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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 12.1968
- Erscheinungsdatum
- 1968
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- 39-2-77
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- Universitätsbibliothek Leipzig
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek Leipzig
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196800009
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- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
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Zeitschrift
Universitätszeitung
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Band 12.1968
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Entwerfende dort der den Entwurf Ernst Fischers Revision McarzismuS Den idealistischen Charakter der philo- Wie aber sieht Fischer die Sache an? Auffassung offenbaren sich spießerhafte 13 Zungen der mir (W.I. Lenin) mus." Engels im sarkastisch Es bedarf keiner um zu verstehen, einer idealistischen lektisch-historischen 15 16 »7 1» 19 20 realisieren ist. Er weiß zugleich, daß jede Organisation diese Idee deformiert. Soll er daher, als Intellektueller, das Risiko der Organisation auf sich nehmen, oder, ,um seine Seele zu retten‘ f draußen blei ben? Soll er die beunruhigende Arbeits teilung anerkennen: hier der die Zukunft Für ihn ist Politik „Entstellung einer Idee im Namen ihrer Gestaltung“.16 In dieser langen Erläuterungen, daß wir es hier mit Umkehrung des dia- Materialismus zu tun zulängliche Sein an der unausgeschöpften Möglichkeit gemessen werden“.* 1 2 Hier ha ben wir eines der Konstruktionselemente vor uns. mit deren Hilfe das weiter oben charakterisierte Schema der Marxrevision bewerkstelligt wird. Man braucht nur im mer die Idee, die unverwirklichte Mög lichkeit als unveränderlichen Maßstab der gesellschaftlichen Wirklichkeit entgegen zuhalten und gewinnt dadurch die Mög lichkeit, im Namen von Karl Marx be liebige Kritik zu üben. Nach dieser Me thode kann Fischer behaupten, daß die kapitalistische Industrie eine Negation sei, aber nicht etwa der feudalen Wirtschaft-, wie man annehmen könnte. Diese Nega tion hat einen anderen Maßstab: „Jedeut-' licher die Negation, desto erkennbarer wurde, was sie negierte: das unverwirk lichte Menschenbild.“* 3 4 5 6 Doch diese Kritik trifft nicht nur den Kapitalismus. Auch der Sozialismus negiert das unverwirk lichte Menschenbild, denn die Kommu nisten haben „in den Ländern, wo sie an der Macht sind, bisher nicht das Beispiel der Entwicklung zum ganzen Menschen gegeben, ja nicht einmal das Bild eines 21 Ernst Fischer: Kunst und Koexistenz. S. 114 (Hervorhebung von mir - A. K ) 0 s durch sein Tun Entstellende? Hier das un befleckte Gewissen des kritischen Geistes — dort die Beschmutzung der Hände durch die politische Praxis?“* 3 Diesen Rückfall in mittelalterlich-idea- listische Vorstellungen wagt Fischer als „modernen Marxismus“ vorzuführen! Wo her diese Verteufelung der politischen Praxis? Ob Fischer durch die schmerz liche Erfahrung seines eigenen politischen Versagens im Jahre 1956 unbewußt in eine traumatische Politophobie geraten ist? Wohl kaum, denn seine Abneigung richtet sich offensichtlich nur gegen eine konsequente marxistisch-leninistische Po litik. Die Politik der Revisionisten in der Führung der KPC betrachtet er nicht als „Entstellung der Idee“, er beteiligte sich geradezu enthusiastisch an dieser Politik, sophischen Konzeption Ernst Fischers kön nen auch die materialistischen Marx-Zi tate nicht aus der Welt schaffen. Freilich handelt es sich dabei nicht um ein kon sequentes. in sich geschlossenes idealisti sches System, sondern um ein sehr wider spruchsvolles Konglomerat von Anschau- ungen, „gewirkt aus spekulativem Spinn web, überstrickt mit schöngeistigen Rede blumen, durchtränkt von liebesschwülem Gemütsbau .. .