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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 12.1968
- Erscheinungsdatum
- 1968
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- 39-2-77
- Vorlage
- Universitätsbibliothek Leipzig
- Digitalisat
- Universitätsbibliothek Leipzig
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- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
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- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196800009
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- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
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- Teilweise mit vorlagebedingtem Textverlust.
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- Parlamentsperiode
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Zeitschrift
Universitätszeitung
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Band
Band 12.1968
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Band 12.1968
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er ideologische und weltanschau- liehe Kampf zwischen Kapita lismus und Sozialismus, Krieg und Frieden, politisch-sozialem Fortschritt und geistiger Reak tion unterliegt objektiven ge schichtlichen Gesetzen und Ent wicklungstendenzen. Es ist eine der großen wissenschaftlichen Leistungen von Karl Marx, durch seine Untersuchung des Sy stems der Wechselwirkung zwischen Öko nomie, Ideologie und Politik in der kapi talistischen Gesellschaft die Grundlagen der marxistisch-leninistischen Theorie und Ideologie gelegt zu haben. Es gibt be kanntlich nichts Praktischeres als eine Wohl durchdachte und wissenschaftlich ge sicherte Theorie. In diesem Sinne ist die Marxsche Untersuchung der Gesetzmäßig keiten dei- geistigen Bewegungsprozesse der kapitalistischen Gesellschaft theore tisch begründetes Fundament der politi schen Strategie und Taktik des ideologi schen Klassenkampfes der kommunisti schen und Arbeiterbewegung. Marx ging von dem Gedanken aus, daß die .gesellschaftliche Gesamtbewegung des Kapitalismus unter anderem dadurch zustandekommt, daß jeder einzelne Kapi talist seinen ökonomischen Interessen nachgeht und die geschichtliche Bewegung eine Art Resultante der tausendfach sich bestätigenden kapitalistischen Einzelinter essen unter politischer Absicherung durch das staatliche System darstellt. Entspre- chend erfaßte er die bürgerliche Ideologie als Apologetik und Verklärung des kapi talistischen Systems, wobei sie in ihrer Vielfältigkeit als Resultante das bürger liche Klasseninteresse enthält und als Mit tel ideologischer Steuerung des politischen und sozialen Verhaltens im Sinne der Funktionsfähigkeit des kapitalistischen Systems wirkt. Das bedeutet zugleich, daß der Grad wissenschaftlicher Rationalität dieser Ideologie zunächst relativ unwe sentlich ist. Im Gegenteil, je verzerrender, mythischer und irrationaler ihr Charakter, Um so wirksamer erweist sie sich als Mit tel zur Steuerung systemkonformen Ver haltens. Die zum extremen Mythos nei gende reaktionäre politische Ideologie des deutschen Imperialismus bis zur Mitte des Jahrhunderts ist dafür ein anschauliches Beispiel. Art Rezept des Verhaltens für jeden ein zelnen, entsprechend seiner Stellung, die ihm das System auf zwingt, ausgebaut und mittels der Massenmedien und Mani pulationstechnik verbreitet. Ideologie wird damit planmäßig im monopolistischen Ge samtinteresse gesteuert. Es verändert sich zugleich der Stil der Ideologie und des gesellschaftlichen Denkens. Diese Ver änderungen werden in der Regel als Übergang zum Denken in Mittel-Zweck- Beziehungen dargestellt. An die Stelle illusionärer Phantastik tritt die po