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Prof. Dr. Georg Müller erneut zum Rektor gewählt (Siehe Seite Für die Wissenschaft, die dem Sozialismus dient! UINIVERSITATSZEITUNC DER KARL MARX UNIVERSITÄT ORGAN DER SED -PARTEI LEITUNG LEIPZIG 21. 10. 1965 9. JG./33 603 15 PFENNIG n" ■ Herr Professor, warum kamen Sie nicht zur Vorlesung? davon, nicht richtet kultät daß einige Studenten fehlten, die über den Anfangstermin unter- worden waren), findet an der Fa- für Journalistik keine einzige Ver- Sozialistische Disziplin in der Wissenschaft verlangt selbstver ständlich auch äußere Disziplin, gewissenhafte Beachtung der Institutsordnung, genaue Einhaltung eingegangener Verpflichtun gen usw. Sie verlangt aber in erster Linie eine inhaltliche Diszi plin. Sie verlangt Initiative aller, sie verlangt ständige Selbstkon trolle, ständige Überprüfung der eigenen Arbeit, sie verlangt das Hineinstellen der eigenen Arbeit in den Gesamtzusammenhang der Gesellschaft." ist es eines der Probleme in unseren Wissenschaftsbereichen, eine echte Arbeitsdisziplin durchzusetzen. Dazu gehört auch das, was wir als äußere Arbeitsdisziplin gekennzeichnet haben, d. h. Einhaltung der Arbeitszeit, exakte Ausführung von Aufträgen, Einhalten von Terminen usw.... (Georg Klaus: Sozialistische Arbeitsdisziplin in der Wissenschaft. In: Wissenschaft und Politik, Dietz Verlag 1961) 7 Uhr, großer Hörsaal in der Härtel straße: Prof. Perlick liest vor dem 4. Stu dienjahr, genauer vor weniger als der Hälfte dieses Studienjahres, Pathologische Physiologie. Seine planmäßig im Hörsaal in der Johannisallee sich anschließende Vorlesung Innere Medizin vor dem Teil B des Studienjahres fällt aus, weil Klinik direktor Prof. Emmrich vor dem Teil A erst 9 Uhr, also nach ihm, liest. tag-Vorlesung nach der ursprünglichen Orientierung auch nicht stattfinden sollte, wurde die andere ebenfalls verschoben, um einen gleichen Beginn des Studienjahres zu gewährleisten. Während an der Juristenfakultät alle Vorlesungen, auch die für das 1. Studien jahr. ordnungsgemäß beginnen (abgesehen Gegen 9 Uhr, großer Hörsaal des Ana tomischen Instituts: Hunderte Medizinstu denten des 1. Studienjahres versammelten sich in Erwartung der ersten Vorlesung ihres Lebens vor den Eingängen. Wenige Minuten später wird für sie. eine symbo lisch gebrauchte Formel ganz gegenständ-' lieh: Es eröffnet sich ihnen das Tor zur höchsten Bildungstätte in Gestalt der Türen des Anatomie-Hörsaales. Sie strö men hinein — aber nicht ein, sondern fünf akademische Viertel harren sie ehrfürch tig der Dinge, die da kommen sollen, und haben Zeit, die Vorbereitungen für die 10 Uhr beginnende Anatomie-Vorlesung zu beobachten, denn die für 9 bis 10 Uhr laut Plan vorgesehene Biologie-Vorlesung von Dr. Kabisch (Zoologisches Institut) findet nicht statt. Seine Begründung: Ich lese im fremden Hörsaal und brauche Hilfs assistenten, die mein Material hinüber- tragen. Diese Hilfsassistenten wurden mir erst heute zugeteilt. UZ testete am Montag: Beginn der Vor lesungen überall ordnungsgemäß? Der Anatomie - Präparationskurs des 2. Studienjahres fndet- mit vollem Haus statt. Zwischen 7.30 und 8.00 Uhr, Chemische Institute: Studenten drängen sich vor den Stundenplänen und Aushängen, denen sie entnehmen, daß die Marxismus-Vorlesun gen des Montags und Dienstags erst am 25. und 26. Oktober beginnen. Weder hält Dr. Raase diese Woche seine drei Vor lesungen vor den Studenten des 1. Stu dienjahres der Mathematisch-Naturwissen schaftlichen Fakultät über Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung, noch hören die Studenten des 2. Studienjahres Dialek tischen Materialismus bei Dr. Kannegießer'/ Backhaus. Schlußfolgerung zweier Studen tinnen aus dem 2. Studienjahr der Chemie: Da lohnt es sich doch nicht, heute nach mittag ins Physikpraktikum zu gehen. Dr. Raase erklärte uns die Verschiebun gen so: Da