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Universitätszeitung
- Bandzählung
- 9.1965
- Erscheinungsdatum
- 1965
- Sprache
- Deutsch
- Signatur
- Z. gr. 2. 459
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1770109730-196500003
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1770109730-19650000
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1770109730-19650000
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen der Universitäten Sachsens (1945-1991)
- Bemerkung
- Teilweise mit vorlagebedingtem Textverlust.
- Strukturtyp
- Band
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitschrift
Universitätszeitung
-
Band
Band 9.1965
1
- Ausgabe Nr. 1, 07.01.1965 1
- Ausgabe Nr. 2, 14.01.1965 1
- Ausgabe Nr. 3, 21.01.1965 1
- Ausgabe Nr. 4, 28.01.1965 1
- Ausgabe Nr. 5, 04.02.1965 1
- Ausgabe Nr. 6, 11.02.1965 1
- Ausgabe Nr. 7, 18.02.1965 1
- Ausgabe Nr. 8, 25.02.1965 1
- Ausgabe Nr. 9, 11.03.1965 1
- Ausgabe Nr. 10/11, 18.03.1965 1
- Ausgabe Nr. 12, 25.03.1965 1
- Ausgabe Nr. 13, 01.04.1965 1
- Ausgabe Nr. 14, 08.04.1965 1
- Ausgabe Nr. 15, 15.04.1965 1
- Ausgabe Nr. 16, 29.04.1965 1
- Ausgabe Nr. 17, 06.05.1965 1
- Ausgabe Nr. 18/19, 13.05.1965 1
- Ausgabe Nr. 20, 20.05.1965 1
- Ausgabe Nr. 21, 28.05.1965 1
- Ausgabe Nr. 22/23, 10.06.1965 1
- Ausgabe Nr. 24, 17.06.1965 1
- Ausgabe Nr. 25, 24.06.1965 1
- Ausgabe Nr. 26, 01.07.1965 1
- Ausgabe Nr. 27, 08.07.1965 1
- Ausgabe Nr. 28, 15.07.1965 1
- Ausgabe Nr. 29, 22.07.1965 1
- Ausgabe Nr. 30/31, 29.07.1965 1
- Ausgabe Nr. 32/33, 26.08.1965 1
- Ausgabe Nr. 34, 02.09.1965 1
- Ausgabe Nr. 35, 16.09.1965 1
- Ausgabe Nr. 36/37, 23.09.1965 1
- Ausgabe Nr. 38, 30.09.1965 1
- Ausgabe Nr. 39, 07.10.1965 1
- Ausgabe Nr. 40, 14.10.1965 1
- Ausgabe Nr. 41, 21.10.1965 1
- Ausgabe Nr. 42, 28.10.1965 1
- Ausgabe Nr. 43/44, 04.11.1965 1
- Ausgabe Nr. 45, 11.11.1965 1
- Ausgabe Nr. 46, 18.11.1965 1
- Ausgabe Nr. 47, 25.11.1965 1
- Ausgabe Nr. 48/49, 02.12.1965 1
- Ausgabe Nr. 50, 09.12.1965 1
- Ausgabe Nr. 51, 16.12.1965 1
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Band 9.1965
1
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Das Fach Physiologie hat in jüngster Zeit zu nehmend Bedeutung bei der Erarbeitung natur wissenschaftlicher Grundlagen für die Medizin erlangt. Einige Arbeitsrichtungen sind gänzlich neu entstanden (Kybernetik), andere haben eine äußerst rasche Entwicklung erfahren. (Elektro-, Neuro-, Zellphysiologie). Diese Entwicklung findet u. a. Ausdruck im Anwachsen der Zahlen der Forschungseinrichtungen und der in diesen tätigen Wissenschaftler sowie der hohen materiellen Zu wendungen, die der Entwicklung der Physiologie in der ganzen Welt gewährt werden. Im Rahmen der klinischen Facharztausbildung wird zum Teil eine Physiologieausbildung gesetzlich verlangt. Große Kliniken entsenden junge Nachwuchswissen schaftler zu einer Grundausbildung in die Physio logie. Als Grundlagenfach des Medizinstudiums kommt der Physiologie die Aufgabe zu, Studenten zu er ziehen, ihre spätere Aus- und Weiterbildung so wie ihre ärztliche Tätigkeit auf der Grundlage eines exakten, logischen, naturwissenschaftlichen und selbständigen Denkens mit größtem Nutzen und den modernen Erkenntnissen entsprechend auszuführen. Um dieses Ausbildungs- und Er ziehungsziel zu erreichen, ist in erster Linie ein gründliches, selbständiges, verantwortungsbewuß tes Studium nötig. Der bisherige Studienablauf mit seinen kurzen Semestern und dadurch noch erhöhten Wochenstundenzahlen owie der nicht den Entwicklungstendenzen Rechnung tragenden Verteilung der Fächer und der nicht optimalen inhaltlichen Abstimmung der einzelnen Disziplinen bot dazu nicht immer die günstigste Voraussetzung. Starke Förderung der selbständigen, aktiven Erarbeitung des Stoffes mit entsprechenden Kon trollmöglichkeiten