“ u und verziert mit gehäs sigen Tiraden über die dem Ideal nicht gemäße sozialistische Gesellschaft in der Sowjetunion, der DDR und anderen Län dern. Um dieses idealistische mixtum compositum zu erzeugen, waren geistige Anleihen bei Ernst Blochs Utopismus, bei der „kritischen Theorie“ der Frankfurter Schule, bei der antisozialistischen Ent- fremdungs. und Bürokratismuskonzeption Herbert Marcuses, bei der Ideologiekon zeption der Wissenssoziologie (vermittelt durch Leszek Kollakowski) und schließ lich bei den Konvergenzauffassungen der Industriegesellschaftstheoretiker erforder lich. sie angehört“, wie Marx und „Kommunistischen Manifest“ bemerkten. 111 „Die philosophischen Grundlagen des modernen Revisionismus^ - UZ-Vorabdruck in Auszügen keine klassenmäßige Beurteilung irgend einer Frage zu erwarten ist, versteht sich, und es braucht niemanden zu wundern, daß Fischer in allen entscheidenden Fra gen des heutigen Klassenkampfes nicht die Interessen der Arbeiterklasse und des Sozialismus vertritt. Mehr noch, er macht aus seiner Not sogleich eine Tugend und verkündet, daß er sich aus den engen Schranken des Klassenstandpunktes be freit habe: „Der Standpunkt einer Klasse, einer Partei, einer Kampfgemeinschaft kann nicht die letzte Instanz sein, son dern von Fall zu Fall ist zu überprüfen, ob und wieweit er mit der Vermensch lichung des Menschen, mit seiner Selbst vermenschlichung übereinstimmt.“ 8 Fischer mag sein Abrücken von der Position der Arbeiterklasse. begründen und bemänteln wie er immer will, jeder konsequente Marxist wird wissen, was er davon zu halten hat. Lenin hat seinerzeit eine tref fende Charakteristik dieser typischen Er scheinung des Revisionismus gegeben, die heute vollinhaltlich auf Ernst Fischer an gewandt werden kann: „In Wirklichkeit aber widerspiegeln solche Worte nur den solchen Menschen in glaubhaften und ge winnenden Zügen entworfen .. .“ M So schwebt über der realen geschichtlichen Entwicklung das Ideal als noch unver- wirklichte Möglichkeit und wird zum eigentlichen Motor des Fortschritts. Furcht vor der Härte des Klassenkampfes und der politischen Auseinandersetzung sowie intellektualistische Überheblichkeit gegenüber den Schwierigkeiten der täg- lichen Kleinarbeit. Lenin hat seinerzeit solche Intellektuelle, die hochnäsig auf die politische Kleinarbeit herabsahen, in scharfen Worten gegeißelt, und diese Worte haben nichts von ihrer Aktualität eingebüßt. „Offenbar sind sie der Mei nung, — so schrieb er 1913 — daß diese Hauptziele so etwas wie ein Engelsideal sind, das mit dem .sündhaften' Kampf zur Erfüllung der Tagesfragen, für die Forderungen des gegebenen Zeitpunktes nichts zu tun hat. So zu denken heißt, den Sozialismus in eine süßliche Phrase, in zuckersüße Gefühlsduselei zu verwan deln.