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trieb, über die Geschäftsverteilung. Absolven ten der Fachrichtung Chemie oder Physik, denen Forschungsaufgaben bei uns im Be trieb übertragen waren, hatten Verzögerun gen bei der Bearbeitung, da ihnen Planungs zeitraum, Bestellfristen oder die Form der Materialbeschaffungsvorgänge nicht bekannt waren. Ein Mangel an ökonomischem Einschät zungsvermögen hatte bei einer Untersuchung verschiedener Verfahren der Teerreinigung zur Folge, daß die Hauptarbeit für ein Ver fahren verwendet wurde, das hohe Betriebs kosten im Vergleich zu anderen Möglichkei ten aufwies. Die Bearbeitung dieser ökono misch günstigen Verfahren muß nachgeholt werden. Ökonomisches Wissen könnte in sol chen Fällen dem Chemiker bei einer Varian- ten-Betrachtung bereits derartig große Ren tabilitätsdifferenzen erkennen lassen und da mit verlorenen Aufwand in der Forschung reduzieren. Diese, das fachspezifische Wissen ergänzen- ten technologischen, ökonomischen und orga nisatorischen Kenntnisse könnten in einem Komplex ingenieur-ökonomischer Ausbildung erfaßt sein. Die gegenwärtige ingenieur-öko nomische Ausbildung an den Technischen Hochschulen ist m. E. allerdings zu einsei tig ingenieur-technisch orientiert. Wichtigste Voraussetzung für die erfolg reiche Tätigkeit als Leiter in unseren Betrie ben ist politisches Wissen, ein sozialistisches Bewußtsein des Absolventen. Er muß jeder zeit bewußt und offen Partei nehmen für un seren Staat, für unsere Gesellschaft. Er kann Autorität nur besitzen, wenn er sich zur Po litik unseres Staates bekennt. Einem Leiter, der das nicht tut, fehlen die Argumente, wenn er bei der Ausübung seiner Tätigkeit höhere Wettbewerbsziele erreichen oder in der Plandiskussion höhere Aufgaben begrün den will. Damit sind bereits Eigenschaften eines Lei ters dargestellt, die den Inhalt einer vielleicht als Verhaltensschulung zu bezeichnenden Ausbildung darstellen sollten. Eine Ausbil dung, die zwar aufgebaut, aber nicht gleich zusetzen ist mit der Darlegung der Diszipli nen Soziologie, Psychologie und Pädagogik. An einigen Problemen, denen sich der Absol vent beim Einsatz im Betrieb gegenüberge stellt sieht, sei dieser Komplex noch näher beschrieben. Fast jeder Absolvent steht bald vor der Notwendigkeit, Verantwortung zu überneh men. Wo grenzt sich gesunde Verantwortungs freudigkeit vom ungesunden Risiko ab, wel chen Umfang hat die Verantwortung, die der Absolvent bei einer Entscheidung trägt, wel chen Charakter hat sie, wie wird sie durch Arbeitsschutzanordnung und ähnliche Vor schriften festgelegt und in welcher Beziehung stehen dazu die vorliegenden Funktionspläne? Der Absolvent, als Leiter eines Kollektivs eingesetzt, ist Beauftragter’ unseres Staates. Nicht immer stimmen die staatlichen Inter essen, die als Aufgabe vorgegeben werden, mit den Interessen des Kollektivs überein. Oft nehmen junge Absolventen dann eine ver kehrte Position ein. Sie denken, den Erfor dernissen der Demokratie dadurch zu entspre- chen, daß sie die Position des Kollektivs ein nehmen. Ihre Aufgabe jedoch ist es, beharr lich das Kollektiv von der Richtigkeit der staatlichen Aufgaben zu überzeugen und dar zulegen, daß letzten Endes das Wahrnehmen dieser staatlichen Interessen dem Kollektiv nützt. Welche Voraussetzung bringt ein Absolvent mit, um zu unterscheiden, ob er eine Sitzung zur Information oder zur eigenen Beratung durchführt, um entsprechend dem Thema und der Zielstellung den Teilnehmerkreis rationell auszuwählen und um auch abwägen zu kön nen, ob mehrere Zusammenkünfte mit klei nem spezifischem Teilnehmerkreis rationeller wären? Das sind Probleme, zu denen der Absolvent eine Einstellung finden muß, was gegenwär tig während der Einarbeitung erfolgt. Da wir einen großen Bedarf an wissenschaftlich qua lifizierten Kräften haben und sehr schnell den Absolventen wirksam sehen wollen, an dererseits die Mehrzahl der Absolventen von sich aus ebenfalls den Wunsch hat, rasch selbständig zu werden, wäre es für beide. Betrieb und Absolvent, von Vorteil, würde eine Vorbereitung auf diese Problematik be reits an der Hochschule erfolgen. Es dürfte kaum möglich sein, die Vorbe reitung so vorzunehmen, daß die von mir aufgeworfenen Fragen eine vollständige Be antwortung findet. Die Assistentenzeit im Be trieb als Versuch einer Lösung hat sich m. E. nicht bewährt. Zum einen gibt die betrieb liche Belastung nicht Raum für die Betreu ung und Weiterqualifizierung eines Absolven ten durch den erfahrenen Betriebsfunktionär, zum anderen will der Absolvent schnell selbständig erarbeitete Ergebnisse sehen. Ich halte es für notwendig, einen stoff lichen Komplex in die Ausbildung aufzuneh men, der das erforderliche Wissen vermittelt, das ein Leiter von Kollektiven haben muß. Das kann gewiß nur ein Beginnen werden, jedoch die Ergänzungen dazu: das Komplex praktikum oder auch das Ingenieur-Prakti kum gibt es bereits.