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Anliegen betrachtet, zentrale Lehrveran- staltungen für Studenten mehrerer Fach richtungen durchzuführen. Diese Vorlesun gen sollen den Blick unserer Studenten weiten, stärker als bisher aus der Enge des eigenen Faches hinausführen, zur Nachbardisziplin hinführen und zugleich in wissenschaftliche Probleme einführen, die mehr und mehr an Aktualität gewin nen. Erste Schritte wurden bereits von Li teraturwissenschaftlern des Slawischen Institutes, des Ostasiatischen Institutes, des Romanischen Institutes und des Institutes für Anglistik und Amerikanistik unternom men. Sie gaben in der Gemeinschaftsvorle sung „Einführung in die sozialistische Weltliteratur“ den Studenten der Germa nistik einen Überblick über Entstehung, Wesen und Formen sozialistischer Literatur in den Nationalliteraturen der Sowjet union, der CSSR, Chinas, Frankreichs, Spaniens, Lateinamerikas, Großbritanniens und der USA. Neben der Konfrontierung mit den nationalen Besonderheiten des sozialistischen Realismus kam es darauf an, Parallelerscheinungen und Wechselbe ziehungen zwischen den verschiedensten nationalen Literaturen und der deutschen sozialistischen Nationalliteratur herauszu arbeiten. Ein noch erweitertes Kollektiv von Professoren und Dozenten hat über dies in dem Vortragszyklus „Bedeutende humanistische Autoren der Weltliteratur“, der den Charakter einer Gemeinschaftsvor lesung trägt, einen erneuten Versuch ge macht, das bedeutende Erbe der Literatu ren anderer Länder den Studenten nahezu bringen. Zusätzliche Bedeutung gewinnt diese Lehrveranstaltung dadurch, daß sie in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Kulturbund organisiert und damit auch der Leipziger Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Ich sehe darin gerade im Jubi läumsjahr der Stadt Leipzig ein schönes Beispiel, wie auf interessante Weise auch die Literaturwissenschaftler der Karl-Marx- Universität einen engen Kontakt zu breiten Bevölkerungskreisen gewinnen und einen echten Beitrag zur Verwirklichung der Bil dungskonzeption leisten können. Nicht minder deutlich wie auf dem Ge biet der Lehre zeigt sich im Bereich der Forschung Sinn und Vorteil der Gründung einer Philologischen Fakultät. Die For schungsvorhaben der Fakultät konzentrie ren sich im wesentlichen um zwei Kom plexe: Sprachwissenschaft und Literatur-, Kunst- und Musikwissenschaften. Die Schwerpunktaufgaben, die sich die sprachwissenschaftliche Forschung der Karl-Marx-Universität stellt, beweisen die klare Orientierung auf das international Wesentliche und das für unsere nationale Praxis Wichtige. Grundlagenforschung wie Forschungsvorhaben zur angewandten Sprachwissenschaft finden dabei gleicher maßen Berücksichtigung. Mit Recht stehen Probleme der mathematischen und struk turellen Linguistik an der Spitze aller Vorhaben. Denn alle Formen der ange wandten Linguistik bleiben ohne Kennt- nis der Grundlagen der strukturellen und mathematischen Linguistik praktizistisches Stückwerk, unverarbeitet durch theore tische Einsicht. Die strukturelle Linguistik stellt die Hauptrichtung der Entwicklung der modernen Sprachwissenschaft dar. In ihr zeigen sich wie kaum in einer anderen Wissenschaft die Wechselbeziehungen zwi schen Gesellschafts- und Naturwissen- shaft. Neben ihrer autonomen theoreti schen Bedeutung ist sie vor allem Voraus setzung für die informationsverarbeitende Anwendung der Linguistik und für die Verbesserung des Sprachunterrichts. Wäh rend die strukturelle Linguistik das System der sprachlichen Erscheinungen in allge meinster Weise untersucht, räumt der Pro blemkreis „Sprache und Gesellschaft“ den Zusammenhängen zwischen Sprache und Sprachgemeinschaft den ihnen gebühren den Platz ein. Eine marxistische Soziologie der Sprache ist auch deshalb dringendes Anliegen, weil bürgerliche Ideologien die Rolle der Sprache in der Gesellschaft — speziell im politischen Leben — entstellt wiedergeben und durch Pseudotheorien zu erklären versuchen. Die Zusammenhänge von Sprache, Denken und Handeln der Menschen müssen in Auseinandersetzung mit imperialistischen Theorien erstmalig in wissenschaftlicher Weise erfaßt und be gründet werden. Das gilt sowohl für die Beschreibung des vergangenen wie des gegenwärtigen Sprachgebrauchs. Die mar xistische Sprachsoziologie gibt damit wert volle Hilfen für den Wissenschaftler ande rer Bereiche. Sie wird ihren Aufgaben gemäß eine enge Zusammenarbeit mit allen Litera- turwissenschaftlern und auch Historikern, Philosophen und Soziologen herstellen müssen, um auf methodologische Klärung der in der gemeinsamen Arbeit zu be schreitenden Wege zu dringen. Die mo derne Methodik des Fremdsprachenunter richts und die allgemeine Übersetzungs- theorie gehören fernerhin zu den Schwer punktaufgaben der sprachwissenschaft lichen Forschung. Für die erfolgreiche Behandlung solcher Forschungsvorhaben ist die sozialistische Gemeinschaftsarbeit einfach unentbehrlich. Immer mehr hat sich in den letzten Jah ren das Institut für Sprachwissenschaft zum Leitinstitut der sprachwissenschaft lichen Forschung entwickelt. Dazu gesellt sich der 1963 gegründete „Leipziger Lin guistenkreis“, der vor allem Sprachwissen schaftler des Instituts für Sprachwissen schaft, des Insfituts für Deutsche und Ger-