“* 7 Für Fischer existiert überhaupt ein tiefer Gegensatz zwischen der „reinen“ Idee, der Theorie, und der „schmutzigen" Praxis. Die dialektisch-materialistisdie Auffassung der Wechselbeziehung von Theorie und Praxis wird von ihm preis gegeben und durch die idealistische, letzt lich dem christlichen Sündenbewußtsein entstammende Entgegensetzung beider ab gelöst. Wie weit Fischer hierin verstrickt ist, zeigen seine Ausführungen: „Der den Sozialismus bejahende Intelektuelle weiß, daß keine Idee ohne Organisation zu piel der bürgerlichen Theorien und ihres Verhältnisses zur revolutionären bürger- chen Bewegung erläutert. „Die Abschaf- ung der feudalen Eigentumsverhältnisse nd die Stiftung der modernen bürger- ichen Gesellschaft — so schrieb er — war „Die Arbeiterklasse kann ihre welthistorische revo lutionäre Mission nicht erfüllen ohne rücksichts losen Kampf gegen die ses Renegatentum, diese Charakterlosigkeit, diese Liebedienerei vor dem Opportunismus und diese beispiellose theoretische Verflachung des Marxis- 22 Ebenda, S. 115 (Hervor'- ' A. K.) 2a Ebenda, S. 75 Von Prof. Dr. phil. habil. Alfred Kosing Direktor der Sektion Philosophie und Wissenschaftlicher Sozialismus Ernst Fischer: Was Marx wirklich sagte. S. 17 Ernst Fischer: Kunst und Koexistenz. S. 95 Marx/Engels: Werke. Bd. 3. Berlin 1958. S. 35 Ernst Fischer: Kunst und .Koexistenz. S. 6s W. I. Lenin: Werke. Bd. 19. S. 26 Ernst Fischer: Kunst und Koexistenz. S. 77—78 Ebenda. S. 80 W. I. Lenin: Werke. Bd. 19, S. 428 sg. -2 Befreiung des Proletariats“.* Karl Marx hat diese Ausführungen von Engels ausdrücklich bestätigt und sie in tler Polemik mit Karl Heinzen am Bei ¬ haben, daß in Ernst Fischers philosophi scher Konzeption der zur Utopie, zur Vi sion, zum Ideal gewordene ehemalige Weltgeist Hegels erneut sein Unwesen treibt. Marx und Engels schrieben in der „Deutschen Ideologie“: „Der Kommunis mus ist für uns nicht ein Z u s t and, der hergestellt werden soll, ein I d e a l, wo nach die Wirklichkeit sich zu richten ha ben wird. Wir nennen Kommunismus die wirkliche Bewegung, welche den jet zigen Zustand aufhebt.“* 8 Sie sprachen da mit ihr Urteil über eine Auffassung, die uns rund 120 Jahre später von Ernst Fischer als „moderner Marxismus“, als „Philosophie der Praxis“ serviert wird. Der idealistische Charakter der philo sophischen Konzeption Ernst Fischers tritt besonders deutlich in seiner Pseudo-Dia lektik von Idee und Wirklichkeit zutage, die er an die Stelle der materialistischen Dialektik der gesellschaftlichen Entwick lung setzt. Die Idee des Sozialismus und des ganzen Menschen ist noch unver- wirklicht, haben wir von Fischer erfahren. Auf welche Weise tritt sie nun ins Leben, wie kann sie verwirklicht werden? Sehen wir einmal von der unrichtigen Voraus setzung ab. daß es gelte, irgendwelche utopische Ideen zu realisieren, und unter stellen, daß es sich um theoretisch formu lierte Ziele handelt, die der realen gesell schaftlichen Praxis der Werktätigen ent springen und ihre Interessen ausdrücken. Dann gehört es einfach zu den Elementar kenntnissen des Marxismus-Leninismus, daß diese Ziele im politischen Kampf der Arbeiterklasse unter der Führung ihrer organisierten Vorhut, der marxistisch- leninistischen Partei, verwirklicht werden. Die Erfahrungen der Arbeiterbewegung bestätigen, daß es nur diesen Weg gibt, den Weg des organisierten Kampfes, der mühevollen Arbeit zur Überzeugung und Gewinnung der werktätigen Massen, um mit ihnen gemeinsam die kapitalistische Herrschaft zu stürzen und die sozia listische Gesellschaft allmählich auf zubauen. Ohn e diese disziplinierte revolu tionäre Arbeit unter der Führung der marxistisch-leninistischen Partei bleibt der Sozialismus ein frommer Wunsch. Anmerkungen: 1 Marx/Engels: Werke. Bd. 4. Berlin 1959. S‘. 