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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 9.1965
- Erscheinungsdatum
- 1965
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196500003
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19650000
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19650000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise mit vorlagebedingtem Textverlust.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 9.1965
1
- Ausgabe Nr. 1, 07.01.1965 1
- Ausgabe Nr. 2, 14.01.1965 1
- Ausgabe Nr. 3, 21.01.1965 1
- Ausgabe Nr. 4, 28.01.1965 1
- Ausgabe Nr. 5, 04.02.1965 1
- Ausgabe Nr. 6, 11.02.1965 1
- Ausgabe Nr. 7, 18.02.1965 1
- Ausgabe Nr. 8, 25.02.1965 1
- Ausgabe Nr. 9, 11.03.1965 1
- Ausgabe Nr. 10/11, 18.03.1965 1
- Ausgabe Nr. 12, 25.03.1965 1
- Ausgabe Nr. 13, 01.04.1965 1
- Ausgabe Nr. 14, 08.04.1965 1
- Ausgabe Nr. 15, 15.04.1965 1
- Ausgabe Nr. 16, 29.04.1965 1
- Ausgabe Nr. 17, 06.05.1965 1
- Ausgabe Nr. 18/19, 13.05.1965 1
- Ausgabe Nr. 20, 20.05.1965 1
- Ausgabe Nr. 21, 28.05.1965 1
- Ausgabe Nr. 22/23, 10.06.1965 1
- Ausgabe Nr. 24, 17.06.1965 1
- Ausgabe Nr. 25, 24.06.1965 1
- Ausgabe Nr. 26, 01.07.1965 1
- Ausgabe Nr. 27, 08.07.1965 1
- Ausgabe Nr. 28, 15.07.1965 1
- Ausgabe Nr. 29, 22.07.1965 1
- Ausgabe Nr. 30/31, 29.07.1965 1
- Ausgabe Nr. 32/33, 26.08.1965 1
- Ausgabe Nr. 34, 02.09.1965 1
- Ausgabe Nr. 35, 16.09.1965 1
- Ausgabe Nr. 36/37, 23.09.1965 1
- Ausgabe Nr. 38, 30.09.1965 1
- Ausgabe Nr. 39, 07.10.1965 1
- Ausgabe Nr. 40, 14.10.1965 1
- Ausgabe Nr. 41, 21.10.1965 1
- Ausgabe Nr. 42, 28.10.1965 1
- Ausgabe Nr. 43/44, 04.11.1965 1
- Ausgabe Nr. 45, 11.11.1965 1
- Ausgabe Nr. 46, 18.11.1965 1
- Ausgabe Nr. 47, 25.11.1965 1
- Ausgabe Nr. 48/49, 02.12.1965 1
- Ausgabe Nr. 50, 09.12.1965 1
- Ausgabe Nr. 51, 16.12.1965 1
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Band 9.1965
1
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E s gibt ein Land in Europa, dessen Schü ler von Georgi Dimitroff und seiner hi storisch außerordentlich bedeutenden Entlarvung des Faschismus nie gehört ha ben, sofern sich die Erzieher an die regie rungsoffizielle Linie halten und die Jugend lichen nicht DDR-Sendungen verfolgen. Da von kann man sich beim Spaziergang mit westdeutschen Abiturienten und Studenten durch Leipzig überzeugen. Dortzulande gilt Hitler unter Kindern als „der größte Leiter der Soldaten“. Der Hitlernachfolger Dönitz darf, „aufrecht wie in seiner Soldaten zeit ... vor über 300 Mädchen und Jungen der Oberklassen“ (des Geesthachter Gymna siums) seine Untaten verherrlichen und als „Geschichtlehrer" fungieren. Die obigen Beispiele, die sich beliebig ver mehren lassen, sind Auswirkungen des im Wesen durch und durch revanchistischen und militaristischen Geschichtsunterrichts der Bundesrepublik. Es handelt sich um ge wollte und gezielte Ergebnisse der Bildungs politik des staatsmonopolistischen Kapita lismus, vor denen wir nicht erst heute war nen. Die Geschichtslehrbücher verschiedenster westdeutscher Verlage, äußerlich oft sehr gut ausgestattet, können uns nicht über fast allen gemeinsame inhaltliche Mängel, über Unwahrheiten und Unwissenschaftlichkei ten hinwegtäuschen. Es gibt graduelle Un terschiede. Das variablere Vorgehen der ins gesamt