Hütten ihn hundert Charakterdarsteller beneiden können —, seiner Haltung, seinem Spiel wie seinem Ausdruck gab er ein höchst gelungenes überzeugendes Konterfei des bauern schlauen, habsüchtigen Heuchlers, in dem jeder Zug zur vollen Wirkung kam. Doch auch Hr. Swoboda (Grill- Hofer) stellte den reumütigen, im Kerne guten und dabei gescheiten Bauern mit Frische und Glück dar Hr. Franz (Wastl) überraschte durch eine vortreffliche und lebendige Verkörperung des Bauernburschen, der Kopf, Herz und Zunge auf dem rechten Fleck hat. Was seinem Wastl an sprachlicher Treue vielleicht abging, ersetzte er reichlich durch die Wärme und den Fluß seiner Darstellung Frl. Tul- linger, die die prächtige Gestalt der Horlacherlies vertrat, erntete auf ihre zierliche Beweglichkeit, die echte süddeutsche Munterkeit ihres Spiel« und Ton« hin den rauschendstcn Beifall Gleichwohl ist ein zu foubrettenhafter Bei geschmack, ein Hauch koketter Eleganz in ihrer Wiedergabe des Dorfkindes, der freilich das Publikum immer besticht, aber der echten Wirkung Eintrag thut Die übrigen Rollen de« Stückes wurden durch die Damen Frau Hildebrandt (Rosl) und Frau Wolff (Frau Poltner) durch die Herren Gunz (Leonhardt der Fuhrknecht), Huff (Poltner), Witt (Natzl), Ockert (Hans) vertreten, bei denen allen die oben erwähnte Ungleichheit des Ton» mehr oder minder Heroortrat Es unterliegt keinem Zweifel, daß eine größere Übereinstimmung, ein wirk samere« Gleichmaß de« sprachlichen und sonstigen Kolorit« recht wohl noch zu erreichen wäre, wenn man da« Stück für wertvoll genug erachtet (wie es denn wertvoll genug ist!) eS dauernd zu gewinnen Adolf Stern. Schutz des geistigen Eigentums in Rußland. Den deutschen Verleger- und Autorenkreisen eröffnet sich jetzt endlich eine Aussicht auf da« Zustandekommen einer Lltterarkonvention mit Rußland Die russische Regierung hat sich in nächster Zeit über die Annahme oder Ablehnung des Antrags des französischen Ministers des Auswärtigen auf Abschluß eines solchen Vertrags mit Frankreich schlüssig zu machen und dürfte sich diesmal kaum für die ungeschmälerte Aufrechterhaltung der freien Aus beutung des ausländischen geistigen Eigentums entscheiden. Sie hat die Frage der Zweckmäßigkeit litterarischer Ver träge der russischen Presse zur Prüfung unterbreitet, und es liegt jetzt schon eine Reihe einschlägiger Meinungsäußerungen von dieser Seite vor. Die russische Presse befürwortet — mit sehr ge ringen Ausnahmen — den Abschluß der Litterar- konvention mit dem verbündeten Frankreich, nachdem sie sich endlich zu der Anschauung durchgerungen hat, daß der Wert derartiger Verträge nicht vom einseitigen Jntereflenstandpunkte der kommerziellen Verbreiter de« geistigen Eigentum«, sondern von dem der Autoren be urteilt werden muß So führen die „Birshewija Wjed." au», daß eine Litterarkonvention wohl zur Zeit Peter» de» Großen und Katharina» ll ein Unding gewesen wäre, daß jedoch heute die Verhältnisse auf diesem Gebiete ganz ander» lägen Solche Konventionen würden für den russischen Buchhandel allerdings einen Umsturz bedeuten Viele und sehr geachtete Unternehmer lebten ausschließlich von Uebersetzungen, ganze Bibliotheken würden au« popu lären Werken ausländischer Autoren zusammengestellt, verschiedene Zeitschriften gediehen dank dem Mangel einer Konvention bei den niedrigsten Preisen Die Ver teuerung der ausländischen Autoren würde aber die gesteigerte Nachfrage nach den russischen Hervorrufen Zunächst handelte eS sich nur um den Abschluß der Kon vention mit Frankreich, aber es stünde außer Frage, daß sie sofort auch auf die anderen Staaten ausgedehnt würde, denn das forderte die Natur der Dinge selbst Wa« aber die Konvention mit Frankreich anbeträfe, so forderte hier daS sittliche Gefühl (!) unbedingt den möglichst
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