auf Kosten der passiven Aneig nung des Wissens durch Mitschreiben und Aus wendiglernen ist ein wesentlicher Gesichtspunkt für die Verbesserung der Ausbildung in den phy siologischen Fächern. In den Vorlesungen muß nicht der gesamte Faktenstoff dargelegt werden, der aus den Lehr büchern zu entnehmen ist. Vorlesungen sollten Anleitung im Studium sein, auf Problematisches hinweisen, Beziehungen zwischen klinischen und anderen Disziplinen zeigen. Für die alte selbst verständliche Forderung, daß eine Vorlesung von den Studenten mit dem Lehrbuch vorzubereiten und anschließend mit Lehrbüchern durchzuarbei ten ist, sollten die notwendigen Voraussetzungen — soweit nicht schon vorhanden — geschaffen wer den. Dazu gehört einmal, daß den Studenten ge eignete Lehrbücher — auch nur e i n Lehrbuch — zur Verfügung stehen und daß zum anderen ge nügend freie Zeit zum Selbststudium vorhanden ist. Deshalb ist die Forderung, die Gesamtwochen stundenzahl auf 25 zu begrenzen, sehr zu begrüßen. Wir sehen allerdings keine Notwendigkeit, diese Zahl im ersten Semester noch niedriger zu halten. Im Gegenteil, im ersten Semester braucht der Stu dent Anleitung und Einführung in das Hochschul studium, in den späteren Semestern sollte er be reits die Fähigkeit zur selbständigen Arbeit erwor ben haben. Bisher galt u. a. gerade das 1. Semester als sogenanntes „Bummelsemester“ und hatte als solches nicht den erforderlichen erzieherischen Erfolg. Notwendig ist allerdings neben der Kür zung der Gesamtwochenstundenzahl eine volle Aus nutzung des 10-Monate-Studien-Jahres, so wie das zum Beispiel in der Sowjetunion der Fall ist. Selbststudium, Vorlesung, Praktikum und Seminar müssen zeitlich zusammenhängend stattfinden. Eine Beschränkung des Selbststudiums etwa auf die Vorschläge vom Stand punkt der Physiologie Von Wissenschaftlern des Physiologischen Instituts unter Leitung von Professor Dr. Hans Drischel Sommerferien wäre unzureichend, obwohl die vor lesungsfreie Zeit für die selbständige Erarbeitung des Wissens besser genutzt werden sollte. Messe- „ferien" und ähnliche Unterbrechungen des Unter richts könnten zum Beispiel für die Anfertigung bestimmter Hausarbeiten nutzbringend verwendet werden. Ein anschließendes Seminar könnte der Kontrolle des richtigen Verständnisses des Stoffes dienen. Die seminaristische Ausbildung sollte allgemein stärkere Beachtung finden. Die Zahl der Vor- lesungsstunden sollte der der Praktikums- und Seminarstunden etwa gleich sein. Wir möchten an dieser Stelle auf unsere Darlegung in der UZ Nr. 34/1964 verweisen, wo wir unsere diesbezüg lichen Vorstellungen und Erfahrungen bereits mit geteilt haben. Starke Beachtung sollte die Förderung der „Best studenten“ bzw. besonders Interessierter auch an derer Semester oder gar Fachrichtungen finden. Die Möglichkeit, tiefer in einzelne Probleme einzu dringen, wäre zum Beispiel durch weitere Einrich tung fakultativer Vorlesungen, Praktika für Fort geschrittene, Teilnahme an experimentellen Arbei ten (Doktoranden, Hilfsassistenten) u. a. für einen jeweils sehr kleinen Teilnehmerkreis gegeben, aus dem später der wissenschaftliche Nachwuchs her vorgehen kann. Der Jenaer Entwurf, den wir als Beitrag zur Verbesserung der vorklinischen Ausbildung sehr begrüßen, enthält unserer Ansicht nach einige pro blematische Punkte. Die komplexe biologische Grundausbildung im IV. und V. Semester können wir nicht als zweckmäßig ansehen. Die biologische Ausbildung ist die Grundlage für die speziellen biologischen Probleme des Menschen. Das Ziel des Medizin studiums ist, Ärzte, aber nicht Biologen auszubil- den. Die Biologieausbildung stellte eine didaktisch sinnvolle Anknüpfung an das Schulwissen und einen Übergang zum Medizinstudium dar. Sowohl die morphologischen als auch die physiologischen Fächer setzen eine allgemeine