vorherrschenden Rothfelsgruppel ist aber nicht weniger antikommunistisch als das der heute nicht mehr ganz hoffähigen Gruppe um Ritter. Der Antikommunismus, die Grundtorheit unseres Jahrhunderts, ist zugleich Ziel, Leitlinie und Auswahlprinzip für den offiziellen westdeutschen Geschichts unterricht. Die vom Bonner Staat durchgesetzten Prinzipien lassen sich davon ausgehend in folgenden Punkten zusammenfassen: Ein entscheidender Angelpunkt für die Durchsetzung des Antikommunismus ist die sogenannte „Totalitarismus-Dok Schulbüchern nicht so wörtlich sagt wie In der Springerpresse —, daß der zweite Welt krieg doch eigentlich eine „große Zeit der / Bewährung“ war. Daß er verlorenging, wird der Unfähigkeit Hitlers zugeschrieben („Ein toter Hund bellt nicht mehr“). Er habe im übrigen manches Gute getan (Überschriften in einem Lehrbuch „Adolf Hitler vereinigt die Deutschen im Dritten Reich“, „Hitlers Maßlosigkeit entfesselte den zweiten Welt krieg.“ 9 ). Als Beispiel mag hier eine Folge von Bil dern auf zehn Seiten eines Lehrbuches für die Volksschule gelten, deren raffinierte Auswahl und Benennung man beachte 10 : S. 138: Deutschland mit den eingeglieder ten Gebieten, 1939; S. 139: Der englische Ministerpräsident Chamberlain trifft in München ein, 1938; S. 140: Deutsche Soldaten des zweiten Weltkrieges. Von links nach rechts: Fall schirmjäger ... U-Boot-Offizier; S. 141: Deutsche Panzer beim Angriff in Rußland; S. 143: Deutsches U-Boot wird von feind lichen Tieffliegern beschossen; S. 143: Deutsche Truppen im Winterkrieg in Rußland 1942/43; S. 144: Landung der Engländer und Ame rikaner an der Normandieküste, 1944; S. 146: Amerikanische Panzer besetzen Mönchen-Gladbach; S. 146: Jalta; S. 147: Deutsche Flüchtlinge aus dem Osten, 1945. Die Ursache der Kriege nicht nennen, heißt die Hintermänner und treibenden Kräfte dem Licht der Öffentlichkeit entzie hen. © Die „europäische Gemeinschaft“ unter westdeutscher Führung wird bereits bei Behandlung des Altertums vorbereitet, christlich drapiert und gegenüber dem „nie derentwickelten“ Osten abgehoben: „In sei- Andererseits ist, besonders seit 1961; auch im Bereich des geschichtlichen Denkens aus einem Unbehagen gegenüber der sturen Bonner Staatsdoktrin eine teilweise Besin nung und realistischere Auffassung hervor gegangen, die eine ständige Differenzierung bedingt. In der Geschichtsforschung der Bundesrepublik sehen wir Leute wie Fritz Fischer, Geiß und andere, die mehr oder we niger die Ursachen des Faschismus, seine Verflechtung mit dem Monopolkapital und die daraus für Westdeutschland heute ent stehenden Gefahren erkennen. In den Rei hen des DGB mehren sich die Stimmen, die die revolutionären Traditionen der Arbei terklasse wieder aufgreifen und Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen versuchen. Die Ausstellung der IG-Metall 1962, das „Hand buch der Vertrauensleute“ 16 mögen dafür zeugen. Wir finden Lehrbücher von Renate Rie meck, die zum Teil verboten wurden, in de nen es heißt: „Jedermann wünscht, daß der Frieden erhalten bleiben möge... Von man chen Leuten kannst du sagen hören, daß eine Welt, in der alle Völker friedlich mit einander leben werden, nur ein Traum sei. Aber es liegt an uns — auch an dir! —, ob der Traum Wirklichkeit werden kann oder nicht. Wir müssen alle bereit sein, dafür unser Herz, unseren Verstand und unsere Arbeits kraft einzusetzen.