sitivistisch-rationale Pragmatik; sie basiert philosophisch auf dem Neopositivismus, gesellschaftstheoretisch auf den bürger lichen Sozialwissenschaften und den Ver haltenswissenschaften. Theorie und Praxis des „Politisch-strategischen Denkens" Eine richtige Einschätzung der ideologi schen Haupttendenzen, die für den staats monopolistischen Kapitalismus typisch sind, ist deshalb besonders wichtig, weil damit die nicht davor zurückschrecken würde, auch dort mit mitleidlosem Intellekt wei terzudenken, wo moralische Hemmungen bei den Fragen der möglichen Anwendung thermonuklearer Waffen vielen anderen eine Grenze setzten. Helmut Schmidt konstatiert mit einem gewissen Unterton des Bedau erns, daß der Einfluß dieses strategischen Denkstils auf die westdeutsche Politik noch relativ gering sei. Eine Ausnahme würde allerdings nach der Darstellung von Helmut Schmidt Franz Josef Strauß sein. Er wäre einer der wenigen, die in Westdeutschland von den Denkansätzen der amerikanischen Strategie-Theoretiker ausgingen. In der Zwischenzeit hat Strauß dies in seinem „Entwurf für Europa“ unter Beweis ge stellt, wo er auf der Grundlage der Metho dik der Strategie-Theoretiker das spezifi sche politische Konzept des westdeutschen Imperialismus darlegt. Dabei werden sy stemtheoretische Überlegungen auf die Politik angewendet und die Konzeption eines dezentralisierten Systems imperiali stischer politischer Strategie mit fließendem Gleichgewicht zwischen verschiedenen Ag- gressions- und Konfliktzentren enwickelt. Die Debatten über die dafür anzuwen denden Varianten der Strategie, die in komplexer Weise ökonomische, wissen schaftlich-technische, ’ ideologische und militärische Faktoren miteinander ver knüpfen, sind zur Zeit in vollem Gange. Sie wurden durch das kürzlich erschienene, maßgeblich von den Strategie-Theoretikern Schichten zu vermitteln. All das hätte eine Angleichung an bürgerliche Regierungssy steme zur Folge, die angeblich ähnlich ar beiten würden. Schließlich, so wird argu mentiert, führe der Industrialisierungspro zeß zum Wohlstand. Wohlstandsdenken untergrabe den revolutionären Elan, und die kommunistischen Ideale würden all mählich vergessen. Die entscheidende Frage: Wer verfügt über den Reichtum der Gesell schaft? Wenn wir den Kerngedanken dieser An sichten betrachten, dann ist es folgender: Der hochindustrialisierte Kapitalismus wird als etwas statisch Feststehendes an gesehen, der Sozialismus dagegen als ein gesellschaftliches System, das sich in kurio ser Weise rückwärts, im Grunde in Rich ten politischen und ideologischen Orientie rung. Hier zeigt sich erneut ein bereits für den deutschen Imperialismus der Vergan genheit typisches Merkmal des politischen Denkens: eine Überschätzung des eigenen Machtpotentials und eine Unterschätzung der Stärke des politischen Systems des Sozialismus. Man kann feststellen, daß sich heute in den politischen Ideen des Imperialismus, jeweils verändert durch nationale, reaktio när-ideologische Traditionen, soziologische und positivistisch-pragmatische Denkstile in beträchtlichem Umfang durchgesetzt haben. Auch revisionistische Positionen, wie sie zum Beispiel von Ernst Fischer vertreten werden, oder etwa die ideologi sche Aktivität des ursprünglich von Mar tin Heidegger ausgehenden Herbert Mar cuse müssen unter diesem Blickwinkel be urteilt werden. Es handelt sich bei ihnen um partiell einsetzbare trojanische Pferde im Sinne der politischen, und ideologischen Gesamtstrategie des gegenwärtigen Impe rialismus. Betrachtet man zusammenfassend die Hauptebene der geistigen Auseinanderset zung zwischen Imperialismus und Sozia lismus, proletarischer und bürgerlicher Ideologie in der Gegenwart, so wird deut lich, daß es in