322 2 Ebenda, S. 357 3 Ebenda, S. 475 4 Ernst Fischer: Was Marx wirklich sagte. S. 9 5 Ernst Fischer: Kunst und Koexistenz. S. 51 6 Ernst Fischer: Was Marx wirklich sagte. S. 11 7 Ebenda, S. 17 8 Ernst Fischer: Kunst und Koexistenz, S. 146 9 W. I. Lenin: Werke. Bd. 19. Berlin 1962. S. 428 Marx/Engels: Werke. Bd. 4, S. 486 11 Ebenda, S. 487 12 Ernst Fischer: Epilog zu „Kunst und Koexi stenz“. An: Club Voltaire. III, S. 296 lächerlichen und kläglichen Eigendünkel oder die Selbstrechtfertigung von Intellek tuellen, die von den Massen losgelöst sind und die Notwendigkeit empfinden, ihre Schwäche zu verdecken.“ 0 Die Preisgabe des Klassenstandpunktes ist bei Fischer zugleich mit einer Revi sion der weltansehaulich-philosophischen Grundlagen des Marxismus verbunden. Zwar- erkennt er in Worten den materia listischen Charakter der Marxschen Theo rien an, tatsächlich aber geht er selbst auf die Position eines utopischen Idealis mus über und macht diesen zur philoso phischen Grundlage seines „modernen Marxismus“. Das entspricht völlig der in neren Logik des Revisionismus. Wer die „Theorie des Marxismus von ihrer Klas sengrundlage trennt und in eine all gemeinmenschliche Humanismuskonzep tion umfälscht, muß nolens volens auch ihren materialistischen Charakter be streiten. Besteht doch die historisch-ma terialistische Auffassung des Marxismus in erster Linie darin, ihn als wissen schaftlichen und ideologischen Ausdruck der sozialen Existenzbedingungen und der grundlegenden Interessen der Arbeiter klasse zu verstehen. Wird diese reale ge- sellschaftliche Grundlage der marxisti- sehen Theorien aber geleugnet und sie statt dessen aus einem allgemein huma nistischen Streben nach dem „ganzen Menschen“ abgeleitet — wie Ernst Fischer es tut — dann erhält sie in der Tat eine „höhere ideale Wendung“. Dann verwan delt sich die materialistische Theorie in eine abstrakte „Idee des Sozialismus“, die „statt der Interessen des Proletariats die Interessen des menschlichen Wesens, des Menschen überhaupt“ vertritt, „des Men schen, der keiner Klasse, der überhaupt nicht der Wirklichkeit, der nur dem Dunsthimmel der philosophischen Phanta ohne in das seiner Theorie entsprechende Sündenbewußtsein zu verfallen. Obwohl es hier ausnahmsweise am Platze wäre. Eine klare Antwort auf die Frage, Wie denn nun die Idee des Sozialismus reali- siert werden kann, gibt Ernst Fischer allerdings nicht. Doch wir bleiben nicht völlig im Ungewissen, denn an anderes Stelle kommt er auf das Thema zurück und erklärt es nun für die wahre Auf» gäbe des Intellektuellen, der den Sozialist mus bejaht, „durch Kritik zu verhindern, daß die Utopie, zum fast schon Erreich ten degradiert, den Menschen als goldener Sand in die Augen gestreut wird.“* 3 Wenn ich diese „schöngeistige Redeblume“ richtig interpretiere, heißt das also, er habe die Idee überhaupt nicht zu reali sieren. sondern umgekehrt ihre Verwirk lichung zu verhindern, damit sie nicht de- gradiert werde. Für den Aufbau des So zialismus ist das allerdings belanglos, denn dieser hängt zum Glück nicht ab von der kritischen Kritik und den utopi schen Visionen einiger „am Rande der Partei stehenden Intellektuellen“ 20 — wie Lenin sie nannte —, sondern vom organi sierten Kampf der Arbeiterklasse, von der Arbeit der Werktätigen und der mit ihnen eng verbundenen Intelligenz und von der marxistisch-leninistischen Partei. Für die sozialistischen Länder hat Fischer jedoch ein anderes Rezept parat: „Vorübergehend können technische und organisatorische Maßnahmen zu ökono mischen Teilerfolgen führen — doch die Voraussetzung für gesicherten Aufschwung und dauerndes Gedeihen ist der Bruch mit dem falschen Bewußtsein“ 21 , „die Überwindung des falschen durch das wahre sozialistische Bewußtsein“. 