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UINIVERSITATSZEITUNG $9 DERKARL-MARX UNIVERSITÄT ORGAN DERSED-PARTEILEITLNG LEIPZIG 10.3.1966 10. JG./33603 15 PFENNIG ... o / 1 2 3 1 1 GREIFSWAS Für die Wissenschaft, die dem Sozialismus dient .BBLOTHE * O Täler weit, o Höhen... Eine Kommission der FDJ-Kreisleitung untersuchte in den Fach richtungen Geschichte und Staatsbürgerkunde das Praktikum des 1. Studienjahres. Wir veröffentlichen Auszüge aus den Ant worten von Vertretern des Lehrkörpers und Studenten auf die ihnen vorgelegten Fragen. Ist die Praktikumszeit sinnvoll in den Studiengang eingegiiedert, wird sie sinnvoll genutzt, oder gibt es - ins besondere im ersten Studienjahr, wo die Anforderungen nach wenigen Mo naten Universitätsstudium nur schwer zu bemessen sind - derartige Wellen bewegungen, daß ein Teil der Studen ten gewissermaßen auf den Bergen höchster Anforderungen dem Prakti kum wichtige Anregungen für das Studium verdankt, während ein ande rer Teil unterfordert in den Tälern sitzt? Dazu sollte die Untersuchung der Kreisleitung einige Aufschlüsse geben. Die Fragen wurden gerichtet an: die verantwortlichen Hochschullehrer 1. Was beinhaltet das Praktikum des 1. Studienjahres und welchen Sinn hat es? 2. Auf welchen Voraussetzungen baut es auf? 3. Wie sind die Studenten durch die staatliche Leitung darauf vorbereitet worden? Prof. Dr. Rigobert Günther, Leiter der Fachrichtung Geschichte: Das 1. Studienjahr führt im Insti tut für Deutsche Geschichte ein so genanntes Institutspraktikum durch. Das Praktikum hat das Ziel, die Studenten in die wissenschaftliche Arbeitsweise einzuführen und knüpft an den in der Einleitungsvorlesung und im Proseminar vermittelten Kenntnissen an. Die Studenten sind entsprechend ihren Fähigkeiten in die Forschungsvorhaben des Instituts einbezogen. Es ist auf jeden Fall eine sehr sinnvolle Tätigkeit. Zur Vorbereitung haben mehrere Aus sprachen zwischen den verantwort lichen Wissenschaftlern und den Stu denten stattgefunden. Fritz Weber, wissenschaftlicher Mitarbeiter und Geschäftsführer der Abteilung Staatsbürgerkunde: Die Studenten des 1. Studienjahres schreiben während des Praktikums eine Hausarbeit, die von Wissen schaftlern ihres zweiten Faches (Ger manistik oder Geschichte) betreut wird. Sie sollen dabei die theore tisch erläuterten wissenschaftlichen Methoden in ihren Anfängen erpro ben. Dafür stehen ihnen fünf Wochen zur Verfügung. Da ein Staatsbürger kundelehrer neben wissenschaftlich fundierten Kenntnissen ausreichende persönliche Erfahrungen für seinen Beruf mitbringen muß, hat unsere Abteilung eine viertägige Exkursion nach Berlin organisiert. Ziel dieser Exkursion war gewissermaßen die sozialistische Praxis. Wir besuchten mit den Studenten die Parteihoch schule, wo wir die Fachkabinette be- sichtigten und eine Vorlesung über die wissenschaftliche Führungstätig keit der SED hörten. Ein Besuch im Museum für Deutsche Geschichte stand ebenso auf dem Programm wie ein Gespräch mit Vertretern des Verlages Volk und Welt und der Redaktionen der für unsere Studen ten wichtigen Zeitschriften. Höhe punkt waren ein dreistündiger Emp fang beim Präsidenten der Volks kammer, Prof. Dr. Johannes Dieck mann, auf dem die Studenten einen sehr guten Einblick in die Arbeit des höchsten Staatsorganes erhielten, und ein Vortrag des Majors Ganzauge von der Berliner Stadtkommandan tur über das Westberlin-Problem, dem sich ein Gang zur Gedächtnis stätte des ermordeten Genossen Huhn anschloß ... Damit die Studenten einen Ein- blick in die sozialistische Rechts pflege erhielten, wohnten sie einem Prozeß beim Kreisgericht Leipzig Mitte bei .. . Die von den Studenten zu schrei benden Arbeiten knüpfen an den Proseminaren an. Die Themen haben die Fachwissenschaftler mit den Stu denten beraten. Der Praktikumsplan ist den Studenten erläutert worden. Einige wenige, die dachten, daß das Praktikum so eine Art Ferien sei und die Exkursion zur Kategorie der Vergnügungsreisen zähle, wurden eines Besseren belehrt. Es waren aber, wie gesagt, nur sehr wenige. die wissenschaftlichen Betreuer 1. Wie schätzen Sie die bisherigen Leistungen der Studenten ein? 2. Sind Sie der