biologische Grund ausbildung mit vergleichend morphologischen und physiologischen Aspekten voraus, die auf sie mit der speziellen Problematik aufbauen können. Professor Talysin, Moskau, überschrieb seine Aus führungen zu diesem Thema, die in Nr. 96/1964 der Medizinskaja Gasjeta erschienen, mit dem Ti tel: „Die Medizin beginnt mit der Biologie“. Er legt die Aufgaben der Biologie in den ersten Se mestern dar und warnt vor Exkursionen in die Anatomie, Histologie, Biochemie und Physiologie des Menschen. Keinesfalls soll der Zusammenhang der biologischen Grundausbildung mit der speziel len Ausbildung in den medizinischen Grundlagen fächern in Frage gestellt sein. Die logische Folge der Ausbildung, beginnend mit der allgemeinen Biologie bis zur speziellen Biologie des Menschen (Anatomie, Physiologie, Physiologische Chemie), sollte sich über den gesamten vorklinischen Stu dienabschnitt erstrecken. © Die schwerpunktmäßige Ausbildung sollte nicht durch eine zu große Zahl von Schwer punkten zu einer Aufsplitterung führen; sie ent hält auch die Gefahr, zur Saisonarbeit zu erziehen. Eine Trennung der physiologischen Fächer in ein Schwerpunktsemester Physiologie und ein anderes für Physiologische Chemie erscheint nicht vorteil haft. Die diskutierten Komplexveranstaltungen sind sehr problematisch und bedürfen noch der Er probung. Keinesfalls kann von ihnen etwa eine Kompensation dessen erwartet werden, was durch eine Aufsplitterung verlorengegangen ist. O lm Widerspruch zu der allgemein geforderten Betonung der physiologischen Fächer im vor klinischen Studium, entsprechend der raschen Ent wicklung dieser Disziplinen, schlägt- der Jenaer Plan in der Stundenverteilung eine Kürzung der Fächer Physiologie und Physiologische Chemie um je 20 Prozent vor, während die Stundenzahl für die morphologischen Fächer sogar wieder erhöht wird. ©Bei der Einführung neuer Fächer sollte äußerste Zurückhaltung geübt werden. Wir unterstützen eine Mathematikvorlesung mit beson derer Berücksichtigung der biologischen Statistik, die im 1. und IV. Semester je einstündig gehalten werden könnte (vgl. dazu die Ausführungen von Frau Dr. Beyer auf Seite 4). Die Genetik gehört in das Ausbildungsprogramm der Biologie. Die Psychologie sollte unbedingt auf die physiolo gischen Grundfragen (höhere Nerventätigkeit) auf bauen und deshalb erst im 1. klinischen Semester gelesen werden. © Der Übergang von Vorklinik zu Klinik und die enge Verknüpfung der vorklinischen zur klinischen Ausbildung ist ein wesentliches Pro blem, das sich sowohl auf die vorklinische als auch auf die klinische Studienreform auswirken muß. Hierbei sollten die bewährten Mittel des Kontaktes der Lehrenden untereinander stärker als bisher genutzt werden. Der Physiologe mit ärzlicher Aus bildung zum Beispiel wird unter solchen Umstän den viele Hinweise auf die klinische Bedeutung des jeweils zu besprechenden Stoffes geben können und diese sinnvoll und didaktisch zweckmäßig in den Unterricht einbauen können. Ähnliches dürfte auch für die anderen Fächer gelten. Sicher wäre eine solche Lösung günstiger als etwa einzelne der wenigen Stunden ganz von einem Kliniker lesen zu lassen, was viele Probleme in sich birgt. Bisher verfügen nur einzelne Kliniken über physiologisch voll ausgebildete Mitarbeiter. Zweifellos wird da mit das Problem der Schaffung von Ausbildungs stellen an den physiologischen und anderen Insti tuten für Assistenten, die später klinisch tätig sein wollen, berührt. Viel zu wenig Beachtung wird unseres Ermes sens für den Übergang zur Klinik dem dafür be stimmten Lehrabschnitt in den ersten klinischen Semestern gewidmet. Die Pathologische Physio logie sollte enge Beziehungen zur Physiologieaus bildung pflegen. Sie ist unmittelbare Mittlerin zwi schen Physiologie und Klinik, da sie die Anwen dung aller