“ 1 ’ Heumann und Heerdt nennen als „böse Taten“ die Kriege und als „gute Taten“ Werke des Friedens und der Kunst. 18 Aber, das sind noch seltene Ausnahmen, und ihre Verfasser werden in Mißkredit ge bracht, wie es die Entlassung von Frau Rie meck zeigte. Wenn die Mehrheit der Geschichtslehrer und -Studenten der offiziellen Linie folgt, so ist damit nicht gesagt, daß die Zahl derer, die anders lehrt und denkt, gering zü schät zen sei. Es werden marxistische Geschichts bücher verwendet, Referate und Seminare Dimitroff unbekannt Antikommunismus im westdeutschen Schulwesen Von Dr. Hans Wermes Hitler „ein großer Führer" trin“. Am 7.7.1962 beschloß die Ständige Konferenz der (westdeutschen) Kultusmini ster, „Richtlinien zur Behandlung des Tota litarismus im Unterricht“ 1 2 , die die Gleich setzung von Kommunismus und Faschis mus verlangen. Wir lesen zum Beispiel: „Die Entstehung des Hitlerstaates durchschauen heißt zugleich die Technik kommunistischer Machtergreifung und kommunistischen Machtausbaus durchschauen, die manche verblüffende Ähnlichkeit mit der national- :htand von Jalta und von Potsdam Indetr ■ sind die Zontn und die Lanier, in di g nach dmj. Weltkrkt aujftmltwurdet S 147 :g--18- *a-ssacc-emuc-gaF-n 1. Warm triff Japan dit Vtreinitun Staaun.Croß- briiannm und die'Niederlande an? — 3. Warm trachte Stalingrad die Wende tm 2; WeltkriegT 3. Weise nach, daß nicht da, ganze deutsche Volk auf der Seite Adolf Hitlers stand! — 4. Zeife, daß das deutsche Volk heute noch unter den Uesc Al ässen WHchis sozialistischen aufweist.. .“ 3 Es wird den Geschichtslehrern als Vergleich vorgeschla gen: „Regeln des demokratischen Zusam menlebens (dafür soll die Bonner Patent demokratie herhalten!) — die Lebensord nung der SS und der Mitglieder der kommunistischen Parteien.“ Die Abscheu gegenüber der Hitlerzeit und dem zweiten Weltkrieg soll auf die soziali stischen Länder und auf die Kommunisten übertragen werden. Es wird an das Denken des satten Bundesbürgers angeknüpft und eine „Begründung“ der aggressiven Bonner Politik gegeben. Man geht von falsch inter pretierten Merkmalen aus — das Vorhanden sein einer Partei (NSDAP oder eine KP) er laube keine Demokratie — und vermeidet verständlicherweise tunlichst eine Stellung nahme zum Wesen der Demokratie. © Direkt vom Revanchegedanken aus gehend wurde die „Ostkunde“ als Un terrichtsprinzip, d. h. allen Unterricht durch dringend, eingeführt und in Schleswig-Hol stein 1953 beschlossen 4 (wo Herr von Hassel, weiland Ministerpräsident, allen führenden Mitarbeitern des nazistischen Ministeriums für Volksbildung leitende Stellungen si cherte). 5 Hier mischen sich nazistische Le bensraumideologie und Hallsteindoktrin der Gegenwart. Schon vor Jahren unternahm man krampfhafte Anstrengungen, um in den Köpfen der Jugendlichen etwas einzupflan zen, eine „Heimat“, die sie selbst kaum mit eigenen Augen gesehen hatten. Ein Schul abgänger muß in der Abschlußarbeit „von der Flucht berichten, wie es ihm erzählt worden war“ (!) „An seine Heimat kann er sich kaum noch erinnern.“ (!) 