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das fröhliche Treiben einer Jagd immer näher hörbar wird und das Waldhorn er schallt, er fließt durch wiesenreiche Triften und Niederungen, worunter lustigen Klängen ein Hochzeitsfest mit Gesang und Tanz gefeiert wird. In der Nacht be lustigen sich die Wald- und Wassernymphen beim Mondenschein auf den glänzen den Wellen derselben, in denen sich die vielen Burgfesten und Schlösser als Zeugen vergangener Zeiten widerspiegeln, ln den Johannisstromschnellen braust der Strom, durch die Katarakte sich windend, und bahnt sich gewaltsam mit schäumenden Wellen den Weg durch die Felsenspalte in das breite Flußbett, in dem er mit majestätischer Ruhe gegen Prag weiter dahinfließt, bewillkommnet vom ehrwürdigen Vyserad. worauf er in weiter Feme vor den Augen des Tondichters entschwindet. P. TSCHAIKOWSKY: Sinfonie Nr. 6, h-MoIl. Diese letzte Sinfonie nennt Tschaikowsky selbst die „Pathetische". Er ist echter Romantiker in diesem Werk, in welchem er mit großem Pathos, also mit einem gewissen Überschwang, seine ihn schmerzlich bewegenden Gefühle zum Ausbruch bringt. Die Sinfonie ist Darstellung seines Innenlebens; sie ist reiner Individua lismus, sie ist ichbetont. Sie ist ein Bekenntnis seiner glühenden Seele, da$ aber vom damaligen Adels- und Bürgerpublikum in Petersburg zur Uraufführung ziem lich gleichgültig und uninteressiert aufgenommen wurde (1893). Es war das Publikum, an das sich Tschaikowsky im zaristischen Rußland allein wenden konnte, denn der Arbeiter und der Bauer waren in der damaligen gesellschaftlichen Situation von diesen künstlerischen Ereignissen ausgeschlossen. Das Neuartige an diesem Werke ist die Anordnung der Sätze, indem nämlich Tschaikowsky es wagt, das Adagio, den langsamen Satz, vo,n seinem üblichen Standort als zweiten oder dritten Satz wegzunehmen und ans Ende zu setzen. Anscheinend ist ihm diese Kühnheit von dem konservativen Publikum seiner Zeit verübelt worden Die dadurch entstandene Problematik war jenem genußsüchtigen Publikum des Jahrhundertendes schon zuviel. Tschaikowsky hält sich in Hinsicht auf die Form der einzelnen Sätze ziemlich streng an das klassische Schema; allerdings ist der Inhalt ausgesprochen romantisch. Das Gefühl überwiegt, eine leidgesättigte Seele schreit ihre Qual in die Welt hinaus. Die Musik ist im letzten Sinne pessi mistisch, woran auch die Ausbrüche von Trotz und Drohung nichts ändern. Erschütternd ist der Schluß, ein Klagegesang eines Vereinsamten. Das Werk ist eigentlich eine Anklage gegen die damalige gesellschaftliche Situation. Man ver gißt leider sehr leicht diesen Ausgangspunkt, man sieht in ihm, allerdings mit Recht, ein Gipfelwerk der russischen Romantik, losgelöst vom gesellschaftlichen Hintergrund. W/V/*/ 7 1 801902 / 37 / 62