Meinung, daß die Aufgabenstellung dem Stand der Ausbildung entspricht oder werden die Studenten unterfordert bzw. überfordert? Dr. Werner Fläschendräger, wissen schaftlicher Mitarbeiter am Institut für Deutsche Geschichte: Die fünf Studenten, die in unserer Abteilung eingesetzt waren, arbeite ten an der Chronik der Universität 1963 bis 1965, über Probleme der Universitätsgeschichte 1933 bis 1945, über die Leitung der Universität vom Ende des 19. Jahrhunderts bis 1965 und an der Chronik der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakul tät 1946 bis 1949. Ich kann natürlich noch kein abschließendes Urteil ab geben, da die Arbeiten erst ausge wertet werden müssen. Ich kann aber sagen, daß die Studenten sehr ge wissenhaft und sehr einsatzbereit waren und natürlich viel für ihre wissenschaftliche und politische Ar beit gelernt haben. Die Studenten sind eher über- als unterfordert worden. Da ihnen die allgemeine Thematik noch wenig be kannt war, mußten ständig Ausspra chen über die auftretenden Probleme geführt werden. Dietmar Keller, wissenschaftlicher Assistent am Institut für Deutsche Geschichte: Die Praktikanten haben wir auf keinen Fall unterfordert. Sie waren vom wissenschaftlichen Handwerks zeug her in der Lage, die Chronik zu erarbeiten. Allerdings fehlten ge nauere Kenntnisse in der Zeitge schichte. Auch müßten im nächsten Jahr unbedingt die Einführungsvor träge in die Betriebsgeschichte ge halten werden, und die Studenten müssen auch Gelegenheit haben, wäh rend des Praktikums die entspre chende Spezialliteratur zu lesen. die Studenten 1. Worin besteht dein Praktikums auftrag? 2. 'Befriedigt dich diese Aufgabe Anknüpfend an diese Unter suchung und unsere Bemer kungen in UZ 9/66 zu Prak tika anderer Fachrichtungen und zum Komplexpraktikum in Böhlen (Foto) ergibt sich die Frage: Muß man nicht in Übereinstimmung mit den „Prinzipien“ den Inhalt und das Profil der Praktika inner halb des Grund- wie des Fachstudiums neu bestim men? Das neue Studiensystem erfordert die Abstimmung der Inhalte und die Abstu fung der Methoden der Ausbildung ... fordert die tiefgehende Neugestaltung der Ausbildungs- und Lehr programme. Aus den „Prinzipien" mit den FDJ-Gruppen der Betriebe Verbindung aufzunehmen — mit den FDJlern und Arbeitern wollten wir uns unterhalten (bes. 11. Plenum). In der 1. Woche des Praktikums er fuhren wir, daß die soziologische Forschung ausfällt. 5. Ja. Horst Helas: 4. Wir hatten uns vorgenommen, in Berlin gemeinsam wegzugehen. Das hat geklappt, obwohl der Abend nicht unbedingt nett war. Weiter war nichts geplant. 5. Darüber ist mir nichts bekannt. 6. Da mein Fach, die Staatsbürger kunde, die Politik der Partei ist, be reite ich mich auf die Seminare in Philosophie und politischer Ökono mie gut vor. Ich habe vor, in den verbleibenden Wochen in meiner alten Schule in Geschichte und Staats bürgerkunde zu hospitieren. Außer dem werde ich mich mit einigen Freunden dieser Schule über die Ar beit unserer ZSGL unterhalten, viel leicht kann ich ihnen etwas helfen. Manfred Neuhaus: 4. Eine spezifische Vorbereitung auf das Praktikum hat es nicht gegeben, wir haben lediglich den Aufruf der FDJ-Kreisleitung verlesen und sind während des Praktikums zur Dis kussion zusammengekommen. 5. Ja, ich bin selbst Mitglied der Leitung. 6. Infolge der Spezifik der Auf gabenstellung habe ich mich durch das Studium von Beschlüssen der Partei' und der FDJ mit der histori schen Entwicklung der letzten Jahre vertraut gemacht. Schlußbemerkung Über die Beachtung der Hinweise aut einzelne Unzulänglichkeiten bei Vorbereitung und Durchführung der Praktika hinausgehend, sollten unseres Erachtens einige der aufgeführten Äußerungen dazu anregen, im Zusam menhang mit dem Neudurchdenken des gesamten Studienablaufs, das die „Prinzipien" erfordern, auch Inhalt, Zielstellung und Anforderungen der Praktika und das Gesamtsystem der Praktika neu zu durchdenken. Das vorgeschlagene neue Studien system birgt u. a. solche Fragen in sich wie: Brauchen wir überhaupt ein Praktikum während der Grundausbil dung: wenn ja, welche Ziele müßte es haben, wie müßte es aussehen? Wie können am besten theoretische Grund ausbildung und Studium in der Praxis verbunden werden? Welche Anforde rungen muß man stellen, um die Stu denten weder zu überfordern noch zu unterfordern? Sollen Studenten schon nach vier Monaten Studium in die For schung der Institute einbezogen wer den? Wenn über die Prinzipien diskutiert wird, halten wir auch diese Fragen für diskussionswürdig. rung der FDJ als Kampfreserve der Partei. 