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als Künstler der Arbeit der Partei anti- thetisch gegenüberstellt? Kann er sich sol cherart ungestraft aus der Einheit von ge sellschaftlichem Leben und Kunst heraus lösen und dennoch „mit den großen Be gebenheiten“ sympathisieren? Dem Künstler ist die Möglichkeit ge geben, humanistisch zu wirken, indem er den in der Deutschen Demokratischen Re publik unter Führung der Partei der Ar beiterklasse sich vollziehenden Prozeß des bewußten Aufbaus einer sozialistischen Ge sellschaft fördert. Einen Prozeß, in dem sich jedes Individuum in Übereinstimmung mit den gesellschaftlichen Erfordernissen maximal entfalten kann. Auf diesen Pro zeß wachsender Beherrschung der gesell schaftlichen Verhältnisse durch den Men schen, in dem sich der Mensch gleichzeitig universell entwickelt, kann und muß der Künstler nachhaltig positiven Einfluß neh men. In diesem Sinne ist er tatsächlich ein „Rädchen und Schräubchen“, d. h. ohne an dem mechanischen Teil dieser bildhaften Redewendung haften zu bleiben, als sehr differenzierter Mitarbeiter des gesellschaft lichen Fortschritts, als eine Kraft, die da nach strebt, dem Menschen ein richtiges Bewußtsein seiner Stellung in der objekti ven Realität zu vermitteln und in ihm die Potenzen für die Erfüllung der Aufgaben im Interesse aller freizusetzen. Zusammenfassend kann man also sagen: Die Arbeit der Partei sieht in der Freiset zung aller schöpferischen Möglichkeiten, die im Volke angelegt sind, ihr größtes Ziel. Sie verändert die Gesellschaft nicht, um eine fetischisierte Theorie zu erfüllen, sondern um der menschlichen Gesellschaft eine freie Entwicklung zu garantieren. Sie will damit auch jedem einzelnen zur Ent faltung seiner schöpferischen Möglichkeiten verhelfen; indem sie die Gesellschaft revo lutioniert, gibt sie jedem die Chance, seine Persönlichkeit in Harmonie mit den gesell schaftlichen Interessen auszubilden und die Natur und Gesellschaft als Betätigungsfeld menschlichen Könnens menschenwürdig zu gestalten. Die so gewonnene Freiheit setzt hohe Kenntnisse, aber auch eine vorbild liche ethische Haltung und das reale Be wußtsein der eigenen Kraft voraus. Dem Künstler ist ein solcher Prozeß gleichzeitig höchste Verpflichtung und schönstes Auf gabengebiet. Die Partei würde einen Teil ihrer kultu rellen Aufgaben nicht erfüllen, würde sie nicht dieser Bedeutung der Kunst Rech nung tragen und auf Grund dieser Einsicht dem Künstler direkt helfen. Indem der Künstler seine Beziehungen zur objektiven Realität als vorbildhaft und richtig unter stellt und durch seine ästhetische Wertung die politische und moralische Wertung eines großen Publikums anregt und be stimmen hilft, wird er, wie eben zu zeigen versucht wurde, zu einem ganz wesent lichen Faktor für die Herausbildung des sozialistischen Gesellschafts- und Men schenbildes. Seine Arbeit verhält sich also zur Arbeit der Partei wie das Besondere zum Allgemeinen und Übergreifenden — ein Grund für bürgerliche Theoretiker, von ihrem Standpunkt aus die Partei als Be vormundet zu diffamieren, dem Schriftstel ler aber, der nach produktiven Bindungen zur Partei der Arbeiterklasse strebt, abzu sprechen, frei zu sein. Im Sinne des westlichen Sprachgebrauchs sehen wir den Gedanken der künstlerischen Freiheit kaum ermöglicht, wenn Walter Jens schreibt: „... der deutsche Schriftsteller unserer Tage,... von keiner Klasse beauftragt, von keinem Vaterlande beschützt, mit keiner Macht im Bund, ist in der Tat ein drei fach einsamer Mann. Doch gerade diese Stellung inmitten der Pole, die Bindungs- losigkeit läßt ihn — eine ungeheure, einzig artige Chance! — so frei sein wie niemals zuvor.“ So trennt er den Künstler bewußt von jedem gesellschaftlichen Fortschritt, und sein Postulat „jenes Schriftsteller, der ... ohne Klassensolidarität und vaterländi sches Sendungsbewußtsein“ ist eine Zurück nahme des Nationalautoren im Goethe- sehen Sinne. Hier wird der Künstler von dem Lebensnerv einer Nationalliteratur abgeschnitten, seine gesellschaftlichen Bin dungen werden theoretisch geleugnet und praktisch undurchschaubar gemacht, sein Wirken, selbst wenn es fortschrittliche In tentionen hat, gerät immer wieder in eine Form, für die Dürrenmatt das Bild des gegen die Riesen kämpfenden Gulliver prägte. Er prägte es als Bild des streben den Menschen überhaupt, uns scheint es vielmehr ein Ausdruck der eben zitierten illusorischen Auffassungen und ihrer prak tischen Schlußfolgerungen zu sein. Mit anderen Worten: Wir sind der festen Überzeugung, daß sich Freiheit nicht iso liert von den Klassenkämpfen vollziehen kann und der Künstler unmöglich seine Freiheit mit einer scheinbaren Autonomie in der Gesellschaft einhandeln kann. Gilt das für den bürgerlichen Künstler, so erst recht für den sozialistischen, der den Lebensnerv seiner künstlerischen Entwick lung durchschneidet, gelingt es ihm nicht, im Denken, Fühlen und Handeln die Posi tionen der marxistischen Partei einzyneh- men. Wie zu zeigen versucht worden war, heißt es für den nach Freiheit strebenden Künst ler, sich der fortgeschrittensten Klasse an zuschließen und mit ihrer Vorhut, der mar-