Arbeitsrichtungen der experimentellen Physiologie auf die Probleme der Pathologie zum Inhalt hat. Bereits bestehende Kontakte zwischen den beiden Fächern sollten vertieft werden und die Entwicklung der Pathologischen Physiologie zu einem experimentellen Fach wie zum Beispiel an der Jenaer Fakultät stärker gefördert werden. Ähnliches dürfte für die Verbindung der Physio logischen Chemie zum Beispiel mit den Laborkur sen, für die Topographische Anatomie mit dem Operationskurs, für die normale Histologie mit der Pathologie gelten. Auch die Pharmakologie ist ein Fach, das als ein Verbindungsglied zwischen vor klinischer Grundausbildung und Klinik angesehen werden muß. Dieser Studienabschnitt ist der eigent liche und systematische Übergang der Vorklinik zur Klinik. Aus dem Gesagten ergeben sich einige Folge rungen für die zeitliche Verteilung der Fächer: 1. Physik und Chemie sollten in den ersten zwei Semestern gelesen werden, da einmal die Zeit für das Eindringen in die naturwissenschaftliche Denk weise sonst nur bei guter Oberschulausbildung in diesen Disziplinen ausreichend ist, zum anderen diese Fächer nicht zu stark zeitlich von der Phy siologie und Physiologischen Chemie getrennt wer den, die unmittelbar auf diese Voraussetzungen aufbauen, und schließlich sollte den Medizinstu denten mit der Anatomie ein „medizinisches“ Fach geboten werden. Der Abschluß der Physik und Chemie sollte nach dem II. Semester erfolgen. 2. Die Biologie als Grundlage für die morpho logischen und physiologischen Fächer sollte im I. bis III. Semester behandelt werden, wobei beson ders im II. oder III. Semester die experimentelle Biologie zu betonen wäre. Der Abschluß könnte nach dem III. Semester erfolgen. 3. Die Anatomie, Histologie und Embryologie sollten auf 40 Wochenstunden beschränkt bleiben, die in das I. bis III. Semester gehörten. Eine Ab solvierung der gesamten Anatomie im II. Semester erscheint uns nicht möglich, so daß die Anatomie unbedingt im I. Semester beginnen müßte. Damit entfällt die Möglichkeit, das I. Semester schwer punktmäßig der Physik und Chemie vorzubehalten. Das III. Semester würde den Schwerpunkt für die vorklinische morphologische Ausbildung darstellen können und mit dem Anatomiephysikum enden. 4. Physiologie und Physiologische Chemie sollten einen gemeinsamen Schwerpunkt im IV. und V. Se mester mit je 20 Wochenstunden, gleich verteilt auf beide Semester, haben. Das Physiologiepraktikum würde dann nach dem V. Semester folgen. Abschließend sei nochmals hervorgehoben, daß wir der selbständigen Erarbeitung des Stoffes durch den Studenten größte Bedeutung beimessen. Dazu sind notwendig: genügend den Anforderungen ent sprechende Lehrbücher und bei entsprechend be grenzter Wochenstundenzahl ausreichend lange Semester sowie eine größere Betonung des semina ristischen Ausbildungsprinzips. Wir erhoffen von der Studienreformdiskussion in Jena einen Fortschritt in dem damit sicher nicht abgeschlossenen Prozeß der Verbesserung der vor klinischen Ausbildung. Die Ursachen, die die Reform des medizinischen Studiums zwingend notwendig machen, sind allge mein anerkannt. Vor allem ist es das enorm an wachsende Wissen in allen naturwissenschaftlichen, technischen und biologischen Disziplinen und das Problem, daß die auf der Hochschule erworbenen Kenntnisse zu einer Zeit genutzt werden sollen, die über diesen Wissensstand bereits weit hinaus gewachsen ist. Die Ausbildung muß also der per spektivischen Entwicklung Rechnung tragen. Diese und eine andere wesentliche Aufgabe des vorklini schen Studiums, nämlich dem Studenten logisches und funktionelles Denken anzuerziehen sowie ihm eine exakte und solide Arbeitsweise auf naturwis senschaftlicher Grundlage zu vermitteln, gingen in dem vorwiegend kompilierenden Anlernen von Faktenwissen verloren. Das Ausbildungsziel