6 Das war 1955! Zehn Jahre später ist es nicht leichter ge worden, Revanchegedanken wachzuhalten. Der Unterricht allein genügt nicht. Große Summen von Mitteln für „Heimattreffen“, Uniformen, Fahnen und Klimbim werden ausgeworfen; Bonner Minister müssen als Redner in Aktion treten. © Für den westdeutschen Geschichts unterricht ist Volksfeindlichkeit cha rakteristisch. In den Lehrbüchern wird Par tei für die Sklavenhalter wie für die Mör der der Pariser Kommunarden 1871 und für die Interventen und Weißgardisten im Kampf gegen Sowjetrußland 7 ergriffen. Nur ein Beispiel dafür: „Unterdessen war in Ita lien ein Sklavenkrieg ausgebrochen... Mor dend und sengend durchzogen die Sklaven das Land.“ 8 O Von den Kriegsursachen ist kaum die Rede. Es wird immer stärker der Ein druck erweckt — auch wenn man das in den UZ 8/65, Seite 4 nem Rahmen (dem Rahmen des griechischen Stadtstaates — W.) wird die Freiheit des In dividuums geboren... Deutlich setzt sich Europa vom Alten Orient ab.“ 11 Es ist die Aufgabe gestellt, „den Quellströmen der auf dem Boden der Antike und des Christen tums erwachsenen europäischen Gemein schaft erhöhte Aufmerksamkeit zuzuwen den“. 12 Das Mittelalter bietet für derlei „Theo rien“ genügend Ansätze: Otto I., der „Hüter des Abendlandes gegen den Osten“, habe ein Reich hinterlassen, das „ein Modell der Ver einigten Staaten von Europa sein könnte“. 13 * Die wenigen Beispiele zeigen, daß der Antikommunismus in vielgestaltiger Form in den Geschichtslehrbüchern der Bundes republik auftritt, daß die Fälschungen und Unwissenschaftlichkeiten die gesamte Ge schichte vom Altertum bis zur Gegenwart betreffen, daß man sich aller möglichen Mit tel bedient (historische Schundliteratur, Filme usw. würden hier nicht aufgeführt). Nunmehr an perspektivisches Denken ge wöhnt, gehen wir nicht fehl, uns auf die Auseinandersetzung mit diesen falschen An schauungen einzurichten. Pie massive, un wissenschaftliche Propaganda auf geschicht lichem Gebiet hat zweifellos ihre Auswir kungen auf die westdeutsche Jugend gehabt und hat sie noch heute. 1961 stellte eine Münchner Illustrierte nach einer durch Aus länder in Wiesbaden durchgeführten Befra gung von Schülern fest, daß 71 Prozent die Russen und 46 Prozent die Franzosen hassen, 39 Prozent gegen die Juden und 29 Prozent gegen die Engländer Haß he gen. 14 gehalten, die Breschen in die antikommuni stische Mauer schlagen. Es wird die Bezeich nung DDR ohne Anführungszeichen und nicht „Sowjetzone“ benutzt. Leider stehen diese mutigen Leute noch ziemlich isoliert und müssen zudem mit vorzeitiger Pensio nierung, Mißkreditierung, wenn nicht schlimmeren Maßnahmen rechnen. Wir gehen kaum fehl in der Annahme, daß der materielle Notstand im westdeutschen Schulwesen unter dem Druck der Verhält nisse in absehbarer Zeit gemildert, wenn, nicht überwunden werden kann. Der geistige Notstand jedoch verlangt prinzipielle Ände rungen. Hier helfen keine noch so gut ge meinten organisatorischen Maßnahmen. Wie im westdeutschen Staatswesen im ganzen, so steht auch im Geschichtsunterricht die Not wendigkeit vor der Bevölkerung der Bun desrepublik, eine inhaltliche Neuorientie rung zu erzwingen, militärisches und revan chistisches Gedankengut zu beseitigen. Unser Anteil dabei ist einmal die Aus einandersetzung mit antikommunistischen und undemokratischen Erscheinungen. Die Hauptsache jedoch ist die Verbreitung unse res wahrhaft nationalen historischen Den kens, ist unsere progressive Fragestellung und unsere exakte Forschung. Die mächtige ökonomische Stärkung unserer Republik und die Festigung unseres sozialistischen Bewußtseins, an dem das marxistische Ge schichtsdenken einen bedeutsamen Anteil hat — das sind unsere wichtigsten Aufgaben. 