Festansprache Gehalten von Dekan Prof. Dr. Eberhard Brüning anläßlich der feierlichen Er* Öffnung der neugegründeten Philologischen Fakultät am 5. Mai 1965. Es ist sicherlich eine große Versuchung für einen Philologen, über die Bezeich- nung Philologische Fakultät sprachwissen- schaftliche Betrachtungen anzustellen und die Berechtigung des Attributes „philolo gisch“ für alle in der neuen Fakultät ver einten Institute und Fachrichtungen zu verteidigen oder — was vielleicht näher- läge — in Frage zu stellen. Doch gemach! Als echter „Freund der Sprache und Be griffsbestimmung“ wollen wir uns weder in Sophisterei noch in unfruchtbarer Pole mik verlieren. Auch gedenken wir keines wegs, uns damit indirekt zum Fürsprecher einer Einheit zu machen, die keine war. Desgleichen liegt es uns fern, zum weh mütigen Beschwörer des Phantoms von der Philosophie als der „Königin der Wis senschaften“ zu werden, die als geistiges Band die bisher der Philosophischen Fa kultät zugehörigen akademischen Bereiche verbunden habe — als ob die anderen Fakultäten nicht von der marxistisch- leninistischen Philosophie tangiert wür den. Erst unlängst wies Altmagnifizenz auf die beachtliche Zählebigkeit von Univer- sitätsstrukturen hin, und er bemerkte, daß eine seiner ersten Amtshandlungen als Rektor der Karl-Marx-Universität die Neugliederung der überdimensionierten Philosophischen Fakultät gewesen sei. So wurden 1951 die mathematisch-naturwis senschaftlichen Bereiche und die Land wirtschaftswissenschaft herausgelöst und zu selbständigen Fakultäten erhoben. 1954 entstand aus dem der Fakultät zugehörigen Institut für Publizistik und Zeitungswis senschaft die Fakultät für Journalistik. Wohl kaum in der Geschichte der ehr würdigen Alma mater Lipsiensis erfolgte jedoch die Neugründung einer Fakultät so bewußt und so folgerichtig als Ergeb nis einer systematisch und im Zeichen weit vorausschauender Planung geführten Diskussion um die Verbesserung von For schung, Lehre und Erziehung sowie der wissenschaftlichen Leitung akademischer Institutionen, wie im Falle der Philolo gischen Fakultät, der ich die hre habe, als erster gewählter Dekan vorzustehen. Wenn sich nunmehr aus dem Verband der bisherigen Philosophischen Fakultät eine Reihe von Fachrichtungen und Instituten gelöst und nach einer Periode der Erpro bung in Form einer Fakultätsabteilung zu einer selbständigen Fakultät — eben der Philologischen Fakultät — konstituiert hat, so geschah dieser Prozeß der Veränderung des Althergebrachten nicht um der Ver änderung willen. Die Zeit, die Entwick lung von Wissenschaft und Technik drän gen uns dazu. Wollen wir uns den vor uns liegenden Aufgaben gewachsen zeigen, müssen wir auch zu neuen Methoden und Inhalten der Leitung und Planung unserer erzieherischen Arbeit kommen und die ent sprechenden organisatorischen Formen da für Anden. Es ist auch keineswegs zufällig, daß die Gründung dieser neuen Fakultät in unmittelbarer zeitlicher Nähe zur Ver abschiedung des Gesetzes über das einheit liche sozialistische Bildungssystem liegt. Wird doch in diesem bedeutsamen Doku ment der deutschen Bildungsgeschichte für alle Universitäten und Hochschulen der DDR die Forderung erhoben, durch eine auf höchstem wissenschaftlichen Niveau basierende Lehr- und Erziehungsarbeit wissenschaftliche Fachkräfte auszubilden und der sozialistischen Gesellschaft zur Verfügung zu stellen — und zwar Fach kräfte, die in der Lage sind, die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Wohle des Volkes in die Praxis umzuset zen. Die erfolgreiche Bewältigung solcher Aufgaben setzt aber eine sachkundige Lei tung überschaubarer und durch gemein-