ist abhängig vom Stand und der Entwicklung der Wissenschaft und der gesell schaftlichen Bedingungen. Es ist deshalb nicht sinn voll, es von vornherein streng zu fixieren. Neben einer soliden Ausbildung in den medizinischen Fä chern macht sich eine verbreiterte Allgemeinbil dung in den Naturwissenschaften, in Technik und Ökonomie, in Mathematik, in Gesellschaftswissen schaften und in Sprachen notwendig. Um dieses der Hochschule vorgeschriebene Ausbildungsziel zu er reichen — einen universell gebildeten, fachlich mo dern geschulten Menschen mit hohen Spezialkennt nissen, der mit der wissenschaftlichen und gesell schaftlichen Entwicklung mühelos Schritt halten kann bleibt nur der Ausbildungsweg im Rahmen eines einheitlichen sozialistischen Bildungssystems, in dem man sowohl die vorschulische und schulische Erziehung als auch eine postgraduale Fortbildung mit einbezieht. Die Hochschulausbildung darf also keinesfalls isoliert betrieben werden. Dieses Bil dungssystem stellt alle Beteiligten, nicht nur den Hochschullehrer, sondern auch die Studierenden und nicht zuletzt die gesellschaftlichen Institutio nen vor neue Aufgaben. Daraus wird sich sicher auch eine Strukturänderung in der Arbeitsweise der Institute und der Universitäten und Akademien ergeben. Zu einer Reform des medizinischen Studiums sind in letzter Zeit schon viele Vorschläge zur Diskus sion gestellt worden. Die Medizinische Fakultät der Humboldt-Universität in Berlin und die der Fried rich-Schiller-Universität in Jena haben sich nicht nur dazu geäußert, sondern .auch den Mut zur For mulierung einer neuen vorklinischen Konzeption gefunden. Im Prinzip sind die Diskussionen an der Karl-Marx-Universität zu ähnlichen Entschlüssen gekommen. Es ist deshalb nicht notwendig — und der Um fang dieses Beitrages läßt das nicht zu —, die de taillierten Vorschläge zu wiederholen. Als wesent liche Bestandteile der Studienreform stellen wir in den Mittelpunkt: 1 In allen vorklinischen Fächern ist der gebotene Stoff modernen Erfordernissen anzugleichen und nicht zu erweitern, sondern geeigneter für die Aus bildung darzustellen. Für unser Fachgebiet heißt das, solche Probleme verstärkt zu behandeln, die besonders geeignet sind, die funktionellen Zusam menhänge und den dynamischen Ablauf der Le bensvorgänge zu erfassen (z. B. Regulationspro zesse) und solcher, die in medizinischer Praxis zu nehmende Bedeutung gewinnen (Biochemie der Genetik, Immunchemie, Struktur und Funktionen der Proteine und Nukleinsäuren) und gleichzeitig klassische Probleme der allgemeinen physiologi- Physio logische Chemie und Perspektive Von Dozent Dr. Harald Aurich, Oberassistent Dr. Fritz Müller und Dozent Dr. Wolfgang Kötzsch sehen Chemie auf Grundsätzliches zu beschränken. Man wird eine Studienreform nicht wirksam wer den lassen können, ohne daß man in den Lehr veranstaltungen auf besondere Stoffauswahl Wert legt und den Studenten einfache Kapitel im Selbst studium erarbeiten läßt. 2 Die einzelnen vorklinischen Fächer sind schwer punktmäßig zu ordnen, wobei beiden physiologi schen Fächern das vierte und fünfte Semester zu kommen sollte. Zu dieser Zeit könnten die anato mischen Fachgebiete, auf jeden Fall aber die na turwissenschaftlich-biologischen Disziplinen im Stu dienplan schon abgeschlossen sein. Eine gegen seitige Absprache mit dem Ziel, auch den Inhalt der Vorlesungen aufeinander abzustimmen, wie wir es neuerdings mit den chemischen Disziplinen an der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fa kultät vorbereitet haben, wäre in der gesamten vorklinischen Ausbildung besonders günstig und würde unnötige Überschneidungen und Wieder holungen vermeiden. 