1 Vgl. G. Lozek/H. Syrbe „Einheit“ Nr. 1/1964, S. 119f. 2 Vgl. H. Schneider „Geschichtsunterricht und Staatsbürgerkunde“ Nr. 2/1964, S. 97 ff. s K. Mielcke, internationale Jb. f. Geschieht»- unt. Braunschweig, Bd. V, S. 6. Aus einem west deutschen Lehrbuch für die Volksschulen „Damals und heute". Stuttgart 1960. Eine zur gleichen Zeit erschienene wissen schaftliche Arbeit bringt in einer Analyse über das Geschichtswesen in 16 Schulklassen verschiedener Typen erschreckende Tat sachen zutage. Von je drei schriftlichen Ar beiten fanden sich in zweien positive Aus sagen über Hitler: „ein großer Führer“ oder „Heerführer“, „Erbauer des Olympiasta dions“ und der Autobahnen. In keinem Auf satz war die Rede von den Hintermännern, die Hitler an die Macht brachten. 15 Angesichts dessen, daß es meist Jugend liche sind, die in Westberlin an der Mauer randalieren, Tunnel graben und Grenzsolda ten ermorden, und daß die antikommunisti sche Hetze, raffinierter geworden und bunt schillernd verpackt, auf vollen Touren läuft, haben wir keinerlei Grund, den Zustand des historischen Bewußtseins der westdeutschen Jugend zu beschönigen. « Vgl. Auf den Spuren der Ostforschung. Karl- Marx-Univ. 1962, Sonderband 1. s Vgl. Erlaß des Kultusministers von Schles- wig-H. 29. 7. 1953. Nachrichtenblatt Nr. 16/53, S. 122. 6 Der Mensch im Wandel der Zelten. Ausg. A. für Hessen. Braunschweig 1955, S. 225. ’ Vgl. R. Günther/G. Härtel, „Geschichtsunter richt und Staatsbürgerkunde“, H. 11/1964, S. 913 ff. « Zitiert ebd., S. 916. » Damals und heute. Stuttgart 1960, S. 136, 139. 10 Ebd., S. 138-147. 11 K. Leonhardt, Geschichte der alten Welt. Stuttgart 1956, S. 47. 12 M. Kirsten-Noe, Geschichte des Altertums, Stuttgart 1956, Vorwort. 13 G. Koch, Otto I., die Nato und die Moral. „Sonntag“ v. 11. 3. 1962, S. 4. 1 „Revue", München, v. 25. 6. 1961. >« W. Kueppers, Zur Psychologie des Geschichts- Unterrichts, Stuttgart 1961, S. 151 ff. 18 Frankfurt/M., 1962. 17 Geschichte für die Jugend; Bd. 2, Stuttgart 1960, S. 51. .. 18 H. Heumann/R. Heerdt, Unser Weg durch die Geschichte. Frankfurt/M. 1961. Neue VAR-Verfassung Ausdruck nationaldemokratischer pm".LI.ne Von Ingo Schönfelder, —IIUWIeKIVII9 Wiss. Ass. am Orientalischen Institut Seit der Veröffentlichung der Nach richt vom bevorstehenden Besuch Walter Ulbrichts in der VAR steigt das Interesse an Erläuterungen zur Poli tik der VAR. Wir glauben, mit die sem Beitrag zu dem Zeitpunkt, da Genosse Ulbricht bereits in der Ver einigten Arabischen Republik weilt; ein objektives Informationsbedürfnis unserer Leser zu erfüllen. Eine wesentliche Funktion der Staats Verfassung ist es, eine bestimmte Entwicklungsetappe des Landes bzw. des Staates abzuschließen, das Er reichte zu fixieren und damit zu ga rantieren. Nicht in jedem Falle sind die Verfassungen der einzelnen Staa ten auch gleichzeitig darauf gerichtet, die gesellschaftliche Entwicklung vor anzutreiben. Vor allem in den entwik- kelten bürgerlichen Staaten sind sie vorwiegend ein entscheidendes recht