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Die bürgerlichen Historiker ignorieren die Programme von KPD und SPD, die gerade ver hindern wollten, daß Deutschland „von außen gesteuert“ wurde bzw. erneut in die Hände des antinationalen Monopolkapitals geriet, und man kann sagen, daß der Widerspruch zwischen dem tatsächlichen Geschichtsverlauf und der imperia listischen Geschichtsschreibung auf dem Gebiet der Zeitgeschichte besonders kraß ist. Die enge Verquickung von Geschichte und Politik ist in der Zeitgeschichte, entsprechend der Existenz zweier deutscher Staaten und des besonderen Territoriums Westberlin noch ausgeprägter als in den Perioden zuvor. Die unmittelbare Ver bindung der reaktionären Geschichtsschreibung mit der Politik des aggressiven Monopolkapitals ist in der Zeitgeschichte am stärksten wirksam. Daraus ergibt sich, daß die in der westdeutschen Geschichtsbetrachtung der Jahre bis 1917 und teilweise noch bis 1945 vorhandene Differenzie rung 8 in der Darstellung der Nachkriegsentwick- lung Deutschlands weiter an Breite verliert. Das in Westdeutschland herrschende staatsmonopo listische System bedient sich einer Geschichts konzeption, die im Gegensatz zur historischen Wahrheit die „Rechtmäßigkeit“ der imperialisti schen Bundesrepublik und die „Unrechtmäßig keit“ der sozialistischen DDR „nachweisen“ und somit den imperialistischen Herrschaftsanspruch auf ganz Deutschland begründen soll. Diese mit allen staatlichen Mitteln sanktio nierte und propagierte reaktionäre Geschichts konzeption, die die aggressive Außenpolitik der Bonner Machthaber rechtfertigen soll, dominiert in der westdeutschen Zeitgeschichte und läßt neben den allgemeinen innenpolitischen Unter drückungsmaßnahmen kaum noch Raum für eine wahrheitsgemäße Darstellung der deut schen Nachkriegsentwicklung. In bezug auf das Programm der KPD vom 11. Juni wird der An schein zu erwecken versucht, als ob dieses Doku ment ein unehrliches Programm, ein taktischer Schachzug zur Durchsetzung enger, parteiegoi stischer Interessen gewesen sei. Ausführungen Ernst Richerts zufolge hatten die revolutionären antifaschistisch-demokrati sche Forderungen der KPD demagogischen Cha rakter, da sie, wie Richert meint, lediglich Aus druck einer taktischen Anpassung der „zur Al leinherrschaft drängenden bolschewistischen Führungsgruppe“ 3 gewesen seien. Diese verleumderischen Angriffe auf die Stra tegie und Taktik der KPD/SED in der ersten Etappe der volksdemokratischen Revolution fin den ihre Fortsetzung in der 1962 von Elmar Krautkrämer vorgelegten Arbeit „Deutsche Ge schichte nach dem Weltkrieg (1945—1949)“. „Mit der Propagierung der bürgerlichen antifaschi stisch-demokratischen Politik“ schreibt Elmar Krautkrämer, »gelang es den Kommunisten so gleich, alle bürgerlichen und sozialdemokrati schen Kräfte unter kommunistische Kontrolle zu bringen und sie dadurch einer eigenen Initiative zu berauben.“ 10 Damit versucht Krautkrämer den Anschein zu erwecken, als ob die antifaschi stisch-demokratische Politik nur im engen par teiegoistischen Interesse der KPD gelegen habe und nicht im Interesse der ganzen Nation. Nach Krautkrämers Darstellung war die von der KPD konsequent vertretene antifaschistisch-demokra tische Politik eine mit bürgerlichen Losungen und Kampfmethoden „getarnte“ kommunistische Politik zur „Überlistung“ der auf bürgerlichen bzw. kleinbürgerlichen Positionen stehenden Kräfte. Eine ähnliche antihistorische Konzeption ver ficht auch Hermann Weber, einer der aggressiv sten Antikommunisten in Westdeutschland in seiner Veröffentlichung über den deutschen Kommunismus. In dieser Arbeit behauptet We ber, daß das Programm vom 11. Juni 1945 „wie eine Abkehr von allen, revolutionären Traditio nen der Partei“ gewirkt habe und daß die „So zialdemokratie .,. damals in ihren Forderungen und ihrem sozialistischen Verlangen weiter links als die KPD“ gestanden hätte. 11 Damit stützt Weber die von Rexin in „Die Jahre 1945—1949“. erhobene Behauptung, daß das Aktionspro gramm der KPD vom 11. Juni 1945 „so gut wie nichts mehr“ mit den Zielsetzungen gemein ge habt hätte, „auf die die KPD sich in den letzten Jahren der Weimarer Republik . . . berufen hatte“. 12 Während Rexin noch in gewisser Hinsicht das Programm vom 11. Juni 1945 richtigerweise als Resultat der Weiterentwicklung der Strategie und Taktik der KPD in den Jahren der Herr schaft des Hitlerfaschismus betrachtet, negieren Richert, Krautkrämer, Weber und andere diese Kontinuität und versuchen, der Bündnispolitik der KPD unlautere Absichten zu unterstellen. Das Ziel dieser Machenschaften besteht darin, vor allem die gegenwärtige Bündnispolitik der KPD und SED zu diffamieren. Es ist die Furcht vor einer Zunahme des Einflusses der SED und KPD und der Herausbildung einer breiten anti imperialistischen und antimilitaristischen Volks bewegung in Westdeutschland, die diesen im Dienste der Monopolbourgeoisie stehenden Hi storikern die Feder führt. Aus diesem Grunde ist die antifaschistisch-demokratische Politik der KPD/SED den heftigsten, aber zugleich auch den wissenschaftlich unqualifiziertesten Angriffen der Reaktion ausgesetzt. Analog dieser antikommunistischen Grund- Position wird der zutiefst nationale Charakter des Programms der KPD vom 11. Juni 1945 ge leugnet, indem es als ein „Programm des Kremls“ bezeichnet und die Tätigkeit der KPD als eine im „Solde Moskaus“ stehende Partei diffamiert wird. Getreu dieser Konzeption begeht Paul Noack in seiner Arbeit „Deutschland von 1945 bis 1949" eine plumpe Fälschung, indem er den Passus im Programm vom 11. Juni 1945: „Wir sind der Auffassung, daß der Weg, Deutschland das So wjetsystem aufzuzwingen, falsch wäre, denn die ser Weg entspricht nicht den gegenwärtigen Entwicklungsbedingungen in Deutschland“ umfälscht in: „Wir sind der Auf fassung, daß der Weg, Deutschland das Sowjet-