der Tendenz immer mehr um eine Auseinandersetzung zwischen einer - pragmatischen Rationalität in Welt anschauung, Ideologie und’ politischer Pra- IDEOLOGIE UND STRATEGIE Inhalt und Funktion der Von Prof. Dr. Dieter Bergner, Direktor des Instituts für Philosophie der Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg bürgerlichen Ideologie Welche Veränderungen haben sich im Charakter und Inhalt der bürgerlichen Ideologie mit der Herausbildung des staatsmonopolistischen Kapitalismus er geben? Die Sicherung der gesellschaftlichen Machtpositionen des monopolistischen Ka pitals angesichts der Labilität des Ge samtsystems erfordert heute eine weit- gehende Regulierung und Unterordnung aa f kapitalistischen Einzelinteressen un ter das imperialistische Gesamtinteresse mittels des Staates, der die Möglichkeiten politischer Gewalt auch im Bereich der Ökonomie einsetzt, nicht selten gegen Einzelinteressen selbst von Monopolver bänden. Die weitere Existenz einer Mo nopolherrschaft ist nur realisierbar, wenn versucht wird, im gesamtgesellschaft lichen Umfang alle produktiven Möglich- keiten, auch die produktiven und revo lutionären Potenzen der Arbeiterklasse, dem monopolistischen Gesamtinteresse unterzuordnen. Um die Funktionsfähig keit des Systems staatsmonopolistischer Herrschaft zu bewahren, setzt eine ver stärkte rationale Analyse des ökono mischen Produktions- und Reproduktions prozesses sowie des Mechanismus politi scher Systeme und sozialer Teilprozesse ein. Die Bourgeoisie als Klasse ist ge zwungen, ihre eigenen Existenzbedingun gen mit den Methoden sozialwissenschaft- lieber Analysen zu untersuchen sowie zum Teil Planungs- und Organisationsmetho den anzuwenden, die im Widerspruch zum Charakter des kapitalistischen Systems stehen. Das durch den Fortschritt einzel- Wissenschaftlicher Erkenntnis lawinen- haft anwachsende Wissen über Natur und Gesellschaft wird in den Dienst der po litischen Konzeptionen monopolistischer Gesamtinteressen gestellt. Die Ursachen für diesen Wandlungs prozeß im System des staatsmonopolisti schen Kapitalismus liegen nur zum Teil in den inneren Entwicklungsbedingungen ' dieser Gesellschaftsordnung. Wissenschaft- lich-technischer Fortschritt bei gleich zeitiger Verstärkung der Labilität des Ge samtsystems, die weitere Zuspitzung des Grundwiderspruchs des Kapitalismus, strukturelle Disproportionen und die Unfähigkeit zu weitschauender, den Inter essen der Werktätigen entsprechender Ge sellschaftsprognostik — all das zwingt zu Versuchen, neue Bewegungsformen zu finden, innerhalb deren sich die Existenz eines Spätkapitalismus verlängern läßt. Noch entscheidender ist jedoch die ge schichtliche Defensivposition des kapi talistischen Gesamtsystems gegenüber der Welt des Sozialismus und der anti imperialistischen Bewegung. Im Grunde Werden innerhalb der Führungskräfte der imperialistischen Hauptländer alle politi schen, ökonomischen und ideologischen Grundsatzentscheidungen — direkt oder indirekt — unter dem Aspekt getroffen, den historischen Herausforderungen des Sozialismus in einer solchen Weise zu be gegnen, daß schwindender Substanz verlust im eigenen Lager durch verstärk ten Ausbau des Aggressionspotentials auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Le bens überdeckt wird. Diese charakterisier ten objektiven Prozesse haben beträcht liche Auswirkungen auf Inhalt und Funk tion der bürgerlichen Ideologie, vor allem ihrer politischen Ideen. Das differenzierte System der Ideologie wird bis zu einer UZ 32/68, Seite 7 zugleich der heutige Charakter imperialisti scher Politik und der politischen Strategie des modernen Imperialismus genauer erfaßt werden kann. Die Beantwortung der Frage: Von welcher Ideologie