liches Mittel, überholte gesellschaft liche Verhältnisse zu konservieren. In den jungen Nationalstaaten da gegen haben die Verfassungen in der Mehrzahl neben der Funktion des Schutzes des bisher beschrittenen We ges auch die Aufgabe, die gesellschaft liche Entwicklung zu forcieren. Cha rakteristisch ist deshalb, daß sie sehr oft Bestimmungen enthalten, die et was noch zu Erreichendes formulieren und insofern auch als von höchster In stanz erlassene Anordnungen zur Ge staltung der künftigen Gesellschaft gelten können. Diese Situation ist aus der schnellen Entwicklung dieser Staa ten, sowohl in ökonomischer als auch in politisch-staatlicher Hinsicht zu er klären. Diese schnelle Entwicklung bringt aber anderseits auch mit sich, daß einmal die Verfassungen nicht in jedem Falle mit der Verfassungswirk- lichkeit übereinstimmen, und zum an deren, daß häufig in für europäische Begriffe relativ kurzen Zeitabständen Verfassungsänderungen oder gar neue Verfassungen erlassen werden. So kann auch die Verfassungsentwick lung eines jungen Nationalstaates sehr deutlich die Entwicklungsetappen einer Revolution widerspiegeln. Ein charakteristisches Beispiel stellt in die ser Hinsicht Ägypten bzw. die VAR nach der Revolution von 1952 dar. Die ägyptische Verfassung von 1956 schloß verfassungsrechtlich die erste Periode der Revolution ab, fixierte und garantierte deren Errungenschaften. Ihre sozial-ökonomischen Bestim mungen gingen im wesentlichen noch nicht über allgemeine Formulierun gen, wie sie die bürgerlich-demokra tische Revolution prägte, hinaus. Das Hauptkennzeichen dieser Verfassung war die starke Konzentration der Macht in den Händen der Exekutive — personifiziert im Präsidenten der Re publik. Eine Festlegung, die unter den gegebenen Umständen in Ägypten an gebracht und, wie die spätere Ent wicklung deutlich zeigte, für das Fort schreiten der Revolution auch objek tiv notwendig war. Ausgangspunkt für die inhaltliche Gestaltung der VAR-Verfassung von 1958 war nicht primär die innenpoli tische Entwicklung Ägyptens, sondern die auf Grund außenpolitischer Ent ¬ scheidung zustande gekommene Ein heit mit Syrien. Das Verfassungs gesetz enthielt keine größeren Unter- schiede zur ägyptischen Verfassung von 1956, wenn man von einigen insti tutionellen Umgestaltungen absieht. Eine bei weitem entscheidendere Be- deutung für die innere Entwicklung der VAR als das verfassungsrechtliche Intermezzo von 1958 hat die proviso rische Verfassung vom 25. März vori gen Jahres. Die provisorische Verfas sung, die bis zum Erlaß einer ständi gen Verfassung durch die National versammlung gültig sein wird, charak terisiert in der neuen Etappe der ägyp tischen Revolution seit 1960/61 — der nichtkapitalistischen Etappe — einen entscheidenden Wendepunkt. Standen im Vordergrund der revolutionären Veränderungen zu Beginn der 60er Jahre ökonomische Maßnahmen, so vollzogen sich im Jahre 1964 vor allem wesentliche Änderungen auf politisch staatlichem Gebiet, deren hervor stechendstes Merkmal die neue Ver fassung ist. Sie basiert auf der im Jahre 1962 an genommenen Nationalcharta, als dem bedeutendsten Dokument des Über ganges von der Ideologie des Nationa lismus zur Ideologie des Sozialismus nationalen Typus. Die Ideologie ent spricht der nationaldemokratischen Entwicklung, die