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g B Im Haus der Windeln, Am 1. August wurde ein Jubiläum gefeiert, das von besonderem Reiz wer, denn die Hauptpersonen nah men keinerlei Notiz davon, sondern gingen ruhig ihren Geschäften nach. Dafür feierten andere, die es aber auch verdient hatten. Es war keineswegs einfach, der Ju bilarin einen Besuch abzustatten, denn sie schützt sich mit strengen Vor schriften gegen Eindringlinge. Doch zum 10. Jahrestag der Eröffnung der Kinderkrippe Lichtenbergweg gestat tete ihre resolute und freundliche Lei terin, Schwester Hannelore Becker, eine Ausnahme. Man erblickt inmitten eines Parkes ein langgestrecktes Gebäude, das seine Bestimmung nicht verheimlichen kann. Sandkästen, Schaukeln und bei schönem Wetter eine lange Reihe von Milchflaschen und Gummi tiere Text und Fotos; Günter Katsch Kinderwagen künden von seinen Be wohnern. 61 Kinder im Alter von wenigen Wochen bis zu drei Jah ren werden von 18 Pflegerinnen (Säuglingsskhwestern,. Kinderpflegerin nen, Kindergärtnerinnen) und 13 tech nischen Kräften liebevoll und fürsorg lich betreut. An jedem Montag kommen die Muttis und Vatis, Wissenschaftler, Ar beiter, Angestellte, Studenten, dar unter auch Ausländer, und liefern die Tochter oder den Sohn bei der „Tante" ab. Bis Sonnabend 15 Uhr müssen die Kinder wieder abgeholt sein, wobei die Kinderkrippe in Aus nahmefällen den einen oder anderen Sprößling über Sonntag behält. Da durch wurde schon mancher Wissen schaftlerin die Teilnahme an einem Kongreß oder einer Auslandsreise er möglicht “ Den Besucher empfangen helle, freundliche Räume, Wände mit lusti gen Bildern und Möbel, die direkt aus dem Märchen von Schneewittchen und den sieben Zwergen entsprungen zu sein scheinen. Eine auffallende Ruhe und Sauber keit ist bezeichnend für das Erd geschoß. Hier liegen die kleinsten in ihren Bettchen, greifen nach irgend etwas, träumen leise vor sich hin. Schwester Hannelore verrät uns, daß von jedem Kind ein Entwicklungsbogen geführt wird. Daraus ist ersichtlich, ob der Säugling oder das Kleinst kind der Entwicklung voraus ist, mit ihr Schritt hält oder ins Hintertreffen geraten ist. Dadurch kann die Pflege rin gezielt auf das Kind einwirken. Die Eltern haben jederzeit die Mög lichkeit, die Entwicklungsbogen einzu sehen. Von Zeit zu Zeit finden Eltern abende statt, auf denen Gelegenheit ist, sich mit der Pflegerin ausführlich zu unterhalten. Jede der vier Gruppen aus dem oberen Stockwerk verfügt über ihr Schlaf- und Spielzimmer. Die persön lichen Sachen sind in kleinen Schränk chen untergebracht, die mit verschie denen Bildern aus dem kindlichen Gesichtskreis gekennzeichnet sind. Gruppe 2 sitzt andächtig um einen runden Tisch und vertilgt ganze Tel ler roher Möhren. Da schönes Wetter ist, treffen wir die „Großen" im Park an, wo sie unter der Aufsicht zweier Kinderpflege rinnen sich im Roller-, Dreirad- und Schubkarrefahren üben. Auch hier steckt System dahinter. Die Pflegerin nen stellen entsprechend dem Alter der Kinder für jede Woche einen Spielplan auf. Auf einem solchen Spielplan kann man lesen: „Der Puppendoktor kommt" Dabei lernen die Kinder neue Wörter und Sätze kennen. (Das Kind hat Fieber. Ihm tut der Kopf weh. Es muß im Bett bleiben. Der Onkel Doktor gibt ihm eine Spritze. Das tut nicht weh usw.) Bei Spaziergängen werden Blümchen gepflückt (schön lang pflücken, nicht nur die Köpfchen abreißen), Autoarten kennengelernt (1. Stufe: Das ist ein Auto, 2. Stufe: Das ist ein Omnibus. Lastauto, Personenkraftwagen) und Schaufenster angeguckt. Vor dem Essen werden Lieder ge lernt, und auch wenn eine ganze Schlange von Zwei- bis Dreijährigen durch den Garten tapst, tönt es: „Auf der Eisenbahn steht ein .schwarzer Mann ...“ Die Kinder stehen unter ständiger ärztlicher Kontrolle und wenn nur ein Fall einer ansteckenden Krankheit auftritt, wird die Krippe vorüber gehend gesperrt. Wenn eine andere Krippe nicht helfend einspringen kann, muß ein Elternteil notgedrungen zu Hause bleiben. Das ist aber immer noch besser, als die Kleinen der Ge fahr auszusetzen. Seit 1961, im Verlaufe der vergangenen Wahlperiode, wuchs an der Karl-Marx-Universität (außer dem „Sputnik" an der Medizinischen Fakultät) die Zahl der Kindergar ienplätze um 20 auf 172, der Tageskrippenplätze um 66 auf 80 und der Wochenkrippenplätze um 46 auf 168. Allein in diesem Jahr stieg die Zahl der Krippenplätze um 40 (32 seit März in der Tieckstraße und 8 ab Septem ber in der Philipp-Rosenthal-Straße). Für die nächsten Jahre ist vorgesehen: Weitere Erhöhung der Zahl der Plätze in der Philipp-Rosenthal-Straße (Kin dergarten 35, Krippe 15) sowie Ausbau der 2. Etage in der Tieckstraße im Jahre 1966 und der 3. Etage 1967, wo durch 50 bis 60 neue Plätze gewonnen werden können (entsprechende Vereinbarungen wurden mit Vertretern des Rates des Stadtbezirkes Süd getroffen). ijw—wumgHW .> Zu den Bildern o Links oben: Gruppe 2 vertilgt Möhren (Hariet Möller, Petra Kösel u Petra Kühne). Rechts oben: Ralf Leuschel kann schon stehen. l Untere Reihe: Hilfspflegerin Erika Findling mit den „Großen" im Ple Säuglingsschwester Waltraud Lengner beim Füttern. Steffen Eckstein stel sich dem Fotografen im Waschraum.