Bekanntlich besteht die Hauptaufgabe für den Perspektivzeitraum bis 1970 und darüber hin aus darin, einen maximalen Zuwachs an Natio naleinkommen zu sichern. Das Nationaleinkom men ist die Quelle, aus der die Mittel für die Akkumulation und die Konsumtion der Gesell schaft bereitgestellt werden. Von der Entwick lung des Nationaleinkommens hängt es ab, in welchem Tempo es uns gelingt, die technische Revolution durchzuführen. Gegenwärtig beträgt der Anteil der Akkumulation am Nationalein kommen rund 20 Prozent. Die technische Revolution stellt jedoch an die Akkumulationskraft der Volkswirtschaft außer ordentlich hohe Anforderungen. Das wird beson ders deutlich, wenn man berücksichtigt, daß schon heute die Ausstattung eines Arbeitsplatzes einen Aufwand von durchschnittlich 80 000 MDN erfordert. Bei vollautomatischen Betrieben erhöht sich dieser Aufwand bis auf 1 Million MDN und darüber je Arbeitsplatz. Gleichzeitig besteht die Zielsetzung der sozia listischen Gesellschaft in der planmäßigen stän digen Erhöhung des Lebensstandards der Be völkerung. Wachsender Akkumulationsbedarf und gleichzeitige Steigerung des Lebensstandards scheinen sich zunächst gegenseitig auszuschlie ßen. Tatsächlich ist das aber keineswegs der Fall. Gerade die komplexe sozialistische Ratio nalisierung führt über den sinnvollen Einsatz der Akkumulationsmittel zur Verbreiterung der Grundlagen eines auch in der Zukunft ständig steigenden Lebensstandards. • In diesem Zusammenhang ist es wichtig, auf folgende Tendenz aufmerksam zu machen, die bereits auf dem 11. Plenum des ZK der SED eine große Rolle spielte und mit der Notwendigkeit der komplexen sozialistischen Rationalisierung in direkter Beziehung steht: Es geht um die er höhte Effektivität der eingesetzten gesellschaft lichen Fonds. Während in den Jahren 1951 bis 1955 mit einer Investitionssumme von 32 Milliarden MDN ein Zuwachs des Nationaleinkommens von 21 Mil liarden MDN erreicht wurde, wurde in den Jah ren 1956 bis 1960 mit dem doppelten Investi tionsaufwand (63 Milliarden MDN) lediglich der gleiche Natiohaleinkommenszuwachs erzielt. In den Jahren von 1961 bis 1964 wurden mit einem Aufwand von rund 66 Milliarden MDN sogar nur noch 10,7 Milliarden MDN Nationaleinkom menszuwachs erwirtschaftet. Diese negative Entwicklung ist nur zu einem geringen Teil objektiv bedingt. Eine der Ur sachen liegt in der bisher ungenügenden kom plexen sozialistischen Rationalisierung. In diesem Zusammenhang spielt auch die Öko nomie der vergegenständlichten Arbeit eine ent scheidende Rolle. Ein Merkmal der technischen Revolution ist die Zunahme der vergegenständlichten Arbeit im Reproduktionsprozeß. Folglich muß bei der sozia listischen Rationalisierung auch dieser Seite be sondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Bei uns in der DDR ist die Entwicklung der Grundfonds- und Umlauffondseffektivität in den vergangenen Jahren noch keineswegs positiv ein zuschätzen. Bei einer Steigerung der industriellen Bruttoproduktion (zu UPP) von 100 Prozent im Jahre 1960 auf 133 Prozent im Jahre 1965 erhöh ten sich die durchschnittlichen materiellen Um laufmittelbestände im gleichen Zeitraum auf 157 Prozent, wobei die Bestände an unvollende ter Produktion am stärksten stiegen (aut 167 Pro zent). Die Bestände stiegen also schneller als die Produktion. Das bedeutet, daß ein Teil des pro duzierten Nationaleinkommens nicht verwen dungswirksam geworden ist; dem ökonomischen Effekt nach ist es praktisch nicht vorhanden. Aufgabe der komplexen sozialistischen Ratio nalisierung ist es, diese Situation zu verändern. In dieser Richtung gibt es auf dem Gebiet der Energiewirtschaft bereits gute Erfolge. Bei fol genden fünf energieintensiven metallurgischen und chemischen Erzeugnissen — Stahleisen, Gie ßereiroheisen, Kalziumkarbid, kalzinierte Soda. Ätznatron - wurde der spezifische Energiever brauch 1965 gegen 1964 um etwa 7 Prozent ge senkt. In Verbindung mit der komplexen sozialisti schen Rationalisierung orientiert die Partei ein deutig auf die intensiv erweiterte Reproduktion. Im Gegensatz zur extensiv erweiterten Repro duktion, die darin besteht, daß die Akkumula tionsmittel für die Ausdehnung der Produktion bei gleichbleibender organischer Zusammen setzung der Fonds eingesetzt werden, geht es bei der intensiv erweiterten Reproduktion um die produktivere Gestaltung vorhandener Ar beitsplätze. Das führt zu einem höheren Zuwachs an Nationaleinkommen. Die extensiv erweiterte Reproduktion ist unter anderem auch dadurch gekennzeichnet, daß der Bauanteil für Gebäude, Straßen, Folgeeinrichtungen an den Investitio nen im Verhältnis zum Ausrüstungsanteil zu hoch ist. Der Bauanteil konnte von 56 Prozent im Jahre 1950 auf 37,2 Prozent im Jahre 1965 gesenkt werden. 8 Trotz dieser positiven Entwick lung kann der erreichte Stand noch nicht be friedigen. Der entscheidende Weg zur Verände rung dieser Situation ist die komplexe sozia listische Rationalisierung. Walter Ulbricht wies darauf hin, daß unter komplexer sozialistischer Rationalisierung alle Maßnahmen zu verstehen sind, „die unsere Gesellschaft in den Betrieben und Einrichtungen, in den WB und in der ganzen Volkswirtschaft sowie in allen an deren Bereichen des gesellschaftlichen Le bens ergreift, um mit den vorhandenen Ar beitskräften und Produktionsausrüstungen, ausgehend vom Volkswirtschaftsplan, den Reproduktionsprozeß als Ganzes intensiver zu gestalten und so den ökonomischen Nutz effekt zu erhöhen." 9