22 Nun müssen wir uns daran erinnern, daß für Fischer der .„Marxismus-Leninis mus 1 , die offizielle Ideologie der sozia listischen Staaten, zu einem beträcht lichen Teil falsches Bewußtsein ist“ 23 , in welchem als „verkapselte Ideenfülle“ die kritische Methode und die humane Utopie erhalten ist, allerdings „im Dogma eingesargt“, wie er sich auszudrücken be liebt. Der geforderte Bruch mit dem fal schen Bewußtsein läuft also auf die Preisgabe des Marxismus-Leninismus hin aus. d. h. auf die völlige theoretische und ideologische Entwaffnung der sozialisti schen Gesellschaft und der Partei der Ar beiterklasse. Und das „wahre sozialistische Bewußtsein“, das Fischer statt dessen an bietet, besteht aus seiner nun schon hin länglich bekannten kritischen Methode der Zersetzung und Verunglimpfung des So zialismus und der humanen Utopie, wel che den Menschen die Vision eines un erreichbaren Reiches der Freiheit vor gaukelt. Zweifelt jetzt noch jemand daran, daß es sich hier nicht nur um idealisti sche Marotten eines Revisionisten han delt, sondern objektiv um die geistige Vorbereitung der antisozialistischen Kon terrevolution? Können denn diese Auffas sungen in der gegenwärtigen Situation des Klassenkampfes zwischen Sozialismus und Imperialismus überhaupt eine andere Wirkung haben, selbst wenn ihr Verfas ser es hundertmal wollte? Eine besondere Rolle spielt in Fischers Revision des Marxismus der Blochsche Utopismus. Mit der Entfremdungsproble matik vermischt und auf die Heilserwar tung des „ganzen Menschen“ eingeschränkt (bei Bloch ist die Utopie viel universel ler), dient dieser Utopismus dazu, den Sozialismus in eine noch unverwirklichte Idee zu verwandeln und zugleich seinen realen gesellschaftlichen Inhalt, der vom jeweiligen Entwicklungsstand der Produk tivkräfte und Produktionsverhältnisse der Menschen abhängt, zu einem lusterfüllten, liebesgeschwängerten und arbeitsscheuen himmlisch-irdischen Reich der Freiheit zu verflüchtigen. Die „Idee des Sozialismus“, namentlich die „Utopie vom ganzen Men schen“ wird für Fischer zum absoluten Maßstab, an dem er die Wirklichkeit so wohl des Kapitalismus wie auch des So zialismus mißt. Mit Hilfe der Kritik „muß die Praxis an der Idee, das un- Wie konnte es so weit kommen? Wie | war es möglich, daß die schleichende Kon- I terrevolution in der CSSR progressierte I und die drohende Gefahr der Beseitigung des Sozialismus nur noch durch das Ein greifen der im Warschauer Pakt verbün deten sozialistischen Länder verhindert werden konnte? Diese Frage wird in den Diskussionen über die Ereignisse in der CSSR immer wieder gestellt. Sie ist völlig berechtigt, und eine möglichst umfassende Antwort darauf ist außerordentlich wich tig, geht es doch darum, „das Geheimnis, wie die Konterrevolution vorbereitet wird“ zu erkennen — um einen Ausspruch Lenins zu variieren —, und daraus Schlußfolgerungen für unsere eigene Ar- . beit zu ziehen. Natürlich sind die Ur sachen der bedrohlichen Entwicklung in der CSSR komplexer Natur; viele Fak toren haben zu ihr geführt: Wir wollen von ihrer ausführlichen Analyse ab sehen — viele Publikationen haben sich damit bereits beschäftigt — und lediglich auf die seit drei Jahren betriebene theo retische und ideologische Zersetzungs arbeit des Revisionismus hinweisen. Die praktischen Erfahrungen des Klas senkampfes zwischen Sozialismus und Im- | perialismus haben uns sehr eindringlich die Lehre vermittelt, daß der moderne Revisionismus, der sich als „moderner Marxismus“, als „erneuerter Kommunis mus“ oder „demokratischer Sozialismus“ ausgibt, seiner objektiven Rolle nach zum geistigen Wegbereiter der antisozialisti schen Konterrevolution geworden ist. Unter den revisionistischen Theoreti kern. die maßgeblich an der geistigen Zersetzung des Sozialismus mitgewirkt haben, kommt Ernst Fischer, Mit glied des ZK der Kommunistischen Partei Österreichs, zweifellos eine besondere Rolle zu. Zwar hat er keinerlei neue oder gar originelle Ideen entwickelt, und aus der kritischen Analyse der mehr als fünfzigjährigen Geschichte des sozialisti schen Aufbaus hat er nicht einen disku tablen Gesichtspunkt gewonnen. In theo retischer Hinsicht bringt Fischer über haupt nichts Neues, sondern vereinigt in eklektischer Weise Elemente bürgerlicher Theorien mit längst bekanntem revisio- nistischem Gedankengut. Er entfaltete die größte publizistische Wirksamkeit gegen den Sozialismus, propagierte das Konzept des sogenannten humanen und demokra tischen Sozialismus am eifrigsten, und er Versuchte schließlich auch, durch eine ent sprechende Kompilation und Interpreta tion von Marx-Zitaten, dem revisionisti schen politischen Programm eine theore tische Grundlage zu geben (in dem Buch „Was Marx wirklich sagte“). Es ist darum dicht verwunderlich, daß er in der CSSR als „bedeutender Marxist“ galt, als einer der geistigen Urheber des „Reformkurses“, Und daß sich nicht wenige seiner unmar xistischen Auffassungen selbst im Ak tionsprogramm der KPC finden. , Es wäre sehr viel zur politisch-ideolo gischen Grundlage und zur Funktion der Anschauungen Ernst Fischers im gegen- wärtigen Klassenkampf zu sagen. Wir wollen in diesem Zusammenhang darauf Verzichten und auf die Analysen aufmerk sam machen, die in den Referaten und Diskussionsbeiträgen des 9. Plenums des ZK der SED und in anderen Arbeiten enthalten sind. Die Auseinandersetzung mit dem Revisionismus erfordert auch den Kampf gegen seinen theoretischen Gehalt. Wir werden uns deshalb einigen Aspekten des „modernen Marxismus“ Ernst Fischers zuwenden. Bekanntlich ist der Marxismus als theoretischer Ausdruck des revolutionären Befreiungskampfes der Arbeiterklasse ent standen und reflektiert in wissenschaft- icher Form die Bedingungen ihrer Befrei ung. Marx und Engels haben das so oft Und so eindeutig erklärt, daß es überflüs sig erscheinen könnte, daran zu erinnern. „Der Kommunismus“, schrieb Friedrich Engels 1347, „ist hervorgegangen aus der großen Industrie und ihren Folgen, ... Gus der Erzeugung des Proletariats und der Konzentration des Kapitals, aus dem daraus folgenden Klassenkampfe zwischen Proletariat und Bourgoisie. Der Kommu nismus, soweit er theoretisch ist, ist der *heoretische Ausdruck der Stellung des Proletariats in diesem Kampfe und die l heoretische Zusammenfassung der Bedin- also keineswegs das Resultat einer gewis sen Doktrin, die von einem bestimmten theoretischen Prinzip als Kern ausging und daraus weitere Konsequenzen zog. Vielmehr waren die Prinzipien und Theo rien, welche die Schriftsteller der Bour geoisie während ihres Kampfes mit dem Feudalismus aufstellten, nichts als der theoretische Ausdruck der praktischen Bewegung, und zwar kann man genau verfolgen, wie dieser Ausdruck mehr oder minder utopisch, dogmatisch, doktrinär war, je nachdem er einer weniger oder mehr entwickelten Phase der wirklichen Bewegung’ angehörte. Und in diesem Sinne war Engels so unvorsichtig, ... vom Kommunismus, soweit er Theorie ist, als dem theoretischen Ausdruck einer .Be wegung zu sprechen.