und welchen Ideen werden die Führungskräfte imperialisti scher Politik bei der Ausarbeitung ihrer politischen Konzeption geleitet? ist zweifel los ein wesentliches Teilproblem für die Ausarbeitung der marxistisch-leninistischen Strategie und Taktik des Kampfes gegen den heutigen Imperialismus. Untersuchen wir einige Formen von Ideo logien, die für die Ausarbeitung politischer Konzeptionen der Führungskräfte des staatsmonopolistischen Kapitalismus in der Gegenwart typisch sind. Eine der einfluß reichsten ist die Theorie und Praxis des „Politisch-strategischen Denkens“. Es han delt sich dabei nicht allein um eine Über nahme von Methodiken und Techniken der militärischen Strategie — unter Ausnut zung der kybernetischen System- und Spiel theorie und der Technologie der Elektro nenrechner — in die politische Planung, sondern um eine komplexe antikommuni stische Theorie und Praxis. Sie begann sich Ende der vierziger Jahre herauszubilden. Eine der damals erschienenen, in der politi schen Auswirkung weitreichendsten Schrif ten war das Buch des ehemaligen Mitarbei ters von Trotzki, James Burnham, über die Strategie des kalten Krieges. Der Soziologe Burnham forderte in dieser Arbeit von den USA an Stelle einer „Politik der Zurück- drängung des Kommunismus“ eine Strate gie der „Vernichtung des Kommunismus“ und entwickelte ein detailliertes Programm politischer, ideologischer, ökonomischer und militärischer Aggression. Wesentliche Sei ten des Programms wurden damals in die offizielle Politik der USA im Rahmen der Strategie des kalten Krieges aufgenommen. Eine praktisch-politische und militärische Auswirkung des damaligen Entwicklungs standes der Theorie des strategischen Den kens des Imperialismus war zum Beispiel der Krieg der USA in Korea. In der Gegen wart wird diese Linie der politischen Ideo logie — bei beträchtlich weitentwickelter Methodik — durch die strategischen Pla nungsinstitutionen der Rand-Corporation oder des Hudson-Instituts unter Leitung von Hermann Kahn in den USA verkör pert. 1965 erschien als Ergebnis einer Reihe von Untersuchungen — die unter anderem in dem damaligen Aggressionsversuch der USA gegenüber Kuba ihre praktische An wendung erfahren hatten — das Buch von Hermann Kahn „Eskalation — die Politik mit der Vernichtungsspirale“. Kahns Theo rie einer insgesamt 44-Stufen-Leiter um fassenden Eskalation im Sinne der Aus weitung internationaler Konflikte wurde, wie sich in der Zwischenzeit zeigte, einer der ideologischen und theoretischen Aus gangspunkte der USA-Globalstrategie und des USA-Krieges in Vietnam. Zu beachten ist die Auswirkung der Theorie und Methodik des strategischen Denkens auf Politik und Praxis des west- deutschen Imperialismus. Helmut Schmidt von der rechten SP-Führung bestimmt in seiner Einleitung zur deutschen Ausgabe der Kahnschen Schrift den Inhalt des stra tegischen Denkens als eine Denkhaltung, beeinflußte Buch des französischen Publi zisten und Managers Servan-Schreiber „Die amerikanische Herausforderung“ er neut angeregt. Strauß fordert -in seinem Vorwort zu diesem Buch ein dem amerika- nischen technologischen Vorsprung gegen über wettbewerbsfähigen europäischen „nachindustriellen“ Kontinentalstaat unter westdeutscher Führung, dessen militärische Entscheidungen, wie er schreibt, von „den nicht immer berechenbaren Entwicklungen der amerikanischen Innenpolitik“ weit- gehendst unabhängig sein sollten. Betrachtet man die gesellschaftstheore- tisch-ideologische Voraussetzung der Stra tegie-Theoretiker und der heutigen Poli tik der staatsmonopolistischen Führungs kräfte, so handelt es sich dabei im wesent lichen um die Industriegesellschaftsvorstel lungen. Die seit etwa einem Jahrzehnt im mer mehr an