den Übergangscha rakter der sozialökonomischen Ver hältnisse widerspiegelt und eine Mi schung von Übergangsansichten, be stehend aus kleinbürgerlichem und proletarischem Sozialismus, ist. Auf dieser ideologischen Grundlage ausgearbeitet, stellt die VAR-Verfas sung von 1964 den konzentriertesten rechtlichen Ausdruck der, national- demokratischen Revolution der VAR dar. Zwei Gesichtspunkte kennzeichnen die Verfassung der VAR: a) Sie spiegelt in rechtlicher Form die bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse in der VAR wider und verankert damit verfassungsrechtlich vor allem die seit Beginn der 60er Jahre durchgeführten ökonomischen Reformen — den nichtkapitalistischen Entwicklungsweg. Deutlichen Ausdruck findet das in Kapitel II. Hier werden die verschie denen existierenden Eigentumsfor men (Staatseigentum, Genossen schaftseigentum, Privateigentum) und ihre Wirkungsweise genannt (Art. 13); darüber hinaus wird festgelegt, daß die Wirtschaft des Staates auf dem so zialistischen System beruht und jede Form der Ausbeutung verboten ist (Art. 9); daß das Volk über alle Pro duktionsmittel und über das Mehr produkt gemäß dem vom Staät aufge- stellten Entwicklungsplan verfügt (Art. 12) usw. In diesem Punkt erfüllt die Verfas sung also vorwiegend die Funktion des Schutzes des bereits Erreichten. b) Die Verfassung bringt jedoch auch deutlich eine Tendenz zur Demokrati sierung des politischen Lebens auf der Grundlage der Anerkennung der Exi stenz verschiedener in der VAR schon ziemlich ausgeprägter Klassen und Schichten der Gesellschaft zum Aus druck, ohne die Auffassung von der Klassenharmonie vollkommen zu ver werfen. Seinen Niederschlag findet diese Tendenz in den Bestimmungen über die Zusammensetzung des neuen Parlaments (50 Prozent Arbeiter und Bauern) als Vorbild für alle zu bilden den Vertretungskörperschaften; aber auch darin, daß die Kontrollmöglich keiten der Legislative über die Exeku tive erweitert wurden. So ist heute das Kabinett dem Parlament verant wortlich (Art. 48; 82/83); einzelnen Mi nistern oder der gesamten Regierung kann das Vertrauen entzogen werden (Art. 84); der Präsident wird vom Par lament nominiert (Art. 102) und kann „bei Hochverrat und Untreue gegen das republikanische System“ zur Ver antwortung gezogen werden (Art. 112). Auch in der politischen Praxis der VAR wird diese Demokratisierung durch die Freilassung der politischen Gefangenen, die begonnenen Verän derungen im Staatsapparat usw. deut lich. In diesem Punkt, im Unterschied zum erstgenannten, erfüllt die Ver fassung schwerpunktgemäß ihre Funktion als Hebel der gesellschaft lichen Entwicklung, als rechtliche Grundlage für die objektiv notwendig gewordenen und subjektiv von der Staatsspitze angestrebten Umgestal tungen im Überbau der ägyptischen Gesellschaft. Insofern ist die neue Ver fassung gleichzeitig Ausdruck eines Wendepunktes in der nichtkapitalisti schen Entwicklungsetappe der VAR, da sie den Weg zu einem Staat der nationalen Demokratie eröffnet. Die gegenwärtige Entwicklung der VAR verspricht eine erfolgreiche Beendi gung der national-demokratischen Re volution. Die Einheit von nichtkapita listischer Entwicklung und nationaler Demokratie bietet dafür die sicherste Garantie.
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