durch die Immatrikulations feier eine der drei Vorlesungen im 1. Stu dienjahr ausfallen mußten und die Mon Entgegen der Weisung des Prorektorats begannen alle Lehrveranstaltungen für das 2. bis 5. Studienjahr fakultätsoffiziell erst am Dienstag, die für das 1. Studienjahr gar erst am Mittwoch. Nach Wissen des Refe renten des Dekans aus dem Grunde, weil durch die Konferenz „Jugend in der tech nischen Revolution“ zwei Hörsäle belegt waren. Dieser Begründung steht aber zu mindest entgegen, daß eine ganze Reihe Lehrveranstaltungen außerhalb des Fakul- tätsgebäudes stattfinden sollten! Die Studenten des Instituts für Erwach senenbildung, 3. Studienjahr, erfuhren am Montag, daß die Germanistik-Vorlesungen von Frau Dr. Linke (Philologie) und Dr. Schuhmann (Literaturgeschichte) wegen Dienstreisen ausfallen. änstaltung statt. Dr. Zschäbitz hält seine Vorlesung in Fach Deutsche Geschichte, aber dort, wo zur gleichen Zeit Frau Dr. Ebel lesen müßte, finden wir nur einen leeren Hör saal. Architektur-Vorlesung von Dr. Ullmann: Der Dozent ist bereit, pünktlich anzu fangen. aber die Studenten der Kunst erziehung sind bis auf wenige Ausnahmen nicht da. Ursache: Sie wurden vom In stitut nicht über die (vom Prorektorat zei tig genug bekanntgegebene) Vorverlegung des Vorlesungsbeginns informiert. 9 Uhr, Kleiner Hörsaal in der Härtel straße: Die Vorlesung Marxistische Philo sophie von Prof. Kosing ist schwach be sucht. Zumindest fehlt hier das 2. Studien jahr der Kunsterzieher und vollständig das 2. Studienjahr der Lehrer für Marxis mus - Leninismus / Politische Ökonomie. Auch daran tragen nicht die Studenten die Schuld, sondern die Wirtschaftswissen schaftliche Fakultät, die überhaupt den Vogel abgeschossen zu haben scheint: Für die Lehrer Deutsch Geographie, 2. Studienjahr, hatte bis Dienstagmit tag noch nicht eine Lehrveranstaltung statt gefunden, allerdings war auch kaum mehr als ein Drittel der Studenten anwesend, aus der Gruppe 3 beispielsweise 6 von 15.Stu denten. Aus unerfindlichen Gründen waren viele nicht darüber informiert, ' daß der Lehrbetrieb schon am Montag anfing, und werteten dementsprechend den Dienstag als blauen Montag. Die Liste ließe sich fortsetzen, jedoch seien uns an dieser Stelle ein erster Kom mentar und einige Fragen gestattet. Erstens verweisen wir auf unseren Vorspann. Diese Worte möchten wir als Motto verstanden wissen, unter dem jeg liche Diskussion über die hier aufgeführten Fakten stehen möge. Wir möchten noch vor Augen halten: Der Verlust nur eines Tages bedeutet für die meisten Fächer faktisch Verlust einer Woche oder von etwa sechs Prozent der gesamten Vorlesungszeit des Semesters! Wir hören aber schon jetzt Kla gen über Zeitmangel am Ende des Studien jahres. Zweitens möchten wir fragen: Warum lesen bei Dienstreisen und anderen Verhin derungsgründen von Dozenten generell keine Vertreter? Konkret: Warum beginnen die Vorlesungen von Dr. Friedrich (Wifa) und Dozent Dr. Müller (Philosophie) erst im November? Warum beginnen 14täglich stattfindende Vorlesungen grundsätzlich erst in der zweiten Woche? Warum muß eine Vorlesung, die in gleicher Form in drei Bereichen gelesen wird, überall gleich spät beginnen; gibt es nicht während des Stu dienjahres noch genug Anlässe für Ver schiebungen? Drittens: Der mangelnde Vorlesungs besuch der Studenten der höheren Studien jahre ist offensichtlich Folge ungenügender Konsequenzen seitens des Lehrkörpers. Wie kommen wir aus diesem Circulus vitiosUs heraus: Die Studenten kommen nicht, „tveil es ja sowieso noch nicht ernsthaft losgeht“; die Professoren und Dozenten lesen nicht, „weil die Studenten sowieso noch nicht vollzählig da sind“. — Wer erzieht wen? Viertens: Wie setzen sich die FDJ- Gruppen mit den Bummelanten auseinan der, und wie vertreten die FDJ-Leitungen die Interessen aller Studenten bezüglich eines ordnungsgemäßen Studienablaufes? - 1 ■