3 Die zeitliche Überlastung der Studenten muß be seitigt werden. Das ist einmal möglich in einer sinnvolleren Verteilung der Praktika und Vor lesungen und in einer didaktisch besseren; konti nuierlichen Fortsetzung einiger Gebiete aller vor klinischen Fächer in der Klinik bis zum medizini schen Staatsexamen. Topographische Anatomie, Molekularpathologie, Enzymopathien und auch einige physiologische Probleme können den Stu dierenden besser in der Klinik geboten werden. Damit wäre auch eine Fusion beider Studien abschnitte gewährleistet und solche wichtigen Fä cher wie z. B. die Pathologische Physiologie könn ten neuen Auftrieb erhalten. Wir weisen an dieser Stelle auf den ungenügenden Nutzungsgrad der na ¬ turwissenschaftlich-biologischen Grundlagen in der klinischen Ausbildung und Praxis hin. 4 Der Medizinstudent muß fortlaufend mit der Methodik wissenschaftlichen Arbeitens vertraut ge macht werden. Dazu gehört die Kenntnis der me thodischen Erarbeitung von Fachwissen ebenso gut wie die unmittelbare Beteiligung an wissen schaftlichen Problemen mit der Notwendigkeit, einführende wissenschaftliche Literatur selbst zu lesen. 5 Die Verteilung von Vorlesungen und Praktika muß entschieden zugunsten der Übungen verscho ben werden. Wir werden versuchen, gemeinsame Lehrveranstaltungen im Rahmen des Vorklinikums und vielleicht sogar darüber hinaus zu organisie ren. In solchen Veranstaltungen lernt der Student die Zusammenhänge besser erkennen. Er sieht nicht mehr so streng die willkürlichen Grenzen zwischen Anatomie, Physiologie und Physiologi scher Chemie, hinter deren Pforten er mitunter elementare Grundkenntnisse zurückläßt. 6 Auch die inhaltliche Form unserer Praktika, be sonders für die Medizinstudenten, ist reformbedürf tig und wird modernen Gesichtspunkten ange glichen. Damit muß die Ausbildung vorwiegend seminaristischen Charakter annehmen. Leistungs kontrollen, Interesse an fachlichen Spezialproble men und auch die Mitarbeit und Verantwortung für die gegenseitige Förderung und Erziehung wür den sich daraus zwanglos ergeben. 7 Die Studenten sollten mit ihren Lehrern zu festen Ausbildungskollektiven zusammengefaßt werden, in denen eine passive Anonymität über haupt nicht aufkommen kann. Die große Zahl der Teilnehmer in einem Studienjahr förderte bisher enorm die gegenteilige Entwicklung, und es gibt Beispiele, daß allein die Beseitigung dieses Zustan des zu günstigen Studienerfolgen geführt hat. Im Physiologisch-chemischen Institut haben wir damit bedeutend bessere Abschlußergebnisse bei keines falls reduzierten Studienforderungen erreicht. Wir erfaßten z. B. das Semester in Verschiedenen Grup pen, wobei wir sowohl die sehr guten Studenten als auch die im Fach weniger leistungsfähigen zu abgestimmten fakultativen Kolloquien aufforderten, in denen wir besonders auf eine aktive Teilnahme Wert legten. 8 Ein besonderes Anliegen ist es uns, daß alle wis senschaftlichen Assistenten an der Ausbildung ver antwortlich mitwirken und mit dem Lehrkörper und den gesellschaftlichen Organisationen gemein sam eine einheitliche Erziehungsarbeit leisten. Viele weitere Gesichtspunkte sind schon von an derer Seite besonders hervorgehoben worden. Die von uns aufgeführten Fragen können zwangsläufig die gesamte Problematik gerade in unserem Fach nicht umfassen. Auf die Bedeutung einer gesonder ten Ausbildung der Zahnmediziner in Physiologi scher Chmie sowie Probleme der Ausbildung aus ländischer Studenten, um die wir uns hier beson ders bemüht haben, möchten wir nur hinweisen. Wir sind sicher, daß auf dem IV. Nationalen Sym posium in Jena darüber weitere Diskussionen ein geleitet werden. Die endgültige Lösung vieler Fra gen wird nur im Rahmen einer kontinuierlichen Entwicklung unter aktiver Beteiligung und steter Mitarbeit aller an der Ausbildung und Erziehung der Studenten Interessierten und auch der Studen ten selbst erwirkt werden können. UZ 2/65, Seite 5
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