2. Die Aufgabe sagt mir sehr zu, obwohl sie kompliziert ist und Initiative voraussetzt. Ich werde vor vielfältige Probleme gestellt und muß mir die Aufgabenstellung erst erarbeiten, dabei kann ich den ratio nellen Kern erkennen und ich sehe den Effekt. 3. Inwieweit stimmt dein Prakti kumsauftrag mit den Anforderungen des Berufsbildes überein? Gertraud Hartzsch: 3. Das Praktikum dient mir zur Erweiterung und Vertiefung meines theoretischen Wissens. Die Anfor derungen an einen Lehrer verlangen aber mehr. In Hinsicht auf den Leh rerberuf gibt mir das Praktikum nichts. Horst Helas: 3. Da wir, unser gesamtes 1. Stu dienjahr, bei der Fahrt nach Berlin die Volkskammer besuchten, in der Parteihochschule waren, einen Vor trag über die „Mauer“ hörten, war diese für unseren Beruf als Staats bürgerkundelehrer sehr lehrreich. Mit der Hausarbeit in Geschichte wurde auch dem Zweitfach Genüge getan ... Der Ausfall des soziologi schen Praktikums ist allerdings Ver schulden der Abteilung für Soziolo gie. Manfred Neuhaus: 3. Ich habe unter Bedingungen ge arbeitet, wie sie ein Historiker nach Abschluß seines Studiums in der Regel vorfindet. Meine Zuneigung zum Geschichtsstudium ist dadurch noch gewachsen. Gleichzeitig konnte ich meine Grundfertigkeiten aus Proseminar und Einführungsvor lesung überprüfen.. 4. Wie hat sich deine FDJ-Gruppe auf das Praktikum vorbereitet? 5. Kennst du die Forderungen, die die FDJ-Leitung deiner Fachrichtung an dich während des Praktikums stellt? 6. Was hast du bisher während des Praktikums zu deiner politischen Weiterbildung getan? Was hast du getan, um deine politischen Kennt nisse anderen zu vermitteln? Gertraud Hartzsch: 4. Schlecht, weil wir bis wenige Tage vor Praktikumsbeginn noch nicht genau wußten, was wir machen. Wir hatten uns vorgenommen, wäh rend des soziologischen Praktikums oder hättest du mehr bzw. weniger erwartet? Gertraud Hartzsch, Fachrichtung Staatsbürgerkunde Germanistik: 1. a) Teilnahme an Einführung in sozialistische Rechtspflege: b) Teilnahme an der Berlin-Ex kursion (4 Tage): c) Studium Lessings Werke; d) Vorbereitung auf Grammatik- Prüfung: e) Anfertigung einer großen Rus sisch-Hausarbeit. 2. Diese Aufgaben befriedigen mich nicht. Meiner Meinung nach sollte man während des Praktikums nicht nur lernen, indem man ein Buch vor sich hat, sondern in der Praxis ler nen. Also zum Beispiel sollten wir an die Schulen zum Hospitieren gehen, FDJ-Gruppen anleiten, Zir kel „Junger Sozialisten“ leiten o. ä. (viele unserer Studenten tun das jetzt von sich aus). Horst Helas, Fachrichtung Staats- bürgcrkunde/Gcschichte: 1. Mein Praktikumsauftrag besteht in der Anfertigung einer Hausarbeit im Zweitfach, also in Geschichte. Das Thema lautet „Die Gründung der Sächsischen Volkspartei“. Außerdem hat unsere Seminargruppe eine Fahrt nach Berlin gemacht. 2. Der Umfang der Aufgaben be friedigt mich nicht. Mit der Haus arbeit bin ich so weit, daß ich sie in der kommenden Woche mit der Schreibmaschine abschreiben kann. Außer einigen Seminarvorbereitun gen für das neue Semester ist damit dann meine Praktikumsarbeit, er schöpft, ich habe also noch zwei Wochen zur freien Verfügung. Diese Lücke ist durch den Wegfall der so ziologischen Untersuchung, die unser Studienjahr durchführen sollte, ent standen. Allerdings sind noch nicht alle Kommilitonen mit ihrer Arbeit so Weit wie ich, weil sie das Thema später erhielten oder umfangreichere Materialstudien zu machen haben. Manfred Neuhaus, Fachrichtung Geschichte: 1. Gemeinsam mit Manfred Stär- kert und Bernd Augustin untersuche ich die Geschichte der FDJ-Kreis- organisation Karl-Marx-Universität von 1961 bis 1965. Wir haben zunächst die uns zur Verfügung stehenden Quellen erfaßt und werten sie jetzt unter drei Hauptgesichtspunkten aus. Im Vordergrund steht die Bewäh