“ 2 Im „Manifest der Kommunistischen Partei“ wiederholten Marx und Engels gemeinsam: „Die theo retischen Sätze der Kommunisten beruhen keineswegs auf Ideen, auf Prinzipien, die von diesem oder jenem Weltverbesserer erfunden oder entdeckt sind. Sie sind nur allgemeine Ausdrücke tatsächlicher Ver hältnisse eines existierenden Klassen kampfes, einer unter unseren Augen vor sich gehenden geschichtlichen Bewegung.“' Es bereitete keine Mühe, weitere Belege für die Auffassung von Marx und Engels aufzuführen, aber das hieße schon Eulen nach Athen tragen. An diesen Ausführun gen interessieren uns in diesem Zusam menhang besonders zwei Momente: er stens die Betonung des proletarischen Klassencharakters und zweitens die histo risch-materialistische Auffassung der Theorie des Marxismus, die in striktem Gegensatz zu allen idealistischen Welt- und Menschheitsverbesserungsutopien steht. Als was betrachtet Ernst Fischer den Marxismus? Im Gegensatz zu den Auf fassungen von Marx, Engels und Lenin ist der Marxismus für Fischer eine all gemeinmenschliche. wissenschaftlich un termauerte Utopie vom nicht mehr ent fremdeten und deformierten, schöpferi schen ganzen Menschen. Das Marxsche Gesamtwerk wird als eine „Einheit von Philosophie, Anthropologie, Politischer Ökonomie, Gesellschaftskritik, Geschichte, revolutionärer Praxis und Zukunfts- vision“* bezeichnet, wobei die „Zukunfts vision“ ganz eindeutig als Utopie charak terisiert wird. „Als Utopie steht vor ihm (dem Marxismus — A. K.) der nicht mehr entfremdete, der allseits sich entfaltende, der schöpferische, der ganze Mensch. Von dieser Utopie ist er ausgegangen. Die Ent wicklungsgesetze der Gesellschaft erfor schend, hat er diese Utopie wissenschaft lich untermauert. Vom utopischen zum wissenschaftlichen Sozialismus, ,von der Utopie zur Wissenschaft“ heißt also nicht Verwerfung, sondern Aufhebung der Uto pie; im Marxismus, als Wissenschaft, als .Philosophie der Praxis“ ist sie als reale Möglichkeit erfaßt, aufbewahrt und auf- gehoben.“ 3 Diese Utopie war nicht entstan den auf der Grundlage der Herausbildung der Arbeiterklasse und ihres Klassen kampfes, sondern sie ging aus von dem „europäischen Grunderlebnis“ der Zer stückelung des Menschen durch Arbeits teilung, Mechanisierung, Ausbeutung und Kommerz. „Die Sehnsucht nach der Ein heit des Menschen mit sich selbst, mit seinesgleichen und der ihm entfremdeten Natur war allen human Empfindenden und Denkenden gemeinsam.“ 0 Auch Karl Marx wird von Fischer in die Reihe der „human Empfindenden und Denkenden“ eingeordnet, deren Streben auf die hu mane Utopie des ganzen Menschen ge richtet war. „Ziel seiner Erwägungen und Bemühungen ist der ganze, totale Mensch, die Wirklichkeit des Menschen, der posi tive Humanismus.“ 7 8 9 * 11 12 So wird der Marxismus, die revolutio näre Theorie vom Befreiungskampf der Arbeiterklasse, in eine, allgemeinmensch liche, verschwommene Humanitätsduselei verwandelt und damit sein Klassen charakter geleugnet. Daß von einem sol chen theoretischen Ansgangspunkt her
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