Einfluß gewinnende Indu striegesellschaftstheorie hat die typischen Merkmale bürgerlicher Ideologie im Marx- sehen Sinne. Partiell richtige Aussagen (zum Beispiel die soziologischen Wirkungen von Industrialisierungsprozessen) werden in einseitiger Weise übertrieben und zu einer angeblich rationalen Theorie der Gesellschaft schlechthin ausgebaut. Eine der politisch relevantesten Anwendungen industriegesellschaftlicher Positionen ist die sogenannte Konvergenztheorie. Die „Konvergenztheorie" Was sind ihre wesentlichen Aussagen? Die Konvergenztheoretiker sind der Mei nung, daß die Prozesse der Industrialisie rung in der Tendenz in allen Gesellschaf ten eine gemeinsame Zivilisation hervor bringen. Der industrielle Prozeß erfordere Gleichförmigkeit in der maschinellen Aus rüstung, in Technik und Organisation. Be triebsleiter und Arbeiter verrichteten im Sozialismus und Kapitalismus ähnliche Tätigkeiten, wodurch sich ähnliche Ansich ten und Lebensgewohnheiten herausbilden würden. Die industielle Zivilisation sei deshalb zum Beispiel in Swerdlowsk und Detroit im Grunde die gleiche und würde letztlich auch zu einer Angleichung der politischen Leitungssysteme der unter schiedlichen Gesellschaften führen. Es wird weiterhin die Ansicht vertreten, daß die Industrialisierung zu einer zunehmen den Differenzierung der Gesellschaft führe. Immer mehr Gruppen von Spezialisten entstehen, die mit eigenen Interessen und Forderungen an das Leben auftreten. Eine Industriegesellschaft sei deshalb notwendig pluralistisch. Das führe zu einer Verände rung in den gesellschaftlichen Funktionen der führenden Kraft der sozialistischen Ge sellschaft, der marxistisch-leninistischen Partei. Sie müsse darauf verzichten, der gesamten Gesellschaft immer neue Ziele des weiteren sozialistischen Aufbaus zu stellen, sondern sich stärker darauf kon zentrieren, zwischen den Interessen der vielfältigen gesellschaftlichen Gruppen und tung einer allmählichen Restauration kapi talistischer Verhältnisse angeblich ent wickelte. Aus der Tatsache, daß immer mehr Völker erfolgreich versuchen, ihr so ziales Leben nach sozialistischen Grund sätzen zu ordnen und neu zu gestalten, wird in der Sicht der Konvergenztheorie eine grotesk umgekehrte Entwicklung. Die Konvergenztheorie erweist sich damit als eine veränderteTForm’des alten Wunschdenkens, den sozialen Erneuerungs prozeß unseres Jahrhunderts rückgängig zu machen. Das theoretische Salto mortale, das ein solches Gesellschaftsbild ermög licht, liegt darin, das für Charakter und Struktur einer Gesellschaft nach wie vor entscheidende Problem der Eigentumsver hältnisse aus der Betrachtung auszuklam mern. Es genügt eben nicht, wie es die Theoretiker der Industriegesellschaft tun, nur die Frage zu stellen: Wie verwendet eine Gesellschaft ihren Reichtum? Noch entscheidender ist die Frage: Wer verfügt über den Reichtum einer Gesellschaft und in wessen Interesse wird er verwendet? Denkt man letztere Frage in bezug auf ihre Konsequenzen zu Ende, so ergibt sich jenes Problem, an welchem alle konver genztheoretischen Auffassungen letztlich ihre Grenze haben. Die Geschichte ist — und zu dieser Erkenntnis hat uns Marx geführt — ein dialektischer Prozeß der Wechselwirkung von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen. Es liegt heute in der Macht des Menschen, sein Wissen über Natur und Gesellschaft so anzuwenden, daß eine — auf Kenntnis objektiver Gesetz mäßigkeiten begründete — humanistische Ordnung des gesellschaftlichen Zusammen lebens möglich wird. Sozialismus und Kapitalismus sind deshalb unvergleichbar. Der qualitative Unterschied der Gesell schaftsordnungen läßt sich auch mit Hilfe positivistisch-soziologischer Theorien nicht aus der Welt schaffen, was zum Teil von maßgeblichen Vertretern des konvergenz theoretischen Denkens selbst erkannt wird. Die Folge ist, daß in der Anwendung die ser Positionen bei der Ausarbeitung poli tischer Strategien eine Reihe von Modi fikationen und Unterschieden bestehen. Die Berater des amerikanischen Präsi denten, Brzezinski und Huntington, erklär ten in einem vor zwei Jahren veröffent lichten Buch über einen Vergleich der poli tischen Macht der UdSSR und der USA, daß es eine Fehlspekulation sei, politische Strategien gegenüber der Sowjetunion auf konvergenztheoretischen Hoffnungen auf zubauen. Nicht die Konvergenz, sondern die jeweils eigenständige Evolution beider Systeme sei nach ihrer Auffassung zu er warten. Der USA-Imperialismus verläßt sich daher bei der Ausarbeitung seiner Globalstrategie auch weniger auf Hoffnun gen, die durch solche Überlegungen er weckt werden könnten. Im Gegensatz dazu versucht die politische Strategie des west deutschen Imperialismus viel stärker auf konvergenz-theoretischen Illusionen aufzu bauen, nicht nur in der sogenannten neuen Ostpolitik, sondern zugleich in der gesam- xis, einer Rationalität ohne Vernunft und Skrupel einerseits, dem wissenschaftlichen und humanistischen Weltbild der - Arbeiter klasse andererseits geht. Schlußfolgerungen für die geistige Auseinander setzung Daraus ergeben sich eine Reihe‘von Schlußfolgerungen für die marxistisch- leninistische Strategie der geistigen Aus einandersetzung mit dem heutigen Kapi talismus. Wesentliche Schlußfolgerungen sind nach unserer Auffassung: — Die historische Überlegenheit des Sozia lismus zeigt sich in der komplexen, progressiven Lösung der objektiven, politischen, ökonomischen und ideolo gisch-geistigen Entwicklungsprobleme der Menschheit im Rahmen bereits weiterentwickelter sozialistischer gesell schaftlicher Systeme. Der ideologische Klassenkampf ist nicht ein Kampf der Theorien allein, sondern Theorie und — im Sinne von Marx — progressive prak tische Veränderungen der Welt durch dringen sich. — Daraus resultiert: Die ideologische Aus einandersetzung zwischen Kapitalismus und Sozialismus ist heute ein Kampf entgegengesetzter ideologisch-politischer Konzeptionen und ihrer praktischen Verwirklichung. Eine theoretisch be gründete und politisch verwirklichte marxistisch-leninistische Konzeption der Friedenssicherung, die Theorie und Praxis der Entfaltung sozialistischer Demokratie, eine den Interessen der Werktätigen entsprechende effektive Leitung der Produktionsprozesse und der Wissenschaftsplanung, eine den heutigen Anforderungen der wissen schaftlich-technischen Entwicklung ent sprechende Bildungspolitik und Bil dungspraxis — all das sind zugleich Hauptthemen des ideologischen Kampfes, in dem es darum geht, die historisch um Geschichtsepochen vor auseilende Praxis sozialistischer Ent wicklung zugleich als Waffe und Argu ment im geistigen Kampf wirksam zu machen. Der humanistischen Zielstellung des So zialismus, das soziale Leben bewußt und planmäßig auf Grundsätzen der Wissen schaft und Vernunft mit immer größerer Sachkenntnis zu gestalten, steht im staatsmonopolitistischen Kapitalismus eine ideologische und gesellschaftstheoretische Konzeption gegenüber, die Gesellschaft in Ideologie und Praxis als Betätigungs feld monopolistischer Gesamtinteressen „durchzurationalisieren“. Die sozialistische Gesellschaft entfaltet sich im Sinne von Karl Marx als humanistische Einheit von Philosophie und Praxis und verkörpert damit die historische Alternative gegen über dem Bündnis von Antihumanität und Pragmatik im Herrschaftsbereich des staatsmonopolistischen Kapitalismus. (Aus UZ Halle/Wittenberg)
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